Stadtspaziergang Frankfurt am Main: Firmenadresse Ostend

Disclaimer: Dieser Spaziergang führt durch ein Industrie- und Gewerbegebiet. Die Straßen sind viel befahren, insbesondere von Lastwagen und schweren Sattelzügen. Die Gehwege sind in der Regel in einem schlechten Zustand und nicht barrierefrei. Daher wird empfohlen, diesen Spaziergang online zu lesen, und nicht vor Ort zu nutzen. 

Die Industrialisierung setzte sich in der Bürger- und Handelsstadt Frankfurt spät durch. Ab den 1880er Jahren siedelten sich allmählich Industrie- und Gewerbebetriebe an – etwa entlang der Hanauer Landstraße. Doch erst mit dem Bau des Osthafens zwischen 1908 und 1912 gewann die Industrialisierung an Dynamik. Die kostengünstige Verfügbarkeit von Gewerbeflächen führte zu einem regelrechten Boom des neuen Industriestandortes an Hanauer Landstraße, Ostbahnhof und Osthafen. Mit dem Bau der Großmarkthalle bis 1928 fand die gewerbliche Erschließung des Ostends vorerst ihren Abschluss. In den Jahren vor dem Ersten Weltkrieg entstanden hier die typischen Kontorgebäude, die bis heute das Bild des Stadtteils prägen. Hinter den repräsentativen Fassaden befanden sich weitläufige Hofflächen, die zur Lagerung der Waren dienten. Viele Unternehmen verfügten über einen eigenen Gleisanschluss oder Verladekräne zum Löschen und Laden der Frachtschiffe. Der Spaziergang „Entlang der Hanauer Landstraße“ zeigt die Vielfalt der von jüdischen Unternehmern geführten Firmen im Frankfurter Ostend. Die Produktpalette der vor Ort hergestellten Waren war groß: Produziert und verarbeitet wurden unter anderem Landmaschinen, Lebens- und Genussmittel, Papiersäcke für den gewerblichen Gebrauch, Textilien und Stoffe, tierische Rohprodukte oder Seifen. Insbesondere die Firmen Ph. Mayfarth & Co. (Landmaschinen) und Schade & Füllgrabe (Lebensmitteleinzelhandel) entwickelten sich zu Marktführern ihrer Branche, Letztere mit Filialen im Stadtgebiet. Durch die antijüdischen Maßnahmen der Nationalsozialisten wurde das Lebenswerk jüdischer Unternehmer*innen und ihre häufig international ausgerichteten Handelsnetzwerke zerstört. An der „Arisierung“ der Firmen waren staatliche, kommunale und private Akteure beteiligt, die vom „legalisierten Raub“ an Jüdinnen und Juden profitierten. Viele jüdische Unternehmer*innen flohen ab 1933 in die USA, nach Palästina und andere Länder. Wer das Deutsche Reich nicht mehr rechtzeitig verlassen konnte, wurde ab Herbst 1941 in Gettos, Konzentrations- und Vernichtungslager deportiert und ermordet.

Adresse

Osthafenplatz 16
60314 Frankfurt am Main
Deutschland

Dauer
90.00
Literatur
Jüdisches Museum Frankfurt (Hrsg.), Ostend. Blick in ein jüdisches Viertel [Dokumentation der Dauerausstellung des Jüdischen Museums im Hochbunker an der Friedberger Anlage 5-6], Frankfurt am Main 2020.
Jewish Museum Frankfurt (ed.), The East End. Looking into a Jewish Quarter, Frankfurt am Main 2019.
Jüdisches Museum Frankfurt (Hrsg.), Ostend. Blick in ein jüdisches Viertel, Societäts-Verlag, Frankfurt am Main 2000.
Volker Rödel, Fabrikarchitektur in Frankfurt am Main 1774-1924. Die Geschichte der Industrialisierung im 19. Jahrhundert, Societäts-Verlag, Frankfurt am Main 1986, S. 150-162.
Länge
3.00
Stationen
Adresse

Osthafenplatz 6-8 (heute: Osthafenplatz 16)
60314 Frankfurt am Main
Deutschland

Geo Position
50.1109169, 8.7125609
Titel
Lencoryt-Spinnerei Neuberger
Literatur
Entschädigungssache Otto Neuberger, Hessisches Hauptstaatsarchiv Wiesbaden, Best. 518 Nr. 78346.
Stationsbeschreibung

