Rote Reihe 3
30169 Hannover
Deutschland
Welch ein Gegensatz zur Synagoge von 1827, die sich noch in einem Hinterhof verbarg: Im Jahre 1870 wurde auf einem offenen Platz der Neustadt Hannovers die Neue Synagoge des bedeutenden jüdischen Architekten Edwin Oppler eingeweiht. In seiner Größe und dem gewählten Baustil drückte der Neubau ein gewachsenes Selbstbewusstsein und den Glauben aus, als Juden gleichberechtigt in der deutschen Gesellschaft angekommen zu sein. Denn, so Oppler: „Der romanische Stil ist durch und durch deutsch.“
Die jüdische Gemeinschaft hatte im 19. Jahrhundert in Hannover einen bedeutenden Aufschwung genommen. Seit dem Erlass der Niederlassungsfreiheit im Königreich Hannover im Jahre 1842 konnten ihre Mitglieder erstmals ihren Wohnsitz frei wählen, durch Geburten und Zuzug aus den Landgemeinden wuchs ihre Zahl von 668 (1852) auf 1936 (1871) und am Vorabend des Ersten Weltkriegs auf 5155 (1910). Die jüdische Gemeinde Hannover war nun eine unter den 10 Großgemeinden des Deutschen Reichs. Und dass sich die kleine welfische Residenzstadt zu einer bedeutenden Industriemetropole entwickelt hatte, lag nicht zuletzt an jüdischen Bankiers, Erfindern und Unternehmern.
Die Gemeinde hatte seit dem Jahre 1858 besonders unter ihren vermögenden Mitgliedern um Spenden für das Vorhaben geworben und eine Baukommission eingerichtet. Wenig später entschieden sich die Gemeindemitglieder für den von Oppler vorgeschlagenen Entwurf einer „deutschen“ Synagoge als Zentralbau, unter dessen hoher Kuppel der Almemor als Lesepult im Mittelpunkt des Gottesdienstes stand, umgeben von 650 Plätzen für Männer im Erdgeschoss und 450 Plätzen auf den Frauenemporen. Unter Verzicht auf eine Orgel wirkte ein großer Synagogenchor. Am 15. September 1870 wurden die Thorarollen feierlich die kurze Strecke über die Bergstraße von der Alten in die Neue Synagoge getragen. Von da an bildete diese das religiöse Zentrum des hannoverschen Judentums – bis zur Pogromnacht des 9./10. November 1938.
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