Der Unternehmer Georg Mecklenburg hat mit einer Diamantschwarzfärberei zum Einfärben von Socken und Garnen ein beachtliches Vermögen erarbeitet. Der soziale Aufstieg von ihm und seiner Frau Margarethe ist am jeweiligen Status der wechselnden Wohnsitze erkennbar – von der Wohnung auf dem Werksgelände (welche immer erhalten blieb) bis hin zu einer repräsentativen Stadtvilla. Gemeinsam mit Margarethe baute Georg Mecklenburg über viele Jahre eine beeindruckende Sammlung an zeitgenössischer Kunst auf. Davon profitierte auch die „Kunsthütte Chemnitz“, ein 1860 gegründeter Verein von ortsansässigen Künstlern und Kunstfreunden. Seit dem Jahre 1909 hatte die Kunsthütte Chemnitz in einem Teil des neu eröffneten König-Albert-Museums einen repräsentativen Ort gefunden. 

Im Februar 1932 begeht Georg Mecklenburg in seiner Chemnitzer Villa Suizid. Ein Motiv dafür ist nicht bekannt. Das Unternehmen wird fortan von Hans Mecklenburg, dem Sohn aus erster Ehe, weitergeführt. Der größte Teil der Kunstsammlung der Familie ist seit der Reichspogromnacht verschwunden, Margarethe Mecklenburg wird von Berlin aus, wohin sie zwischenzeitlich gezogen war, im Dezember 1942 deportiert und am 31. August 1943 im Vernichtungslager Auschwitz ermordet.

Beruf
Unternehmer
Geburtsdatum
1869
Geburtsort
Königsberg
Gender
Mann
Literatur
Juppe, Gabriele: Jüdische Kunstsammler und Mäzene, in: Jürgen Nitsche, Ruth Röcher (Hg.): Juden in Chemnitz. Die Geschichte der Gemeinde und ihrer Mitglieder. Mit einer Dokumentation des jüdischen Friedhofs, Dresden 2002, S. 117-125.
Schmidt, Paul Ferdinand: Dresdener Kunstverhältnisse. In: Feuer. Monatsschrift für Kunst und künstlerische Kultur, Jg. 1 (1919/1920).
Juppe, Gabriele / Pfalzer, Stephan: „Der Verein ‚Kunsthütte‘ zu Chemnitz“: MittChemnitzGV Jb 62. N.F. 1. 1992. S. 47-78; https://istg.uni-muenster.de/bibliographie/Record/6210T00118044
Stationen
Titel
Teilhaber einer Schwarzfärberei
Adresse

Hofer Str. 155
09353 Oberlungwitz
Deutschland

Adressbeschreibung
Oberlungwitz, Hausnummer 417 (bis 1938)
Geo Position
50.786396098912, 12.723136230038
Stationsbeschreibung

Das exakte Geburtsdatum des Georg Mecklenburg ist nicht überliefert, liegt verborgen in den Archiven der russischen Exklave Kaliningrad, die zu seiner Zeit Königsberg hieß und eine ostpreußische Metropole war. Dort kam er im Jahr 1869 als Sohn des Kaufmanns Louis Mecklenburg und seiner Frau Rosalie zur Welt. Über seine Schul- und Ausbildungszeit in Königsberg ist nichts bekannt. Seine Biografie kann erst ab seinem Umzug ins sächsische Oberlungwitz als gesichert gelten. Die Kleinstadt zwischen Chemnitz und Zwickau war damals schon als „Strumpfstadt“ bekannt, weshalb sich hier auch einige Zuliefererbetriebe ansiedelten, wie die im Jahre 1883 von Rudolf Kunath gegründete Diamantschwarzfärberei. Dort stieg Georg Mecklenburg als Teilhaber ein, weshalb das Unternehmen fortan unter dem Firmennamen „Diamantschwarzfärberei Kunath & Mecklenburg“ als Strumpf- und Stranggarnfärberei firmierte. Zum heutigen Standort des einstigen Unternehmens schreibt Thomas Hetzel, der derzeitige Bürgermeister des Ortes: „Die Fabrik (Diamantenschwarzfärberei Kunath & Mecklenburg) in Oberlungwitz ist auch heute noch unter dem Begriff ‚Mecke‘ bekannt, allerdings inzwischen eine unserer letzten Ruinen.“ (Mail von Thomas Hetzel an den Autor, 2024). 

