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90
Kategorie
Adresse

Jüdenstraße 25
99755 Ellrich
Deutschland

Koordinate
51.587327, 10.661896

Artikel in der Zeitschrift "Menorah" 1926 Heft 9 S. 528: "Die Synagoge in Ellrich. Die vielen kleinen Judengemeinden Deutschlands mit ihrer eigenartigen Physiognomie sind in den letzten Jahrzehnten immer stärker dem Untergang preisgegeben. Zu ihnen gehört auch die Gemeinde von Ellrich, einem Städtchen am Rande des Südharzes auf der kürzesten Strecke von Hannover nach Thüringen. Hier lebte noch vor etwa einem halben Jahrhundert eine kleine, aber wertvolle jüdische Gemeinschaft. Berühmte jüdische Führer brachte sie wohl nicht hervor, aber unter ihren Mitgliedern waren einzelne geradezu klassische Typen harmonisch ausgebildeter Persönlichkeiten, bei denen es keine Dissonanz zwischen Leben und Lehre gab, und deren Angedenken noch heute bei allen fortlebt, die das Glück hatten, ihren Umgang zu genießen. Jetzt ist die Gemeinde am Aussterben. Einige wenige Familien sind übrig, die aus eigenem nicht in der Lage sind, die Gemeinde wiederaufzubauen. Die schwache in den Anfängen befindliche Organisation der preu0ßuschen Gesamtjudenheit kann auch nicht viel Hilfe bringen. 
Aber noch steht in Ellrich die alte Synagoge, ein Denkmal früherer großer Opferfreudigkeit; doch auch sie ist nahe daran, ein Opfer der Zeit zu werden. Das Äußere des rechteckigen Baues ist im Zustand starker Verwahrlosung: Dach und Mauern sind schadhaft und voll von Sprüngen und Rissen. Das Innere zeigt noch deutlicher die Spuren des langsamen Unterganges; die Malereien verblichen, das Schnitzwerk an vielen Stellen zerbrochen, die metallenen Leuchter beschädigt. In wenigen Jahren muss der Bau zur Ruine werden, wenn keine helfende Hand ihn stützt. Die Synagoge von Ellrich aber sollte im jüdischen Gesamtinteresse erhalten bleiben, weil sie ein künstlerisches Kulturdenkmal ist. Das ist der schön geschnitzt Almemor, der eigenartig verzierte Oron hakodesch mit dem großen geschnitzten Löwen, die überreichliche Verzierung der Wände mit Sprüchen aus der Bibel, die noch nicht ganz aufgeklärte Inschrift unter der Frauenschul, die auf einen früheren, aus Wilna stammenden Raw hinzudeuten scheint, die eigenartige Vergitterung der Frauenschul, die den Raum harmonisch gliedert, die Leuchterarbeit, die an russische oder polnische Wappenembleme erinnert.  
Wenn die Synagoge von Ellrich dem Untergang anheimfällt, so würde eine Quelle zerstört werden, aus der wir Kenntnis empfangen können von den Wanderungen der Juden in Deutschland und Europa, den Kulturelementen, welche sie aus fernen Landen mitgebracht und wieder verwertet haben. Die Bestimmung der künstlerischen Quellen, aus denen die einzelnen Inventarstücke der Synagoge von Ellrich ihren Ursprung nehmen, wäre eine dankbare Aufgabe für den jüdischen Kunsthistoriker und Ethnographen. Wäre es da nciht wichtig, dieses für die historische Kenntnis vom Judentum wichtige Denkmal zu erhalten? Die Synagoge von Ellrich und gar manche Synagoge der untergehenden jüdischen Kleingemeinden in Deutschland, die zu Ruinen zu zerfallen drohen, könnten durch die helfende Hand der Gemeinschaft zu historischen Kulturstätten werden, die der jüdischen Jugend sinnfällig die eigene Geschichte vor Augen führen.   
Nachwort: Die Redaktion der 'Menorah' hat diesen Ausführungen gerne Raum gegeben. Wie in Ellrich ist auch anderswo - in Deutschland, der Tschechoslowakei und in den Oststaaten - wertvolles jüdisches Kulturgut, das Generationen gehütet haben, der Vergessenheit und dem Verfalle preisgegeben. Bevor aber die organisierte Hilfe der Gesamtheit einsetzen kann, sollten alle Freunde jüdischen Lebens die Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit auf diese Rest verschwindender jüdischer Wohnstätten lenken. Wir würden gerne jede Mitteilung veröffentlichen und bitten stets Abbildungen sakraler oder profaner Gebäude (auch Innenräume) sowie einzelner Gegenstände beizufügen. Über Wunsch vergüten wir Kosten der photographischen Aufnahme. Der Herausgeber."    

           
Beim Novemberpogrom 1938 wurde die kunsthistorisch so wertvolle Synagoge verwüstet und anschließend abgebrochen. Vom Gebäude ist nichts mehr erhalten.

Medien
Blick in den Betraum der Männer
Schwarz-Weiß-Foto: links der Schrein, wenig zu erkennen, da größtenteils schwarz
Fotografiert von
Unbekannt
c.koehler
Bildquelle (Woher stammt das Bild)
http://www.alemannia-judaica.de/images/Images%20319/Ellrich%20Menorah%201926%20H%209%20527.jpg
Breite
859
Höhe
671
Lizenz
CCSA
Mimetype
image/jpeg
Publikationsdatum Text
1926
Bimah und Frauenempore
Schwarz-Weiß-Foto: Umrisse eines Leuchters sind erkennbar
Fotografiert von
Unbekannt
c.koehler
Bildquelle (Woher stammt das Bild)
http://www.alemannia-judaica.de/images/Images%20319/Ellrich%20Menorah%201926%20H%209%20529.jpg
Breite
883
Höhe
717
Lizenz
CCSA
Mimetype
image/jpeg
Publikationsdatum Text
1926
Literatur
http://www.alemannia-judaica.de/ellrich_synagoge.htm (letzter Zugriff am 22.05.18)
Redaktionell überprüft
Aus

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