Judenstraße 27
38820 Halberstadt
Deutschland
<p>Wie auch in anderen Gemeinden, so beschränkte sich die Schulbildung für die jüdischen Kinder in Halberstadt noch bis zum Ende des 18. Jahrhunderts auf die traditionellen religiösen Inhalte (Talmud-Tora). Unterrichtet wurde in Privathäusern oder in der Klaussynagoge im Rosenwinkel 18. Auf Grundlage einer privaten Stiftung des angesehenen Halberstädter Kaufmanns Hirsch (Zwi) Köslin (gest. 1795), auch Hirsch Isaac Borchert genannt, wurde schließlich im Mai 1796 die allgemeinbildende jüdische Schule "Hascharath Zwi" gegründet. Sie sollte vor allem Kindern aus armen Familien - neben der religiösen Erziehung - auch die nötigen Kenntnisse in Rechnen, deutscher Sprache und gesellschaftlichen Umgangsformen vermitteln. Unter dem Motto "Tora 'im Derech Erez" nahmen auch andere neo-orthodoxe Gemeinden - in Abgrenzung zur dominierenden Reformbewegung - dieses Halberstädter Konzept ab Mitte des 19. Jahrhunderts wieder auf.</p><p>Die Suche nach einem geeigneten Lokal gestaltete sich zunächst schwierig. Das Vorderhaus im Rosenwinkel 18 schied wegen unklarer Besitzverhältnisse aus. Im Herbst 1797 erwarb die Jüdische Gemeinde - unmittelbar neben Synagoge und Gemeindemikwe - das Joseph Jacobsche Haus in der Judenstraße 27, das bereits seit März als Schulhaus samt Lehrerwohnung genutzt worden war. Nach Einrichtung einer Mädchenklasse 1827 wurde schräg gegenüber, in der Judenstraße 18, ein zweites Schulhaus bezogen.</p><p>Die Lage mitten im Halberstädter "Judenviertel" war günstig, und so wurde das Haus Judenstraße 27 - auch nach Umzug der Schule 1858 auf das umgebaute Areal der Klaussynagoge im Rosenwinkel 18 - weiter genutzt. Erst 1881 wurde es, baufällig geworden, verkauft. 1899 zog die "Hascharat Zwi" schließlich in den Schulneubau Westendorf 15 um.</p><p>Wie durch ein Wunder überstanden die alten Fachwerk-"Reihenhäuser" auf der Westseite der Judenstraße (einschließlich der Nr. 27) den Luftangriff auf Halberstadt vom 8.4.1945 - und die systematische Beräumung der zerfallenen Altstadt zu DDR-Zeiten...</p>
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