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Kategorie
Adresse

Sternstraße / Westendorf (Eingang)
38820 Halberstadt
Deutschland

Früherer Straßenname
Vor dem Johannistor
Koordinate
51.894281484506, 11.040004981327

Der Friedhof „Am Roten Strumpf“ ist der älteste von drei Begräbnisplätzen der Jüdischen Gemeinde Halberstadt. 1644, noch unter bischöflichem Schutz, konnte er südwestlich des Johannistores (an der heutigen Kreuzung Sternstraße / Westendorf) angelegt werden. Zuvor musste man die Toten andernorts (in Derenburg und Aschersleben?) beisetzen. Das kleine, quadratische Areal war vom St. Johanniskloster gepachtet worden. Der Flurname verweist auf eine frühere Hinrichtungsstätte. Demnach zog sich der Henker einen roten Strumpf über, um nicht erkannt zu werden.

Noch heute fällt das höhere Bodenniveau in diesem ältesten Teil (Richtung Südosten) auf. Aus Platzmangel – so die Vermutung – mussten die Toten in einer zweiten Schicht bestattet werden. Nach Gründung des Beerdigungsvereins „Gemilut Chassidim“ (1693) konnte der Friedhof 1696 nach Norden auf etwa das Doppelte erweitert werden – mit Unterstützung des Hoffaktors Berend Lehmann, der 1730 hier selbst begraben wurde. Sein Grabstein mit Familienwappen (Leviten-Kanne mit Lamm) lehnt heute an der nördlichen Friedhofsmauer.

1770 wurde eine zweite Erweiterung nötig – wiederum um das Doppelte, nun nach Westen, bis zum Johanniskirchhof. Im Süden, an der Sternstraße, wurde ein ehem. Wirtshaus samt Hof und Stallungen gepachtet. Dort konnte die Jüdische Gemeinde, außerhalb der Stadtmauern, ein Spital samt Herberge für arme und durchreisende Juden einrichten.

Auch eine umlaufende Steinmauer war 1770 bereits vorhanden. Am Eingangstor im Nordosten (heute Kreuzung Westendorf / Am Berge) wurden zwei hebräische Gebets- und Hinweistafeln eingelassen.

Beisetzungen fanden bis ins 19. Jahrhundert statt. 1938, vor Schändung im Novemberpogrom, zählte man noch ca. 600 Grabsteine, die 1944-45 zum Bau von Splitterschutzgräben und Panzersperren verwendet wurden. Nach Wiederherstellung des Friedhofs finden sich heute noch ca. 150 barocke Grabmale (das älteste von 1659). Ein Besuch ist So-Fr möglich, die Schlüssel sind im Berend-Lehmann-Museum erhältlich.

