Ez Chaim-Synagoge

Complete profile
100
Kategorie
Adresse

Apels Garten 4
04109 Leipzig
Deutschland

Früherer Straßenname
Otto-Schill-Straße 6-8
Koordinate
51.338600532885, 12.369257440454

Die Ez Chaim-Synagoge bestand als größte orthodoxe Synagoge Sachsens von 1922 bis 1938. Sie befand sich in der inneren Westvorstadt Leipzigs in einer kleinen, unscheinbaren Gasse namens Apels Garten. 1920 erwarb der Leipziger Talmud-Thora-Verein das Grundstück. Darauf stand bereits eine Halle, die in den Jahren zuvor als Fahrrad- und Turnhalle genutzt wurde. Die Halle blieb stehen und man beauftragte, mit finanzieller Unterstützung des Pelzhändlers Chaim Eitingon (1857–1932), den Architekten Johann Gustav Pflaume (gest. 1930) mit dem Umbau der Turnhalle zur Synagoge.

Gustav Pflaume gestaltete einen Emporensaal mit nordöstlicher Ausrichtung. Die Synagoge hatte 1200 Sitzplätze (nach einer Überprüfung durch das Baupolizeiamt im Jahr 1924 mussten die Sitzplätze auf 905 reduziert werden). Der gesamte Innenraum der Ez Chaim-Synagoge war prunkvoll ausgeschmückt. Acht imposante Kronleuchter hingen tief von der Decke. Mittig angeordnet befand sich eine aufwendig gestaltete Bima (Lesepult). Eine geschwungene Estrade an der nordöstlichen Wand hob den Bereich des Aron ha-Kodesch (Thoraschrein) ab. Gustav Pflaumes wichtigste Veränderung am Außenbau war die neu gestaltete Portalzone mit neoromanischen Stilelementen. Die doppeltürigen Portale mit verglastem Rundbogenabschluss führten zu einem Vorraum, der dem Hauptbetsaal vorgelagert war.

Am 10. September 1922 wurde die Ez Chaim-Synagoge feierlich geweiht. Von da an war sie wichtigste Anlaufstelle für das orthodoxe Judentum in Leipzig. Sie bestand 16 Jahre, bis sie während der Novemberpogrome am frühen Morgen des 10. Novembers 1938 durch Brandanschläge angegriffen wurde und daraufhin völlig ausbrannte. Jahrzehntelang fehlte jegliche Erinnerung an die Ez Chaim-Synagoge vor Ort. Nur zwei Wegweiser am Anfang und Ende der Gasse zeigten den Weg zum ehemaligen Standort an – ein Infokasten aus dem Jahr 2003 wurde 2016 zerstört und seitdem nicht erneuert. Somit liefen die Wegweiser für einige Jahre ins Leere. Im September 2022 wurde das 100. Weihejubiläum der Ez Chaim-Synagoge gefeiert. Es bot Anlass zu einer Festwoche im Zeichen des lebhaften Gedenkens. Seit 2023 Jahr befindet sich an einer angrenzenden Mauer ein Banner, das an die Synagoge erinnert. Doch weiterhin bleibt zu hoffen, dass die Erinnerung an die ehemals größte orthodoxe Synagoge auch am authentischen Ort eine feste Verwurzelung findet, denn Ez Chaim bedeutet »Baum des Lebens« – lassen wir diese Bedeutung für sich sprechen.