Der Frankfurter Kaufmann Ludwig Neuberger gründete zunächst eine „Agentur in Manufacturwaren“ und 1900 die „Wäschefabrik en gros“ L. Neuberger & Co. Hergestellt wurden Putz-, Staub- und Poliertücher. Nach dem Tod von Ludwig Neuberger übernahmen dessen Söhne Otto und Fritz Neuberger die Firma und wandelten das Familienunternehmen in eine Aktiengesellschaft namens „LENCO“ um. Die Geschäftsräume in der Mainzer Landstraße reichten bald nicht mehr aus, deshalb errichteten die Brüder Neuberger 1912/13 einen repräsentativen Neubau am Osthafenplatz. Das erhalten gebliebene Gebäude hat fünf Stockwerke und war ausgestattet mit einer Dampfkesselanlage, zwei Warenaufzügen und einem Personenaufzug. Auch ein eigener Gleisanschluss war vorhanden. Nach dem Ersten Weltkrieg konnte die Produktpalette erweitert werden. Produziert wurden nun auch bedruckte und gefärbte Bademoden, insbesondere Bademäntel. Es bestanden sechs Betriebsabteilungen: Die Spritzdruckerei, die Filmdruckerei, die Maschinendruckerei, die Färberei, die Konfektionsabteilung und die Nähereiabteilung. In den Jahren 1926 bis 1928 konnten jeweils Rekordumsätze erzielt werden und das Unternehmen beschäftigte 300 Arbeitnehmer*innen und 20 kaufmännische Angestellte. Produziert und verkauft wurden die Lenco-Produkte in Deutschland, Europa und Übersee. Zu Beginn der 1930er Jahre kam es zu wirtschaftlichen Einschränkungen. Der Betrieb wurde reorganisiert und die Aktiengesellschaft aufgelöst. Laut Auskunft von Elly Neuberger, der Ehefrau von Otto Neuberger, verkaufte ihr Ehemann Firma und Firmengebäude im Jahr 1933 „weit unter seinem wirklichen Wert“. Die Eheleute Neuberger und die Tochter wanderten 1935 nach Palästina aus, wo sie in ärmlichen Verhältnissen lebten. Otto Neuberger erlebte noch die Gründung des Staates Israel, bevor er im Juni 1948 in Tel Aviv verstarb.

Adresse

Hanauer Landstraße 147-149
60314 Frankfurt am Main
Deutschland

Geo Position
50.112663, 8.7149368
Titel
Wittwe Hassan
Literatur
Entschädigungsakte von Alfred Mayer, Hessisches Hauptstaatsarchiv Wiesbaden, Best. 518 Nr. 8267.
Entschädigungsakte von Julius Sommer, Hessisches Hauptstaatsarchiv Wiesbaden, Best. 518 Nr. 30317.
Simone Mergen, Firmensitz: Hanauer Landstraße. Jüdische Großhändler und Fabrikanten im Ostend, in: Jüdisches Museum Frankfurt (Hrsg.), Ostend. Blick in ein jüdisches Viertel, Societäts-Verlag, Frankfurt am Main 2000, S. 144-157.
Benno Nietzel, Handeln und Überleben. Jüdische Unternehmer aus Frankfurt am Main 1924-1964, Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 2012, S. 177f.
Stationsbeschreibung

