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Kategorie
Adresse

Klein Quenstedter Straße
38820 Halberstadt
Deutschland

Früherer Straßenname
Klein Quenstedter Chaussee
Koordinate
51.906163912976, 11.05062310753

Mitte des 19. Jahrhunderts etablierte sich in Halberstadt – im Gegensatz zu den meist reformorientierten jüdischen Gemeinden in größeren Städten – die neo-orthodoxe Richtung. Die Zahl der Mitglieder wuchs, und so wurden diverse Um- und Neubaumaßnahmen nötig. Dazu gehörte die Einrichtung von gleich zwei neuen Friedhöfen: zunächst „Am Berge“ (1844), unmittelbar neben dem ältesten jüdischen Begräbnisplatz „Am Roten Strumpf“ (1644), dann im Norden Halberstadts, an der Klein Quenstedter Chaussee.

Dort, unmittelbar östlich des ab 1872 neu angelegten kommunalen Friedhofs, konnte am 2. Dezember 1895 der dritte jüdische Friedhof Halberstadts eingeweiht werden. Das langgestreckte Grundstück (ca. 1.360 qm) verläuft von der Straße Richtung Norden und ist von einer Mauer umgeben. Den Eingang im Süden schmückt bis heute ein schmiedeeisernes Tor mit Blüten und zwei Davidsternen.

Die Anlage folgte der orthodoxen Tradition: Eine Zufahrt führte zunächst zur Trauerhalle. Sie wurde 1895 vom Halberstädter Zimmermeister Krug als quadratischer Ziegelbau mit Kuppel im neo-romanischen Stil errichtet – in Anlehnung an die benachbarte Friedhofskapelle. Eine Vorhalle im Süden führte in den verputzten Innenraum. Davon war die Apsis im Norden durch einen „Ritualschlitz“, d. h. eine breite Fuge in der Dachkonstruktion getrennt. So konnten auch die Kohanim der Gemeinde den Trauerfeiern quasi von einem separaten Gebäude aus beiwohnen.

Entsprechend wurde der Eingangsbereich nach Süden nicht belegt, sondern an eine Gärtnerei verpachtet. Nur nach Norden finden sich rund 380 Grabstellen, in fünf Feldern gruppiert. Etwa 300 Steine haben sich erhalten. Sie sind nach Osten ausgerichtet, meist sehr schlicht gestaltet und zweisprachig (Hebräisch / Deutsch) beschriftet.

Während die Gräber das Novemberpogrom 1938 nahezu unbeschadet überstanden, wurde die Trauerhalle niedergebrannt und die Ruine ein Jahr später auf Kosten der Gemeinde abgerissen. Einzelne Beisetzungen fanden bis 1942 wohl noch statt.

