Straße der Opfer des Faschismus 15 und 14a
38820 Halberstadt
Deutschland
<p>Mit Konsolidierung der neo-orthodoxen jüdischen Gemeinde in Halberstadt nahm diese nach 1850 diverse Um- und Neubauprojekte in Angriff: Nach Klaussynagoge (1857/58), Gemeindesynagoge (1879), Gemeindemikwe (1891/92), drittem Friedhof (1895/96) und Schule (1899) konnte am 22. Dezember 1912 in der Wilhelmstraße 15 - auf Initiative der Familien Baer und Meyer - auch das jüdische Altersheim „Newe Menucha“ (hebr. „Quelle der Ruhe“) eingeweiht werden.</p><p>Das Gebäude war 1849 als Gasthaus errichtet worden, ab 1892 wurden auch Gästezimmer vermietet, und so fand sich hier - nach Umbau von Haus und Garten - Platz für etwa 10-12 Bewohner*innen. Das Nachbarhaus Wilhelmstraße 14a wurde ebenfalls für das Altersheim erworben, jedoch als Nebeneinnahme weiter vermietet.</p><p>Nach 1933 wurden beide Häuser zu wichtigen Anlaufstellen: Im bisherigen Altersheim Wilhelmstraße 15 richtete die Gemeinde ein „Hachschara“-Zentrum ein, das vor allem Jugendliche in Kursen auf die Emigration nach Palästina vorbereiten sollte. Ins Haus Wilhelmstraße 14a zogen nun vermehrt jüdische Wohnungssuchende ein.</p><p>Beide Gebäude überstanden das Novemberpogrom 1938 unbeschadet, wurden jedoch fortan zu sog. "Judenhäusern" erklärt. Sie blieben im Eigentum der Jüdischen Gemeinde - bis zur Deportation der letzten jüdischen Halberstädter*innen im Jahr 1942. Etwa 50 Personen hatten noch vor Ort in der Wilhelmstraße gelebt.</p><p>Nach Plünderung und Abriss der Gemeindesynagoge 1938/39 war im Dachgeschoss der Wilhelmstraße 15 ein kleiner Betraum eingerichtet worden - als einzig verbliebener Versammlungsort der Gemeinde, der gerade noch genügend Platz für einen Minjan (10 Personen) bot. Die Nagellöcher der Mesusa am Türpfosten sind bis heute zu erkennen.</p><p>Nach 1945 dienten beide Gebäude in der umbenannten „Straße der Opfer des Faschismus“ weiter als Wohnhäuser. Während die Nr. 14a inzwischen saniert wurde, steht das denkmalgeschützte Gebäude des ehem. Altersheimes (Nr. 15) leer. Ein Abriss ist geplant. Eine Gedenktafel ist nicht vorhanden.</p>
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