Trude Joan Schiff war eine deutsche Ärztin, die 1933 ihre Stelle als Volontärassistentin an der Universitätsklinik Frankfurt am Main verlor. 1933 bis 1938 wirkte sie im "Asyl für Kranke und Altersschwache", einem jüdischen Krankenhaus, in Köln. Dort arbeitete sie als eine von insgesamt 17 "Krankenbehandler*innen", die noch für die Versorgung der jüdischen Patient*innen in Köln und Umgebung zugelassen waren. Aufgrund der zunehmenden Repressalien des nationalsozialistischen Regimes, emigrierte sie 1939 mit ihrem Ehemann John (Hans) D. Schiff zunächst nach London. Ein Jahr später wanderten sie in die USA aus, wo Trude Joan Schiff in New York bis zu ihrer Pensionierung als Chirurgin in verschiedenen Kliniken tätig war. 

Beruf
Ärztin
Geburtsdatum
28.05.1907
Geburtsort
Köln
Gender
Frau
Literatur
Becker-Jákli, Barbara: Das jüdische Krankenhaus in Köln. Die Geschichte des Israelitischen Asyls für Kranke und Altersschwache 1869-1945, Köln 2004.
Formanski, Birgit: Lebensbilder jüdischer Akademikerinnen. Ausgewählte Medizinstudentinnen an der Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn 1900-1938, Göttingen 2020.
Klimpel, Volker: Chirurginnen, Heidelberg 2020 [Online-Ausgabe].
Kracht, Eveline: Schicksal jüdischer Ärzte Kölns aufgedeckt, in: Kölnische Rundschau 230 (01.10.1988), o. A.
Matzerath, Horst: Jüdisches Schicksal in Köln, 1918-1945. Ausstellung des Historischen Archivs der Stadt Köln, NS-Dokumentationszentrum, 8. November 1988 bis 22. Januar 1989. Im Kölnischen Stadtmuseum, Alte Wache, Zeughausstrasse 1-3, hrsg. Historisches Archiv der Stadt Köln, NS-Dokumentationszentrum, Köln 1988.
Sonstiger Name
Trude Löwenstein / Schiff-Löwenstein
Stationen
Titel
Unbeschwerte Kindheit in Köln
Von
1907
Bis
1926
Adresse

Weyertal 115
50931 Köln
Deutschland

Geo Position
50.926908979771, 6.9247878841408
Stationsbeschreibung

Trude wurde am 28. Mai 1907 als jüngste Tochter von Adolf Löwenstein und seiner Frau Johanna in Köln geboren. Adolf Löwenstein war von Beruf Kaufmann und stammte aus dem kleinen Ort Vendersheim im heutigen Rheinland-Pfalz. Als sich die jüdische Gemeinde dort in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts zunehmend auflöste und seine Eltern nach Groß-Gerau, nahe Darmstadt, zogen, fand er in Köln seine neue Heimat. Hier verlobte er sich auch im Sommer 1902 mit der aus Frankfurt am Main stammenden Johanna Mayer und heiratete sie wenig später. Trude Löwenstein und ihre ältere Schwester Martha wuchsen in Köln auf und erlebten, unter der Aufsicht eines Kindermädchens, eine wohlbehütete Kindheit. Ihre Wohnadresse aus dieser Zeit ist nicht bekannt. Mit sechs Jahren wurde Trude Löwenstein eingeschult und besuchte zunächst das Städtische Lyzeum III, die höhere Mädchenschule in Köln-Lindenthal. Sie verbesserte sich von Jahr zu Jahr und bekam in den meisten Fächern sehr gute Noten. Nur „Singen“ schien ihr - laut ihrer Zeugnisse - eher weniger zu liegen.

Reformer*innen der deutschen Frauenbewegung hatten sich um die Jahrhundertwende erfolgreich für weiterführende Schulbildungen für Frauen engagiert. Somit stand auch Mädchen seit Anfang des 20. Jahrhundert die Möglichkeit offen, die Oberstufe in Vorbereitung auf ein Studium zu absolvieren. Im Jahr 1920 wechselte Trude Löwenstein mit einem sehr guten Abgangszeugnis an die Kaiserin-Augusta-Schule am Kartäuserwall. Ihre gymnasiale Schullaufbahn schloss sie mit dem „Zeugnis der Reife” am 8. März 1926 ab. Als sehr gute Schülerin war ihr zuletzt sogar die mündliche Prüfung erlassen worden. Noch im selben Jahr bewarb sich Trude Löwenstein um einen Studienplatz für Medizin.