Georg Mecklenburg war zunächst mit Lucie, geborene Manasse verheiratet, mit der er außer in der Werkswohnung in Oberlungwitz an wechselnden Orten in Chemnitz wohnte. Allerdings verstarb Lucie Mecklenburg bereits im Jahr 1916. Kurz darauf ehelichte er Margarethe, geborene Pulvermacher. Gemeinsam mit ihr baute Georg Mecklenburg über viele Jahre eine beeindruckende Sammlung an zeitgenössischer Kunst auf. Davon profitierte auch die „Kunsthütte Chemnitz“, ein 1860 gegründeter Verein von ortsansässigen Künstlern und Kunstfreunden. Seit dem Jahre 1909 hatte die Kunsthütte Chemnitz in einem Teil des neu eröffneten König-Albert-Museums einen repräsentativen Ort gefunden.

Titel
Die Fabrik
Adresse

Stollberger Str. 21
09120 Chemnitz
Deutschland

Geo Position
50.825537093764, 12.914007597032
Stationsbeschreibung

Die erste Adresse des Georg Mecklenburg in Chemnitz ist im historischen Adressbuch des Jahres 1900 in der Neefestraße 32 nachweisbar. Da aber wohnte er mit seiner ersten Frau nur zwei Jahre, wie auch am nächsten Wohnsitz in der Enzmannstraße 7. Ab 1. April 1906 war Georg Mecklenburg für sieben Jahre in der Stollbergerstraße 21 gemeldet. Nicht bekannt ist, ob der Unternehmer Tag für Tag die etwa 20 Kilometer weite Strecke zwischen seinen wechselnden Chemnitzer Wohnsitzen und der Diamantfärberei in Oberlungwitz zurücklegte. Es ist jedoch anzunehmen, dass er gelegentlich die Wohnung auf dem Werksgelände nutzte. Nach dem Ausscheiden des Kompagnons Rudolf Kunath im Jahre 1898 war Georg Mecklenburg alleiniger Inhaber der „Mecke“, wie das Unternehmen im Volksmund genannt wurde. Das Werk entwickelte sich in den folgenden Jahren zur fünftgrößten Färberei Sachsens. In den Zeiten der Hochkonjunktur beschäftigte Georg Mecklenburg bis zu 250 Arbeiter und Angestellte. Die produzierte schwarze Farbe, die hier für Strümpfe und Garne hergestellt wurde, hatte wegen ihrer vorzüglichen Echtheit den Ruf einer erstklassigen Qualität. Um der Modernisierung Rechnung zu tragen, begann man ab 1920 auch mit der Buntfärberei. Bis dahin war die Beförderung der rohen und veredelten Waren ausschließlich mit Pferdefuhrwerken erfolgt und das nicht nur in die unmittelbare Umgebung, sondern auch nach Chemnitz und in die kleineren Orte wie Thum, Geyer, Zschopau und bis ins vogtländische Auerbach. Hierfür standen sechs Pferde zur Verfügung. Mitte 1920 erfolgte dann die Anschaffung des ersten Lieferautos, ein Wagen des Fabrikats „Presto“. Im Laufe der nächsten Jahre kamen weitere hinzu. 

Bereits ein Jahrzehnt zuvor, so wird angenommen, hat Georg Mecklenburg damit begonnen, zeitgenössische Kunst zu kaufen. Grund dieser Annahme ist, dass er alle vier Maler der Künstlergruppe „Die Brücke“ – Ernst Ludwig Kirchner, Fritz Bleyl, Erich Heckel und Karl Schmidt-Rottluff – in seinem Portfolio hatte. Diese Künstlervereinigung wurde am 7. Juni 1905 in Dresden von den vier Malern gegründet, jedoch im Mai 1913 in Berlin wieder aufgelöst. Mecklenburgs Sammlung aber spricht dafür, dass er jene Gemälde kaufte, als noch gemeinsame Brücke-Ausstellungen stattfanden.

