Helene Hecht

Helene Hecht war eine Salonnière und Mäzenatin, die zu Musikern und bildenden Künstlern enge Kontakte unterhielt. In ihrem Haus in Mannheim verkehrten Johannes Brahms und Franz von Lenbach. Teile ihrer Kunstsammlung musste sie in der NS-Zeit verfolgungsbedingt verkaufen und auf ihre Villa eine Hypothek aufnehmen. Wie die meisten badischen Juden wurde sie ins Konzentrationslager im französischen Gurs gebracht. Nach ihrer Festnahme am 22. Oktober 1940 kam Helene Hecht noch während der Deportation dorthin ums Leben.

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Eltern: Rudolph Bamberger (1821-1900) und Bertha Bamberger (geb. Seligmann 1827-1915)

7 Geschwister, darunter Bertha Bamberger (Bertel, 1869-1942)

Ehepartner: Felix Hecht (1847 Friedberg – 1909 Weimar), Heirat 1875 in Mainz

4 Kinder: Hans Paul Jakob (1876-1946), August ((1878-1879), Rudolph Ludwig (1880-1959) und Arnold Robert (1885-1886)

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Für Auskünfte bedanke ich mich bei Frau Susanne Speth, Stadtarchiv Mainz, bei Herrn Dr. Andreas Krock, Reiss-Engelhorn-Museen Mannheim und bei Frau Barbara Becker, Mannheim, Archivarin (1981-2004) im Stadtarchiv Mannheim (jetzt MARCHIVUM), die auch ein biografisches Portrait von Helene Hecht veröffentlichte.

Geburtsdatum
19. August 1854
Geburtsort
Mainz
Gender
Frau
Literatur
Becker, Barbara, „In Mannheim habe ich an so viele Hübsche(s) und Schöne(s) zu denken …“ Helene Hecht – Ein Porträt mit Emotionen, in: Ilse Thomas, Sylvia Schraut (Hgg.): ZeitenWandel. Frauengenerationen in der Geschichte Mannheims. 1995, S. 278–291.
Keim, Anton Maria, Erinnerungen an Bertel Bamberger, in: Mainz, Vierteljahreshefte für Kultur, Politik, Wirtschaft. Heft 2/1986.
Kirchgässner, Bernhard, Felix Hecht und die Rheinische Hypothekenbank zu Mannheim in der Aufbauphase des Deutschen Realkreditsystems, in: Hanns Hubert Hofmann (Hg.), Bankherren und Bankiers: Büdinger Vorträge 1976, Starke, Limburg/Lahn 1978, S. 45-84.
Ragge, Peter, „Bilderkrimi“ nimmt ein gutes Ende, Mannheimer Morgen 23.1.2015.
Schlösser, Susanne, Helene Hecht, in: Badische Biographien, Neue Folge, Bd. 6. Kommission für Geschichtliche Landeskunde, Stuttgart 2011, S. 177–178.
Watzinger, Karl Otto, Artikel Felix Hecht in Geschichte der Juden in Mannheim 1650 -1945, Stuttgart u.a. 1984, S. 97-98.
Zehmer, Kerstin, Berta (Bertel) Bamberger, in: Der Neue Jüdische Friedhof in Mainz, Mainz 2013, S. 31-34.
Sonstiger Name
Helena Bamberger
Stationen
Titel
Kindheit im Barockpalais
Adresse

Bischofspl. 12
55116 Mainz
Deutschland

Geo Position
49.998337903731, 8.271342184185
Stationsbeschreibung

Helene Hecht wurde am 19. August 1854 in eine Mainzer Bankiersfamilie hineingeboren und trug den Geburtsnamen Helena Bamberger. Ihre Eltern bewohnten ein Barockpalais am Bischofsplatz in der Nähe des Doms. Die Familie Bamberger spielte eine wichtige Rolle im gesellschaftlichen, wirtschaftlichen, kulturellen und politischen Leben der Stadt und weit darüber hinaus. Sie brachte bedeutende Politiker, Wissenschaftler und Kulturschaffende hervor.

