Die „Doppelstadt“ Dessau-Roßlau, 2007 aus einer Kreisreform hervorgegangen, zählt heute mit gut 83.000 Einwohner*innen zu den drei Oberzentren in Sachsen-Anhalt. Als innovative Bauhausstadt im Gartenreich“ empfiehlt sie sich Unternehmen und Tourist*innen gleichermaßen – doch sind die Narben der Geschichte vor allem der alten Residenzstadt Dessau noch deutlich ins Gesicht geschrieben: Mit dem Bombenangriff vom 7. März 1945 versank das historische Zentrum gänzlich in Schutt und Asche, der sozialistische Wiederaufbau veränderte Stadtbild und Straßenführung. Wer sich heute auf Spurensuche durch 800 Jahre Dessauer Stadtgeschichte – einschließlich der jüdischen – begibt, bedarf eines scharfen Blicks, für das Gewesene wie für das Kommende. 1213 erstmals urkundlich erwähnt, entwickelte sich der Handelsplatz zwischen Mulde und Elbe zur Ackerbürgerstadt und wurde 1471 zur Residenz der Fürsten (ab 1806/07 Herzöge) von Anhalt-Dessau bzw. Anhalt erhoben. Eine Ansiedlung jüdischer Familien in der „Sandvorstadt“, südlich der Altstadt, lässt sich erst für 1671 belegen. Unter fürstlichem Schutz entfaltete sich hier ein reges Gemeindeleben, wobei Dessau nach 1800 – neben Berlin und Kassel – zu einem Zentrum der jüdischen Reformbewegung wurde. Nach der Schoa fand sich erst 1994 wieder eine kleine jüdische Gemeinde mit heute gut 300 Mitgliedern zusammen…

Adresse

Willy-Lohmann-Straße 14
06844 Dessau-Roßlau
Deutschland

Dauer
90.00
Literatur
Die ersten Studien zur jüdischen Geschichte Dessaus (vor 1933) legten dortige Lehrer und Rabbiner vor, u. a. Phöbus Philippson, Biographische Skizzen, Leipzig 1864/66 [ND: Dessau 2007]; Ludwig Horwitz, Die Emanzipation der Juden in Anhalt-Dessau, Dessau [1896]; Max Freudenthal, Aus der Heimat Mendelssohns, Berlin 1900.
Helmut Eschwege, Geschichte der Juden im Territorium der ehemaligen DDR, Band III, Dresden 1991, S. 1214-1242
Zeugnisse jüdischer Kultur, Projektleitung: Kathrin Wolff, Berlin 1992, S. 171-174
Geschichte jüdischer Gemeinden in Sachsen-Anhalt. Versuch einer Erinnerung, hrsg. Landesverband Jüdischer Gemeinden Sachsen-Anhalt, Wernigerode 1997, S. 63-78 und 297/299
Werner Grossert: Dessau, in: Wegweiser durch das jüdische Sachsen-Anhalt, hrsg. Jutta Dick / Marina Sassenberg, Potsdam 1998, S. 40-57
Werner Grossert, Chronik. Geschichte der Juden in Dessau, Dessau 1993
Einblicke. Zwölf Essays und eine Ausstellung zur Geschichte der Juden in Anhalt, hrsg. Bernd G. Ulbrich, Dessau 2004; ders., Personenlexikon zur Geschichte der Juden in Dessau, Dessau-Roßlau 2009
Eva-Maria Herz-Michl / Dagmar Mäbert, Geschichte der Juden in Dessau zu Beginn der dreißiger Jahre, Dessau 1995; dies. (Hrsg.), Verfolgt… Vertrieben… Erinnerungen ehemaliger jüdischer Bürger aus Dessau, Dessau 1998
Länge
3.00
Stationen
Adresse

Schloßplatz 3a
06842 Dessau-Roßlau
Deutschland

Eckdaten

Geo Position
51.832694444444, 12.247805555556
Titel
Museum für Stadtgeschichte Dessau mit jüdischer Abteilung
Stationsbeschreibung

„Schauplatz vernünftiger Menschen“
Die Dauerausstellung im Dessauer Stadtmuseum führt durch 800 Jahre „Kultur und Geschichte in Anhalt-Dessau“. Das Stadtbild drumherum erzählt von menschlicher Unvernunft, von Krieg und Zerstörung.