Ereignisse
Beschreibung
Bestattung der Toten der Jüdischen Gemeinde außerhalb von Halberstadt (Derenburg und Aschersleben)
Datum Von
-0500-01-01
Datum bis
1643-12-31
Datierung
vor 1644
Beschreibung
Anlage des ersten jüdischen Friedhofs "Am Roten Strumpf" (südwestlich des Johannistores)
Ereignis
Datum Von
1644-01-01
Datum bis
1644-12-31
Datierung
1644
Epoche universalgeschichtlich
Beschreibung
Gründung des Beerdigungsvereins „Gemilut Chassidim“ der Jüdischen Gemeinde Halberstadt
Datum Von
1693-01-01
Datum bis
1693-12-31
Datierung
1693
Epoche universalgeschichtlich
Beschreibung
erste Erweiterung des jüdischen Friedhofs "Am Roten Strumpf" Richtung Norden
Datum Von
1696-01-01
Datum bis
1696-12-31
Datierung
1696
Epoche universalgeschichtlich
Beschreibung
Bestattung des Halberstädter Hoffaktors Berend Lehmann (geb. 1661 in Essen)
Datum Von
1730-01-01
Datum bis
1730-12-31
Datierung
1730
Epoche universalgeschichtlich
Beschreibung
zweite Erweiterung des Friedhofs Richtung Westen, Einrichtung eines Spitals samt Armenherberge
Datum Von
1770-01-01
Datum bis
1770-12-31
Datierung
1770
Epoche universalgeschichtlich
Beschreibung
letzte Bestattungen auf dem Friedhof "Am Roten Strumpf"
Ereignis
Datum Von
1801-01-01
Datum bis
1801-01-01
Datierung
nach 1800
Epoche universalgeschichtlich
Beschreibung
Novemberpogrom, teilweise Zerstörung der ca. 600 noch erhaltenen Grabsteine
Ereignis
Datum Von
1938-01-01
Datum bis
1938-12-31
Datierung
1938
Epoche universalgeschichtlich
Beschreibung
Verkehrsplanungsskizze der Stadt Halberstadt: Beräumung des Friedhofs und Umbau zum Parkplatz
Datum Von
1940-01-01
Datum bis
1940-12-31
Datierung
1940
Epoche universalgeschichtlich
Beschreibung
Enteignung ("Arisierung") der letzten 31 jüd. Grundstücke, Friedhofsareal geht an Stadtgemeinde
Ereignis
Datum Von
1942-01-01
Datum bis
1942-12-31
Datierung
1942
Epoche universalgeschichtlich
Beschreibung
Verwendung der meisten Grabsteine für Splitterschutzgräben und Panzersperren, Teilabbruch der Mauer
Ereignis
Datum Von
1944-01-01
Datum bis
1945-01-01
Datierung
1944 - 1945
Epoche universalgeschichtlich
Beschreibung
Wiederherstellung der Mauer auf Intervention des letzten Rabbiners, Hirsch Benjamin Auerbach
Ereignis
Datum Von
1965-01-01
Datum bis
1965-12-31
Datierung
1965
Epoche universalgeschichtlich
Beschreibung
Wiederherstellung des Geländes, Sanierung von Grabsteinen, Betreuung durch Stadt und MMA Halberstadt
Ereignis
Datum Von
1991-01-01
Datum bis
1991-01-01
Datierung
nach 1990
Epoche universalgeschichtlich
Medien
Eingang zum alten jüdischen Friedhof "Am Roten Strumpf" (1644) an der Kreuzung Westendorf / Am Berge (Blick nach Westen)
Aufnahmedatum
16.10.2019
Fotografiert von
Johannes Valentin Schwarz
Johannes Valen…
Bildquelle (Woher stammt das Bild)
eigene Aufnahme
Breite
5320
Höhe
3546
Lizenz
CC BY-SA 4.0
Mimetype
image/jpeg
Das schmiedeeiserne Tor ist zum Schutz des Friedhofs verschlossen. Schlüssel sind gegen Pfand im Berend-Lehmann-Museum (Judenstraße 25/26) erhältlich.
Aufnahmedatum
16.10.2019
Fotografiert von
Johannes Valentin Schwarz
Johannes Valen…
Bildquelle (Woher stammt das Bild)
eigene Aufnahme
Breite
5999
Höhe
3999
Lizenz
CC BY-SA 4.0
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Informationstafel der Stadt Halberstadt am Eingang zum jüdischen Friedhof "Am Roten Strumpf" (mit falschem Titel und teils fehlerhaften Angaben)
Aufnahmedatum
16.10.2019
Fotografiert von
Johannes Valentin Schwarz
Johannes Valen…
Bildquelle (Woher stammt das Bild)
eigene Aufnahme
Breite
4444
Höhe
2963
Lizenz
CC BY-SA 4.0
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Der älteste Teil des Friedhofs "Am Roten Strumpf" (1644) liegt Richtung Südosten, an der Kreuzung Sternstraße / Westendorf (Blick nach Nordosten).
Aufnahmedatum
16.10.2019
Fotografiert von
Johannes Valentin Schwarz
Johannes Valen…
Bildquelle (Woher stammt das Bild)
eigene Aufnahme
Breite
5170
Höhe
3446
Lizenz
CC BY-SA 4.0
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Die historische Karte im Berend-Lehmann-Museum zeigt den "Juden Begräbnis Plaz" vor seiner ersten Erweiterung 1696, außerhalb der Stadtmauern, südwestlich des Johannistores (Ansicht von Süden).
Aufnahmedatum
15.10.2019
Fotografiert von
Johannes Valentin Schwarz
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Bildquelle (Woher stammt das Bild)
Berend-Lehmann-Museum (eigene Aufnahme)
Breite
4175
Höhe
2784
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CC BY-SA 4.0
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Faltblatt der Stadt Halberstadt mit Innenstadtplan (um 1925), Ausschnitt mit Lage der beiden jüdischen Friedhöfe "Am Roten Strumpf" (Sternstraße / Westendorf) und "Am Berge" (angrenzend Richtung Norden)
