Aufgewachsen in Dessau als Sohn eines Armenarztes und aktiven Vertreters des aufkommenden Reformjudentums, ging Eduard Arnhold bereits im Alter von 14 Jahren beim ebenfalls jüdischen Kohlenhandelsunternehmer Caesar Wollheim in Berlin in die Lehre. Bereits mit 21 Jahren wurde Arnhold Prokura erteilt. Eduard Arnhold entwickelte die übernommene Firma zu einem der führenden Energieversorger des Kaiserreichs, förderte neue Verkehrswege, sowie die Luftschifffahrt des Grafen Zeppelin. Der Kaiser berief ihn zu seinem Wirtschaftsberater und als ersten jüdischen Bürger ins Preußische Herrenhaus, der zweiten Kammer des Landtages. Eduard und Johanna Arnhold (geborene Cohn) entwickelten sich zu bedeutenden Kunstsammlern, vornehmlich des französischen Impressionismus. Darüber hinaus betätigten sich die Arnholds als großzügige Mäzene der Berliner Nationalgalerie. Für die Förderung junger Künstler und auch Künstlerinnen haben sie die römische Villa Massimo erworben und ein Stipendium eingerichtet. Zu den ersten Stipendiaten im Jahr 1913 gehörten Gustav Klimt, Georg Kolbe, Käthe Kollwitz, Henry an de Velde und Max Beckmann. 

Nach dem Tod von Eduard Arnhold 1925 und seiner Frau Johanna vier Jahre später sollte, so war es testamentarisch verfügt, die umfangreiche Kunstsammlung für mindestens zehn Jahre in der Arnholdschen Villa im Tiergartenviertel einer breiten Öffentlichkeit weiterhin zugänglich sein – so, wie es zu deren Lebzeiten auch der Fall war. In den Jahren der NS-Herrschaft wurden jedoch große Teile der Sammlung geraubt oder sind in den Wirren des Zweiten Weltkrieges verloren gegangen.

Beruf
Unternehmer
Geburtsdatum
10.6.1849
Geburtsort
Dessau
Gender
Mann
Literatur
Arnhold, Johanna (Hrsg.): Eduard Arnhold. Ein Gedenkbuch. Privatdruck, Berlin 1928.
Wolken, Elisabeth (Hrsg.): Villa Massimo 1913-1988. Sonderdruck, Rom 1988.
Dorrmann, Michael: Eduard Arnhold (1849 – 1925). Eine biographische Studie zu Unternehmer- und Mäzenatentum im Deutschen Kaiserreich, Berlin 2002.
Windholz, Angela: Villa Massimo. Zur Gründungsgeschichte der Deutschen Akademie in Rom und ihrer Bauten, Petersberg 2003.
Dorrmann, Michael: Ein „Friedensfest“ der frühen Moderne. Die Sammlung Eduard Arnhold in: Anna-Dorothea Ludewig, Julius H. Schoeps, Ines Sonder (Hrsg.): Aufbruch in die Moderne. Sammler, Mäzene und Kunsthändler in Berlin 1880-1933, Köln 2012.
Blüher, Joachim (Hrsg.): 100 Jahre Deutsche Akademie in Rom. Villa Massimo 1910-2010, Rom und Köln 2010.
Becker, Peter von: Eduard Arnhold Reichtum verpflichtet – Unternehmer und Kunstmäzen, Leipzig 2019.
Pophanken, Andrea/Billeter, Felix (Hrsg.): Die Moderne und ihre Sammler, Berlin 2001.
Stationen
Titel
Herkunft und Kindheit
Adresse

Kavalierstraße
06844 Dessau-Roßlau
Deutschland

Geo Position
51.831215806467, 12.242416797413
Stationsbeschreibung

Adolph Arnhold (1808-1876) war in exemplarischer Weise der Aufstieg eines Juden ins deutsche Bürgertum gelungen. Eine solche „jüdische Karriere“ war in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts verhältnismäßig neu, wenngleich schon nicht mehr außergewöhnlich. In seinem Fall vollzog sich dieser Aufstieg jedoch nicht über wirtschaftlichen Erfolg, sondern über die Bildung. Dies sollte bei seinem Sohn Eduard einmal ganz anders verlaufen, der am 10. Juni 1849 als viertes von acht Kindern geboren wurde. 