Titel
Stationen ihrer Studienjahre
Von
1926
Bis
1932
Adresse

Regina-Pacis-Weg 3
53113 Bonn
Deutschland

Geo Position
50.727006115347, 7.0864717008696
Stationsbeschreibung

Trude Löwenstein immatrikulierte sich am 27. Juni 1926 an der Medizinischen Fakultät der Universität Bonn und studierte hier zwei Semester lang. Während dieser Zeit besuchte sie einige Veranstaltungen bei dem hoch angesehenen Direktor des Anatomischen Instituts Johannes Sobotta. Ihre Teilnahme an den Veranstaltungen ist Trudes Anmeldebuch für die universitären Veranstaltungen zu entnehmen. Nach der Machtübernahme zeigte sich, dass Sobotta den Nationalsozialisten zunehmend skeptisch gegenüber eingestellt war. Mehrfach wurde er von der Universitätsleitung aufgefordert, entsprechende Befragungen zur „Rassezugehörigkeit“ richtig zu beantworten. 1935 emeritierte Sobotta.

Nach ihrem Studienjahr in Bonn wechselte Trude Löwenstein für jeweils ein Semester an die Universitäten in Wien und Innsbruck. 1928 wurde sie in den Fächern Anatomie, Physiologie, Physik, Chemie, Zoologie und Botanik geprüft und bestand erfolgreich das medizinische Vorexamen (Physikum). In Köln beendete sie schließlich ihr Studium mit dem Staatsexamen mit Prädikat im Juli 1931. Noch im selben Jahr promovierte Trude Löwenstein zu dem Dissertationsthema „Die Qualitätsdiagnose der Lungentuberkulose mit Kongorot“. Nach der fälligen Zahlung von zehn Reichsmark erhielt sie am 11. Juli 1932 die Approbation, ausgestellt vom Minister für Volksgesundheit. Um ihr praktisches Jahr abzuleisten, war sie für jeweils sechs Monate lang als Medizinalpraktikantin an der Universitätsklinik Köln-Lindenburg, danach an der Universitätsklinik in Frankfurt angestellt. Würdigend wurde auf ihrem abschließenden Praktikumszeugnis bemerkt: „Sie war bei den Kranken beliebt und den Ärzten eine angenehme Mitarbeiterin.“

Titel
„I was dismissed for racial reasons”
Untertitel
Ein Jahr in Frankfurt am Main
Von
1932
Bis
1933
Adresse

Theodor-Stern-Kai 7
60590 Frankfurt am Main
Deutschland

Geo Position
50.097672961746, 8.6630552404515
Stationsbeschreibung

Nach ihrer Approbation betätigte Trude Löwenstein sich als Volontärassistentin bei dem Internisten und Professor der Inneren Medizin Dr. Julius Strasburger (1871-1934) an der Universitätsklinik in Frankfurt am Main. In dieser Zeit arbeitete sie für die physikalische Therapie in der klinischen Abteilung, der Ambulanz und dem Universitätsinstitut. Während einer Grippeepidemie im Januar 1933 leitete sie zudem, aufgrund des Ärzt*innenmangels vor Ort, als selbstständige Stationsärztin zwei Abteilungen. Sie betätigte sich auch wissenschaftlich-forschend: In der klinischen Wochenschrift veröffentlichte sie ihre dritte wissenschaftliche Arbeit mit dem Titel „Weitere Erfahrungen zur Behandlung der Trigeminusneuralgie mit Radiumemanation“.

Bereits unmittelbar nach der Machtergreifung 1933 begann die systematische Ausgrenzung, Entrechtung und Verfolgung jüdischer Ärzt*innen durch die Nationalsozialisten. „Zum Zwecke der unumgänglichen Ersparnis an Personalausgaben“ wurde auch Trude Löwenstein am 12. April 1933 von der Frankfurter Klinikleitung noch für Ende desselben Monats gekündigt. In einem Lebenslauf schreibt sie dazu im Jahr 1972: „I was dismissed for racial reasons“.