Aufnahmedatum
25.01.2018
Fotografiert von
Unbekannt
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Wikimedia Commons
ggf. URL
https://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/b/b3/Halberstadt_Innenstadtplan_1900.png
Breite
846
Höhe
563
Lizenz
allgemeinfrei
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Neben der heutigen Toreinfahrt konnte der Friedhof "Am Roten Strumpf" auch durch ein Tor in der Steinmauer von Nordosten betreten werden (Blick nach Norden).
Aufnahmedatum
16.10.2019
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Johannes Valentin Schwarz
Johannes Valen…
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eigene Aufnahme
Breite
5716
Höhe
3811
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CC BY-SA 4.0
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Blick auf den Friedhof "Am Roten Strumpf" Richtung Süden. Im Hintergrund der älteste Teil von 1644 (Südosten), im Vordergrund das erste Erweiterungsareal von 1696 (Nordosten)
Aufnahmedatum
16.10.2019
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Johannes Valentin Schwarz
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eigene Aufnahme
Breite
5475
Höhe
3650
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CC BY-SA 4.0
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Blick auf den Friedhof "Am Roten Strumpf" Richtung Westen. Im Hintergrund das zweite Erweiterungsareal von 1770 Richtung Johanniskirchhof (Nordwesten)
Aufnahmedatum
16.10.2019
Fotografiert von
Johannes Valentin Schwarz
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5455
Höhe
3636
Lizenz
CC BY-SA 4.0
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Grabstein des Halberstädter Hoffaktors Berend Lehmann (1661-1730) an der nördlichen Friedhofsmauer (links). Das Familienwappen (Leviten-Kanne mit Lamm) verweist auf Abstammung (Levi) und Geburtsmonat (Nissan).
Aufnahmedatum
16.10.2019
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Johannes Valentin Schwarz
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6000
Höhe
4000
Lizenz
CC BY-SA 4.0
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Die Mehrheit der barocken Grabsteine aus dem 17. und 18. Jahrhundert hat sich im südlichen Teil des Friedhofs erhalten (Blick Richtung Sternstraße).
Aufnahmedatum
16.10.2019
Fotografiert von
Johannes Valentin Schwarz
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Breite
5821
Höhe
3882
Lizenz
CC BY-SA 4.0
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Auffällig sind die zum Teil reich verzierten Grabsteine, u. a. mit Löwen (Jehuda), Krone (Keter Tora) und Priesterhänden (Kohanim).
Aufnahmedatum
16.10.2019
Fotografiert von
Johannes Valentin Schwarz
Johannes Valen…
Bildquelle (Woher stammt das Bild)
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Breite
5617
Höhe
3745
Lizenz
CC BY-SA 4.0
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Literatur
Madai, Wolfgang: Halberstadt, in: Zeugnisse jüdischer Kultur. Erinnerungsstätten in Mecklenburg-Vorpommern, Brandenburg, Berlin, Sachsen-Anhalt, Sachsen und Thüringen, Berlin 1992, S. 181-188 (hier: 181-183).
Brocke, Michael / Ruthenberg, Eckehart / Schulenburg, Kai Uwe, Stein und Name. Die jüdischen Friedhöfe in Ostdeutschland (Neue Bundesländer/DDR und Berlin), Berlin 1994, S. 394-401.
Brocke, Michael / Müller, Christiane E., Haus des Lebens. Jüdische Friedhöfe in Deutschland, Leipzig 2001, S. 207-208.
Lüdemann, Monika, Quartiere und Profanbauten der Juden in Halberstadt [Dissertation, Fachbereich Architektur, TU Braunschweig], Braunschweig 2004, S. 16-17 (Kap. 1.4.1), 46, 47-48 (Kap. 2.4.5), 248, 251 und 264.
Auf den Spuren jüdischen Lebens durch Halberstadt [Faltplan], hrsg, Verein zur Bewahrung jüdischen Erbes in Halberstadt und Umgebung e.V., Texte: Günter Maeß / Martin Gabriel / Jutta Dick, 1. korrigierte Nachauflage, Halberstadt 2004.
Knufinke, Ulrich, Bauwerke jüdischer Friedhöfe in Deutschland, Petersberg 2007, S. 67-68, 83 und 449.
Dick, Jutta (Text): Jüdisches Leben in Halberstadt [Broschüre], hrsg. Berend Lehmann Museum / Moses Mendelssohn Akademie Halberstadt, Hamburg [2011] (= Monumente und Menschen – die illustrierten Kunstführer), S. 11 und 16-17.
Hartmann, Werner, Die drei jüdischen Friedhöfe in Halberstadt, in: ders., Juden in Halberstadt. Zu Geschichte, Ende und Spuren einer ausgelieferten Minderheit, Band III, 1. Nachauflage, hrsg. Verein zur Bewahrung jüdischen Erbes in Halberstadt und Umgebung e.V., Halberstadt 2005 [Erstauflage: 1992], S. 18-22.
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