Domerschulstraße 21
97070 Würzburg
Deutschland
Nachdem es seit 1803 beziehungsweise nach 1808 jüdischen Personen beziehungsweise Familien unter bestimmten Voraussetzungen wieder möglich war, sich in Würzburg niederzulassen, bemühten sich diese alsbald darum, dass in der Stadt auch religiös-jüdisches Leben wieder möglich war. Bis zur Schaffung einer Gemeindesynagoge sollte es jedoch einige Zeit dauern. 1828 bestanden sieben private Beträume in den Häusern der reichen und angesehenen Familien wie Hirsch, Jeidels, Mayer und bei Oberrabbiner Abraham Bing. Die unterfränkische Regierung verordnete am 29. November 1828 den in der Stadt lebenden Jüdinnen*Juden, die Privatsynagogen aufzugeben und im Zusammenhang mit der Bildung einer Kultusgemeinde eine gemeinsame Synagoge zu erstellen. 1831 wurde zur Durchführung eines gemeinschaftlichen Gottesdienstes ein Saal über den Stallungen des Bauers Joseph Endres in der Ursulinergasse 8 angemietet („alte Synagoge"). 1834 konnten elf wohlhabende Würzburger Juden einen Teil des „Hofes zum Fresser" in der Domerschulstraße 21 für 9.050 Gulden erwerben. Die Käufer überließen am 30. Januar 1834 das Grundstück der Gesamtjudenschaft der Stadt zum Bau einer Synagoge. 1838 bis 1841 konnte die Synagoge nach den Plänen des berühmten Architekten Friedrich von Gärtner in „ägyptischem Baustil" erbaut und am 10. September 1841 feierlich eingeweiht werden.
90 Jahre nach der Einweihung der Synagoge an der Domerschulstraße - um 1930 - galt Würzburg als die Stadt der „sieben Synagogen". Dabei handelte es sich um die folgenden Bethäuser und Beträume:
Die Hauptsynagoge in der Domerschultstraße
Die kleine Synagoge im Erdgeschoss des Gemeindehauses
im Haus der Familie Bamberger in der Bibrastraße 17 befand sich eine Privatsynagoge
Der Betsaal im jüdischen Altersheim in der Dürerstraße 20
Die Synagoge in Heidingsfeld
Die Synagoge aus Kirchheim bei Würzburg
Beim Novemberpogrom 1938 wurde die Hauptsynagoge in der Domerschulstraße durch SS- und SA-Männer überfallen. Fenster und die Inneneinrichtung wurden zerschlagen, Leuchter und Ritualien zerstört. Die Torarollen wurden in Brand gesteckt, das Haus wurde jedoch nicht niedergebrannt - vermutlich mit Rücksichtnahme auf die „arischen" Häuser in der Umgebung. Unter denen, die in der Synagoge zugange waren, war auch Universitätsrektor Prof. Dr. Ernst Seifert, damals SA-Führer und SA-Obersturmbannarzt. Nach dem Pogrom wurde im Synagogengebäude ein Parteibüro der NSDAP eingerichtet.
Bei der Bombardierung Würzburgs im März 1945 sind die früheren Gebäude der jüdischen Gemeinde, darunter das Synagogengebäude und das frühere Gemeindehaus, völlig vernichtet worden. 1956 wurde das Gelände zur Anlage eines Sportplatzes des Priesterseminars eingeebnet. An der den Sportplatz umgebenden Mauer (der Sportplatz war nicht öffentlich zugänglich) wurde 1964 eine Gedenktafel angebracht.
1998 kam nach langwierigen Verhandlungen das Grundstück der früheren jüdischen Einrichtungen an der Domerschulstraße wieder in den Besitz der Jüdischen Gemeinde von Würzburg und Unterfranken. Ziel war es, dass längerfristig wieder an dieser Stelle eine Synagoge Würzburgs entstehen könne.
aus: Roland Flade: Die Würzburger Juden. Ihre Geschichte vom Mittelalter bis zur Gegenwart. Würzburg 1987. Erweiterte Auflage (mit einem Beitrag von Ursula Gehring-Münzel) 1996