Helenes Onkel Ludwig Bamberger (1823-1899) war einer der demokratischen Vordenker in der Revolution von 1848/49 in Mainz. Später war er Reichstagsabgeordneter und Finanzpolitiker in Berlin und maßgeblich an der Schaffung der Mark als einheitliche deutsche Währung beteiligt. Anfangs als Berater und Unterstützer Bismarcks tätig, wandte sich Bamberger um 1880 von dessen Politik ab. Helenes Vater Rudolph Bamberger (1821-1900) war Bankier und Stadtrat sowie Abgeordneter im hessischen Landtag.

In dieser großbürgerlichen Familie wuchs Helene auf. Sie erhielt eine standesgemäße Ausbildung, lernte Französisch, Italienisch und Klavierspielen. Ob sie hierbei, wie eine ihrer Cousinen, von der Pianistin und Klavierpädagogin Clara Schumann unterrichtet wurde, ist nicht bekannt.

Durch ihre Herkunft und Bildung galt Helene Bamberger für Söhne aus großbürgerlichen Familien als eine „gute Partie“. Der renommierte Wirtschaftswissenschaftler und Bankier Dr. Felix Hecht (1847-1909) aus Mannheim wurde schließlich ihr Gatte. Aus der Heiratsurkunde vom 17. September 1875 geht hervor, dass Helena Bamberger und Felix Hecht in Mainz heirateten. Seinen Wohnsitz nahm das Ehepaar in Mannheim.

Zeitlebens verbunden fühlte sich Helene mit ihrer jüngsten Schwester Bertel (1869-1942). Diese war mit dem französischen Schriftsteller, Musikkritiker und Pazifisten Romain Rolland (1866-1944) befreundet, mit dem sie in regem Briefwechsel stand. Der Kontakt stammte aus der Zeit, als Helenes und Bertels Cousine Marie Clotilde (geb. Bréal, verh. Rolland, verh. Cortot, 1870-1947) die Ehefrau des berühmten Schriftstellers war. Nach neun Jahren wurde die Ehe geschieden, die geistige Verbundenheit der Familien blieb jedoch bestehen. Rolland kämpfte wie sein Schwiegervater, der Sprachwissenschaftler Michel Bréal (1832 Landau - 1915 Paris), zeitlebens gegen Chauvinismus und Rassismus. Eine Generation später sollte Helenes Neffe Ludwig Berger (Verkürzung des Namens Bamberger, 1892-1969) ein bekannter deutscher Regisseur und Schriftsteller werden.

Titel
Erste Ehejahre in Mannheim
Adresse

B7 6
68159 Mannheim
Deutschland

Geo Position
49.488913325985, 8.457946182308
Stationsbeschreibung

Helenes Mann war einer der erfolgreichsten Wirtschaftsjuristen im Deutschen Reich. Felix Hecht wurde in Mannheim mit 24 Jahren der erste Direktor der neu gegründeten Rheinischen Hypothekenbank, die 1971, 100 Jahre nach ihrer Gründung, von der Commerzbank übernommen wurde.

Felix Hecht stammte aus einer jüdischen Familie aus Friedberg in der Wetterau. Er war eines von zehn Kindern des Handelsmanns und Auswanderungsagenten Baruch Hecht und seiner Frau Betty, geborene Adler. Nach dem Abitur in Frankfurt studierte Felix in Gießen, Göttingen und Heidelberg Rechts- und Sozialwissenschaften. Mit seinem Heidelberger Lehrer Johann Caspar Bluntschli (1808-1881) war er befreundet, beide waren in der Nationalliberalen Partei und gehörten als Freimaurer der Heidelberger Loge „Ruprecht zu den fünf Rosen“ an.

