Sally Falk

Sally (Salomon, auch Saly, später Henri) Falk kam am 22. März 1888 in Heilbronn zur Welt. Die Familie zog 1899 nach Mannheim, gründete eine Firma zur Verwertung von Baumwollabfällen und nahm am wirtschaftlichen Aufschwung der Industriestadt teil. Das bis in den Ersten Weltkrieg erworbene beträchtliche Vermögen nutzte Sally Falk zum Ankauf von Kunstwerken und zur Unterstützung von Künstlern, hauptsächlich des Bildhauers Wilhelm Lehmbruck. Mit einer Stiftung legte er 1921 den Grundstock der Skulpturensammlung der Kunsthalle Mannheim. Nach dem Ruin seiner Mannheimer Firma führte er, gemeinsam mit seiner Frau Adèle, ein unstetes Leben in der Schweiz, in Frankreich, Monaco und Italien. Oft auf der Flucht vor Schulden und Steuerbehörden, wurde er in Frankreich auch aufgrund seiner jüdischen Herkunft verfolgt. Über Jahre lebte er vom Verkauf seiner Gemälde und Skulpturen. Er starb 1962 in Sanremo in Ligurien/Italien. 

Vater: Felix Falk (1859 in Heilbronn – 1914 in Mannheim) 

Mutter: Ida Falk, geb. Schwarzenberger (1868 – 1921 in Mannheim) 

Geschwister: Keine 

Ehefrau: Adèle, geb. Demolis (1889 Marseille – 1972 Marseille, Eltern Joseph Demolis und Josephine Antoinette, geb. Neuhausel) Heirat: 16. Januar 1915 in Genf 

Kinder: Keine

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Für die Anfertigung von Foto und die Erteilung von Auskünften möchte ich mich herzlich bei folgenden Personen und Institutionen bedanken: Margit Sachse, Marie Lehmann, Renzo Semadeni (Arosa, Schweiz), Staatsarchiv Hamburg, Staatsarchiv Ludwigsburg, Kunsthalle Mannheim, MARCHIVUM Mannheim, Archives de la Ville de Genève, Stadtarchiv Heilbronn, Archives du département du Rhône et de la métropole de Lyon, Generallandesarchiv Karlsruhe und Lehmbruckmuseum Duisburg

Geburtsdatum
22. März 1888
Geburtsort
Heilbronn
Gender
Frau
Literatur
Dorn, Roland, Der Hort in der Mollstraße 18, in: Städtische Kunsthalle Mannheim: Stiftung und Sammlung Sally Falk, Mannheim 1994, S. 119-198.
GLA Karlsruhe: Unterlagen des Badischen Verwaltungsgerichtshofs (Fabrikant Sally Falk gegen die Steuerverwaltung wegen Vermögensteuer, 1919), Bestellsignatur 239 Nr. 9791
Graf, Esther, Faszination Moderne: Der Sammler und Mäzen Sally Falk, in: Jung, Herrmann (Hrsg.), Spurensicherung. Der Komponist Ernst Toch (1887–1964) –Mannheimer Emigrantenschicksale. Mannheimer Hochschulschriften, Bd. 6, Frankfurt am Main 2007, S. 213-223.
Grosz, Georg, Ein kleines Ja und ein großes Nein. Sein Leben von ihm selbst erzählt, Reinbeck bei Hamburg 1974, darin besonders S. 107-109, 186-187.
Listl, Mathias, Die Kunsthalle Mannheim und ihre jüdischen Mäzene: Schicksalswege fünf jüdischer Familien aus Mannheim, in: Holten, Johan, Listl, Mathias (Hg.), (Wieder-)Entdecken. Die Kunsthalle 1933 bis 1945 und die Folgen. Katalog zur Ausstellung in der Kunsthalle Mannheim, 01. Juni bis 31. Januar 2021, 2. Aufl. Berlin 2020.
Marchivum: 56/1976 Nr. 356 (Schriftwechsel Falk - Stadt Mannheim, Gewährung von Ehrensold 1961-72)
Schiller, Susanne, Die Stiftung Sally Falk, in: Städtische Kunsthalle Mannheim: Stiftung und Sammlung Sally Falk, Mannheim 1994, S. 11-74.
Schubert, Dietrich, Die Kunst Lehmbrucks, Worms 1981, S. 213.
Staatsarchiv Hamburg, 351-11 Amt für Wiedergutmachung, Signaturen 351-11_10818 Falk, Saly Henri und 351-11_11806 Falk, Adele Emilie (enthält Dokumente zur Verfolgungsgeschichte)
Staatsarchiv Ludwigsburg, Wiedergutmachungsakte Az. ES 17398
Städtische Kunsthalle Mannheim, Stiftung und Sammlung Sally Falk, Mannheim 1994.
Westheim, Paul, Erinnerung an eine Sammlung, in: Das Kunstblatt 1918, Reprint Nendeln/Liechtenstein 1978, S. 233-241.
Liste von allen weiteren Archivalien siehe Städtische Kunsthalle Mannheim: Stiftung und Sammlung Sally Falk, Mannheim 1994, S. 243f
Sonstiger Name
Salomon, auch Saly, später Henri Falk
Stationen
Titel
Herkunft der Familie
Adresse

Schillerstraße 9
74072 Heilbronn
Deutschland

Geo Position
49.1442, 9.225
Stationsbeschreibung

Aufgrund seiner Lage am Neckar war Heilbronn seit dem Mittelalter ein bedeutender Handelsplatz. Im 19. Jahrhundert entwickelte sich die Stadt zu einem Zentrum der Industrialisierung in Württemberg. Die jüdischen Einwohner*innen hatten einen beträchtlichen Anteil am wirtschaftlichen Aufschwung. Die Erfolgreichen unter ihnen besaßen Likör-, Metall-, Schuh- und Zigarettenfirmen sowie andere Industrieunternehmen in der Stadt. 