Adolph Arnhold hatte in Dessau, Berlin und Halle Medizin studiert und sich dann in Dessau als Armenarzt der Jüdischen Gemeinde niedergelassen. Als Anhänger der jüdischen Reformbewegung setzte er sich für eine Veränderung jüdischer Zeremonialgesetze ein, wie etwa der Knabenbeschneidung– was einen tragischen persönlichen Hintergrund hatte. Seine Frau Mathilde, eine geborene Cohn, die mütterlicherseits einer der ältesten jüdischen Familien Berlins entstammte, war zum Zeitpunkt ihrer Hochzeit erst 17 Jahre alt. Rasch hintereinander gebar sie zwei Söhne. Bei diesen beiden, Max und Felix, kam es in Folge ihrer Beschneidung zu lebensbedrohlichen Komplikationen, die Max nur sehr knapp, Felix jedoch nicht überlebte. In der 1847 verfassten Schrift „Die Beschneidung und ihre Reform“ warf der solcherart traumatisierte Adolph Arnhold in Sorge um weitere männliche Nachfahren die Frage auf, ob die Beschneidung überhaupt „ein wesentliches Moment des Judenthums sei". In den Jahren 1848/49 wurde er als aktives Mitglied der Revolutionsbewegung im damaligen Herzogtum Anhalt-Dessau in den Dessauer Gemeinderat gewählt. Mit der Niederschlagung dieser Revolutionsbewegung zwei Jahre später wurden nicht nur die politischen Hoffnungen Adolph Arnholds zerstört, sondern auch die Situation der jüdischen Gemeinden erschwert. Der Staat mischte sich nun verstärkt in deren Belange ein. In diesem Klima von politischer Repression und gesellschaftlicher Stagnation, von dem auch ganz konkret die eigene Familie betroffen gewesen ist, verbrachte Eduard Arnhold seine ersten Lebensjahre. 

Genauso wie sein Vater besuchte auch der junge Eduard die Herzogliche Franzschule. Allerdings unterstand diese seit 1849 nicht mehr der jüdischen Gemeinde, sondern war in eine staatliche Handelsschule für Schüler (aber keineswegs für Schülerinnen) aller Konfessionen umgewandelt worden, die man nach der Grundschule für vier Jahre besuchte. Der Unterricht war ganz auf die Anforderungen an künftige Geschäftsmänner zugeschnitten, denn alle Unterrichtsfächer standen unter dem Primat der Praxisnähe. Eduard Arnhold erhielt an diesem Institut eine solide kaufmännische Ausbildung, die ihm das Rüstzeug für sein späteres Unternehmertum vermittelt hat. Im September 1863 beendete Eduard Arnhold seine schulische Ausbildung und trat eine Lehre bei dem Berliner Kaufmann Caesar Wollheim an. Der hatte als Geschäftspartner der „Dessauer Wollgarnspinnerei“ öfters in Dessau zu tun gehabt und dort auch die Familie Arnhold kennengelernt. Ein Jahr später zogen auch Eduards Eltern mit dem Rest der Familie nach Berlin, erwarben ein Haus am Molkenmarkt und eröffneten eine der öffentlichen Bildung dienende Leihbücherei.