Das Feinkostgeschäft Wittwe Hassan wurde 1878 gegründet. Benannt wurde das Geschäft nach der Witwe eines türkischen Kaffeeplantagenbesitzers; das Vermögen ihres verstorbenen Gatten investierte sie in die Errichtung der ersten Frankfurter Filiale. Die jüdischen Kaufleute Julius Sommer und Alfred Mayer übernahmen die Firma 1912 und eröffneten nach und nach weitere Filialen. Im Sortiment befanden sich Kaffee, Tee, Kakao, Schokolade, Gebäck, Bonbons, Konfitüren und andere Feinkostprodukte. Das Zentrallager und die Kaffeerösterei befand sich ab 1932 an der Hanauer Landstraße 147-149. Die meisten Filialen waren im Besitz ihrer Filialleiter; diese durften ausschließlich Produkte der Wittwe Hassan vertreiben. Zu Beginn der 1930er Jahre trieben die Geschäftsführer die internationale Ausdehnung voran und gründeten eine Niederlassung in Paris. Die NS-Wirtschaftspolitik und die damit einhergehenden Boykotte trafen auch Wittwe Hassan hart. Im Jahr 1935 ging die Anzahl der Filialen, die sich im Besitz von Mayer und Sommer befanden auf 17 zurück. Der Konzern wurde „arisiert“ und ging an den Frankfurter Kaufmann Adolf Krämer über. Während des Novemberpogroms 1938 wurde Julius Sommer in das Konzentrationslager Buchenwald deportiert. Beiden früheren Geschäftsführern gelang die Flucht ins Exil.

Adresse

Hanauer Landstraße 169-171
60314 Frankfurt am Main
Deutschland

Geo Position
50.1131596, 8.716331
Titel
Ph. Mayfarth & Co.
Literatur
Institut für Stadtgeschichte Frankfurt, Gutachterausschuss für Grundstücksbewertungen, Best. A.62.02 Nr. 780.
Institut für Stadtgeschichte Frankfurt, Sammlung Ortsgeschichte, S3 Nr. 5034.
Institut für Stadtgeschichte Frankfurt, Magistratsakten, Best. A.02.01 Nr. U-1199.
Institut für Stadtgeschichte Frankfurt, Magistratsakten, Best. A.02.01 Nr. T-3273.
Institut für Stadtgeschichte Frankfurt, Firmen, W3-S Nr. 201.
Institut für Stadtgeschichte Frankfurt, Firmenbriefe, W4 Nr. 130.
Institut für Stadtgeschichte Frankfurt, Werbung, W7 Nr. 26.
Hessisches Hauptstaatsarchiv Wiesbaden, Entschädigungsakten, Best. 518 Nr. 16858 u. 16859.
50 Jahre Ph. Mayfarth & Co., Fabrik landwirtschaftlicher u. gewerblicher Maschinen, Frankfurt a. M. 1872-1922, Frankfurt am Main 1922.
Ulf Ludßuweit, Das ehemalige Landmaschinenunternehmen Philipp Mayfarth & Co. mit seinen jüdischen Direktoren Samuel und Leo Moser, in: Stiftung Polytechnische Gesellschaft Frankfurt am Main (Hrsg.), Bürger, die Geschichte schreiben. Das Projekt „Stadtteil-Historiker“ 2014 bis 2018, Frankfurt am Main 2018, S. 30-31.
Simone Mergen, Firmensitz: Hanauer Landstraße. Jüdische Großhändler und Fabrikanten im Ostend, in: Jüdisches Museum Frankfurt (Hrsg.), Ostend. Blick in ein jüdisches Viertel, Societäts-Verlag, Frankfurt am Main 2000, S. 144-157.
Stationsbeschreibung

Philipp Mayfarth und Samuel Moser gründeten im Jahr 1872 die Landmaschinenhandlung Ph. Mayfarth & Co., welche ihren Sitz seit 1881 an der Hanauer Landstraße hatte. Produziert wurden unter anderem Ackergeräte, Futterbereitungsmaschinen sowie Häcksel- und Dreschmaschinen. Später kamen Rübenschneider, Putz- und Obstmühlen, Weinpressen und Dörr-Apparate hinzu. Mit der Eröffnung einer Niederlassung in Insterburg begann die Erschließung der landwirtschaftlich geprägten Provinz Ostpreußen. Ein weiteres Werk konnte 1910 an der Orber Straße in Fechenheim-Nord eröffnet werden (heute: Klassikstadt). Nach der Jahrhundertwende entwickelte sich das Unternehmen zu einem der führenden Landmaschinenhersteller in Europa. Die jährliche Produktion umfasste in den Jahren vor dem Ersten Weltkrieg 35.000 Maschinen; insgesamt beschäftigte Mayfarth & Co. über 1.100 Angestellte und Arbeiter (Vgl. Mergen 2000, S. 148). Nach der Expansion in verschiedene deutsche Städte folgten Niederlassungen in Wien, Moskau, Paris, London und Mailand. Im Ersten Weltkrieg verlor Mayfarth & Co. sämtliche Tochterfirmen und Filialen im Ausland. Firmengründer Samuel Moser erlebte das Ende des Krieges selbst nicht mehr, er starb 1917. Nachfolger wurde sein Sohn Leo Moser. Der neue Geschäftsführer intensivierte den Export nach Afrika und Südamerika und versuchte an die früheren Erfolge des Unternehmens anzuknüpfen. Seit 1933 verschärften sich die Repressionen gegen Mayfarth & Co. zunehmend. Das Unternehmen wurde 1938 „arisiert“ und von der Frankfurter Maschinenbau AG, vorm. Pokorny & Wittekind übernommen. Auf dem Werkgelände an der Orber Straße wurde ein Zwangsarbeiterlager eingerichtet. 1942 befanden sich hier über 400 Kriegsgefangene aus diversen Ländern. Leo Moser und seiner Ehefrau Emmi Moser, geb. Neumann, gelang noch 1941 die Flucht in das US-Amerikanische Exil.