Nach einem Jahrhunderte währenden Ansiedlungs- und Gewerbeverbot durften Juden*Jüdinnen ab 1828 wieder im schwäbischen Heilbronn wohnen und konnten am wirtschaftlichen Aufschwung partizipieren. Mit knapp 1000 Personen hatte die jüdische Gemeinde um 1895 ihre höchste Mitgliederzahl erreicht. Die Eltern von Samuel Falk, Ida und der Kaufmann Felix Falk, wohnten in der Schillerstr. 9 am Rand der Altstadt. Dort erblickte Sally am 22. März 1888 das Licht der Welt. Die Familie zog danach in die Rosenbergstr. 4 um. Hier verbrachte Sally seine Kindheit, über die wenig bekannt ist. Seine Eltern waren höchstwahrscheinlich Mitglieder der jüdischen Gemeinde Heilbronn. Sie identifizierten sich mit ihrer Religion, worauf die Gestaltung ihres Grabmals auf dem Mannheimer jüdischen Friedhof hinweist. 

Die Familie zog am 30. Juni 1899 aus Heilbronn nach Mannheim, wo Felix Falk als württembergischer Staatsangehöriger eingetragen wurde. 

Die beiden ehemaligen Wohnhäuser der Familie Falk in Heilbronn wurden beim britischen Luftangriff vom 4. Dezember 1944 zerstört. Ihm fiel die gesamte Altstadt zum Opfer.

Titel
Ankunft in Mannheim
Adresse

Lameystraße 7
68165 Mannheim
Deutschland

Geo Position
49.487080225486, 8.477384099187
Stationsbeschreibung

Familie Falk ließ sich in Mannheims bester Wohngegend, der neu entstehenden Oststadt, nieder. Ab 1900 ist die kleine Familie im gerade erbauten Haus Lameystr. 7 im zweiten Obergeschoss gemeldet. Schon damals hatte sie einen Telefonanschluss, was auf die florierenden Geschäfte von Felix Falk hindeutet. Es folgten mehrfache Wohnungswechsel. Die Viktoriastr. 8 war eine Zwischenadresse, bevor man sich in der Lameystr. 28 niederließ. Die zugehörige „Kutscherwohnung“ für den Chauffeur des „60 P.S. Benzwagen“ befand sich in der Wespinstr. 8. Als Witwe wohnte Ida Falk in der Augustaanlage 27. 

Sally besuchte bis 1903 die Oberrealschule in Mannheim. Zur Vervollkommnung seiner englischen Sprachkenntnisse ging er ein Jahr auf eine Handelsschule in Brighton (England) und arbeitete ein weiteres Jahr in Boston (USA) in einem großen Textilrohstoffgeschäft als Volontär. Dann trat er in das väterliche Geschäft ein. 

Im „Mannheimer Generalanzeiger“ taucht der Name Felix Falk immer wieder auf. Eine rätselhafte Anzeige nennt 1902 eine Verleumdung durch eine unbekannte Person. Diesen „Ehrabschneider“ hoffte Falk gegen eine hohe Belohnung zu finden. Weitere Zeitungsannoncen der Familie betreffen die Suche nach Hausangestellten. Sie zeigen die wachsende Prosperität der Falks. Suchte man 1905 noch eine „perfekte Köchin“, hatte man 1910 das Bedürfnis, „eine perfekte Herrschaftsköchin und ein ganz perfektes Zimmermädchen“ für den Dreipersonenhaushalt zu finden. 1914 wünschte man sich „einen routinierten, zuverlässigen Chauffeur mit Ia. Zeugnissen f. 60 P.S. Benzwagen geg. hohe Bezahlung sofort“. Felix Falks Interesse an Kunst zeigt sich an seiner Teilnahme an der Weihnachtsverlosung des Mannheimer Kunstvereins, bei der er laut Pressebericht vom 22.12.1910 eines der verlosten Kunstwerke gewann. Auch als Spender wird Felix Falk mehrfach in der Zeitung genannt. So ist er 1909 in einer Spenderliste für die „Hilfsaktion zu Gunsten der Erdbebenbeschädigten in Süditalien“ mit 50 Mark aufgelistet, nach Kriegsbeginn spendete er 1914 an das Rote Kreuz 300 Mark. Nachdem der Sohn Sally Falk die Firma 1914 übernahm, berichtete das Abendblatt des Generalanzeigers am 22. September 1915, dass er bei der Kriegsanleihe 100.000 Mark gezeichnet habe. 

Der am 1. November 1914 verstorbene Vater wurde in einer repräsentativen Grabstätte auf dem jüdischen Friedhof Mannheim bestattet. Auch Ida Falk fand 1921 hier ihre letzte Ruhe. Die Anlage ist beherrscht von einer stilisierten Ädikula, einer Tempelform, aus schwarzem Granit. Die beiden Textinschriften, sowohl auf Hebräisch als auch auf Deutsch, deuten auf die Verwurzelung der Eltern im jüdischen Glauben hin. 