Titel
Berufliche Laufbahn
Adresse

Behrenstraße 59
10117 Berlin
Deutschland

Geo Position
52.515346414591, 13.382224514328
Stationsbeschreibung

Einige Jahre bevor Eduard Arnhold bei Caesar Wollheim in die Lehre ging, war dieser ins oberschlesische Kohlengeschäft eingestiegen. In jenen Jahren in der Mitte des 19. Jahrhunderts erfolgte an verschiedenen Orten im Reich der Aufbau leistungsfähiger Berg- und Hüttenwerke und damit der Durchbruch der modernen Schwerindustrie. In Berlin waren die beiden Gasanstalten die wichtigsten Abnehmer seiner Kohle. Schnell bemerkte Caesar Wollheim, dass sein neuer Lehrling neben einem beträchtlichen Ehrgeiz auch über bedeutendes kaufmännisches Talent verfügte und ernannte den erst 22-jährigen Eduard Arnhold zum Prokuristen. Drei Jahre später machte er ihn gar zu seinem Teilhaber. Die Firma befand sich in der Behrenstraße 59. 

Was Arnhold mit seinem Ziehvater Wollheim darüber hinaus verband, war die politische Einstellung. Sie waren beide Anhänger der Nationalliberalen und hatten die Bereitschaft, wohltätige Vorhaben zu unterstützen. Der Biograph Michael Dorrmann nennt Hinweise, wonach Arnhold in die Familie Wollheim habe einheiraten wollen. Allerdings, so das Gerücht, habe er sich bei der Auserkorenen der Wollheim-Töchter einen Korb geholt, „da er etwas unscheinbar gewirkt und ‚nach nichts‘ ausgesehen habe“ (Dorrmann, S. 34). Bei welcher Gelegenheit Eduard Arnhold schließlich die zehn Jahre jüngere Johanna Arnthal kennenlernte, ist nicht überliefert. Bekannt ist, dass sie einer jüdischen Familie aus Hamburg entstammte, die, zumindest bis zum frühen Tod von Johannas Vater, dem Wirtschaftsbürgertum angehörte. Das Verhältnis der beiden Ehegatten beschreibt Michael Dorrmann so: „Die Rollenverteilung innerhalb ihrer Ehe orientierte sich an der etablierten bürgerlichen Geschlechterordnung, in der dem Mann die Sphäre der Arbeitswelt und der Frau die familiäre Sphäre zugeordnet war. Arnhold ließ seine Gattin jedoch an vielen seiner Interessen teilhaben. Die Wohltätigkeitspflege betrieben sie weitgehend gemeinsam und am Aufbau der Kunstsammlung war Johanna Arnhold ebenfalls beteiligt, wobei sie durchaus ihren eigenen Geschmack hatte. […] Wie bei anderen Ehefrauen der wilhelminischen Wirtschaftselite nahmen auch bei ihr repräsentative Pflichten einen großen Raum in ihrem Leben ein.“

Titel
Familiengründung und Unternehmertum
Adresse

Bellevuestraße 18a
10785 Berlin
Deutschland

Geo Position
52.51022660089, 13.375570162377
Stationsbeschreibung

Bis zur Eheschließung hatte Eduard im elterlichen Haus am Molkenmarkt gewohnt. Nach der Hochzeit hat das Ehepaar Arnhold zunächst eine Wohnung in der Voßstraße 28 bezogen und war dann im Jahr 1886 ins Hochparterre des Hauses Wallich gezogen, ein vornehmes Wohnhaus in der Bellevuestraße 18a im Berliner Tiergartenviertel. In der großräumigen Wohnung wurde in der Beletage eine Gemäldegalerie für die wachsende Kunstsammlung der Arnholds eingerichtet. 

Es mag eine Belastung für die Ehe gewesen sein, dass ihnen der Kinderwunsch versagt blieb. Schließlich entschlossen sich die Arnholds im Jahr 1887, die vier Jahre zuvor in Lüdenscheid geborene und evangelisch getaufte Elisabeth Murler als Pflegekind bei sich aufzunehmen. Grund für die Aufnahme war vermutlich die finanzielle Notlage ihrer leiblichen Eltern. Im Jahr 1899 erfolgte die Adoption und Übertragung des Familiennamens. In diesem Jahr unternahmen die Arnholds eine USA-Reise. Später werden sie Italien und Frankreich bereisen und mit dem Schiff auch Griechenland und den Nahen Osten. 