Auch ihr Mentor, Prof. Dr. Julius Strasburger, wurde am 28. September 1934 nach der Denunziation eines Schülers entlassen. Da sein Großvater jüdischer Abstammung war, konnte Strasburger keinen Ariernachweis vorlegen. Er erkrankte daraufhin an einer schweren Depression und verstarb wenig später durch die Folgen eines Herzinfarktes.

Titel
Degradiert zur „Krankenbehandlerin“
Untertitel
Zeit im "Asyl für Kranke und Altersschwache“ in Köln
Von
1933
Bis
1938
Adresse

Ottostr. 85
50823 Köln
Deutschland

Geo Position
50.957058109631, 6.9254414558283
Stationsbeschreibung

Nach ihrer Entlassung in Frankfurt, trat Trude Löwenstein am 19. Juni 1933 eine Stelle als Assistenzärztin auf der chirurgischen Abteilung im sogenannten „Asyl für Kranke und Altersschwache“ in Köln an. Achtzig bis hundert jüdische Ärzt*innen arbeiteten hier zu dieser Zeit. Seit dem 1. April 1935 war Trude Löwenstein die erste Assistentin der Chirurgischen Abteilung und leitete diese viele Monate lang selbstständig. Zudem war sie zuständig für die Ausbildung und Prüfung der Krankenschwestern.

Die Landesstelle Rheinland der Kassenärztlichen Vereinigung übermittelte Trude Löwenstein am 25. Juni 1937 den Bescheid für die Anerkennung ihres Facharztes. Das Fach Chirurgie war seit Generationen konstant männlich geprägt. 1933 gab es rund 19% deutsche Fachärztinnen, von denen nur 2% die chirurgische Ausbildung durchlaufen hatten. Nach 1933 sank die Zahl sogar noch weiter. Aufgrund der Vorbehalte von Krankenhäusern und Kliniken fanden weibliche Chirurginnen zudem häufig keine Anstellung.

Nach der Machtübernahme hatte der Betrieb des Asyls unter systematisch verstärkten Repressalien zu leiden. Viele Ärzt*innen bemühten sich rasch um eine Emigration. Währenddessen wurde auch die jüdische Bevölkerung aus dem öffentlichen Gesundheitswesen systematisch ausgeschlossen. Da das Asyl schließlich das einzige Krankenhaus war, das noch jüdische Patient*innen behandelte, nahm der Zulauf aus Köln und der Region stark zu. Ihren Vater brachte Trude Löwenstein schließlich im Jahr 1938 als Patienten im Asyl unter. Ihre Mutter und das Dienstmädchen der Eltern durften das von der Klinikleitung zugewiesene Zimmer in der Ottostraße 85 beziehen. Während des Reichspogroms im November 1938, bot das Asyl den jüdischen Menschen in Köln eine sichere Zuflucht.

Am 25. Juli 1938 wurde Trude Löwenstein, wie allen jüdischen Ärzt*innen, die Approbation durch die IV. Verordnung des Reichsbürgergesetzes entzogen. Ab Oktober 1938 war sie die einzige Frau von insgesamt siebzehn Ärzt*innen in Köln, die als sogenannte „Krankenbehandler*innen“ mit einer Sondergenehmigung noch für die medizinische Versorgung der jüdischen Bevölkerung zugelassen waren. Trude Löwensteins Mentor, der Chirurg Alfred Roseno (1896-1965), war bereits im Jahr 1936 in die USA emigriert. Schriftlich riet er ihr dringend, das Deutsche Reich zeitnah zu verlassen und bot ihr seine Hilfe an, um beruflich in den Vereinigten Staaten wieder Fuß zu fassen. Bestärkt durch die Vorfälle der Reichspogromnacht, entschloss Trude Löwenstein sich schließlich mit ihrem Ehemann zur Emigration.