Wer Zeit und Lust hat, mag von der Askanischen Straße aus noch etwas tiefer in die Stadtgeschichte Dessaus eintauchen. Über die Steinstraße gelangt man zum Schlossplatz, einst Zentrum der mittelalterlichen Stadt. Auch hier sind die Folgen der Bombennacht vom 7. März 1945 noch immer sichtbar: Die ehemalige Stadtkirche St. Marien, in ihrer gotischen Form 1506-54 erbaut, wurde erst 1989-98 rekonstruiert und dient seitdem als Veranstaltungszentrum. Auf dem Platz davor wurde das historische Denkmal von 1860 für Fürst Leopold I. von Anhalt-Dessau (1676-1747, auch der „Alte Dessauer“ genannt) wieder aufgestellt. Unter seiner – noch wenig aufgeklärten – Regentschaft wurde 1729 Mendelssohn geboren. Um die Ecke, vorbei am „Lustgartentor“, findet sich der „Johannbau“, der einstige Westflügel des zerstörten Residenzschlosses. Um 1530 errichtet, gilt er als einer der ersten Renaissancebauten Mitteldeutschlands. Die Ruine wurde nicht gesprengt, die ursprüngliche Form konnte jedoch erst ab 1990 wiederhergestellt werden. Im August 2005 öffnete hier das „Museum für Stadtgeschichte Dessau“ seine Pforten. Ein Besuch lohnt. Die Dauerausstellung „Schauplatz vernünftiger Menschen. Kultur und Geschichte in Anhalt-Dessau“ beinhaltet auch eine kleine „jüdische Abteilung“ mit einem Modell der 1938 zerstörten Synagoge – einst einen Steinwurf entfernt.

Adresse

Kavalierstraße 69
06844 Dessau-Roßlau
Deutschland

Eckdaten

„Ein Zentrum jüdischen Lebens in Dessau“ (Gedenktafel am Haus Kavalierstraße 69)
In der Kavalierstraße 23 wurden Lederwaren verkauft, Zähne gebohrt, Gerichtsakten gewälzt und Gedichte geschrieben. Nach 1933 flohen die Bewohner*innen nach Palästina, das Haus wurde 1945 zerstört.

Am 3. April 2008, zum 100. Geburtstag von Jenny Goldmann-Wahl (1908-2003), wurde an der Südseite des heutigen Wohnblocks Kavalierstraße 69 eine besondere Tafel angebracht: keine Erinnerung an den Tod, sondern an das Leben all der Bewohner*innen, die hier bis nach 1933 zu Hause waren. Jenny war das dritte von fünf Kindern des Ehepaars Adolf und Hinda Goldmann, die 1905 nach Dessau gekommen waren. 1919 erwarben sie das Wohn- und Geschäftshaus Kavalierstraße 23, wo sie eine stadtbekannte Lederhandlung unterhielten – bis zur „Arisierung“ Ende 1938. 1939/40 emigrierte die Familie nach Palästina. Auch sie stand auf der berüchtigten Dessauer Liste, mit der die NSDAP schon am 8. November 1938 zum Pogrom aufgerufen hatte. Im zweiten Stock wohnte die Familie des Juristen Martin Alterthum (1887-1976). 1929 wurde er zum Landgerichtsdirektor berufen, 1933 jedoch aufgrund des „Gesetzes zur Wiederherstellung des Berufsbeamtentums“ entlassen. Kurze Zeit war er Gemeindevorsitzender, bis er 1934 nach Leipzig verzog und 1939 mit seiner Frau Toni nach Palästina auswanderte. Im ersten Stock befand sich die Zahnarztpraxis des Dr. Georg Michelsohn (1876-1968). Er hatte sich 1911 in Dessau niedergelassen. Als „Eli Elkana“ schrieb er schon früh mit Gedichten gegen die NSDAP an – und floh 1933 über Prag nach Palästina. Das alte Haus ging im Bombenhagel des 7. März 1945 unter.

Geo Position
51.832333333333, 12.242805555556
Titel
Lederhandlung Adolf Goldmann
Literatur
Zum Dessauer Lyriker Eli Elkana (Georg Michelsohn) vgl. u. a. Werner Grossert: „Mir tönt im Ohr ein altes Lied“. Eli Elkana/Dr. Georg Michelsohn (1876-1968), Dichter und Arzt in Dessau, in: Wegweiser durch das jüdische Sachsen-Anhalt, Potsdam 1998, S. 310-315
Adresse

Askanische Straße 12
06842 Dessau-Roßlau
Deutschland

Eckdaten

ha-Chacham R. Mosche mi-Dessa – der Weise, Rabbi Mosche aus Dessau“ (Grabstein Mendelssohns in Berlin-Mitte, nach 1990)
Am 6. September 1729 wurde in der Askanischen Straße 12 (ehemals 10) der spätere Philosoph Moses Mendelssohn geboren. Ohne das historische Haus tut man sich mit dem Gedenken schwer – bis heute.

