Siegfried Czapski

Siegfried Czapski führte zu seiner Zeit ein selbstbestimmtes Leben und war vor allem beruflich sehr erfolgreich. Nachdem er sein Studium in Physik, Mathe und Philosophie abgeschlossen hat, arbeitete er in Jena für die Firma Zeiss und wirkte dort an innovativen Projekten mit, wie an der technischen Realisierung eines binokularen Mikroskops nach der Idee des amerikanischen Biologen Horatio S. Greenough und an der Entwicklung von Prismen-Feldstechern. Aufgrund seiner Fähigkeiten erklärte ihn Ernst Abbe sogar 1884 zu seinem persönlichen Assistenten. Er erlebte die Expansion der Firma hautnah mit, welche vor allem durch Zusammenarbeit mit der Firma Schott zustande kam, die eine neue Glastechnologie zu praktizieren versuchten. Auch den Ausbau der Stadt Jena erlebte Czapski, beziehungsweise wirkte aktiv durch die Carl-Zeiss-Stiftung daran mit. Zusätzlich zu seinen Tätigkeiten als Physiker in der Firma war er stellvertretender Bevollmächtigter der Stiftung und schrieb auch am Stiftungs-Statut mit. Im Jahr 1887 heiratete er Margarete Koch, aus der Ehe gingen insgesamt acht Kinder hervor.

Beruf
Wissenschatlicher Mitarbeiter der Firma Carl-Zeiss
Geburtsdatum
28. Mai 1861
Geburtsort
Gut Obra bei Koschmin
Gender
Mann
Literatur
Flitner, Andreas, Wittig, Joachim (Hg.), Optik - Technik - Soziale Kultur. Siegfried Czapski, Weggefährte und Nachfolger Ernst Abbe, Briefe, Schriften, Dokumente, Rudolstadt, 2000.
Stadtarchiv Jena (Hg.), Jenaer Arbeitskreis Judentum, Jüdische Lebenswege in Jena, Erinnerungen, Fragmente, Spuren, Jena, 2015.
Stationen
Titel
Czapski’s Leben bis zu seiner Karriere bei Carl-Zeiss
Von
1861
Bis
1884
Geo Position
51.822222, 17.438056
Stationsbeschreibung

Czapski wurde am 28. Mai 1861 auf dem Gut Obra bei Koschmin, im heutigen Polen geboren. Seinem Vater Simon gehörte das Gut, welches er in einem schlechten Zustand übernahm und es durch neue Züchtungs- und Anbaumethoden wieder aufbauen wollte. Siegfrieds Mutter stammte aus einer Familie von Kaufleuten und Gutsherren. Er war das Dritte von fünf Kindern. Unterrichtet wurden Alle zum Teil privat und in den Schulen benachbarter Orte. Nach einem unglücklichen Unfall seines Vaters, zog seine Familie nach Breslau, da dieser berufsunfähig wurde und das Gut verkaufen musste. In Breslau besuchte er ab 1872 das Maria-Magdalenen-Gymnasium. Im Jahr 1879 machte er dort sein Abitur. Danach studierte er ein Semester lang in Göttingen Physik, Mathe und Philosophie, da er aufgrund seiner schlechten Augen den Militärdienst nicht besuchen musste. Später studierte er in der Universität Breslau. 1881 wechselte er an die Universität Berlin, schrieb seine Dissertation unter Hermann Helmholtz und schloss 1884 schließlich seine Promotion dort ab. Das Gut wurde im Jahr 1904 wieder von Siegfrieds ältesten Bruder übernommen. Von der Welle des akademischen Antisemitismus um 1880 blieb auch Czapski nicht verschont, was in seinen Briefen, an seinen Freund Rudolf Heidenhain nachzuvollziehen ist. Aufgrund des aggressiven Nationalismus in studentischen Verbindungen zu dieser Zeit, trat Czapski auch aus dem "Kleinen literarischen Verein zu Breslau" aus. Nach seinem Studium arbeitete Czapski vorerst für Bambergs "Werkstatt für wissenschaftliche Instrumente" und absolvierte vor allem Rechenaufträge. Die technische Optik interessierte Czapski sehr, da sie sich zu seiner Zeit auch wesentlich weiter entwickelte. Auf die Empfehlung Helmholtz’ und Loewenherz' wandte er sich an den Wissenschaftler Ernst Abbe, welcher in Jena schon die Firma Carl Zeiss mitführte. Dieser lud ihn ein, um sich ein Bild von dessen Arbeiten machen zu können und ihn in diversen Aufgaben zu unterstützen.