Die hebräische Inschrift lautet übersetzt: „Hier ruht ein aufrichtiger, ehrsamer Mann, der immer das Richtige tat, wohltätig und gottesfürchtig alle Tage seines Lebens. Sein Gedenken wird bleiben bis zum Ende aller Generationen.“ 

Die deutsche Inschrift lautet: „Denn siehe Finsternis bedecket die Erde und wolkendüster die Völker – Doch dich wird der Ewige bestrahlen und seine Herrlichkeit wird über dir erscheinen Jesaja 60/2“

Titel
Die Baumwollfirma
Adresse

Rhenaniastraße 46
68199 Mannheim
Deutschland

Geo Position
49.446987102472, 8.5023740936305
Stationsbeschreibung

Felix Falk gründete im Jahr 1900 die Firma Falk & Stern für Baumwollabfälle und Putzwolle in der Industriestraße, die später in Rhenaniastraße umbenannt wurde. Der Mitgründer der Firma im Rheinauhafengebiet war Falks Geschäftspartner Heinrich Stern. Mit der Fabrik zur Verwertung von Baumwollabfällen und Putzwolle, die in der Rhenaniastraße 46 zwischen den Stadtteilen Neckarau und Rheinau lag, nahm die Familie Falk Anteil am rasanten wirtschaftlichen Aufstieg Mannheims. 

Nach dem Tod des Vaters am 1. November 1914 übernahm der 26-Jährige Sohn die Leitung des Betriebs, zuerst zusammen mit seiner Mutter und ab 1916 als alleiniger Inhaber. Der Kriegsverlauf wirkte sich wirtschaftlich positiv für das Unternehmen aus. Sally Falk kaufte im Dienst der deutschen Heeresleitung Rohstoffe, hauptsächlich Wolle, und lieferte Uniformstoffe. 

Damit machte Falk ein Vermögen. In den Augen des von ihm geförderten Malers und Freundes Georg Grosz (1893-1959) war Falk ein „Kriegsgewinnler“. Mit dieser Einschätzung lag er sicher nicht falsch. Er beschrieb Falk als einen Mann, dessen Geschäfte „nie ganz vorbei waren, denn mitten in der Nacht, wenn man gemütlich bei einer Flasche Veuve Cliquot saß, läutete noch das Telephon: Herr Falk, das Große Hauptquartier ist am Apparat!“ (Grosz 1974) 

Rasche Gewinne, rascher Ruin: Seit Februar 1917, nur ein Jahr nach der Übernahme der Geschäftsleitung als Alleininhaber, betrieb Sally die Liquidation seiner Firma. Am 1. März wurde sie im Handelsregister getilgt und das Erlöschen am 18. Juli 1917 im Staatsanzeiger bekannt gemacht. Die Gründe für den Niedergang der Firma sind auch in Falks Leidenschaft für die Kunst und seiner an Besessenheit grenzenden Sammlertätigkeit zu suchen. 

Die Firma ging an Falks Prokuristen Albert Kratzel und Gustav Jahn über, die sie als „Kratzel & Jahn Kunstbaumwollfabrik“ weiterführten. Das Fabrikgebäude im Gebiet des Rheinauhafens fand später zahlreiche wechselnde Eigentümer und stand noch über 100 Jahre. Es wurde im Jahr 2023 abgerissen.

Titel
Die Kunsthalle
Adresse

Friedrichsplatz 4
68165 Mannheim
Deutschland

Geo Position
49.482787998834, 8.4751930261712
Stationsbeschreibung

Im Jahr 1907 feierte Mannheim sein 300. Stadtjubiläum. Zu diesem Anlass fand eine internationale Kunst- und Gartenbauausstellung statt, in deren Rahmen die Kunsthalle, durch eine Stiftung des jüdischen Ehepaars Julius und Henriette Aberle ermöglicht, erbaut wurde. Der junge Sally Falk war von der neuen Institution inspiriert und pflegte mit den fortschrittlichen Direktoren Fritz Wichert (1878-1951) und Gustav F. Hartlaub (1884-1963) enge Kontakte. Spätestens seit 1915 nutzte der Unternehmersohn seine finanziellen Möglichkeiten zur Befriedigung seiner Kunstleidenschaft im großen Stil. Er rechtfertigte das in einem Brief an Hartlaub, er wolle sein Vermögen für „ideelle Dinge verwenden und nicht, wie es das Gesindel der sich mästenden Geldverdiener macht, in Zahlenhäufung verstehen.“ (zit. nach Schiller, S. 15) 

Sally Falk vermittelte dem Bildhauer Wilhelm Lehmbruck, dessen Mäzen und Gönner er war, seine erste und zu Lebzeiten größte Einzelausstellung in Deutschland. Die im Winter 1916 in der Kunsthalle gezeigte Lehmbruck-Ausstellung öffnete den Weg zu der späteren Stiftung Falks an die Mannheimer Sammlung. Noch während der Laufzeit informierte Hartlaub den Oberbürgermeister Dr. Kutzer über Falks Absicht, Werke von Lehmbruck für die Kunsthalle zu erwerben. 