Titel
Ehe mit Hans (John D.) Schiff
Von
1938
Bis
1976
Adresse

Ottostr. 85
50823 Köln
Deutschland

Geo Position
50.957058109631, 6.9254414558283
Stationsbeschreibung

Am 21.09.1938 heiratete Trude Löwenstein den kaufmännischen Angestellten und Fotografen Hans Schiff in Köln-Sülz und zog mit ihm nach der Hochzeit ins ,Asyl für Kranke und Altersschwache'. Hans Schiff, geboren am 7. November 1907 in Köln und Sohn des Kaufmanns David Schiff und seiner Frau Sophie, erhielt eine kaufmännische Ausbildung und arbeitete später in der väterlichen Firma “Schiff & Co” mit. Er kam jedoch schon früh in Kontakt zur Kölner Kunstszene. Durch seine Freundschaft mit dem Sohn des Fotografen August Sander begann er sich für Fotografie zu begeistern und gehörte Ende der 1920er Jahre zum Schülerkreis Sanders. Dort erlernte er die fotografischen Grundlagen, die ihn in den 1930ern befähigten, als freiberuflicher Fotograf zu arbeiten.

Er übernahm Auftragsarbeiten für jüdische Organisationen und Institutionen und dokumentierte jüdisches Leben und Wirken in der Stadt Köln, beispielsweise durch eine intensive Zusammenarbeit mit dem Kölner ,Kulturbund Deutscher Juden’. Seine visuelle Darstellung der Arbeit der Ärzt*innen am ,Israelitischen Asyl für Kranke und Altersschwache’ fand auch in Fachkreisen Anerkennung. Durch die zunehmenden Repressalien, die Hans Schiff als Jude in Deutschland zu erleiden hatte, nahmen seine Pläne für eine Auswanderung Ende der 1930er Jahre Gestalt an. In seiner Funktion als freischaffender Künstler besaß New York eine besondere Attraktivität für ihn, weshalb er sich für diese Stadt als Zielpunkt seiner Ausreise entschloss.

Nach der überstürzten Flucht nach London Mitte 1939 folgten angespannte und sorgenvolle Monate in London, bevor Hans Schiff mit seiner Frau Trude im März 1940 in die Vereinigten Staaten ausreisen konnte. In New York arbeitete er vorerst als Angestellter in einem Fotoatelier, bevor er später auch sein eigenes Fotostudio gründete. Ende 1945, mit dem Erhalt der amerikanischen Staatsbürgerschaft, änderte Hans Schiff seinen Namen in John D. Schiff um. Er pflegte regen Kontakt mit anderen deutschen Emigrant*innen, unter ihnen Albert Einstein, den er auch mehrmals fotografisch portraitierte. In seinem späteren Berufsleben vernetzte John D. Schiff sich mit bedeutenden New Yorker Kunstgalerien und Kunstsammler*innen, um in deren Auftrage Katalog- und Werbefotografien sowie Reproduktionen von Kunstwerken anzufertigen. Des Weiteren fiel er auch dadurch auf, dass er berühmte Persönlichkeiten wie Frank Sinatra und Andy Warhol in seinem Studio fotografierte. John D. Schiff verstarb im September 1976 in New York.

Titel
Zwischenstation London
Untertitel
Warten auf die Visa für die Einwanderung nach Amerika
Von
1939
Bis
1940
Adresse

3 Ashford Court, Ashford Road
London
NW26TP
Vereinigtes Königreich

Geo Position
51.556466514546, -0.2184063768737
Stationsbeschreibung

Der Plan zur Emigration war schon vor der Hochzeit mit Hans Schiff in Trude Löwenstein gereift. Zusammen mit ihrem zukünftigen Mann entschied sie sich dafür, die Visa für eine Auswanderung in die USA zu beantragen. Hans Schiff registrierte sich am 30. Juli 1938 beim Stuttgarter Konsulat für ein amerikanisches Visum, Trude Löwenstein am 21. September 1938. Nach der Progromnacht im November 1938 intensivierten sich die Anstrengungen des Ehepaares, eine geordnete Ausreise vorzubereiten. Trude erwarb in Köln Kenntnisse im Bereich der Massagetechnik und Fußpflege, um für sich bis zur Anerkennung ihrer medizinischen Ausbildung in den USA eine Erwerbsmöglichkeit auf amerikanischem Boden zu erschließen. Der Prozess der Bewilligung und Ausstellung der amerikanischen Visa entpuppte sich als umständlich und langwierig. Die Lage in Köln wurde für das Ehepaar währenddessen immer angespannter. Trude Schiffs Eltern waren zu diesem Zeitpunkt bereits nach London geflüchtet.