 

Titel
Seine Zeit als Assistent bei Ernst Abbe in Jena
Von
1884
Bis
1888
Geo Position
50.922702773513, 11.575541611748
Stationsbeschreibung

Anfang September 1884 traf Czapski in Jena ein. Er war sehr von der Stadt angetan, weil sie ruhig, akademisch und freundlich war. Er besuchte sogar Vorlesungen des Neuhistorikers Dietrich Schaefer. Auch mit seinem Chef Ernst Abbe verstand sich Czapski auf Anhieb, woraus eine lebenslange Freundschaft entstehen sollte. Als Czapski nach Jena kam, wurde in der Firma in vollen Zügen an neuen Gläsern für Mikroskope und Fernrohre, in einer neu errichteten Glashütte gearbeitet. Diese wurden in Zusammenarbeit mit dem Glaschemiker Otto Schott hergestellt. Czapski war überzeugt von den neuen Gläsern. Anfangs sollte er die Meß- und Prüfgeräte kennen lernen und Fernrohrobjektive für die Berliner Sternenwarte berechnen. Da ihm zugesichert wurde Abbe auch im rein wissenschaftlichen Arbeiten zu unterstützen, nahm er das Verlängerungsangebot seines Arbeitsvertrags für die Firma Zeiss an. Czapski’s Arbeiten für die Sternenwarte wurde vom Auftraggeber Bamberg sehr geschätzt und er bekam drei weiter Aufträge zur Berechnung von Fernrohren für die Sternenwarte. Er legte somit den Grundstein für die später entwickelten astronomischen Fernrohre von Zeiss. Czapski veröffentlichte kurz darauf drei Artikel in der Zeitschrift für "Instrumentenkunde über die Messgeräte", welche er kennen lernte. Im Jahre 1885 lernte er die Enkelin des Mathematikers Karl Snell, Margarete kennen und verlobte sich nach wenigen Wochen mit ihr. Seine Eltern fanden sich bald mit der nichtjüdischen Schwiegertochter ab, andersherum war bei Magaretes Vater ebenfalls Verstimmung zu überwinden. Auf eine öffentliche Bekanntgabe der Verlobung wurde sogar verzichtet. In Jena schien es ihm so gut zu gefallen, dass er das Angebot von Loewenherz für die Physikalisch-Technische Reichsanstalt nicht annahm, obwohl er doppelt so viel Gehalt, nämlich 1500 Taler bekommen hätte. Er selbst war sich aber bewusst, sich noch mehr einlesen und einarbeiten zu müssen, um in die Mikroskop Berechnungen einbezogen zu werden. Am 3. April unterzeichnete er dann einen drei jährigen Arbeitsvertrag. Oftmals musste er Abbe vertreten, was aufgrund seines gesundheitlichen Zustandes für ihn nur eingeschränkt möglich schien und er sich selber unter Druck setzte. Er musste an zahlreichen Veranstaltungen teilnehmen und hatte verantwortungsvolle Aufgaben in der Firma. Oft blieben Aufgaben einfach auf der Strecke oder er machte sie erst spät fertig. Er brauchte zum Beispiel für seinen Beitrag im Buch „Handbuch der Physik“ fünf Jahre. Er begab sich deshalb in psychologische Behandlung und nahm an verschieden Kuren teil, was aber nur Zeitweise einen Erfolg brachte. Erfolg hatte also auch damals schon seine Schattenseiten. Er wurde schließlich zusammen mit Abbe und Schott Geschäftsführer der Firma. 

Titel
Czapski und die Carl Zeiss Stiftung
Von
1891
Bis
1907
Geo Position
50.929592470612, 11.589713613546
Stationsbeschreibung

Seit Abbes Tod wurde seine Verantwortung noch größer, er übernahm die Leitung der Firma und gab Lehrveranstaltungen in der Friedrich-Schiller-Universität. Abbe wollte schon vor seinem Tod, dass die Universität sein Vermögen erben solle. Dies war rechtlich jedoch nicht möglich, deshalb gründete er vorerst heimlich die Carl-Zeiss-Stiftung. Auch die Zweige der wissenschaftlichen Industrie sollten profitieren. In seiner Denkschrift vor seinem Tod erklärte er Czapski zum offiziellen Nachfolger. Er betrachtete den wirtschaftlichen Gewinn sowieso als öffentliches Gut, da es das Maß des Angemessenen übertraf. Durch die Ausarbeitung des Stiftungsstatuts, in welchen Czapski durch Abbe mit einbezogen wurde, beschäftigte er sich zwangsläufig mit den Problemen der Arbeiterschaft zu seiner Zeit. Das Statut beinhaltete das Einrichten eines acht Stunden Tages für die Mitarbeiter*innen der Firma Zeiss, sowie die Einführung einer Pensionskasse für Mitarbeiter*innen. Somit gewannen diese noch mehr Rechtssicherheit, was das Statut zu jener Zeit so revolutionär machte. Die Stiftung förderte die komplette Gesellschaft in Jena, da die Universität und somit die Wissenschaft gefördert wurde. Auch die Öffentlichkeit wurde ausgebaut, zum Beispiel durch die Erbauung des Volkshauses in Jena und die Errichtung einer Lesehalle und der Volksbibliothek. Politisch war er für einen Mittelweg zwischen Sozialismus und Liberalismus, die Menschen sollten seiner Meinung nach individuell Handeln können, jedoch sollte es keine übermäßig Reichen geben. Czapski war vor allem durch sein Wirken als Stellvertretender Bevollmächtigter der Stiftung, Zeuge von Ereignissen, welche die soziale Landschaft in Jena veränderten. Im Jahr 1897 zog er mit seiner Familie in die Villa am Forstweg 23,  welche extra für ihn erbaut wurde. Bis zum Ende seiner Tage arbeitete er noch für Zeiss, am 29. Juni 1907 starb er an einer Lungenembolie, in Folge einer Blinddarmoperation.

 

Sterbedatum
29. Juni 1907
Sterbeort
Jena/Weimar

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Autor
Jessica Fisch
Epoche universalgeschichtlich