Adresse
Judenstraße 26 und 25
38820 Halberstadt
Deutschland
Koordinate
51.897215092224, 11.042574081409
Das ehem. Mikwenhaus in der Judenstraße 26, bereits im 16. Jahrhundert als Fachwerkbau errichtet, wurde 1766 durch die Jüdische Gemeinde Halberstadt erworben. Im Keller wurde die Gemeindemikwe mit eigener Quelle eingerichtet. Über das Hoftor war bis 1879 die barocke Gemeindesynagoge zwischen Juden- und Bakenstraße zugänglich. Nach einer ersten Renovierung der Mikwe 1855/56 wurden Keller und Erdgeschoss 1891/92 zu einem repräsentativen Badehaus mit Kreuzrippengewölbe, Heizung, Warmwasser (auch zur Einspeisung in die Mikwe), Badewannen und Toiletten umgebaut. 1908/09 kam eine elektrische Wasserpumpe zur Entleerung des Beckens hinzu. Die historischen Wandinschriften (mit Nennung der Spender) zeugen davon.
Als unter nationalsozialistischer Herrschaft der Besuch der Städtischen Badeanstalt verboten wurde, übernahm das Mikwenhaus diese Funktion - bis zur vollständigen Deportation der letzten jüdischen Halberstädter*innen im Jahr 1942.
Nach 1945 ging auch das architektonische Erbe der Jüdischen Gemeinde weitgehend verloren. 1955 wurden die Anlagen im Mikwenhaus "zurückgebaut": Das Kreuzrippengewölbe zwischen Keller und Erdgeschoss wurde herausgebrochen, eine Zwischendecke eingezogen und eine Wohnung eingerichtet. Mit den Trümmer verfüllte man die alte Mikwe samt Quelle.
Beide wurden erst bei Restaurierungsarbeiten in den Jahren 2000/01 unter einer dünnen Estrichschicht wiederentdeckt, freigelegt und ihrer ursprünglichen Funktion zugeführt. Seitdem wird die ehem. Gemeindemikwe - wie schon 1766 - wieder von "lebendigem Wasser" gespeist.
Das gesamte Mikwenhaus wurde 2001 in das Gebäudeensemble des neu gegründeten "Berend-Lehmann-Museums für jüdische Geschichte und Kultur" (Judenstraße 25-26) einbezogen. Die Ausstellung erzählt - exemplarisch für das deutsche Judentum vor 1945 - die Geschichte der mehrheitlich neo-orthodox geprägten Halberstädter Gemeinde. Unzähliche Objekte und Erinnerungsstücke ehemaliger Halberstäder*innen laden zum Entdecken, Nachdenken und Nachfragen ein.
Ereignisse
Beschreibung
Errichtung des Fachwerkhauses Judenstraße 26
Datierung
16. Jahrhundert
Epoche universalgeschichtlich
Beschreibung
Erwerb des Gebäudes durch die Jüdische Gemeinde Halberstadt, Einrichtung der Gemeindemikwe im Keller
Epoche universalgeschichtlich
Beschreibung
Renovierung der Gemeindemikwe
Epoche universalgeschichtlich
Beschreibung
Umgestaltung zu einem repräsentativen Badehaus (mit Heizung, Warmwasser, Badewannen und Toiletten)
Epoche universalgeschichtlich
Beschreibung
Renovierung und Modernisierung der Gemeindemikwe (u. a. Einbau einer elektrischen Wasserpumpe)
Epoche universalgeschichtlich
Beschreibung
Nutzung der Gemeindemikwe als Ersatz für Besuch der Städtischen Badeanstalt (gesetzlich verboten)
Epoche universalgeschichtlich
Beschreibung
Deportation und Auflösung der Jüdischen Gemeinde Halberstadt
Epoche universalgeschichtlich
Beschreibung
"Rückbau" der Anlagen (Gewölbe abgerissen, Mikwe verfüllt), Einrichtung einer Wohnung im Erdgeschoss
Epoche universalgeschichtlich
Beschreibung
Restaurierungsarbeiten im Haus Judenstraße 26, Mikwe mit Quelle freigelegt und wiederhergestellt
Epoche universalgeschichtlich
Beschreibung
Einbeziehung des "Mikwenhauses" in das neue Berend-Lehmann-Museum (Judenstraße 25-26)
Epoche universalgeschichtlich
Literatur
Auf den Spuren jüdischen Lebens durch Halberstadt [Faltplan], hrsg, Verein zur Bewahrung jüdischen Erbes in Halberstadt und Umgebung e.V., Texte: Günter Maeß / Martin Gabriel / Jutta Dick, 1. korrigierte Nachauflage, Halberstadt 2004.
Dick, Jutta (Text): Jüdisches Leben in Halberstadt [Broschüre], hrsg. Berend Lehmann Museum / Moses Mendelssohn Akademie Halberstadt, Hamburg [2011] (= Monumente und Menschen – die illustrierten Kunstführer), S. 26-27.
Lüdemann, Monika, Quartiere und Profanbauten der Juden in Halberstadt [Dissertation, Fachbereich Architektur, TU Braunschweig], Braunschweig 2004, S. 117-121 (Kap. 3.4.3) und 264.
Dick, Jutta, Das "Frauenbad" in der Halberstädter Judenstraße. Die Spuren der Zerstörung erzählen ihre eigene Geschichte, in: "…und handle mit Vernunft". Beiträge zur europäisch-jüdischen Beziehungsgeschichte. Festschrift zum 20jährigen Bestehen des Moses Mendelssohn Zentrums, hrsg. Gideon Botsch / Irene Diekmann, Hildesheim u.a. 2012, S. 150-165.
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