Ereignisse
Beschreibung
Etablierung der Neo-Orthodoxie in Halberstadt, steigende Zahl der Gemeindemitglieder
Datum Von
1851-01-01
Datum bis
1851-01-01
Datierung
nach 1850
Epoche universalgeschichtlich
Beschreibung
Einweihung des dritten jüdischen Friedhofs (mit Trauerhalle) an der Klein Quenstedter Chaussee
Ereignis
Datum Von
1895-12-02
Datum bis
1895-12-02
Datierung
2. Dezember 1895
Epoche universalgeschichtlich
Beschreibung
Novemberpogrom, Trauerhalle niedergebrannt, Gräber kaum beschädigt
Ereignis
Datum Von
1938-11-10
Datum bis
1938-11-10
Datierung
10. November 1938
Epoche universalgeschichtlich
Beschreibung
Umfassungsmauern der Trauerhalle (Brandruine) auf Kosten der jüdischen Gemeinde niedergelegt
Ereignis
Datum Von
1939-11-01
Datum bis
1939-11-30
Datierung
November 1939
Epoche universalgeschichtlich
Beschreibung
Deportation der letzten Gemeindemitglieder, zuvor vermutlich noch einzelne Bestattungen
Ereignis
Datum Von
1942-01-01
Datum bis
1942-12-31
Datierung
1942
Epoche universalgeschichtlich
Beschreibung
Wiederherstellung des weitläufigen Friedhofareals (rund 380 Grabstellen)
Ereignis
Datum Von
1991-01-01
Datum bis
1991-01-01
Datierung
nach 1990
Epoche universalgeschichtlich
Medien
Der dritte jüdische Friedhof Halberstadts wurde 1895 an der Klein Quenstedter Chaussee angelegt (Blick nach Norden).
Blick nach Norden
Aufnahmedatum
Mai 2007
Fotografiert von
Hans-Peter Laqueur, Bremerhaven
Johannes Valen…
Bildquelle (Woher stammt das Bild)
Arbeitsgemeinschaft "Alemannia Judaica"
ggf. URL
http://www.alemannia-judaica.de/images/Images%20106/hbs3-03.JPG
Breite
640
Höhe
480
Lizenz
Alle Rechte vorbehalten
Mimetype
image/jpeg
Das Areal des jüdischen Friedhofs grenzt im Westen unmittelbar an den kommunalen Friedhof Halberstadts (Blick nach Westen).
Blick nach Westen
Aufnahmedatum
Mai 2007
Fotografiert von
Hans-Peter Laqueur, Bremerhaven
Johannes Valen…
Bildquelle (Woher stammt das Bild)
Arbeitsgemeinschaft "Alemannia Judaica"
ggf. URL
http://www.alemannia-judaica.de/images/Images%20106/hbs3-04.JPG
Breite
640
Höhe
480
Lizenz
Alle Rechte vorbehalten
Mimetype
image/jpeg
Der orthodoxen Tradition entsprechend, sind die Grabsteine nach Osten ausgerichtet und meist einfach gestaltet (Blick nach Süden).
Blick nach Süden
Aufnahmedatum
Mai 2007
Fotografiert von
Hans-Peter Laqueur, Bremerhaven
Johannes Valen…
Bildquelle (Woher stammt das Bild)
Arbeitsgemeinschaft "Alemannia Judaica"
ggf. URL
http://www.alemannia-judaica.de/images/Images%20106/hbs3-08.JPG
Breite
640
Höhe
480
Lizenz
Alle Rechte vorbehalten
Mimetype
image/jpeg
Literatur
Madai, Wolfgang: Halberstadt, in: Zeugnisse jüdischer Kultur. Erinnerungsstätten in Mecklenburg-Vorpommern, Brandenburg, Berlin, Sachsen-Anhalt, Sachsen und Thüringen, Berlin 1992, S. 181-188 (hier: 183).
Brocke, Michael / Ruthenberg, Eckehart / Schulenburg, Kai Uwe, Stein und Name. Die jüdischen Friedhöfe in Ostdeutschland (Neue Bundesländer/DDR und Berlin), Berlin 1994, S. 394-401.
Brocke, Michael / Müller, Christiane E., Haus des Lebens. Jüdische Friedhöfe in Deutschland, Leipzig 2001, S. 207-208.
Lüdemann, Monika, Quartiere und Profanbauten der Juden in Halberstadt [Dissertation, Fachbereich Architektur, TU Braunschweig], Braunschweig 2004, S. 109, 128-130 (Kap. 3.4.6), 250-251 und 264.
Auf den Spuren jüdischen Lebens durch Halberstadt [Faltplan], hrsg, Verein zur Bewahrung jüdischen Erbes in Halberstadt und Umgebung e.V., Texte: Günter Maeß / Martin Gabriel / Jutta Dick, 1. korrigierte Nachauflage, Halberstadt 2004.
Knufinke, Ulrich, Bauwerke jüdischer Friedhöfe in Deutschland, Petersberg 2007, S. 184-185, 229, 316 und 449.
Dick, Jutta (Text): Jüdisches Leben in Halberstadt [Broschüre], hrsg. Berend Lehmann Museum / Moses Mendelssohn Akademie Halberstadt, Hamburg [2011] (= Monumente und Menschen – die illustrierten Kunstführer), S. 16-17.
Hartmann, Werner, Die drei jüdischen Friedhöfe in Halberstadt, in: ders., Juden in Halberstadt. Zu Geschichte, Ende und Spuren einer ausgelieferten Minderheit, Band III, 1. Nachauflage, hrsg. Verein zur Bewahrung jüdischen Erbes in Halberstadt und Umgebung e.V., Halberstadt 2005 [Erstauflage: 1992], S. 18-22.
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