Adresse

Hanauer Landstraße 169-173
60314 Frankfurt am Main
Deutschland

Geo Position
50.1132311, 8.7164815
Titel
Schade & Füllgrabe
Literatur
Institut für Stadtgeschichte Frankfurt, Sammlung Ortsgeschichte, Best. S3 Nr. 609.
Institut für Stadtgeschichte Frankfurt, Sammlung Ortsgeschichte, Best. S3 Nr. 12916.
Institut für Stadtgeschichte Frankfurt, Werbung, Best. W7 Nr. 584.
Simone Mergen, Firmensitz: Hanauer Landstraße. Jüdische Großhändler und Fabrikanten im Ostend, in: Jüdisches Museum Frankfurt (Hrsg.), Ostend. Blick in ein jüdisches Viertel, Societäts-Verlag, Frankfurt am Main 2000, S. 144-157.
Benno Nietzel, Handeln und Überleben. Jüdische Unternehmer aus Frankfurt am Main 1924-1964, Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 2012, S. 176f.
Peter Sauer, 1878-1978: 100 Jahre Schade u. Füllgrabe, Frankfurt am Main 1978.
Schade & Füllgrabe Frankfurt am Main, Leipzig; mit Fotos von Paul Wolff, Verlag Eckhard & Pesch, Düsseldorf um 1930.
Stationsbeschreibung

Die Kaufmänner Conrad Schade und Oscar Füllgrabe eröffneten im Jahr 1878 das gleichnamige Kolonialwarengeschäft in der Frankfurter Altstadt. Aufgrund der von Reichskanzler Otto von Bismarck eingeführten Sozialistengesetze musste der Sozialdemokrat Füllgrabe 1887 Frankfurt verlassen. Das Geschäft wurde an den jüdischen Kaufmann Joseph Halberstadt verkauft. Die Anzahl der Filialen nahm stetig zu. 1910 war Schade & Füllgrabe bereits an 70 Standorten in Frankfurt und Umgebung vertreten. Im selben Jahr konnte das große Zentrallager an der Hanauer Landstraße 169-173 eröffnet werden. Im Gebäudekomplex war eine hauseigene Kaffeerösterei untergebracht. Moderne Anlagen besorgten die Qualitätsprüfung und die Verpackung der Lebensmittel. Auch die Abfüllung von Wein wurde automatisch durchgeführt. Nach dem Tod von Joseph Halberstadt und seiner Ehefrau Susanna Halberstadt übernahm der Sohn Julius Halberstadt und Schwiegersohn Lenor Helft die Geschäftsführung. 1932 erreichte Schade & Füllgrabe mit 144 Filialen die bis dato größte Ausdehnung. Mit Machtübernahme der Nationalsozialisten wurden jüdische Geschäftsinhaber zunehmend aus dem Wirtschaftsleben ausgeschlossen. Bereits 1934 war ein Umsatzrückgang von 30% zu verzeichnen. 1936 wurden sämtliche Liegenschaften und Filialen an die Firma Wilhelm Wehrhahn verkauft. Julius Halberstadt gelang die Flucht in die USA, wo er 1939 verstarb. Nach 1945 gelang es der neuen Konzernleitung an vergangene Erfolge anzuknüpfen. 1952 konnte das erste Discount-Geschäft mit Selbstbedienung am Eschenheimer Turm eröffnet werden. 1992 wurde das gesamte Filial-System Schade & Füllgrabe von der Tengelmann-Gruppe übernommen.

