Hölderlinstraße 10
60316 Frankfurt
Deutschland
Die Gebäude in der Hölderlinstraße, zu denen auch die Hausnummer 10 gehörte, wurden 1903 errichtet; für die Pläne zeichnete der Architekt Carl Runkwitz verantwortlich, das beauftragte Bauunternehmen hieß Cohn & Kreh. Ab etwa 1906/07 beherbergte das Haus eine Hilfsschule. Spätestens ab den 1930er Jahren war die Adresse mit der Geschichte der benachbarten Samson-Raphael-Hirsch-Realschule verknüpft. Aufgrund zunehmender Verfolgung im Frankfurter Umland und weit darüber hinaus suchten jetzt viele Familien dort Schutz für ihre Kinder. Ab etwa 1934 bot die Schule Förderkurse in Hebräisch an, damit diese Schüler*innen dem Unterricht folgen konnten. Außerdem wurde für junge Juden mit Hilfe der ultraorthodoxen Organisation Agudas Jisroel das Wohnheim Beith Neorim in der Hölderlinstraße 10 eingerichtet –ein der Samson-Raphael-Hirsch-Realschule angeschlossenes Internat. Die gemeinsame Hoffnung war die Auswanderung nach Palästina – „Erez Israel“. Als Initiator und Leiter des Wohnheims in seinem eigenen Haus fungierten der von Berufsverbot betroffene Frankfurter Börsenmakler Joseph Mayer (1893-1974) und seine Ehefrau Edith Mayer, geb. Loeb (1896-1969). Im Zuge der „Polen-Aktion“ im Oktober 1938 verhaftete die Geheime Staatspolizei nachts einige der polnischen Bewohner; getrennt von ihren Eltern wurden sie brutal über die Grenze nach Polen ausgewiesen. Während des Novemberpogroms 1938 wurden Joseph Mayer und sein ältester Sohn in die Konzentrationslager Buchenwald und Dachau verschleppt. Die Schüler wurden zurück nach Hause geschickt oder kamen in anderen Wohlfahrtsinstitutionen unter. Das Jungenheim Beith Neorim musste geschlossen werden. In den vier Jahren seines Bestehens lebten hier 70 bis 100 junge Menschen auf Zeit. Familie Mayer gelang die Flucht nach Palästina.
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