Geradezu brüsk wehrte sich Falk gegen die Vorstellung, seine Sammlung sei das Werk irgendeiner Beratung. Er betonte gegenüber Hartlaub 1918, daß ich meine Sammlung lediglich nach der Liebe, die ich zu den Gemälden und Kunstgegenstände habe, angelegt und daher nie eines Rates, der doch mehr oder weniger theoretisch wäre, gebraucht hätte. […] Ich möchte daher feststellen, dass weder Sie, noch irgendeine andere Persönlichkeit auch nur einen Bruchteil aus meiner Sammlung auf das Konto ihrer Empfehlung schreiben können. (zit. nach Schiller, S. 18) 

1917 wurde das Leih- und Schenkungsversprechen für sechs Lehmbruck-Plastiken rechtsgültig. Sie bildeten den Grundstock der Stiftung Sally Falk, die 1921, trotz des Ruins der Firma und der vorhergegangenen Kriegswirren, in erweiterter Form umgesetzt wurde. Sie umfasste die Lehmbruck-Plastiken Frauenbüste (1910), Kleine Sinnende (1910-11), Kleiner weiblicher Torso (1910-11), Kniende (1911), Torso der großen Sinnenden (1913-14) und Der Gebeugte (1917). Außerdem gelangten Der Athlet von Edwin Scharff (1913), der lebensgroße Jüngling (auch. Leidender, 1911-12) von Ernesto de Fiori und die Sklavin (1916) von Georg Kolbe in die Bestände der Kunsthalle. 

Von der Nazipresse wurden die Anschaffungen der Mannheimer Kunsthalle bereits vor 1933 durch Zitate wie Judas Hand auf Kunst und Kunstverwaltung verunglimpft. Eine „Schandausstellung“ stellte im Frühling 1933 „kulturbolschewistische Bilder“, insgesamt 65 Gemälde, zwei Plastiken und 20 Graphiken, an den Pranger. Die Mannheimer „Gräuelausstellung“ hatte als Wanderausstellung 20.000 Besucher und war Auftakt und Vorbild für weitere Ausstellungen „entarteter Kunst“ anderer Städte. 1937 folgten die Beschlagnahmungen der Werke „krankhafter Phantasien“ von „geisteskranken Nichtskönnern“ in der Mannheimer Kunsthalle. Einige wurden in München und dann in der durch das Deutsche Reich ziehenden Wanderausstellung „Entartete Kunst“ gezeigt. Die meisten Werke wurden zerstört, verkauft oder sind verschollen. Einige wenige gelangten nach 1945 in die Bestände der Kunsthalle zurück. Die Stiftung Sally Falk verblieb als Fragment in der Kunsthalle Mannheim.

Titel
Der „goldene Käfig“
Adresse

Mollstraße 18
68165 Mannheim
Deutschland

Geo Position
49.481790144464, 8.4807408973352
Stationsbeschreibung

Sally Falk war von März 1915 bis Juni 1916 in der Richard-Wagner-Straße gemeldet. Das Meldebuch verschweigt die Hausnummer, doch das Haus Nr. 12/14 in derselben Straße, wo Gustav Hartlaub wohnte, der 1913 nach Mannheim gekommen war, dürfte nicht weit gewesen sein. Danach wohnte Falk in der Mollstraße 18, nach amtlichen Eintragungen vom 14. Juli 1916 bis 17. Oktober 1917. 

Die Wohnung in dem 1915 neu erbauten Mietshaus in der Mollstraße sah der 27-Jährige als passenden Rahmen für sich und seine frisch vermählte Frau Adèle. Sie stammte aus einer christlichen Familie in Marseille und war 1915 über Genf nach Mannheim gezogen. Durch ihre Heirat, die vermutlich in Genf stattfand, wurde sie Reichsdeutsche. Nicht überliefert ist, ob sie auch den jüdischen Glauben annahm. Die acht Zimmer der Wohnung in dem gutbürgerlichen Stadtviertel waren schnell mit Kunstwerken gefüllt. Dazu gehörten Gemälde von Paul Cézanne, Vincent van Gogh, Edvard Munch, Paul Gauguin, Oskar Kokoschka, Edgar Degas, Pierre-Auguste Renoir, El Greco, Franz Marc, Lionel Feininger, Marc Chagall, Pablo Picasso, Umberto Boccioni und George Grosz sowie Skulpturen von u.a. Georg Kolbe, Ernst Barlach, Alexander Archipenko und vor allem Wilhelm Lehmbruck. 

Sally Falk war der bedeutendste Mäzen des Bildhauers Wilhelm Lehmbruck (1881-1919), den er 1915 kennenlernte. Lehmbruck schuf mehrere Porträts von Adèle und Sally Falk, der dem Künstler eine monatliche Rente zahlte. Im Gegenzug durfte er sich in Lehmbrucks Atelier jährlich Werke für seine Kunstsammlung aussuchen und gab auch selbst Werke in Auftrag. Lembruck logierte mehrmals in Falks Wohnung und besuchte ihn später in Arosa. Lembrucks Sohn Manfred erinnerte sich an ein sehr freundschaftliches Verhältnis zwischen den Falks und seinen Eltern, an die großzügigen Einladungen der Falks und an den auffallenden Chic von Adèle. Falk unterstützte den Bildhauer bis zu dessen Suizid 1919. 

