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90
Kategorie
Adresse

Wielandstraße 22
12159 Berlin
Deutschland

Koordinate
52.4698914, 13.3387987

In Kitzingen lebte das jüdische Ehepaar Mayer Stiefel (geboren 5. Januar 1855 Hammelburg, gestorben 9. November 1921 in Kitzingen) und Sophie geborene Blümlein (geboren 11. November 1852 in Untereisenheim, gestorben 9. November 1926 in Kitzingen). Sie hatten 4 Söhne, die in Kitzingen geboren wurden: Jakob, geboren am 28. Mai 1878, Salomon, geboren am 3. Juni 1879, Leo, geboren am 12. Juni 1881 und Richard, geboren am 11. März 1887. Die Familie betrieb eine Weinhandlung. Leo erhielt höhere Schulbildung und absolvierte seinen Militärdienst als „Einjährig-Freiwilliger“. Danach lebte er als Weinhändler in Würzburg. Im Ersten Weltkrieg diente er im Rang eines Unteroffiziers, u. a. in einer Train-Ersatz-Abteilung, einer Militär-Bäcker-Abteilung, auch sein Bruder Salomon kämpfte im Ersten Weltkrieg. Am 31. Dezember 1931 trat Leo aus der Israelitischen Kultusgemeinde in Kitzingen aus. Leo Stiefel muss eine Zeit lang wieder in Kitzingen gewohnt haben, dort wurde er von der nichtjüdischen Hausdame Babette Hümmer betreut. Ihr gegenüber fühlte sich Leo Stiefel besonders verpflichtet, er setzte ihr eine lebenslange monatliche Rente von 40 RM aus, auch setzte er sie zur Hälfte als seine Erbin ein. Am 16. Januar 1937 zog Leo nach Berlin, er wohnte zunächst in Charlottenburg, Witzlebenstr. 16 I, dann in der Suarezstr. 55, dann in der Wielandstr. 22 bei Rosalie Priester, ab 1. Februar 1941 in der Westarpstr. 3 I bei Michaelis, später bei Reichmann, er war immer Untermieter. Leo Stiefel betrieb von Berlin aus seine Weinhandlung in Kitzingen, Rosengasse 7, weiter. Leo Stiefel hatte eine jüdische Freundin, die am 2. Januar 1915 in Plauen geborene Gerda Kuniansky. Ihr Vater Salomon Kuniansky, geboren am 12. Februar 1884 in Odessa, besaß in Plauen eine Spitzen- und Stickereifabrik. Leo Stiefel wurde von dem Naziregime gezwungen, sein Grundstück in Kitzingen, Rosengasse 7 zu verkaufen, den Gegenwert hierfür hat er nie erhalten. Auch musste er die von seinem Vater übernommene Weinhandlung aufgegeben, das Inventar wurde verschleudert, er erhielt nur einen Bruchteil des tatsächlichen Wertes, nämlich ca. 1500 RM. Leo Stiefel machte am 3. Juli 1941 sein Testament: als Erben setzte er Fräulein Gerda Kuniansky (seine spätere Ehefrau) und Fräulein Babette Hümmer je zur Hälfte seines Vermögens ein. Babette Hümmer lebte damals noch in seinem Haus in Kitzingen. Leo Stiefel hatte offensichtlich versucht, angesichts der bevorstehenden Deportation seinem Leben ein Ende zu setzen: er befand sich vom 24. Oktober 1942 bis 26. November 1942 wegen einer Schlafmittelvergiftung im Jüdischen Krankenhaus in Berlin. Aus dem Krankenhaus heraus veranlasste er den Verkauf von Wertpapieren, um die 5. und letzte Rate der Judenvermögensabgabe und Rückstände der Einkommens- und Vermögenssteuer zu bezahlen. Am Tag nach seiner Entlassung, am 27. November 1942, gab er bereits in der Sammelstelle Große Hamburger Straße die Vermögenserklärung ab. Er gab an, Prüfer der Jüdischen Kultusvereinigung zu sein, ferne, dass er ledig war und (wieder) der jüdischen Konfession angehörte. Seine Kennkarte habe man ihm abgenommen und er verfüge über keine Bankunterlagen mehr, so dass er keine Angaben zu seinem Vermögen machen könne. Die Verfügung, wonach sein Vermögen zugunsten des Deutschen Reichs eingezogen wurde, wurde ihm am 27. November 1942 in der Sammelstelle Große Hamburger Straße zugestellt. Am 29. November 1942 wurde Leo Stiefel nach Auschwitz deportiert. Zu diesem Zeitpunkt wurde er später auch als tot erklärt. Nach dem Krieg beantragte Gerda die Anerkennung ihrer freien Ehe mit Leo Stiefel, was zur Ausstellung einer Heiratsurkunde des Standesamtes Spandau vom 23. Juli 1951 führte, wonach die Ehe mit Wirkung zum 12. Juni 1937 geschlossen war. Gerda Stiefel hatte in Berlin überlebt. 1944 waren im Depot von Leo Stiefel bei der Bayrischen Hypotheken- und Wechselbank noch Wertpapiere im Wert von 18.900,00 RM vorhanden. Die Vermögensverwertungsstelle hatte bereits ohne diese Positionen Einnahmen in Höhe von 19.603,80 RM verzeichnet. Als das Vermögensverwertungsamt Zahlung aus der Rentenversicherung von der Gothaer verlangte, wünschte diese den Nachweis, dass der Versicherte, Leo Stiefel, das Datum 12. Juni 1947 überlebt hätte. Die Alte Leipziger zahlte schließlich einen Rückkaufsbetrag von 17.603,80 RM an die Vermögensverwertungsstelle aus. <br/>

Medien
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