Ereignisse
Beschreibung
Talmud-Thora-Verein (vmtl. bereits 1900 gegründet, jedoch erst 1902 durch Satzung nachweisbar)
Ereignis
Datum Von
1902-01-01
Datum bis
1902-12-31
Datierung
1902
Epoche universalgeschichtlich
Beschreibung
Flurstück, Nummer 2241, an der Verbindungsgasse zwischen Otto-Schill- und Zentralstraße
Ereignis
Datum Von
1920-01-01
Datum bis
1920-12-31
Datierung
1920
Epoche universalgeschichtlich
Beschreibung
Kaufvertrag von Flurstück, Nummer 2241
Ereignis
Datum Von
1921-01-27
Datum bis
1921-01-27
Datierung
27. Januar 1921
Epoche universalgeschichtlich
Beschreibung
Die ehemalige Turnhalle wird durch den Architekten Johann Gustav Pflaume zur Synagoge umgebaut
Ereignis
Datum Von
1921-01-01
Datum bis
1922-01-01
Datierung
1921-1922
Epoche universalgeschichtlich
Ereignis
Datum Von
1922-09-10
Datum bis
1922-09-10
Datierung
10. September 1922
Epoche universalgeschichtlich
Beschreibung
Brandanschlag in den frühen Morgenstunden, die Synagoge brennt vollkommen aus
Ereignis
Datum Von
1938-11-10
Datum bis
1938-11-10
Datierung
10. November 1938
Epoche universalgeschichtlich
Medien
Ez Chaim-Synagoge in Leipzig, Innenansicht in Richtung Eingangsportal
Großer Innenraum mit Sitzbänken und aufwendig verziertem Deckengewölbe
Aufnahmedatum
um 1928
Fotografiert von
Atelier Hermann Walter
AR
Bildquelle (Woher stammt das Bild)
Wikipedia
Breite
2048
Höhe
1614
Lizenz
CC BY-SA 4.0
Die zerstörte Ez-Chaim-Synagoge nach dem Novemberpogrom
Schwarz-weiß Fotografie aus erhöhter Perspektive auf eine ausgebrannte Ruine einer ehemaligen Synagoge mit angrenzenden Wohnhäusern
Aufnahmedatum
10. November 1938
Fotografiert von
o. A.
AR
Bildquelle (Woher stammt das Bild)
JMB
Breite
1842
Höhe
1277
Lizenz
Rechte vorbehalten
Wegweiser zum ehemaligen Standort der Ez Chaim-Synagoge
Straßenpfosten mit zwei Wegweisern für Fußgänger, die in unterschiedliche Richtungen deuten
Aufnahmedatum
2021
Fotografiert von
Anna Reindl
AR
Bildquelle (Woher stammt das Bild)
Privat
Breite
3024
Höhe
4032
Lizenz
Rechte vorbehalten
Leipzig, Apels Garten, Standort der ehemaligen Ez Chaim-Synagoge
Fußgängerweg mit angrenzenden Büro- und Wohnhäusern, private Parkplätze, die über ein Tor zugänglich sind
Aufnahmedatum
2021
Fotografiert von
Anna Reindl
AR
Bildquelle (Woher stammt das Bild)
Privat
Breite
3024
Höhe
4032
Lizenz
Rechte vorbehalten
Literatur
Gunda Ulbricht, Olaf Glöckner (Hrsg.): Juden in Sachsen. Eine Publikation von HATiKVA e.V. Dresden und Moses Mendelssohn Zentrum Potsdam. Sonderausgabe für die Sächsische Landeszentrale für politische Bildung. Leipzig: Edition Leipzig, 2013.
Stadt Leipzig – Die Sakralbauten, bearb. von Heinrich Magirius, Hartmut Mai, Thomas Trajkovits, Winfried Werner, mit Beiträgen von Johannes Gerdes, Matthias Gretzschel, Werner Heinrich, Elisabeth Hütter, Thomas Topfstedt, Cornelia Wendt (= Die Bau- und Kunstdenkmäler von Sachsen, hrsg. vom Landesamt für Denkmalpflege Sachsen, 2 Bände. München/Berlin: Deutscher Kunstverlag, 1995. S. 799f.
Stadtarchiv Leipzig, Bauakte, 1920-1940, Nr. 4978.
Stadtarchiv Leipzig, Bauakte, 1920-1940, Nr. 8463.
Sächsisches Staatsarchiv Leipzig, Geheime Staatspolizei, Staatspolizeistelle Leipzig, Ez-Chaim-Synagoge, Otto-Schill-Str. Leipzig e.V. 20031, 1926-1942, Nr. PP-V 4459.
Juden in Leipzig. Eine Dokumentation zur Ausstellung anlässlich des 50. Jahrestages der faschistischen Pogromnacht. Ausstellungszentrum der Karl-Marx-Universität, Kroch-Hochhaus, 05.11.-17.12.1988. Hrsg. vom Rat des Bezirkes, Abteilung Kultur. Leipzig: Rat des Bezirkes, 1988.
Werner Richter: Zur Geschichte der Ez-Chaim-Synagoge in Leipzig. Leipzig: Bürgerverein Kolonnadenviertel e.V., 2016.
Anna Reindl: Baum des Lebens. Erinnerung an die Leipziger Ez-Chaim-Synagoge. Leipziger Blätter, Ausgabe 81, Leipzig: Passage Verlag, 2022, S. 38–41.
Redaktionell überprüft
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