Nach dem Tod von Caesar Wollheim im Jahr 1882 übernahm Eduard Arnhold die Firma. Noch aber konnte der neue Inhaber die Kapitalkraft des Unternehmens nicht aus eigenen Mitteln sicherstellen. Daher hatte Wollheim verfügt, dass sein Betriebskapital nach seinem Tode zunächst noch im Geschäft verbleiben solle. Er räumte dem Juniorpartner zehn Jahre ein, um finanziell auf eigene Füße zu kommen. Danach solle die Firma in „Caesar Wollheims Nachfolger“ umbenannt, sein Kapital der Firma entnommen und an seine Erben ausbezahlt werden. Eduard Arnhold hatte keine Mühe, die Auflagen Caesar Wollheims zu erfüllen. Bald war er über Preußens Grenzen hinaus ein wichtiger Energielieferant und eine der größten Autoritäten auf dem Gebiet des Verkehrswesens. Dem gesellschaftlichen Aufstieg in die höhere Berliner Gesellschaft stand nichts mehr im Wege. Und dies sowohl in einer jüdischen Standesorganisation wie der „Gesellschaft der Freunde“, einem informellen Zentrum der Führungskräfte in Berlin ansässiger jüdischer Unternehmen, als auch in zahlreichen öffentlichen Funktionen.

Titel
Gesellschaftlicher Aufstieg
Adresse

Hitzigallee 19
10785 Berlin
Deutschland

Geo Position
52.507763441627, 13.365273542071
Stationsbeschreibung

Eduard Arnhold erwies sich als ein Unternehmer mit Weitblick. So setzte er sich im Laufe der Jahre für den Ausbau der Wasserwege ebenso ein wie für die Berliner Straßenbahn. Ab 1902 unterstützte er auch die Luftfahrt. Graf Zeppelin erhielt von Arnhold eine großzügige Spende, nachdem dessen Luftschiff am 16. Mai 1911 beim Ausfahren aus der Ballonhalle Düsseldorf zerstört worden war. Der Kaiser, der den emsigen Unternehmer Eduard Arnhold sehr schätzte, hätte ihm gern den Weg ins Amt des Verkehrsministers geebnet. Die dafür unumgängliche Konvertierung zum Christentum aber lehnte Arnhold entschieden ab. Im Jahr 1891 erhielt er stattdessen den Titel Kommerzienrat und zehn Jahre später wurde er zum Geheimen Kommerzienrat befördert. Kaiser Wilhelm II. berief ihn 1913 als ersten Juden ins Preußische Herrenhaus, der zweiten Kammer des Landtages. Die Gesellschafter der Großen Berliner Straßenbahn AG und die der Commerzbank machten Eduard Arnhold zu ihrem Aufsichtsratsvorsitzenden. 

Zum Jahreswechsel 1898/99 hatten Johanna und Eduard Arnhold in der Regentenstraße 19, der heutigen Hitzigallee, eine viergeschossige Villa mit mehreren Anbauten und über 1000 Quadratmeter Wohnfläche bezogen. In zwei Sälen mit Oberlicht waren die zentralen Bestandteile ihrer beeindruckenden Kunstsammlung ausgestellt. Zeitweilig machten sie die Sammlung öffentlich zugänglich, insbesondere für junge Leute, die Kunst oder Kunstgeschichte studierten. 