Während Felix Hecht die Bank in ihrer Aufbauphase leitete, hielt er Vorlesungen an der Universität Heidelberg und blieb wissenschaftlich tätig. Die Arbeiten Hechts wurden prägend für die moderne Bankbetriebswirtschaftslehre.

Bis zu seiner Heirat lebte Felix Hecht mit dem Kapellmeister Ernst Frank in einem Junggesellenhaushalt im Hotel Europäischer Hof in Mannheim. Frank war von 1872 bis 1877 Kapellmeister am Nationaltheater Mannheim. Aus dessen Kontakt zu dem Komponisten Johannes Brahms (1833-1897) erwuchs eine lebenslange Freundschaft zwischen Brahms und dem Ehepaar Hecht.

Das Ehepaar nahm zunächst in einer Wohnung in B 6, 17 Quartier, wechselte aber in den 1880er Jahren nach B 7, 6. Hier empfing das Paar seine Gäste, darunter so illustre wie Johannes Brahms, aber auch Musiker der Mannheimer Szene.

Hier kamen auch die vier Kinder Hans Paul Jakob (1876-1946), August (1878-1879), Rudolph Ludwig (1880-1959) und Arnold Robert (1885-1886) zur Welt, von denen zwei schon im Kleinkindalter verstarben. Für den Ältesten übernahm Johannes Brahms die Patenschaft.

Die Rollenaufteilung der Eheleute entsprach klassischem Muster. Felix Hecht war ein vielbeschäftigter Bankdirektor, der 1886 auch Direktor der Pfälzischen Hypothekenbank in Ludwigshafen wurde. Helene wird als eigenständige, „hochintelligente und künstlerisch begabte Frau“ geschildert. Sie war für das Familienleben, die Pflege der Freundschaften und die Unterhaltung des Salons zuständig. Der 1888 erfolgte Umzug in die große und gastliche Villa in L 10, 1 ermöglichte die Weiterführung des Salons in repräsentativen Räumen.

Titel
„Villa Helene“
Adresse

L10 1
68161 Mannheim
Deutschland

Geo Position
49.482596158892, 8.4687384688159
Stationsbeschreibung

Das Quadrat L 10 in Schlossnähe entstand in den 1880er Jahren durch die Aufhebung der Baumschulgärten. Das im Volksmund „Millionenviertel“ genannte Quartier bot in jener Zeit, noch vor der Erschließung der Oststadt, privilegierte Bauplätze für das Großbürgertum. Familie Hecht beauftragte die schweizerischen Architekten Philipp Jelmoli und Karl Blatt mit der Planung einer großzügigen Villa in L 10, 1. Die renommierten Architekten entwarfen in Mannheim auch das palazzoartige Gebäude in D 4, 9-10, das 1901 als Bankhaus entstand und heute das Leihamt Mannheim beherbergt.

1888 bezogen die Hechts die „Villa Helene“, die außen schlichte Formen der Neurenaissance aufwies und um 1900 im Innern von Rudolf Tillessen im Rokokostil zu einer repräsentativen Residenz umgebaut wurde. Die Organisation des Haushalts für die vierköpfige Familie und für die zahlreichen Besucher in zwölf Zimmern nahm viel von Helenes Zeit in Anspruch. Ihrer Enkelin Charlotte erzählte sie anstelle von Märchen den Inhalt großer Opern, und nach Konzertbesuchen konnte sie vorhersagen, was die Kritiker darüber in der Zeitung schreiben würde. Charlotte beschrieb ihre Großmutter: „Erst abends fand sie Muße, um ihre umfangreiche Korrespondenz zu führen. Sie schrieb wunderschöne Briefe: ich erinnere mich, neben Brahms, an den Maler Franz von Lenbach, den Geiger Joseph Joachim, Cosima Wagner und, wenn ich mich nicht irre, sogar an Max von Baden, mit dem sie Briefe wechselte.“ (Becker, S. 288)