Von der Kavalierstraße führt der Weg über die Friedrich-Naumann-Straße zunächst am Gymnasium „Philanthropinum“ vorbei, benannt nach der einst so gerühmten Basedow'schen Lehranstalt (1774-93). Über den Durchgang am Ende der Wallstraße gelangt man schließlich zur Askanischen Straße. 1952 wurde hier auf ganzer Länge – von Nr. 8 bis 18 – ein Neubaublock errichtet. Nur ein einziges historisches Relikt hat sich an der Nr. 12 erhalten: eine Gedenktafel von 1880. Sie zierte einst das Geburtshaus Moses Mendelssohns. Ab 1938 überlebte sie unter Putz, selbst die Bombardierung von 1945, wurde 1952 geborgen und 1979, zum 250. Geburtstag des Philosophen, wieder angebracht. Der eigentliche Geburtsort befand sich im Seitenflügel des Hinterhofes, wo heute – wie wohl auch schon 1729 – die Wäsche trocknet. 1863 konnte der ganze Komplex vom Dessauer Bankier Moritz von Cohn, 1879 vom Israelitischen Gemeindebund Leipzig erworben werden. Das Vorderhaus wurde 1880 aus Spenden der Berliner Mendelssohn-Stiftung (gegr. 1879) neu aufgebaut und als Altersheim genutzt. 1929, zum 200. Geburtstag, feierte nochmals die ganze Stadt. Danach versuchte die NSDAP jedes Gedenken an Mendelssohn auszulöschen – samt der Menschen, die hier lebten. Seit 2009 erinnern drei Stolpersteine an Hermann, Gitel und Hella Katz.

Geo Position
51.831527777778, 12.245694444444
Titel
Geburtshaus Moses Mendelssohn
Literatur
Alexander Altmann: Moses Mendelssohns Kindheit in Dessau, in: Bulletin des Leo-Baeck-Instituts X/37 (1967), S. 237-275
Julius H. Schoeps: Mosche mi-Dessau. Die Kindheitsjahre eines Philosophen, in: Wegweiser durch das jüdische Sachsen-Anhalt, Potsdam 1998, S. 212-217
Adresse

Kantorstraße 3
06842 Dessau-Roßlau
Deutschland

Geo Position
51.831027777778, 12.246083333333
Titel
Alte Synagoge und Rabbinerhaus
Literatur
Zur Alten Synagoge in Dessau vgl. u. a. Holger Brülls, Synagogen in Sachsen-Anhalt, Berlin 1998, S. 198-213
Zur Geschichte des Dessauer Rabbinats: Bernd G. Ulbrich, Das anhaltische Landesrabbinat (1886 bis 1939), Dessau-Roßlau 2016
Stationsbeschreibung

„Bekanntlich liegen die meisten Synagogen hinter einem Hause versteckt, …“ (David Fraenkel, in: Sulamith II / Bd. 1, Dessau 1808, S. 263)
Von 1686 bis 1907 musste sich die Dessauer Gemeinde in einer Hinterhofsynagoge treffen. Zur Straße hin waren nur Schule und Rabbinerhaus zu sehen – seit 1994 wieder Sitz der Jüdischen Gemeinde Dessau.

In der heutigen Kantorstraße 3, in Sichtweite der Mendelssohn'schen Gedenktafel, steht das Rabbinerhaus (fälschlich auch „Kantorhaus“ genannt). Es ist das letzte erhaltene Gebäude der alten Dessauer Gemeinde, das sowohl die Pogromnacht 1938 als auch den Feuersturm des 7. März 1945 überstand. Nach Nutzung als Gäste- und Lehrlingswohnheim wurde es 1994 wieder der neuen Jüdischen Gemeinde überlassen. Die Geschichte des Ortes beginnt 300 Jahre früher: 1684 konnte das Grundstück Nr. 164 in der damaligen Töpfergasse (später Judenschulgasse bzw. Schulstraße 10) von Gemeindemitgliedern erworben werden. Mit fürstlicher Erlaubnis entstand dort ab 1686/87 das Rabbinerhaus und dahinter – vor der Öffentlichkeit verborgen – die erste Synagoge. 1711 wurde sie erweitert und nach einem Brand 1729/30 neu aufgebaut. Eine dritte Umgestaltung erfolgte 1858/59, bis die alte Hinterhofsynagoge 1907 ganz abgerissen wurde.

