Gustav Alexander Tahl kam am 18. November 1891 in der rumänischen Stadt Konstanza zur Welt. Die Großfamilie Tahl wurde später in Transsilvanien wohnhaft. Noch vor Vollendung des dreizehnten Lebensjahres ging Gustav auf Wanderschaft, um sein künstlerisches Talent gewinnbringend einzusetzen. Seine Reise führte ihn zur Hochschule für Zeichenkunst in Buxtehude. Zuzüglich zur schulischen Ausbildung ging er bei dem ansässigen Meisterfotografen Behling in die Lehre, wo er später seine Meisterprüfung ablegte. Kurz nach Beendigung derselben, lernte er seine spätere Frau Magarethe Dora Meijer kennen. Tahl hatte sich auf Industriefotografie spezialisiert, machte aber ebenso Aufnahmen vom Alltagsgeschehen. Tahl verstarb nach einem anhaltenden Herzleiden und den Nachwirkungen einer Skorbuterkrankung aus der Zeit seines Dienstes im Ersten Weltkrieg am 18. Februar 1954 im Alter von 64 Jahren in Winschoten.
Ulmenstraße 9
26135 Oldenburg
Deutschland
Am 22. Mai 1919 schlossen Magarethe Dora Meijer und Gustav Tahl den Bund der Ehe, aus dieser gingen vier Kinder hervor: Margot, Friedel, Gerda und Elenore. Nach der Heirat trat Gustav Tahl, der jüdischer Abstammung war, per Konversion der evangelischen Kirche bei. Er zog alsdann nach Osternburg in die Ulmenstraße 9, wo er mit großem Erfolg sein erstes Fotogeschäft und ein Tageslichtatelier unter dem Namen Fotohandlung für Kunst, Industrie und Gewerbe eröffnete. Später erweiterte er diesen Ladenbesitz um Geschäfte in der Bremer Straße und der Heiligengeiststraße.
Bremer Straße 15
26135 Oldenburg
Deutschland
Gustav Tahl schoss er als „rollernder Photograph“ mit Vorliebe Bilder von Naturidyllen und fing besondere Ereignisse wie den Besuch des Reichspräsidenten Hindenburgs filmisch ein, an dem er die Exklusivrechte besaß. Die Industriefotografie, der Tahl vornehmlich nachging, erfreute sich in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts in Oldenburg großer Beliebtheit. Dieses Interesse bestätigte sich im Eingehen zahlreicher Aufträge für Fotodokumentationen und Eröffnungsfilme von Fabriken, AGs und Großhandlungen. Auftraggeber waren unter anderem die Wagenbauanstalt Oldenburg, die Bölts AG und die Oldenburger Dampfziegelei C. Dinklage. Aufgrund der hohen Nachfrage nach seinen Fotografien errichtete Gustav Tahl nach Eröffnung seiner Hauptfiliale in der Ulmenstraße 9 eine weiteres Geschäft in der Bremer Straße. Kurze Zeit nach der Entscheidung zur Expansion wurde Tahl gebeten, auch die Gestaltung der Kinoreklame im Wall-Lichtspieltheater und der Wunderburglichtspiele in Osternburg zu leiten. Als damalig größtes Kino Oldenburgs lieferte das Wall-Lichtspieltheater Tahl exklusive und lukrative Auftragsarbeiten. Durch die häufige Zusammenarbeit entstand eine aufrichtige Freundschaft zum Leiter des Kinos, wodurch die Familie einen dauerhaften Logenplatz im Kino besaß.
Der größte Teil filmischer Aufnahmen Oldenburgs aus den 1920er und 1930er Jahren stammt aus Tahls Hand und wurde in seinen Geschäften bearbeitet.
unbekannt
9665 BW Winschoten
Niederlande
Tahl konnte sein Hauptgeschäft bis in das Jahr 1933 ohne weitere Konflikte führen, bis die SA ausfindig machte, dass er gebürtiger Jude war und sie seinen Handelserfolg boykottierte. Nach der Ernennung Hitlers zum Reichskanzler entdeckte ein Beamter seine Taufakte, die ihn letztgültig als Juden auswies. So wurden Tahl in der Folgezeit in der Ulmenstraße 9 wiederholt die Fensterscheiben mit Steinen eingeworfen. Aufgrund der Vorkommnisse erbat seine Frau beim Gauleiter Schutz für das Geschäft. Dieser sicherte ihr Schutzmaßnahmen zu und orderte eine SA-Wache ab, die vor dem Laden postiert wurde. Die Order niemanden mehr hinein zu lassen galt jedoch auch für den Inhaber Tahl selbst, wodurch sich die Familie Thal nur mithilfe guter Freunde für einige Monate finanziell absichern konnte. Zusehends unter weiteren Druck des Regimes geratend, plante die Familie ab 1935 ihre Auswanderung nach Amerika. Letztlich aber emigrierten sie nach Winschoten in den Niederlanden.
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