Zwischen 1881 und 1922, so der Biograf Michael Dorrmann, haben die Arnholds rund drei Millionen Reichsmark aufgewendet, um neben Skulpturen aus der Renaissance und dem Barock sowie 70 modernen Plastiken etwa 270 meist hochkarätige Gemälde zu erwerben. Das Spektrum reichte, wie Peter von Becker – Biograf und Urgroßneffe von Eduard Arnhold – schreibt, „von einer Madonna Andrea della Robbias aus dem Quattrocento über niederländische Maler des 17. Jahrhunderts bis zu Goya, Manet, Monet, Cézanne, Degas oder Renoir, von Böcklin, Lenbach, Klinger, Feuerbach, Menzel, Leibl, Slevogt, Thoma, Corinth bis zu Lesser Ury oder Liebermann, von dem Arnhold mehr Gemälde besitzt als jede andere Sammlung“ (Becker, Peter von „Eduard Arnhold“ Leipzig 2019). Das Ehepaar Arnhold kaufte grundsätzlich nur in Galerien, nie hingegen bei den Künstlern selbst. So war er in jener Zeit ein wichtiger Kunde des jüdischen Kunsthändlers Paul Cassirer, dessen Galerie fußläufig zu seiner Wohnung im Tiergartenviertel lag. Er kaufte aber auch in der „Hof-Kunsthandlung“ Fritz Gurlitts, die seit dem Tod des Firmengründers dessen Sohn Wolfgang führte. Diesem wird es in der NS-Zeit gelingen, die eigene jüdische Herkunft väterlicherseits zu verschleiern, sich am Kunstraub der Machthaber zu beteiligen und insbesondere mit Propagandaminister Joseph Goebbels gute Geschäfte zu machen. 

Die immer umfangreicher werdende Kunstsammlung der Arnholds lief bei Ausstellungen stets unter dem Titel „Sammlung des Ehepaares Arnhold“. Davon unabhängig sammelte Johanna Arnhold eigenständig Werke von Künstlerinnen. Als Mitglied im „Verein der Künstlerinnen und Kunstfreundinnen zu Berlin“, in dessen Vorstand sie von 1911 bis 1916 war, erwarb sie Werke von Julie Wolfthorn, Käthe Kollwitz und Sella Hasse.

Titel
Kunstverstand und Mäzenatentum
Adresse

Am Großen Wannsee 4
14109 Berlin
Deutschland

Geo Position
52.421712301583, 13.16652493823
Stationsbeschreibung

Bereits ab 1885 unterhielt das Ehepaar Arnhold am Westufer des Wannsees eine im italienischen Neo-Renaissancestil erbaute Villa als Sommer-Wochenenddomizil, die ebenfalls mit Kunstschätzen ausgestattet war. Max Liebermann, der ab Sommer 1910 einige hundert Meter entfernt am selben Ufer ein Landhaus mit Atelier besaß, hat das Haus im Jahr 1911 gemalt und so für die Nachwelt bewahrt. Denn im Gegensatz zu Liebermanns Anwesen ist das der Arnholds heute nicht mehr erhalten. 

Eduard Arnhold galt als so sachverständig, dass er 1911 als einziger Fachfremder in die Ankaufskommission der Nationalgalerie berufen wurde. Sein Biograf und Urgroßneffe Peter von Becker schreibt: „Als Kunstsammler erfüllt sich sein Interesse an der Moderne mit dem Impressionismus, der selbst im sprühenden Spiel von Licht und Farben immer noch am erkennbaren Welt- und Menschenbild festhält. Die französischen Impressionisten um Manet, Monet, Cézanne und die von Max Liebermann mit angeführte deutsche ‚Secession‘ sprengen zwar in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts den konservativen Salon, wirken jedoch nicht politisch revolutionär“ (von Becker, S. 31). Hingegen blieb der Expressionismus, wenngleich dieser ja zunächst auch als ein gesteigertes Fest der Farben erscheint, in seinem emotionalen Gestus den Arnholds stets fremd. 