1917 verfügte Falk mit knapp 100 Werken über die größte Lehmbruck-Sammlung weltweit. Zu den Skulpturen, die er in Auftrag gab, gehörten zwei Porträtbüsten des Ehepaars Falk, die als zentrale Werke expressionistischer Porträtplastik gelten. Lehmbruck ist ein Bildhauer, dessen schweigsame Hoheit dieser Sammler liebte. Alles, was von diesem noch immer nicht erkannten Bildner erreichbar war, hat er an sich gebracht, schrieb Paul Westheim 1918 in seiner Würdigung der Sammlung Falk (Westheim S. 240, Schiller S. 16). Viele der Kunstwerke aus Mannheim, im Original oder als Nachguss, befinden sich heute im Lehmbruck Museum in Duisburg. Ein mehrfach in der Mollstraße auftauchender Gast war der Maler Georg Grosz. Falk lernte ihn 1917 in Berlin kennen. Grosz verdanken wir eine anschauliche charakterliche Schilderung des Kunstförderers: „Sally Falk hatte etwas völlig Orientalisches. Nicht nur im Gesichtsausschnitt, sondern gegenüber seiner Frau. Er behandelte sie nämlich wie einen ganz seltenen Paradiesvogel und behielt sie buchstäblich in einem über und über vergoldeten Bauer. Den Schlüssel besaß er alleine. War er abwesend – und das war oft, denn für die deutsche Rohstoffversorgung mußte er ja viel herumreisen -, so legte er das Vögelchen an eine goldene Kette. War er aber mit ihr zusammen, so versank alles um ihn, er hatte nur Augen und Ohren für seine `Chérie´, und wir anderen am Tisch wurden zu durchsichtigen Puppen." (Grosz, S. 107)

Titel
Die Kunsthandlung Paul Cassirer
Adresse

Ben-Gurion-Straße
10785 Berlin
Deutschland

Adressbeschreibung
historische Adresse: Berlin, Viktoriastraße 35
Geo Position
52.510437096926, 13.371003437844
Stationsbeschreibung

Der Berliner Kunstsalon von Paul Cassirer am vornehmsten Tiergartenrande war ab 1910 eine der führenden Galerien in Europa und die erste Adresse für den Kunsthandel im Deutschen Reich. Die Gegend um die ehemalige Viktoriastraße fiel nach dem Zweiten Weltkrieg der Umgestaltung des Gebietes zum Opfer. Die Kunsthandlung befand sich auf der heutigen Ben-Gurion-Straße in Höhe des Musikinstrumenten-Museums. Cassierer zeigte und verkaufte Werke von namhaften Künstlern, vornehmlich Gemälde des damals in Deutschland noch wenig verbreiteten Impressionismus und Nachimpressionismus. 

Wenige Monate nach seinem Einzug in die große Wohnung in der Mannheimer Mollstr. 18 reiste Falk nach Berlin und kaufte, wohl am 27. Marz 1916, erstmals bei Cassirer ein. Anfangs erwarb er für 50 Mark eine Bronze des Bildhauers August Kraus, den er von dessen Arbeiten für die Mannheimer Industriellenfamilie Lanz kannte. Am nächsten Tag erwarb er eine Statuette von Aristide Maillol für 500 Mark. Damit war der Damm gebrochen, denn tags drauf kaufte er „Dorf unter Bäumen“ von Paul Cézanne für 35.000 Mark und einige Wochen später „Arleserinnen bei Mistral“ von Gauguin, zwei Werke von Wilhelm Lehmbruck und den „Heiligen Franziskus“ von El Greco. 

Der in jungen Jahren erworbene Reichtum Sally Falks ermöglichte ihm jede Anschaffung. Er geriet in einen wahren Kaufrausch und ersteigerte bei Cassirers Auktionen Werke von André Derain, Wassily Kandinsky, Franz Marc, Odilon Redon, Auguste Rodin und Vincent van Gogh. Der Gesamtpreis der vermutlich 41 bei Cassirer erworbenen Werke lag bei rund 560.000 Mark, das wären heute über 3,5, Millionen Euro. 

Auch in München wurde Falk fündig. Die 1909 eröffnete Moderne Galerie von Heinrich Thannhauser und die 1913 entstandene Galerie von Georg Caspari verkauften ihm Gemälde von Auguste Renoir, Paul Cézanne, Honoré Daumier, Eugène Delacroix, Vincent van Gogh, Franz Marc, Oskar Kokoschka, Pablo Picasso und anderen. In Frankfurt schaute Falk in der Kunsthandlung von Ludwig Schames gerne vorbei. 

Dabei bewies Falk Gespür für das Beste, was der Markt bot. Der Preis oder „Talente“ waren kein Kriterium, sondern er suchte, wie Wichert es ausdrückte, die „Offenbarer, die vollkommen neue Sensationen […], vollständig neue Grundsätze des Ausdrucks“ schufen (Dorn S. 124). Intuitiv erfasste er die für die moderne Kunst richtungsweisenden Künstler und nahm deren Werke in seine Sammlung auf. 