Am 08. Juli 1939 folgten Hans und Trude Schiff ihnen dahin mit einem temporären Visum nach. Bereits am 9. Juli 1939 registrierten sie sich beim amerikanischen Konsulat in London. Doch erst im August konnte der Registrierungsprozess abgeschlossen und der Transfer der Visadossiers der Eheleute, die sich bisher in Stuttgart befunden hatten, nach London in Auftrag gegeben werden. Die Hoffnung auf eine schnelle Ausreise schwand. Als Flüchtlinge besaßen Hans und Trude Schiff keine Arbeitserlaubnis in England und konnten kein eigenes Einkommen erwirtschaften. Sie waren auf die finanzielle Unterstützung ihrer Verwandten angewiesen und verschuldeten sich auf diese Weise.

Eine weitere Herausforderung bestand für Hans und Trude Schiff im Management ihres unbegleiteten Umzugsguts aus der Ferne. Sie hatten die Verfrachtung von Teilen ihres Mobiliars, von Küchenutensilien, der medizinische Ausrüstung von Trude und der photographischen Ausstattung von Hans Richtung Küste im Frühjahr vor ihrer Flucht nach London 1939 veranlasst. Eine Kölner Speditionsfirma sollte das Umzugsgut mit einem Gewicht von 5230 Kilo bis an die deutsche Grenze bringen. Der Transport, die Beförderung bis zur einstweiligen Lagerung des Gepäcks in Antwerpen und die Lagerspesen für sechs Monate (von April bis Oktober 1939) kosteten die Schiffs über 3790 £. Die Schiffs wollten eine Zustellung ihres umfangreichem Umzugsgutes nach London, die mit weiteren Kosten verbunden gewesen wäre, vermeiden und wünschten eine baldige Überstellung in die USA. Die belgische Speditionsfirma in Antwerpen, bei der das Umzugsgut während des Aufenthalts der Schiffs in London lagerte, drängte das Ehepaar mehrmals, endlich ihren konkreten Einschiffungstermin zu nennen, da erst dann eine Verladung nach Übersee erfolgen könne. Aufgrund der Verzögerungen bei der amerikanischen Visaerteilung waren die Schiffs nicht in der Lage, diesbezügliche Planungen auf einen konkreten Termin festzusetzen. Man einigte sich vorerst und das Umzugsgut wurde am 17. November 1939 unbegleitet nach New York vorausgeschickt. Diese Beförderung war nochmals mit Kosten von 554,57 £ verbunden. 

Anfang des Februar 1940 wurde dem Ehepaar Schiff hinsichtlich der Visaerteilung eine Perspektive eröffnet. Nachdem ein erster Termin für die Überfahrt bereits verfallen war, zeichnete sich nun deutlich ab, dass bis Ende Februar die Visa erteilt und eine Einschiffung möglich werden würde. Daher bemühten sich die Schiffs, ihr umfangreiches Handgepäck, das aus neun großen Koffern mit Kleidung und persönlichen Habseligkeiten bestand, von London über Liverpool nach Southampton bringen zu lassen. Von diesem Hafen aus traten Hans und Trude Schiff Ende Februar 1940 samt ihres Handgepäcks die Ausreise in die Vereinigten Staaten an. Ihr Ziel hieß New York City.

Titel
Neuanfang in New York
Von
1940
Bis
2003
Adresse

107 West 86th Street
New York, NY 10024
Vereinigte Staaten

Geo Position
40.78696916821, -73.972592875224
Stationsbeschreibung

Im März 1940 erreichte das Ehepaar Schiff New York, das Ziel ihrer Ausreise. Trude Schiff bemühte sich umgehend, ihre Sprachkenntnisse aufzubessern. Bereits im April 1940 bestand sie erfolgreich die Sprachprüfung. Um möglichst schnell in ihrem Beruf wieder tätig werden zu können, legte sie noch im selben Jahr (im September 1940) ihr medizinisches Examen ab, um eine amerikanische Zulassung als Ärztin zu erlangen. Diese wurde ihr im Februar 1941 gewährt. Obwohl sie gerne als Chirurgin in einer Klinik gearbeitet hätte, wurde ihr dieser Wunsch als frisch Eingewanderte verwehrt. Durch die hohe Emigrationsrate deutscher Ärzt*innen bestanden hohe Zulassungseinschränkungen. Ihre Aufnahme im ,Mount Sinai Hospital‘ in New York in der Abteilung Krebsforschung war nur vorübergehender Natur. Daher eröffnete sie als Alternative eine Arztpraxis für Allgemeinmedizin in New York, um den Lebensunterhalt zu sichern. Wie sie später berichtete, hatte sie ursprünglich nie die Absicht gehabt, je als niedergelassene Ärztin zu arbeiten, da ihre „Eignung und Neigung […] urspruenglich [sic!] auf dem klinischen und wissenschaftlichen Gebiet“ gelegen habe. Aber die Umstände erlaubten ihr wenig Spielraum.