Adresse

Hanauer Landstraße 181-185
60314 Frankfurt am Main
Deutschland

Geo Position
50.1137646, 8.7166381
Titel
Mitteldeutsche chemische Papierwarenfabrik
Literatur
Institut für Stadtgeschichte Frankfurt, Sammlung Personengeschichte, Best. S2 Nr. 13779.
Institut für Stadtgeschichte Frankfurt, Sammlung Ortsgeschichte, Best. S3 Nr. 16283.
Institut für Stadtgeschichte Frankfurt, NS-Verfolgte, Best. A.54.03 Nr. 4972.
Institut für Stadtgeschichte Frankfurt, NS-Verfolgte, Best. A.54.03 Nr. 4980.
Oppenheimersche Papierwarenfabriken, Institut für Stadtgeschichte Frankfurt, Best. W1-58.
Hessisches Hauptstaatsarchiv Wiesbaden, Strafprozessakte, Best. 461 Nr. 15299.
Entschädigungsakte von Moritz J. Oppenheimer, Hessisches Hauptstaatsarchiv Wiesbaden, Best. 518 Nr. 9281.
Hessisches Wirtschaftsarchiv Darmstadt, Abt. 3, Firmenkarteikarten der IHK Frankfurt.
Stationsbeschreibung

Moritz James Oppenheimer (1879-1941) gründete im Jahr 1906 die Mitteldeutsche mechanische Papierwarenfabrik, welche ihren Sitz ab 1910 an der Hanauer Landstraße 181-185 hatte. Das Werk im Ostend verfügte über moderne Fertigungsanlagen und hatte einen Gleisanschluss. Hergestellt wurden Wellpappe und Papiersäcke für verschiedenste Branchen. Die Papiersäcke wurden auch ins Ausland exportiert. Wegen der günstigen Herstellung bevorzugten immer mehr Unternehmen die Verwendung von Papier- anstelle von Jutesäcken. Das Unternehmen galt als das größte seiner Art im Deutschen Reich und beschäftigte allein in Frankfurt etwa 200 Angestellte. In der Zweigniederlassung in Berlin waren weitere 70 bis 80 Mitarbeiter*innen tätig. 1927 trat der Sohn Walter Oppenheimer (1904-1972) in das Unternehmen ein und wurde 1931 erster Prokurist des Frankfurter Werks. Im Herbst 1933 wurde Moritz James Oppenheimer unter einem Vorwand festgenommen und im Frankfurter Gerichtsgefängnis, ab 1934 im Strafgefängnis Preungesheim, festgehalten. Er musste – vermutlich unter Druck – einen Konkursantrag für die Papierwarenfabrik unterzeichnen. Laut Firmenkartei der IHK Frankfurt ging das Unternehmen 1933 in Konkurs. Vermutlich angesichts zunehmender Bedrohungen nahm sich Moritz James Oppenheimer am 4. Mai 1941 im Alter von 61 Jahren mit einer Überdosis Schlaftabletten das Leben. Sohn Walter Oppenheimer überlebte die Schoa und war nach 1945 in Frankfurt wohnhaft.

Adresse

Schwedlerstraße 6 (entspricht heute dem Gebäude Schwedlerstr. 8)
60314 Frankfurt am Main
Deutschland

Geo Position
50.1134421, 8.7199627
Titel
Edelmuth & Oppenheim
Literatur
Institut für Stadtgeschichte Frankfurt, NS-Verfolgte, Best. A.54.03 Nr. 1222.
Institut für Stadtgeschichte Frankfurt, Bauaufsicht, Best. A.63.04 Nr. 20729.
Entschädigungssache Edelmuth & Oppenheimer, Hessisches Hauptstaatsarchiv Wiesbaden, Best. 518 Nr. 8085.
Devisenakte Ernst Berthold Edelmuth, Hessisches Hauptstaatsarchiv Wiesbaden, Best. 519/3 Nr. 1896.
„Arisierung“ des Unternehmens, Hessisches Hauptstaatsarchiv Wiesbaden, Best. 474/3 Nr. 2379.
Hessisches Wirtschaftsarchiv Darmstadt, Abt. 3, Firmenkarteikarten der IHK Frankfurt.
Stationsbeschreibung