Falk war ein leidenschaftlicher Kunstsammler, ein von der Kunst Besessener. Seine Sammlerleidenschaft trieb ihn letztlich in den wirtschaftlichen Ruin. Der Rausch versiegte so abrupt wie er begonnen hatte. Am 26. September 1917, viele Monate, nachdem er bereits die Liquidation seiner Firma in Mannheim begonnen hatte, trat er letztmals bei Cassirer als Käufer auf. Auch seine beginnende Pleuritis (Brustfellentzündung) machte ihm zu schaffen. Er suchte eine Lungenheilanstalt in der Schweiz auf.

Titel
Im Sanatorium
Adresse

Alteinstrasse 33
7050 Arosa
Schweiz

Geo Position
46.781032216853, 9.6837107259249
Stationsbeschreibung

„Ich liege seit Monaten an schwerer Brustfellentzündung hier mit hohem Fieber zu Bett. Während dieser Zeit spielt sich in & um mir das fürchterlichste Drama ab. In der Zeit meiner Abwesenheit in Deutschland haben Leute denen ich vertraute & große Vollmachten gab, meine finanzielle Situation soweit gebracht, daß ich um meine Existenz zu retten meine Sammlung verkaufen muß. Ich kämpfe seit Wochen um die Erhaltung meiner Sammlung, die wie Sie wissen, mir seelisch zu den allerhöchsten Dingen zählt.“ (Schiller S. 38) Dies schrieb Falk am 4. Februar 1918 an Hartlaub nach Mannheim. In Arosa zählte man ihn und „Madame Falk“ zu den Kurgästen des Sanatoriums Altein. Falk war krank, hoch verschuldet und musste zudem befürchten, zum Kriegsdienst eingezogen zu werden. 

Gleichviel, ob die „Leute“ in Deutschland, etwa seine Prokuristen, in deren Eigentum die Firma dann überging, ihn um sein Vermögen gebracht oder ob eigenes Finanzverhalten und seine Sammelleidenschaft dazu beigetragen hatten, er musste Teile seiner Sammlung verkaufen. Unter den 50 Bildern, über 150 grafischen Blättern und Aquarelle sowie 15 Plastiken waren Werke von van Gogh, Cézanne, El Greco und Picasso. Beim Verkauf seiner Kunstwerke war Falk nach eigener Aussage an den Berliner Kunsthändler Paul Cassirer gebunden. Deshalb kam die Kunsthalle Mannheim, die sich für viele Objekte interessierte, nicht zum Zug. 

Die verbliebenen Kunstwerke sollten der Grundstock einer neuen Sammlung werden. Doch auch dazu kam es wegen den Steuerforderungen aus dem Deutschen Reich nicht mehr. Anfang 1919 veranlasste die Badische Staatskasse, Zoll- und Steuerverwaltung, eine Forderungspfändung. Vorausahnend hatte sich Falk Ende 1918 endgültig in der Schweiz niedergelassen. Er war nun steuerflüchtig und musste, seine Sammlung, mit Ausnahme ausgewählter Plastiken von Lehmbruck, verkaufen. Sein Schweizer Geschäftsfreund Rudolf Pfrunder übernahm sie und verkaufte sie an den Kunsthändler I. B. Neumann in Berlin. Dieser stiftete der Kunsthalle Mannheim, als Dank für die durch Gustav F. Hartlaub übernommene Vermittlerrolle, elf Blätter aus der grafischen Sammlung von Sally Falk. 

Die Sammlung Falk war praktisch aufgelöst. Der Kunsthistoriker Paul Westheim schrieb 1918 bedauernd, „in dem Augenblick, wo diese Zeilen erscheinen, ist diese Sammlung leider nicht mehr, Falks Kunstsammlung als eine klar und überzeugend orientierende Galerie des (…) Kunstschaffens der Zeit und als Vorbild für eine neue Sammlergeneration“. (Schiller S. 38) 

Um 1919 übersiedelte das Ehepaar nach Genf.

Titel
Pompöse Wohnorte
Adresse

Quai du Général-Guisan 34
1204 Genève
Schweiz

Geo Position
46.203678180709, 6.1518999970633
Stationsbeschreibung

In den Unterlagen des Genfer Staatsarchivs (Archives d’Etat de Genève) ist Sally Falk erstmals am 12. Dezember 1914 genannt. Da stieg er in der zentral gelegenen Hotel-Pension Minerva ab. 

In Genf heiratete er am 16. Januar 1915 die in Marseille geborene Französin Adèle Démolis. Auf weiteren Besuchen in Genf wohnte das Ehepaar in den luxuriösesten Unterkünften der Stadt, im Hotel de la Paix (1917), im Hotel Metropole (1919) und später in der Maison Royale am Quai des Eaux-Vives 46, heute Quai Gustave-Ador 46. 

Das Ehepaar wurde in Genf von Sallys Freund, dem Schriftsteller Theodor Däubler, besucht, der als Gast Falks im Frühsommer 1920 die zweite, die „Genfer Fassung“ seines Versepos „Nordlicht“ ausarbeitete. Ende 1920 weilte Däubler erneut dort, arbeitete an der Exposition Internationale d´Art Moderne und fuhr danach mit den Falks nach Arosa in Urlaub. 

Als Falk auf der Exposition Internationale d´ Art Moderne das Gemälde Das braune Selbstbildnis von Wilhelm Morgner erwarb, wurde er als der „bedeutendste Genfer Privatsammler neuer Kunst“ bezeichnet. Den Grundstock bildeten die Stücke, die er aus seiner Mannheimer Sammlung gerettet hatte, Cézanne, Picasso und Lehmbruck. Grosz hatte schon im Sommer 1918 ein Gemälde in die Schweiz geschickt und von Alexander Archipenko hatte Falk 1919 einen Großteil seiner Ausstellung in der Librairie Kundig erworben und sich selbst vom Künstler, nebst Adèle, portraitieren lassen. 