Neben seinen unternehmerischen Aktivitäten erwarb sich Eduard Arnhold auch Verdienste bei der Förderung von Naturwissenschaften und Technik. Er war etwa ab 1910 Mitbegründer der Kaiser-Wilhelm-Gesellschaft, die heute Max-Planck-Gesellschaft heißt, und förderte deren Arbeit mit 250.000 Reichsmark. Zuvor schon hatte er in München das Deutsche Technikmuseum finanziell unterstützt. Ferner bezahlte Eduard Arnhold bedeutende Ankäufe der Berliner Museen. In dem von ihm mitgegründeten Kaiser Friedrich Museumsverein, der europaweit Vorbild für zahlreiche Museumsfördervereine werden sollte, stammten in den Jahren nach dem Weltkrieg 70 der 120 Mitglieder aus jüdischen Familien. Mit der Machtergreifung der Nationalsozialisten 1933 wurden sie aus dem Museumsverein ausgeschlossen und ihre Namen in der Mitgliedsliste getilgt. 

Zu Beginn des Ersten Weltkrieges dürfte Eduard Arnhold in einen emotionalen Zwiespalt zwischen Geschäftssinn und Kunstverstand gekommen sein. Einerseits lieferte er gewinnbringend einen großen Teil der Kohle für die deutsche Stahlindustrie, deren Produkte in den Waffenschmieden für die militärischen Ziele des Kaiserreiches notwendig waren. Andererseits mochte es ihm, als maßgeblichen Sammler der französischen Impressionisten in Deutschland, schwergefallen sein, im Nachbarland Frankreich den „Erbfeind“ zu erkennen. Dies mag erklären, weshalb er im Gegensatz zu vielen anderen deutsch-jüdischen Persönlichkeiten nicht durch nationalistischen Hurra-Patriotismus aufgefallen ist. Biograf von Becker bezeichnet ihn, sicherlich zutreffend, als einen „weltoffenen Patrioten“.

Titel
Das Johannaheim
Adresse

Gartenstraße 7
16356 Werneuchen
Deutschland

Geo Position
52.637619862824, 13.800668126773
Stationsbeschreibung

Die Arnholds erwarben kurz nach der Jahrhundertwende das Rittergut Hirschfelde bei Werneuchen vor den Toren Berlins. Sie beauftragten den Architekten Paul Baumgarten, das Gutshaus umzubauen und den Park als Skulpturenpark neu anzulegen. Am 30. Januar 1906 feierten Johanna und Eduard Arnhold ihre Silberhochzeit und nahmen dies zum Anlass, hier das Johannaheim zu gründen, ein Waisenhaus für junge Mädchen. In nur einem Jahr konnte es fertiggestellt werden, als ein reformpädagogischer Mix aus Säuglingsheim, Kindergarten, Mädchenschule, Freizeitzentrum und einer internatsgleichen Wohnanlage. Der Unterricht an der Schule des nach Johanna Arnhold benannten Hauses zeichnete sich durch eine fortschrittliche und an künstlerischer Betätigung orientierte Pädagogik aus. Bekannteste Schülerin war Brigitte Helm, die später Schauspielerin wurde und in Fritz Langs Monumentalfilm „Metropolis“ die weibliche Hauptrolle spielte. Ihre ersten Schauspielerfahrungen machte sie bei einer schulinternen Aufführung von Shakespeares „Sommernachtstraum“ auf der Naturbühne im Gutspark von Hirschfelde.

Nach dem ersten Weltkrieg war die weitere Finanzierung des Johannaheims gefährdet. Arnholds Unternehmen verzeichnete einen Rückgang der Einkünfte, da durch die Abtretung von Teilen Oberschlesiens einige der Kohlegebiete an Polen gingen. Zudem wertete die Inflation auch das private Vermögen der Arnholds ab. Um den Weiterbetrieb des Johannaheims zu sichern, entschloss sich Eduard Arnhold zum ersten und einzigen Mal, ein Bild zu verkaufen. Für 400.000 Schweizer Franken trennte er sich von Edouard Manets Gemälde „Le Bon Bock“, das heute im Kunstmuseum von Philadelphia hängt. Diese Finanzspritze garantierte aber keineswegs langfristig die Existenz des Johannaheims, zumindest nicht an diesem Standort. Nach dem Tod der beiden Gründer musste es 1929 Werneuchen verlassen und nach Potsdam in kleinere Gebäude umziehen.

