Sternstraße / Westendorf (Eingang)
38820 Halberstadt
Deutschland
Der Friedhof „Am Roten Strumpf“ ist der älteste von drei Begräbnisplätzen der Jüdischen Gemeinde Halberstadt. 1644, noch unter bischöflichem Schutz, konnte er südwestlich des Johannistores (an der heutigen Kreuzung Sternstraße / Westendorf) angelegt werden. Zuvor musste man die Toten andernorts (in Derenburg und Aschersleben?) beisetzen. Das kleine, quadratische Areal war vom St. Johanniskloster gepachtet worden. Der Flurname verweist auf eine frühere Hinrichtungsstätte. Demnach zog sich der Henker einen roten Strumpf über, um nicht erkannt zu werden.
Noch heute fällt das höhere Bodenniveau in diesem ältesten Teil (Richtung Südosten) auf. Aus Platzmangel – so die Vermutung – mussten die Toten in einer zweiten Schicht bestattet werden. Nach Gründung des Beerdigungsvereins „Gemilut Chassidim“ (1693) konnte der Friedhof 1696 nach Norden auf etwa das Doppelte erweitert werden – mit Unterstützung des Hoffaktors Berend Lehmann, der 1730 hier selbst begraben wurde. Sein Grabstein mit Familienwappen (Leviten-Kanne mit Lamm) lehnt heute an der nördlichen Friedhofsmauer.
1770 wurde eine zweite Erweiterung nötig – wiederum um das Doppelte, nun nach Westen, bis zum Johanniskirchhof. Im Süden, an der Sternstraße, wurde ein ehem. Wirtshaus samt Hof und Stallungen gepachtet. Dort konnte die Jüdische Gemeinde, außerhalb der Stadtmauern, ein Spital samt Herberge für arme und durchreisende Juden einrichten.
Auch eine umlaufende Steinmauer war 1770 bereits vorhanden. Am Eingangstor im Nordosten (heute Kreuzung Westendorf / Am Berge) wurden zwei hebräische Gebets- und Hinweistafeln eingelassen.
Beisetzungen fanden bis ins 19. Jahrhundert statt. 1938, vor Schändung im Novemberpogrom, zählte man noch ca. 600 Grabsteine, die 1944-45 zum Bau von Splitterschutzgräben und Panzersperren verwendet wurden. Nach Wiederherstellung des Friedhofs finden sich heute noch ca. 150 barocke Grabmale (das älteste von 1659). Ein Besuch ist So-Fr möglich, die Schlüssel sind im Berend-Lehmann-Museum erhältlich.
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