Helene Hecht führte in Mannheim den zweitgrößten Salon nach dem der Berta Hirsch (1850–1930). Berta Hirsch war die Tochter von Ferdinand Eberstadt, des ersten jüdischen Bürgermeisters von Worms, und die Gattin des Getreidegroßhändlers Emil Hirsch in Mannheim. Die gastliche Villa der Hechts war mit zwei Konzertflügeln, luxuriösen Renaissance-Möbeln, Orient-Teppichen und vielen weiteren Kunstgegenständen ausgestattet. Am Kamin soll Johannes Brahms seinen Lieblingsplatz gehabt haben.

Zwischen 1899 und 1903 stand das Ehepaar Hecht in einem regen Austausch mit dem Münchner Maler Franz von Lenbach, unter anderem wegen der Porträts, die er von beiden malte. Anfang 1901 schuf von Lenbach das große Bildnis „Frau Geheimrat Hecht mit Hund“. Die Dargestellte reiste mehrfach nach München, um dem Künstler Modell zu stehen. Kurze Zeit darauf malte er noch ein kleineres Brustbild seiner „verehrten Gönnerin“ (wie er sie in seinen Briefen nannte) und ein Porträt von Felix Hecht.

1899 beteiligte sich das Ehepaar mäzenatisch an der im Oktober des Jahres erfolgten Gründung der Hochschule für Musik in Mannheim. Die anfangs angemieteten Räume in B 2, 6 waren zu klein und die Hochschule zog schon 1900 in das eigens erworbene Haus in M 1, 8 um.

Felix Hecht erhielt zahlreiche Ehrungen, so 1892 den Orden der Krone von Italien und 1894 das Ritterkreuz I. Klasse des Ordens vom Zähringer Löwen. Er trug den Titel Geheimrat. 1901 legte Felix Hecht seine Direktorenstellen bei beiden Banken, der Rheinischen Hypothekenbank und der Pfälzischen Hypothekenbank, nieder und fungierte jeweils nur noch als Aufsichtsratsmitglied. Er widmete sich nun überwiegend seiner wissenschaftlichen und politischen Arbeit. Um an den Gesetzgebungsvorhaben des Deutschen Reichs mitzuarbeiten, verlegte er seinen Lebensmittelpunkt nach Berlin. 1909 starb er überraschend auf einer Reise in die Reichshauptstadt im Zug zwischen Eisenach und Weimar.

Nach dem Ersten Weltkrieg musste Helene viele Stücke aus ihrem Kunstbesitz verkaufen. Um ihren Lebensunterhalt und den ihrer Enkel zu bestreiten, vermietete sie Räume in ihrem Haus. Nach Anbruch der Naziherrschaft war sie als Jüdin den zahlreichen Repressalien des Regimes ausgesetzt. Ihr, die große Musiker nach Mannheim geholt und die Gründung der Musikhochschule unterstützt hatte, war nun der Besuch von Konzerten und Opern untersagt.

Noch aber lebte sie mit ihrer Enkelin Charlotte zurückgezogen in dem Haus, das einmal ein Zentrum des kulturellen Lebens in Mannheim gewesen war. Um die „Judenvermögensabgabe“ zahlen zu können, musste Helene Hecht ihren Hausrat verkaufen, darunter auch die zwei monumentalen Gemälde von Franz von Lenbach. Sie erhielt dafür 2000,- RM.