Titel
Villa Massimo
Adresse

Largo di Villa Massimo, 1
00161 Roma RM
Italien

Geo Position
41.917088458031, 12.518739268148
Stationsbeschreibung

In seiner Funktion als Senator der Akademie der Künste war Eduard Arnhold während eines Aufenthalts in Rom einem deutschen Rompreisträger in einer ärmlichen, ungesunden Behausung begegnet. Das empfand Eduard Arnhold, der sich nicht nur als Freund der Kunst, sondern auch der Künstler verstand, als unwürdig. Der Rompreis wurde zwar schon seit dem Jahr 1828 von der Preußischen Akademie der Künste ausgeschrieben, was aber bislang fehlte, war ein gleichermaßen repräsentatives wie inspirierendes Gebäude. Eduard Arnhold schwebte vor, ein solches nach dem Vorbild der 1666 gegründeten Französischen Akademie Villa Medici zu schaffen. Im Sommer 1910 erwarb er daher einen 27.000 Quadratmeter großen Park aus dem Besitz des Fürsten Massimo in der Nähe der Porta Pia und beauftragte den Architekten Maximilian Zürcher mit der Realisierung eines Künstlerhauses mit Gästewohnungen, Ateliers, einem Aktmalsaal und Gemeinschaftsräumen. Der Schweizer, der bereits in Florenz historische Landsitze in Künstlerresidenzen umgewandelt hatte, war aber nicht nur Architekt, sondern auch Maler – eine Personalunion, die sich als äußerst vorteilhaft erweisen sollte. Innerhalb von drei Jahren kreierte Zürcher als Haupthaus eine Villa, die architektonisch an das späte 16. Jahrhundert erinnerte. Bei der Fassade ließ er sich von der Villa Giulia, der einstigen päpstlichen Sommerresidenz, inspirieren. Auf der Parkseite reihen sich die Ateliers. Eduard Arnhold wünschte eine uniforme Gestaltung der Ateliers, weil keiner der Künstler sich benachteiligt fühlen sollte. Gleichzeitig war deren hochfunktionale Reihenhausbauweise eine frühe Realisierung der damals diskutierten „sozialen Architektur“. 

Im Jahr 1913 konnte die Villa die ersten Rompreisträger aufnehmen. Die Bewerber waren durch die Akademie der Künste in Berlin ausgewählt und die Preisträger vom preußischen Kultusministerium ernannt worden. Die Stipendiaten dieses ersten Jahrgangs in der Villa Massimo waren Gustav Klimt, Georg Kolbe, Käthe Kollwitz, Henry van de Velde und Max Beckmann. Mit Ausbruch des Ersten Weltkriegs musste die gerade in Betrieb genommene Akademie ihre Tore wieder schließen. Sie wurde 1915 vom italienischen Staat beschlagnahmt und zu einem Kriegsversehrtenheim und einer Prothesenmanufaktur umfunktioniert. Die Wiedereröffnung der Villa Massimo in ihrer ursprünglichen Bestimmung im Jahre 1929 erlebten Eduard und Johanna Arnhold nicht mehr. Die Machtübernahme der Nationalsozialisten vier Jahre später verschärfte den Druck auf die Institution seitens der Reichskulturkammer. Wenige Jahre gelang es noch, einen gewissen Freiraum zu verteidigen, aber die Einflussnahme der Nationalsozialisten nahm zu. Aus Anlass des Hitler-Besuches in Rom 1938 wurde die Plakette Eduard Arnholds aus dem Haupthaus entfernt und das Andenken an den Stifter ausgelöscht.