Von dem Schriftsteller Stefan Zweig wurde bei Däubler und damit auch bei Falk der Maler Frans Masareel eingeführt. Auch dieser fand in Falk einen Gönner, der ihm Holzschnitte, Gemälde und Zeichnungen abkaufte. Masareel plante einen Film, dessen Drehbuch Romain Rolland schreiben und dessen Ausstattung und Regie Masareel übernehmen sollte. Falk machte ihm Hoffnung auf finanzielle Unterstützung und der Maler schrieb begeistert an Rolland über Falk: 

Le bonhomme est très riche et habite à Génève. Il serait pret à faire ce film à ses frais et comme il est allemand il le ferait éditer par une societé suisse. Voilà, ce qu´il m´a proposé, pensant que sa nationalité nous generait.“ (Der Typ ist sehr reich und lebt in Genf. Er wäre bereit, diesen Film auf eigene Kosten zu machen, und da er Deutscher ist, würde er ihn von einer Schweizer Firma veröffentlichen lassen. Das hat er mir vorgeschlagen, weil er dachte, dass uns seine Nationalität stört.) 1921 wurden allerdings nur Zeichnungen von Masareel bei I. B. Neumann in Berlin unter dem Titel Grotesk-Film veröffentlicht. 

George Grosz hielt seinem ersten Mäzen lebenslang die Treue. Die Ehepaare Falk und Grosz machten 1927 Urlaub in Südfrankreich und das Ehepaar Grosz plante noch 1949, nach Krieg und Verfolgung, Sally Falk in Monte Carlo zu besuchen. Das Ehepaar Falk führte ein Nomandendasein mit vielen wechselnden Wohnsitzen. Mehrere Jahre wohnten die Falks in Genf, dann im italienischen Rapallo. 1924 zogen sie nach Deutschland zurück und nahmen ihren Wohnsitz in Hamburg, von wo aus sie 1925 nach Frankreich auswanderten. Bis 1932 wohnten sie dann in Adèles Heimatstadt Marseille. Vermutlich in jenen Jahren änderte Sally seinen Vornamen und nannte sich Henri.

Titel
Ort der Verfolgung
Adresse

44 Rue d'Alsace
69100 Villeurbanne
Frankreich

Geo Position
45.768457135254, 4.8698999970438
Stationsbeschreibung

Die Jahre der Verfolgung sind durch eidesstattlich versicherte Angaben des Ehepaars und Zeugenberichte dokumentiert, die sich in den Akten des Hamburger Amts für Wiedergutmachung finden. 1932-1949 lebten die Eheleute überwiegend in Lyon und Umgebung. Sally betätigte sich als Beteiligter und Direktor in einer der bedeutendsten Rohtextil-Gesellschaften Frankreichs. Im September 1939 wurde Sally als „feindlicher Ausländer“ von den Franzosen interniert. In dieser Zeit verlor Sally Falk durch die Liquidierung der Firma einen Großteil seines Vermögens. Nach der Rückkehr aus der Internierung fand Sally Falk eine Stellung als gewinnbeteiligter Geschäftsführer bei einer Rohtextil-Gesellschaft, der Societé Roux in der Rue de Cuire in Lyon. 

Sein erneut beträchtliches Einkommen fand ein Ende, als im Juni 1942 die deutschen Besatzungsbehörden die Zuteilung der Textilrohstoffe kontrollierten. Um sie aufrechtzuerhalten, ersuchte die Firma Falk, seine Tätigkeit einzustellen, damit sich kein Jude mehr in der Geschäftsführung befinde. Falk wurde erneut arbeitslos. Die im gleichen Jahr einsetzende Verfolgung durch die Gestapo in Lyon zwangen ihn und seine Frau zur Flucht in die Illegalität unter dem falschen Namen Henri Fabre aus Forbach. Gleich mehrere lebensbedrohliche Gründe gaben den Ausschlag dazu. Sallys jüdische Herkunft und das Bekenntnis Adèles zu ihrem jüdischen Mann, aber auch die in der Öffentlichkeit bekannte ablehnende Haltung des Ehepaars zum Nationalsozialismus, ihre Nähe zur französischen Résistance sowie die Freundschaft zu dem Priester und Widerstandskämpfer François Boursier (1878-1944) machten sie der Gestapo besonders verdächtig. 