Titel
Mäzene
Adresse

Theaterpl. 1
09111 Chemnitz
Deutschland

Geo Position
50.837888807031, 12.924408624354
Stationsbeschreibung

Es war vornehmlich zeitgenössische Kunst, die im Mittelpunkt der Chemnitzer Kunstsammlung von Margarethe und Georg Mecklenburg stand. Die Sammlung verzeichnete etwa Bronzen von Georg Kolbe, einem der bedeutendsten deutschen Bildhauer in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts, ferner Ölgemälde von Robert Sterl, der in Dresden Professor an der Kunstakademie war, sowie den Künstlern der „Brücke“ Ernst Ludwig Kirchner, Fritz Bleyl, Erich Heckel und Karl Schmidt-Rottluff. Aus Ausstellungs- und Verkaufsunterlagen der „Kunsthütte Chemnitz“ und Werkverzeichnissen kann man schließen, dass zur Sammlung auch Gemälde von Carl Hofer, Max Pechstein, Max Liebermann sowie Zeichnungen von Oskar Kokoschka, Edvard Munch und Ernst Barlach gehörten. In der Sammlung fanden sich auch schon früh Werke von Lasar Segall, der 1919 mit Künstlerfreunden die „Dresdner Sezession“ gründete. Im Jahr darauf schrieb der seinerzeit renommierte Kunsthistoriker und Rezensent Paul Ferdinand Schmidt: „Der stärkste und ausgereifteste Maler in ihr ist zweifellos Lasar Segall, den die Stadtmuseen von Dresden und Chemnitz in allerjüngster Zeit für museumsreif erklärt haben“ https://de.wikipedia.org/wiki/Lasar_Segall (Schmidt, Paul Ferdinand: Dresdener Kunstverhältnisse, S. 224). 

Das Ehepaar Mecklenburg war Mitglied und Mäzen der „Kunsthütte Chemnitz“. Hinter diesem Namen verbarg sich ein 1860 gegründeter Verein von Chemnitzer Kunstfreunden, dessen erklärtes Ziel es war, Künstler und Kunstliebhaber zusammenzuführen und den Menschen Kunst auf verschiedene Art nahezubringen. Seit 1872 hatte der Verein sein festes Domizil in der (im Zweiten Weltkrieg zerstörten) Lechlaschen Villa in der Annaberger Straße 25. Im Jahr 1909 war in Chemnitz das König-Albert-Museum eröffnet worden. In dem repräsentativen Bau am Theaterplatz hatte die Chemnitzer Kunsthütte eigene Räumlichkeiten bekommen. Dabei ging man die Verpflichtung ein, seine Ausstellungen „in einer der Bestimmung des König-Albert-Museums würdigen Weise zu gestalten“ (zitiert nach Juppe/Pfalzer 1992, S. 57). Dies stellte einen Wendepunkt in der Geschichte des Kunstvereins dar. Bei der Eröffnungsfeier wurden 500 Werke der Malerei, Grafik und Plastik ausgestellt und 200 Künstler eingeladen. Die Mehrheit der Ausstellenden waren etablierte und gemeinhin anerkannte Dresdner und Münchner Künstler. 

Das Ehepaar Mecklenburg trat im Laufe der Zeit als großzügiger Mäzen auf. So schenkte es etwa im Jahr 1919 den Kunstsammlungen Chemnitz Grafiken von Lasar Segall. Im Jahr darauf ermöglichte es den Erwerb des Werkes „Geneigter Frauenkopf“ von Wilhelm Lehmbruck und 1923 das Triptychon „Badende“ von Erich Heckel. Erworben hatten sie das Werk im Oktober 1922 direkt beim Künstler. Das Ensemble erhielt einen wichtigen Platz in der „Galerie der Moderne“. 1928 beteiligten sich Georg und Margarethe Mecklenburg an der Ausstellung aus Privatbesitz in der Kunsthütte Chemnitz. Bis zu ihrem Verschwinden in der Pogromnacht 1938 wurde die Privatsammlung in der Wohnung der Familie Mecklenburg in Oberlungwitz aufbewahrt. Heute existieren weder Fotos noch Aufzeichnungen, die den Kunstbesitz bildhaft dokumentieren.