Ihr Arbeitspensum als Allgemeinärztin war hoch und ihr Einkommen gering (zwischen 1942 und 1945 verdiente sie $ 8400 insgesamt). Das Ehepaar Schiff wurde 1945 in den USA eingebürgert. Danach änderten Trude und Hans ihre Namen ab. Sie hießen von nun an Trude Joan Schiff und John D. Schiff. Im Laufe ihrer weiteren Karriere hatte Trude Schiff oftmals mit Vorbehalten zu kämpfen, die ihr als jüdischer Emigrantin entgegengebracht wurden. Ihre erste Festanstellung wurde ihr erst nach zwanzigjähriger Verweilzeit in den USA im Jahr 1960 in einer gynäkologischen Krankenhausabteilung angeboten. Trude Schiff war zu diesem Zeitpunkt bereits 53 Jahre alt.

Sie  suchte seit ihrer Ankunft in New York einen festen Anschluss an die jüdische Gemeinde, die ihr zeitlebens viel Halt gab. 

Mitte der 50er bis zur Mitte der 60er Jahre strengte Trude Schiff verschiede Entschädigungsverfahren in der Bundesrepublik an, die ausführlich in ihrem Nachlass dokumentiert sind. 1954 stellte sie einen ersten Wiedergutmachungsantrag beim Regierungspräsidium in Köln und plädierte auf eine Entschädigung wegen „Berufsschadens“ aufgrund der finanziellen Ausfälle von Dienstbezügen, die sie ab 1938 aufgrund ihres Ausscheidens aus den Diensten des israelitischen Asyls in Köln erlitten hatte. Der Antrag wurde bis 1960 zurückgestellt, da erst die Ansprüche, die Trude Schiff gegenüber der Stadt Frankfurt geltend machen wollte, geprüft und verhandelt werden mussten. Trude Schiff war im Jahr 1933 Angestellte bei der Stadt Frankfurt gewesen (als Volontärärztin am städtischen Krankenhaus Sachsenhausen) und machte eine Entschädigung dafür geltend, dass sie mit einer an Sicherheit grenzenden Wahrscheinlichkeit dort in ein Beamtenverhältnis übernommen worden wäre, wenn das nationalsozialistische Regime nicht durch Repressalien in ihre Karriere eingegriffen hätte. Die Stadt Frankfurt stimmte Schiffs Antrag auf dem Vergleichswege zu und bezahlte ihr rückwirkend ab dem 1.1.1954 eine monatliche Rente von 453, 60 DM nach „beamtenrechtlichen Grundsätzen“ auf Lebenszeit.

Bezüglich ihres Antrags auf Wiedergutmachung beim Regierungspräsidium in Köln erhielt sie am 20. Juli 1960 den Bescheid, dass sie aufgrund des erlittenen „Berufsschadens“ eine Entschädigung in Höhe von 4.663, 72 DM erhalte. Ihr Antrag sei begründet, da sie durch „nationalsozialistische Gewaltmaßnahmen ihre Stellung in Deutschland verloren und zur Auswanderung gezwungen“ worden sei. Weitere 8200 DM Entschädigung erhielt Trude Schiff 1963 auf Antrag wegen „Schadens am Vermögen“, der ihr durch die Aus- und Durchwanderungskosten in England und den USA entstanden war bzw. durch die Sonderabgaben (z.B. die „Judenabgabe“) bei der Auswanderung. Trude Schiff arbeitete bis ins hohe Alter in verschiedenen Krankenhäusern New Yorks und verstarb am 11. Juni 2003 im Alter von 96 Jahren bei einem Besuch in Israel.

Sterbedatum
11.06.2003
Sterbeort
Israel

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Autor
Christiane Maihold
Laura Wirges