Die Chemische und Seifenfabrik Edelmuth & Oppenheim wurde 1922 in das Handelsregister eingetragen. Das Unternehmen befand sich in der Schwedlerstraße 6 gegenüber der Firma J. Latscha (heute ATELIERFRANKFURT e.V.). Inhaber waren Friedrich Michael und Ernst Berthold Edelmuth sowie Berthold und Joseph Salomon. 1931 wurde Edelmuth & Oppenheim von der Industrie- und Handelskammer (IHK) als „Betrieb mittleren Umfangs“ klassifiziert. Behördenaufträge wurden befürwortet, da Nachteiliges gegen die Firma nicht vorläge. Im Jahr 1937 wurde ein Umsatz von 600.000 Reichsmark erzielt und 30 Arbeiter*innen und Angestellte beschäftigt. Doch mit der Machtübernahme der Nationalsozialisten gingen zahlreiche Einschränkungen einher. Ab März 1938 durfte die Firma keine öffentlichen Aufträge mehr annehmen. Der Regierungspräsident genehmigte am 23. August 1938 die „Arisierung“ des Unternehmens. Profiteur war der Mainzer Kaufmann Ernst Kalkhof, der die Seifenfabrik unter Wert erwarb. Auch die IHK begrüßte die Geschäftsübernahme. Die Firmenbezeichnung lautete fortan „Dr. Walter Rose & Co.“. Den früheren Eigentümern gelang die Flucht in das US-Amerikanische Exil. Adele Edelmuth, geb. Mayer, die Mutter der Firmeninhaber Friedrich Michael und Ernst Berthold Edelmuth hingegen wurde im Vernichtungslager Treblinka oder im Vernichtungslager Maly Trostinez ermordet. Stolperstein für Adele Edelmuth im Gärtnerweg 47 (Westend). 

Adresse

Leibbrandstraße 14-16
60314 Frankfurt am Main
Deutschland

Geo Position
50.1174964, 8.7272442
Titel
Gebr. Strauss
Literatur
Institut für Stadtgeschichte Frankfurt, Magistratsakten, Best. A.02.01 Nr. T-3250.
Institut für Stadtgeschichte Frankfurt, Gutachterausschuss für Grundstücksbewertung, Best. A.62.02 Nr. 614.
Institut für Stadtgeschichte Frankfurt, NS-Verfolgte, Best. A.54.03 Nr. 6682.
Hessisches Hauptstaatsarchiv Wiesbaden, Entschädigungssache Emil Strauss, Best. 518 Nr. 9230.
Hessisches Hauptstaatsarchiv Wiesbaden, Akten der Devisenstellen Frankfurt und Kassel, Best. 519/3 Nr. 16965.
Hessisches Wirtschaftsarchiv Darmstadt, Abt. 3, Firmenkarteikarten IHK.
Hessisches Wirtschaftsarchiv Darmstadt, Abt. 3, Nr. 6308.
Hessisches Wirtschaftsarchiv Darmstadt, Abt. 3, Nr. 18419.
Stationsbeschreibung

Die Firma Gebrüder Strauss verlegte 1910 ihren Hauptsitz von Heilbronn nach Frankfurt. Zweck der GmbH war der Handel mit tierischen Rohprodukten. Die Inhaber waren Emil und Richard Strauss. Laut Eintragung in der Firmenkartei der Frankfurter Industrie- und Handelskammer von 1937 blieb nach Machtübernahme der Nationalsozialisten zunächst alles beim Alten: „Juden! Geniessen den Ruf seriöser und tüchtiger Kaufleute, die mit der Branche gut vertraut sind. In pers. Hinsicht ist uns Nachteiliges nicht bekannt geworden. Die geschäftlichen Gepflogenheiten sind einwandfrei und der Ruf der Firma ist gut. Die finanziellen Verhältnisse sind günstig zu beurteilen. Umsätze von 1933 bis 1936 zwischen 2 und 4 Millionen.“ Bereits wenige Monate später, im April 1938, ist in derselben Kartei die Auflösung der Firma vermerkt. Die „Arisierung“ des Unternehmens wurde von Eugen Schanne betrieben. Hierzu heißt es in der Firmenkartei: „Mit den jüdischen Vorbesitzern wurde kein Veräußerungsvertrag geschlossen und auch kein Entgelt für eine etwaige Geschäftsüberlassung gezahlt.“ Obwohl es keinerlei rechtliche Grundlage und keinen Kaufvertrag gab, genehmigte die Gauwirtschaftskammer den räuberischen Vorgang. Emil Strauss gelang die Flucht nach Brasilien. Nach 1945 kam es zu einem Entschädigungsverfahren.

