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Kategorie
Adresse

Poppenlauerer Straße 4
97711 Maßbach
Deutschland

Koordinate
50.184571, 10.2753563

Eine Synagoge bzw. eine Betstube war spätestens seit der Zeit um 1700 vorhanden. Zunächst war eine solche Betstube in einem Haus eingerichtet, das dem Barthel Hunefeldt gehörte. Dann konnte ein Betsaal in dem kleinen Schloss (Eisenachisches Leben) eingerichtet werden. Kurz vor 1716 wurde eine neue Synagoge erbaut. Aus diesem Jahr ist ein Dokument erhalten, in dem über nähere Umstände zum Bau des Gotteshauses berichtet wird: Die Herren von Rosenbach hätten das Bauholz gegeben. Das Gebäude selbst wurde jedoch auf fürstlich Sachsen-Eisenachischem Grundstück erbaut. 1747 brannte die Synagoge ab. Trotz des Protestes des evangelischen Pfarrers wurde sie wieder aufgebaut.

Um 1860 ist die Synagoge umfassend renoviert wurden. Dabei wurden offenbar die traditionellen Gitter der Frauenempore entfernt, da 1865 der orthodoxe Rabbiner Bamberger die Gemeinde dazu drängen wollte, die Gitter wieder anzubringen. Eine neue Synagoge wurde 1899 eingeweiht. Bis 1938 wurden in ihr Gottesdienste gefeiert. Im Januar 1938 predigte letztmals Bezirksrabbiner Dr. Menachem Ephraim in der Synagoge.

In der Pogromnacht im November 1938 wurde die Inneneinrichtung der Synagoge zerstört. Auf Befehl der SA-Standarte Bad Kissingen versammelten sich am frühen Morgen des 10. November 1938 sämtliche 60 bis 70 Mann der örtlichen Sturmabteilung und wurden in Gruppen aufgeteilt. Eine Gruppe zerstörte in der Synagoge Türen, Fenster und Mobiliar. Torarollen wurden zerrissen und zertrampelt. Eine Anzahl von Ritualien wurde aus der Synagoge geholt und an einen unbekannten Ort gebracht. Die Toraschrein-Vorhänge und die Silbergeräte, die noch aus den Anfängen der Gemeinde stammten, wurden vernichtet. Anschließend zogen die SA-Leute nach Poppenlauer.

Nach dem Pogrom ließ der Bürgermeister die jüdischen Einwohner für die Reparatur der Synagogenfenster RM 800 bezahlen. Außerdem bot er ihnen an, die Synagoge für RM 50 zu verkaufen. Sattlermeister Karl Geiling, in dessen Hof die Synagoge stand, bemühte sich, das Gebäude zu erwerben, was sich jedoch sehr schwierig gestaltete. Seitens der nur noch kleinen jüdischen Gemeinde gab es für den Verkauf an ihn im Juli 1942 keine Einwände. Die letzten beiden jüdischen Männer - Sigmund Max Eberhardt und David Frank - „bestätigten" in einem Dokument von 1942 ihre Einwilligung zum Verkauf des Gebäudes an Karl Geiling.

Da der Besitzwechsel an Karl Geiling 1948 noch immer nicht vollzogen war, wurde er von Simon Eberhardt, der mit seiner Familie nach Argentinien geflohen war, durch ein weiteres Schreiben, das den Gebäudeverkauf ermöglichen sollte, unterstützt. 
Zum Verkauf an Karl Geiling ist es letztendlich doch gekommen. Dieser hat am Gebäude bauliche Veränderungen vorgenommen. Äußerlich wurden die Giebelfront und die Fenster verändert, der kleine Vorbau an der Ostwand im Bereich des Toraschreines wurde beseitigt. Im Inneren wurde auf der Höhe der ehemaligen Frauenempore eine Zwischendecke eingezogen. Unterhalb der neuen Decke wurde die Sattlerwerkstatt eingerichtet. Oberhalb blieb das Gebäude fast unverändert, hier wurde es als Lagerraum genutzt. Das Gebäude blieb bis 2012 im Besitz der Familie Geiling; in diesem Jahr erfolgte ein Besitzerwechsel.  
   
In der ehemaligen Synagoge konnte Museumsleiter Klaus Bub eine Ausstellung mit dem Titel „Maßbach unterm Davidstern" einrichten. Die Ausstellung berichtet über das jüdische Leben im Ort. 2009 wurde auf dem Dachboden der Synagoge eine Genisa entdeckt (Aufbewahrungsort für nicht mehr gebrauchte religiöse Schriften und Gegenstände). 2011 wurde die ehemalige Synagoge in das Städtebauliche Entwicklungskonzept des Marktes Maßbach aufgenommen. 
  
Seit 2016 gibt es Pläne, die ehemalige Synagoge für die Zukunft zu erhalten. In einem ersten Schritt soll ein Konzept entwickelt werden, wie die ehemalige Synagoge und das Anwesen genutzt werden können. Die politische Gemeinde möchte das Gebäude übernehmen und mit zu beantragenden staatlichen Fördermitteln umbauen. Ziel ist eine bauliche Rekonstruktion der ehemaligen Synagoge. Zur eventuellen Einrichtung eines Museums sind zahlreiche Dokumente sowie Ritualgegenstände als Leihgabe des Münnerstädter Hennebergmuseums vorhanden. Im Dezember 2016 beantragte die Gemeinde die Aufnahme der Maßnahme „Synagoge" bei der Regierung von Unterfranken ab 2017 in das Förderprogramm „soziale Stadt". Für den Zeitraum 2018 bis 2020 sollen Fördergelder in Höhe von einer halben Million Euro für die ehemalige Synagoge beantragt werden. 
Auch das angrenzende Haus an der Poppenlaurer Straße, das an die Synagoge grenzte beziehungsweise mit diesem zusammengebaut ist, soll erworben werden. Bis 1920 war dieses Gebäude in jüdischem Besitz und wurde dann von Sattlermeister Karl Geiling erworben. Dieser richtete in dem Gebäude seine Werkstatt ein (Schuhhaus Geiling). Er war es, der 1942 dann auch das Synagogengebäude erwarb.

Medien
Rekonstruktion der Maßbacher Synagoge
Rekonstruktion der Maßbacher Synagoge
Fotografiert von
unbekannt
d.akrish
Bildquelle (Woher stammt das Bild)
Alemannia Judaica
ggf. URL
http://www.alemannia-judaica.de/images/Images%20337/Massbach%20Synagoge%20Rek.jpg
Breite
676
Höhe
850
Lizenz
CC-BY-SA
Mimetype
image/jpeg
Literatur
Schwierz, Israel, Steinerne Zeugnisse jüdischen Lebens in Bayern, 1992 München.
Redaktionell überprüft
Aus

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