Titel
Atelier Franz von Lenbach
Adresse

Luisenstraße 33
80333 München
Deutschland

Geo Position
48.14687060443, 11.563929235687
Stationsbeschreibung

Helene Hecht unternahm mehrere Reisen nach München, um dem Künstler Franz von Lenbach Modell zu stehen. Die Villa Franz von Lenbachs in München bestand aus einem Atelierbau an der Brienner Straße, der 1888 fertiggestellt wurde, und dem 1890 fertiggestellten Hauptbau. Direkt gegenüber dem klassizistischen Königsplatz mit den Propyläen schuf er sich eine Residenz, die er zu einem Zentrum der Kunst in München machen wollte. „Ich gedenke mir einen Palast zu bauen, der das Dagewesene in den Schatten stellen wird; die machtvollen Zentren der europäischen großen Kunst sollen dort mit der Gegenwart verbunden sein“ – so Lenbach in einem Brief 1885. In der Nachbarschaft hatten sich der Kunstmäzen Adolf Friedrich von Schack, der Dichter Paul Heyse und andere Künstler und Kunstfreunde niedergelassen.

Die Villa, die er gemeinsam mit dem Architekten Gabriel von Seidl gestaltete, hatte einen L-förmigen Grundriss. Vor den beiden Gebäuden wurde ein durch Brunnen gegliederter Garten angelegt. Bau und Garten, eine späte Blüte des Historismus mit vielen dekorativen Elementen nach antiken Vorlagen, sind der italienischen Renaissance nachempfunden. Die reiche Innenausstattung umfasste antike Skulpturen, mittelalterliche Malereien, Gobelins und Teppiche, aber auch Kopien von antiken Kunstwerken. 1892 nahm der außer Dienst gestellte Reichskanzler Otto von Bismarck vom Balkon der Villa aus die Ovationen der Münchner Bevölkerung entgegen. 1900 wurden Atelier- und Haupthaus durch einen Zwischentrakt miteinander verbunden. Der Gebäudekomplex ist der heutige Sitz der Städtischen Galerie im Lenbachhaus.

Titel
Deportation nach Gurs
Adresse

Willy-Brandt-Platz 17
68161 Mannheim
Deutschland

Geo Position
49.479893550964, 8.4697818111436
Stationsbeschreibung

Am 22. Oktober 1940 wurde die bereits 86jährige Helene Hecht von der Polizei abgeholt. In aller Eile sollte sie sich reisefertig machen. Ihr waren bis zu 50 kg Gepäck und 100,- RM zur Mitnahme erlaubt. Ihre Enkelin Charlotte stand nicht auf der Deportationsliste, weil sie durch ihren schon lange in den USA lebenden Vater einen Sonderstatus hatte. Helene trat die Reise alleine an. Zunächst wurde sie mit vielen anderen Jüdinnen und Juden zum Abtransport gesammelt, vermutlich im Schloss oder in einer nahegelegenen Schule oder Turnhalle. Noch kannte keiner der Betroffenen das Ziel der Deportation, das französische Internierungslager Gurs am Fuß der Pyrenäen. Man befürchtete, es gehe in den Osten. Gerüchteweise hatte man von den Vernichtungslagern im besetzten Polen gehört.

Dann wurde Helene Hecht, zusammen mit fast 2.000 anderen Mannheimer Jüdinnen und Juden, in Eisenbahnwaggons gepfercht, die in Richtung Süden rollten. Nachdem bei Karlsruhe die Fahrtrichtung erkennbar war und eine erste Erleichterung eintrat, kamen Gerüchte auf, es würden diejenigen erschossen, die mehr als das erlaubte Gepäck oder Bargeld mit sich führten. Geldscheine flatterten aus den Fenstern. Unter Zwang aus der eigenen Wohnung getrieben, getrennt von den Angehörigen, mit unbekanntem Ziel und ungenügendem Gepäck unterwegs, ohne Aussicht auf Rückkehr, war die Situation insbesondere für ältere Menschen äußerst prekär. Die Züge erreichten nach mehrtägiger Fahrt Oloron-Sainte-Marie, wo die Deportierten für die letzte Wegstrecke nach Gurs auf Lastwagen umsteigen mussten.