Adresse

Franziusstraße 13-15
60314 Frankfurt am Main
Deutschland

Geo Position
50.1084532, 8.7203419
Titel
Optional: Frankfurter Mühlenwerke
Literatur
Institut für Stadtgeschichte Frankfurt, Sammlung Personengeschichte, S2 Nr. 4336.
Institut für Stadtgeschichte Frankfurt, Sammlung Ortsgeschichte, Best. S3 Nr. 2036.
Institut für Stadtgeschichte Frankfurt, Sammlung Ortsgeschichte, Best. S3 Nr. 31872.
Institut für Stadtgeschichte Frankfurt, Magistratsakten, Best. A.02.01 Nr. T-3172.
Institut für Stadtgeschichte Frankfurt, Stiftungsabteilung, Best. A.30.02 Nr. 535.
Institut für Stadtgeschichte Frankfurt, Frankfurter Mühlenwerke, Best. W3-30 Nr. 13.
Entschädigungsakte von Leopold Wolff, Hessisches Hauptstaatsarchiv Wiesbaden, Best. 518 Nr. 44734.
Johannette Anny Warschawski, Mein Vater Willy Wolff (1871-1933), Gründer der Firma Frankfurter Mühlenwerke Gebr. Wolff. Herzliah 1961 ;Typoskript, 1 Bl., Jüdisches Museum Frankfurt, B 1986/0709.
Stationsbeschreibung

Der Darmstädter Kaufmann Wilhelm (genannt Willy) Wolff (1871-1933) erwarb 1911 das Grundstück Franziusstraße 13-15 am Frankfurter Osthafen. Gemeinsam mit seinem jüngeren Bruder Leopold R. Wolff (1875-1961) gründete er 1914 die Frankfurter Mühlenwerke. Besonders stolz waren die Inhaber auf die pneumatische Getreide-Förderanlage für den Umschlag des in Schiffen und Eisenbahnwagen ankommenden Getreides. In der Wolff’schen Mühle wurde ausschließlich Weizen verarbeitet. Dieser kam zu größten Teilen aus Nord- und Südamerika. Später wurde auch eine Abteilung für Hartweizengries eingerichtet. Zu einem unbekannten Zeitpunkt teilten die Brüder ihre Verantwortlichkeiten auf: Willy Wolff wurde Direktor der ebenfalls an der Franziusstraße gelegenen Hafenmühle AG, während Leopold R. Wolff den Mühlenwerken vorstand. Darüber hinaus hielten die Gebrüder Wolff Aktienanteile anderer Mühlen z.B. in Rathenow (Brandenburg), Berlin und Osthofen (Rheinhessen). Wilhelm Wolff war Vorstandsmitglied der Israelitischen Gemeinde Frankfurt und saß in deren Finanzkommission. Er war maßgeblich an Planung und Bau des Neuen Jüdischen Friedhofs an der Eckenheimer Landstraße beteiligt. Wilhelm Wolff starb wenige Monate nach Machtübernahme der Nationalsozialisten. Leopold R. Wolff wanderte 1935 oder 1936 in die USA aus. Ebenfalls 1935/36 wurden die Frankfurter Mühlenwerke in eine oHG umgewandelt und an eine Schweizer Bankengruppe veräußert. Die Frankfurter Mühlenwerke gingen 1972 an die Kampffmeyer Mühlen GmbH über und gehören heute zur GoodMills GmbH mit Sitz in Hamburg.

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Autor
Heike Drummer, Fedor Besseler

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