Titel
Jüdisches Leben
Adresse

Reichsstraße 15
09112 Chemnitz
Deutschland

Geo Position
50.830746901386, 12.909252370378
Stationsbeschreibung

Seit 1914 bewohnte Georg Mecklenburg eine repräsentative Stadtvilla in der Reichstraße 15, zunächst mit seiner ersten Frau Lucie und nach deren Ableben im Jahr 1916 schließlich mit seiner zweiten Frau Margarethe. Georg Mecklenburg war von Anfang an in der Jüdischen Gemeinde von Chemnitz aktiv. Bereits zu Beginn des 14. Jahrhunderts hatten sich jüdische Familien in Chemnitz, damals ein Zentrum für Leinenerzeugnisse, niedergelassen. Dies aber war nur wenige Jahrzehnte möglich. Bis heute ist das Chemnitzer jüdische Leben im Spätmittelalter noch immer kaum erforscht. Bekannt aber ist, dass danach jegliche jüdische Ansiedlung für einige Jahrhunderte untersagt war. Erst nach dem Beitritt Sachsens zum Norddeutschen Bund am 18. August 1866 durften sich jüdische Familien wieder in der sächsischen Industriestadt niederlassen. Im Mai 1874 war in Chemnitz ein „Provisorischer Israelitischer Verein“ gegründet worden, der zwei Jahre später den Namen „Israelitische Religionsgemeinde“ angenommen hatte. Im Jahr 1877 war ein jüdischer Friedhof angelegt worden und im Jahr darauf in der Neugasse 3 das erste jüdische Bethaus in Chemnitz seit mehr als 400 Jahren. 

Dank des Engagements einzelner jüdischer Familien bildeten sich alsbald feste Strukturen im religiösen Leben heraus, die 1885 schließlich zur offiziellen Konstituierung der „Israelitischen Religionsgemeinde zu Chemnitz“ führten. Georg Mecklenburg stieß, zur Jahrhundertwende aus Königsberg kommend, also zu einer verhältnismäßig jungen jüdischen Gemeinschaft. Da deren Mitgliederzahl in den beiden letzten Jahrzehnten des 19. Jahrhunderts rapide angewachsen war, wurden Pläne zur Errichtung einer größeren Synagoge realisiert. Der Bau wurde 1897 begonnen. Nach zweijähriger Bauzeit wurde die neue Synagoge am Stephansplatz, die fast 700 Personen Platz bot, im Frühjahr 1899 feierlich eingeweiht. Die Gemeinde wuchs bis auf 3500 Personen an und deren Mitglieder wurden zum festen Bestandteil des öffentlichen, wirtschaftlichen und kulturellen Lebens der Stadt. Das Ehepaar Mecklenburg stellt hierfür ein repräsentatives Beispiel dar. Im Jahr 1921 wurde Georg Mecklenburg zum Vorsitzenden der Jüdischen Gemeinde in Chemnitz gewählt und blieb es für sechs Jahre. Ferner war er Vorstandsmitglied im reichsweiten „Centralverein deutscher Staatsbürger jüdischen Glaubens“, der seinen Sitz in Berlin hatte.

Titel
Enteignung und Deportation
Adresse

Piwniczna
32-600 Oświęcim
Polen

Geo Position
50.031630316363, 19.18821745466
Stationsbeschreibung

Am 9. Februar 1932 erschoss sich Georg Mecklenburg in seiner Villa in der Reichstraße 15. Ein Motiv für den Suizid ist nicht bekannt, die Nachfolge in der Geschäftsführung der Diamantschwarzfärberei in Oberlungwitz trat Hans Mecklenburg, sein Sohn aus erster Ehe, an. 

Die wenigen Quellen zu Margarethe Mecklenburg berichten, dass sie nach dem Tod ihres Mannes nach Berlin gezogen sei. Der genaue Zeitpunkt bleibt aber ungewiss. In den Chemnitzer Adressbüchern finden sich bis 1936 Einträge für „Mecklenburg Grete, Färbereibesitzers-Witwe in der Reichstraße 15“ und danach noch zwei Jahre in der Friedrich Schlegel-Straße 15. Fest steht, dass sie sich spätestens seit der „Arisierung“ des Unternehmens Ende Oktober 1940 in einer finanziellen Zwangslage befunden hatte, weshalb Margarethe Mecklenburg 1941 die restlichen Teile der Kunstsammlung in Berlin verkauft habe. Vom größten Teil der Sammlung hingegen fehlt seit der Pogromnacht vom November 1938 jede Spur. Die meisten Kunstwerke waren in der Familienwohnung auf dem Werksgelände in Oberlungwitz aufbewahrt worden. Dabei ist unklar, ob die Kunstsammlung den Verwüstungen der SA zum Opfer gefallen sind oder diese zuvor von den Nationalsozialisten geraubt worden waren. Margarethe Mecklenburgs Sohn Walter war es im Frühsommer 1941 gelungen Deutschland zu verlassen, ihr selbst hingegen war es nicht mehr möglich. Im Dezember 1942 wurde Margarethe Mecklenburg von Berlin aus ins Vernichtungslager Auschwitz deportiert, wo sie am 31. August 1943 ermordet wurde.

Sterbedatum
02.02.1932
Sterbeort
Chemnitz

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Autor
Gerhard Haase-Hindenberg
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