François Boursier rettete ihnen vielleicht das Leben. Er amtierte in Villeurbanne, dem Nachbarort von Lyon, in der Kirche SainteThérese-de-l´Enfant-Jésus und ermöglichte den Eheleuten Ende November 1942 bis 1944, sich zu verstecken, überwiegend in der Dachstube eines Schulhauses der katholischen Kirche in der Rue Alsace-Lorraine in Villeurbanne. Der frühere Aufbewahrungsraum für Turngeräte war eine menschenunwürdige Unterkunft, es gab kein Licht, keine Heizung und es regnete hinein. Da sie ihr Essen nicht selbst besorgen konnten, brachte es ihnen Boursiers Dienstmädchen Marie. Nur wenn Razzien zu befürchten waren, flohen die Falks in andere Verstecke, etwa in die Dominikanerkirche in der Rue Vauban in Lyon, wo sie der Prior über Nacht einschloss und sie auf dem Steinboden schliefen. Nach der Verhaftung Boursiers am 16. Juni 1944 fand das vollständig verarmte und gesundheitlich ruinierte Paar Zuflucht in der Klinik Lumière Saint-Roch in Lyon, 2 Rue Frédéric Mistral. Sie gehörte dem Wohltäter und Gelehrten Auguste Lumière (1862-1954), der hier mehreren verfolgten Personen Unterschlupf gewährte. Dort blieben sie mehrere Monate, unterbrochen von Zeiten, in denen Hausrazzien der Gestapo in der Klinik zu befürchten waren. Nach der Befreiung von Lyon zogen die Falks am 11. September 1944 in eine Wohnung in der Impasse Chatigny, Villeurbanne. Sie hatten zwei Jahre lang mit falscher Identität und ohne Lebensmittelkarten gelebt. 

Ihr Gesundheitszustand war, trotz der kostenlosen Behandlung durch zwei Ärzte in dieser Zeit, sehr schlecht, Sally litt unter chronischer Bronchitis und Adèle war nervlich zerrüttet. Die angegriffene Gesundheit verhinderte die Wiederaufnahme jeder beruflichen Tätigkeit des 66-Jährigen. Auf Anraten des Arztes Dr. Jean Lacroix in Lyon sollte das Paar ein wärmeres Klima aufsuchen. So kamen sie nach Monte Carlo.

Titel
Der Lebensabend
Adresse

2 Pl. des Moulins
98000 Monaco
Monaco

Geo Position
43.745439484012, 7.4289892681198
Stationsbeschreibung

An der französischen und italienischen Riviera verbrachten Sally und Adèle Falk ihren Lebensabend. Nach den Jahren in Monte Carlo (Monaco) lebten sie bis zu Sallys Tod in Sanremo (Italien). Von Monaco aus stellte Sally Falk 1950 einen Entschädigungsantrag beim Landesamt für die Wiedergutmachung in Stuttgart. Es ging auch um das Erbe seiner aus Württemberg stammenden Eltern. 1959 meldete Sally Falk beim Amt für Wiedergutmachung in Hamburg wegen „Schadens an Körper und Gesundheit und Freiheitsschaden“ Ansprüche an. In Sanremo wohnten die Eheleute in der Via Vallarino 6. Ende der 1950er Jahre war Sally Falk immer noch verarmt und in schlechtem gesundheitlichen Zustand. Er lebte vom Verkauf seiner Kunstgegenstände. So verkaufte er 1960 mehrere Blätter seines Freundes George Grosz, die ihm dieser in den 1950er Jahren geschenkt hatte, an die Kunsthalle. Seiner 1961 an die Stadt Mannheim geäußerten Bitte um finanzielle Unterstützung wurde stattgegeben. Amtsintern hieß es: „Einige der wertvollen Plastiken, die er der Kunsthalle gestiftet hat, sind auch in der Ausstellung `Zum Gedenken an die jüdischen Bürger der Stadt Mannheim´ gezeigt worden. Nach Schätzungen von Herrn Dr. Fuchs [Dr. Heinz Fuchs, damals Direktor der Kunsthalle, A.d.A.] beträgt der Wert der Stiftungen heute mehr als eine halbe Million DM. Herr Falk ist 73 Jahre alt und schwer krank; seine Frau ist 72 Jahre alt. Nach seinen Angaben lebt er nur noch von dem Verkauf der ihm verbliebenen Wertgegenstände. Eine Wiedergutmachungsrente dürfte er nicht beziehen, da er schon vor dem Jahre 1933 nach Frankreich ausgewandert ist. In Anbetracht der großzügigen Stiftung von Herrn Falk und seines schweren Schicksals als jüdischer Bürger der Stadt Mannheim sollte Herrn Falk ein Ehrensold gewährt werden.“ 

Der Ehrensold wurde rückwirkend ab April 1961 in Höhe von monatlich 500 DM an Falk überwiesen. Im Falle des Ablebens von Sally Falk solle seine Witwe 300 DM beziehen. Bereits ein Jahr später unterrichtete Adèle Falk im Brief vom 4. Juni 1962 die Stadt vom Tod ihres Mannes und bat um Weiterzahlung des Ehrensoldes in der ursprünglichen Höhe, was ihr gewährt wurde. 

Als Witwe zog Adèle 1962 nach Marseille, wo sie bei ihrer Schwester, Madame Juramy, in der Rue Adolphe Thiers 36 wohnte. Am Ort ihrer Kindheit hatte ihr Vater Joseph im Jahr 1890 eine maison meublée (Vermietung möblierter Zimmer) in der Rue des Trois Rois 22 geführt. Nach dem Ableben der Schwester zog Adèle 1970 zu ihrem Neffen Léonce Juramy in die Rue Paradis 300. Dieser unterrichtete am 20. Juni 1972 in einem Brief die Stadt Mannheim, dass Adèle Falk verstorben sei und er sich für alles bedanke, was Mannheim für seine Tante getan habe.

Sterbedatum
1962
Sterbeort
Sanremo, Italien

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Autor
Volker Keller
Leichte Sprache
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