Helene Hecht hat das Lager, das man wegen des dort herrschenden Elends und der Kälte die „Hölle von Gurs“ nannte, nie erreicht. Sie starb noch auf dem Weg dorthin. In den amtlichen Unterlagen wurde Helene Hecht mit Wirkung vom 24. Oktober 1940 am 8. Mai 1945 für tot erklärt. Ein Totenschein wurde nie ausgestellt. Ob sie ein Grab fand, ist unbekannt.

Titel
Zurückgekehrte Artefakte
Adresse

Museum Zeughaus, C5
68159 Mannheim
Deutschland

Geo Position
49.488250630136, 8.4608685883901
Stationsbeschreibung

1951 entdeckte eine Enkelin von Helene Hecht zufällig in einer Konstanzer Galerie die Portraits ihrer Großeltern von Franz von Lenbach und erwirkte eine Beschlagnahme der Bilder als NS-Raubgut. Die beiden Gemälde wurden der Kunsthalle Karlsruhe als Restitutionsfall zur Verwahrung übergeben. 1967 trug man sie ins Leihgabenverzeichnis als „untergestellt von Torsten Hecht“ ein, doch dann gerieten sie in Vergessenheit.

2005 und 2008 meldeten sich einige Urenkel und es wurden sieben lebende Nachfahren ausfindig gemacht. Der zur Verwandtschaft zählende Dr. Alfried Fischer übernahm die Koordination: „Einige der Verwandten wollten ihre Ruhe haben mit den alten Geschichten, andere hofften, so an Vermögen zu kommen.“ (Ragge, MM) Als klar war, dass der Marktwert nicht allzu hoch ist, waren alle einverstanden, die Gemälde Mannheim zu übereignen, damit sie hier an die Familie Hecht erinnern. Dankbar äußerte sich Prof. Dr. Alfried Wieczorek, Generaldirektor der Reiss-Engelhorn-Museen, bei der Übergabe 2015. „Die Familie hätte die Gemälde auch irgendwo verkaufen können.“ Für die Staatliche Kunsthalle Karlsruhe war die Herausgabe eine Selbstverständlichkeit.

So kam auch das Gemälde der stehenden Helene Hecht mit Hund, das 1902 auf der Großen Jahressausstellung im Münchener Glaspalast und 1917 in der Ausstellung von Mannheimer Privatbesitz in der Mannheimer Kunsthalle öffentlich gezeigt wurde, wieder nach Mannheim.

Andere Objekte, die an Helene Hecht erinnern, waren schon vor den Gemälden nach Mannheim zurückgekehrt. Mit Hilfe einer Spende der Mannheimer Heinrich-Vetter-Stiftung konnte ein Teil des Nachlasses von Charlotte Hecht angekauft und 1998 dem Mannheimer Stadtarchiv übergeben werden. Seitdem verfügt das heutige Marchivum über ca. 30 Originalbriefe Franz von Lenbachs und auch die Briefe, die Charlotte und ihre Eltern in den USA während Charlottes Internierung miteinander wechseln konnten. Charlotte Hecht überlebte die Verfolgung im Nationalsozialismus, weil sie nach zweiwöchiger Polizeihaft im März 1942 in einem Kloster bei Liebenau am Bodensee interniert wurde und bis Kriegsende unter dem Schutz des Roten Kreuzes stand. Sie starb 1997 im Alter von 90 Jahren in München.

In Mannheim ist Helene Hecht nicht vergessen. Seit 2009 verleiht die Stadt Mannheim in zweijährigem Turnus einen nach ihr benannten Preis an Künstlerinnen, der mit 3.000 Euro dotiert ist. Und seit 2010 trägt eine Straße in der Neckarstadt Ost ihren Namen. Die Villa Hecht, wo früher Ausstellungen, Musik- und Vortragsveranstaltungen sowie Soiréen stattfanden, wird heute als psychiatrische Tagesklinik des Zentralinstituts für Seelische Gesundheit Mannheim genutzt.

Sterbedatum
für tot erklärt mit Wirkung vom 24. Oktober 1940

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Autor
Volker Keller
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