Titel
Der Dürnbachhof
Adresse

Josefstaler Straße 3 a
83727 Schliersee
Deutschland

Geo Position
47.700978219937, 11.880971783372
Stationsbeschreibung

Die Arnholds hatten in Fiesole bei Florenz die Villa Bellagio erworben, die zuvor ihr Freund, der Schweizer Maler und Bildhauer Arnold Böcklin, bewohnt hatte. Hier verbrachte die Familie Arnhold nun regelmäßig im Frühjahr ihre Ferien. Ein weiteres Feriendomizil war der Dürnbachhof in Neuhaus am Schliersee in Bayern. 

Am 10. August 1925 war es in Oberbayern, so vermerkte Eduard Arnhold in seiner letzten Tagebuchnotiz, „Wolkenlos! Heiß!“. Am Vormittag noch hatte er gemeinsam mit Johanna eine einstündige Autofahrt „über Miesbach nach Fischbach und zurück“ unternommen. Es war laut Tagebuch ein „fleischloser Tag“. Kurz vor dem vegetarischen Abendessen unternahm Eduard Arnhold noch einen Spaziergang und kehrte nicht zurück. Etwa zehn Gehminuten vom Dürnbachhof entfernt hatte er sich neben seine Lieblingsbank auf die Wiese gesetzt. Von hier hatte man eine besonders schöne Aussicht auf den Wendelstein. Dann ist Eduard Arnhold eingeschlafen – für immer. Sein Leichnam wurde nach Berlin überführt und auf dem Friedhof Wannsee II (Grablage: Li AT FW-38) beerdigt. Seine Frau Johanna überlebte ihn um fast vier Jahre. Nach ihrem Ableben am 10. Februar 1929 wurde sie an seiner Seite bestattet. Vor der Grabwand mit den Inschriftentafeln steht eine Skulptur des deutsch-russischen Bildhauers Theodor Georgii, die eine Abschiedsszene darstellt. Auf Beschluss des Berliner Senats ist die letzte Ruhestätte von Eduard Arnhold seit 1992 ein Ehrengrab des Landes Berlin. 

Testamentarisch hatten Eduard und Johanna Arnhold verfügt, dass die Kunstsammlung in der Regentenstraße mindestens zehn Jahre über ihren Tod hinaus unverändert öffentlich zugänglich sein sollte. Doch ihr Haus lag in dem Areal, das Hitlers Architekt Albert Speer für die geplante „Welthauptstadt Germania" umgestalten ließ. 1939 wurde die Villa zerstört, so wie die gesamte Regentenstraße und fast das ganze alte Tiergartenviertel. Die Sammlung der Arnholds wurde unter den Erben der aus nicht-jüdischem Hause stammenden Adoptivtochter Elisabeth aufgeteilt. Durch Bedrängnis und Krieg wurde viel davon verkauft und zerstreut, auch noch nach 1945. Andere Teile verbrannten in Folge der Bombardements der Hauptstadt oder gingen beim Einmarsch der russischen Truppen verloren. 

In einer Schublade von Eduard Arnholds Schreibtisch hatte seine Witwe eine persönliche Aufzeichnung mit Gedanken zum Beruf des Kaufmanns gefunden. Johanna Arnhold veröffentlichte diese Notizen 1928 in einem als Privatdruck herausgegebenem „Gedenkbuch Eduard Arnhold“. Darin zitiert Arnhold den Schluss von Schillers Gedicht „Der Kaufmann“: „Euch, ihr Götter, gehört der Kaufmann. Güter zu suchen / Geht er, doch an sein Schiff knüpfet das Gute sich an.“

Sterbedatum
10.08.1925
Sterbeort
Neuhaus/Schliersee

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Autor
Gerhard Haase-Hindenberg
Leichte Sprache
Aus