Adresse

Askanische Straße 5
06842 Dessau-Roßlau
Deutschland

Eckdaten

Geo Position
51.831388888889, 12.246666666667
Titel
Neue Synagoge mit Gemeindehaus
Literatur
Zur Neuen Synagoge in der Steinstraße (1908-38) vgl. u. a. Holger Brülls, Synagogen in Sachsen-Anhalt, Berlin 1998, S. 198-213.
Stationsbeschreibung

„Denn wenn Kunst und Religion Geschwister sind, …“ (Festpredigt von Landesrabbiner Dr. Walter zur Einweihung der Neuen Synagoge am 18. Februar 1908)
Die Dessauer Synagoge in der Steinstraße 11/14 setzte neue religiöse wie städtebauliche Maßstäbe. Im Novemberpogrom 1938 ging sie in Flammen auf. Ein Neubau ist geplant…

Eine großzügige Nachlass-Stiftung der Dessauer Bankiersfamilie von Cohn machte es möglich: Von 1906-08 ließ die Jüdische Gemeinde, die damals nur noch knapp 500 Mitglieder zählte, an der Steinstraße, südlich der Askanischen Straße, eine neue Synagoge samt Gemeindehaus errichten. Mit seinen neoromanischen Formen setzte der monumentale Bau nach Plänen des Berliner Architekturbüros Cremer & Wolffenstein neue Maßstäbe – innen wie außen. Nicht mehr versteckt im Hinterhof, sondern öffentlich, in einer Sichtachse mit der Schloss- und Stadtkirche St. Marien, reihte sich das jüdische Gotteshaus mit seiner weithin sichtbaren Kuppel gleichberechtigt in die Silhouette der Stadt ein – bis 1938. Bereits am Nachmittag des 9. November wurden Synagoge und Gemeindehaus von der SA geplündert, niedergebrannt und schon wenige Tage später abgetragen. Erst 1988, zum 50. Jahrestag der Zerstörung, wurde abseits des alten Standortes (etwa Askanische Straße 5) eine Gedenkstele errichtet. Die 1994 wiederbegründete Gemeinde entschied sich Ende 2017 für einen Synagogenneubau nach Entwürfen von Alfred Jacoby. Der Grundstein soll am 9. November 2018 gelegt werden… Bis dahin bleibt eine Leerstelle – religiös wie städtebaulich. Etwas verloren erinnert so auch ein einzelner „Stolperstein“ an den einstigen Gemeindesekretär, Salomon Jacobson.

Adresse

Rennstraße
Ecke Kantorstraße
06842 Dessau-Roßlau
Deutschland

Eckdaten

Geo Position
51.829777777778, 12.244972222222
Titel
Herzogliche Franzschule
Literatur
Zur Geschichte der „Herzoglichen Franzschule“ vgl. zuerst Ludwig Horwitz, Geschichte der Herzoglichen Franzschule in Dessau 1799-1849, Dessau 1894
Werner Grossert: Die israelitische Schule Dessau von 1799 bis 1849, in: Mitteilungen des Vereins für Anhaltische Landeskunde II (1993), S. 119-143
Werner Grossert: „Sulamith“, die Friedensliebende aus Dessau 1806-1848. Die erste jüdische Zeitschrift in deutscher Sprache und deutscher Schrift, Dessau 2001
Johannes Valentin Schwarz: Jüdische Presse, in: Handbuch zur Geschichte der Juden in Europa, Band II, hrsg. Elke-Vera Kotowski u. a., Darmstadt 2001, S. 285–295
Stationsbeschreibung

„Kultur und Humanität unter der jüdischen Nation zu befördern“ (David Fraenkel, in: Sulamith I / Bd. 1, Leipzig 1806, S. 8)
Mit der „Herzoglichen Franzschule“ wurde in Dessau 1799 eine der fortschrittlichsten jüdischen Schulen ihrer Zeit begründet – seit 2009 parken hier die Besucher*innen des „Dessau Center“. 

Bildungsreformen haben in Dessau Tradition: Schon das Basedow'sche Philanthropinum“ versuchte ab 1774, im Geiste der Aufklärung, neue Wege zu gehen. Auf jüdischer Seite wurde ein solches Konzept vier Jahre später mit der „Jüdischen Freischule Berlin“ (1778-1825) umgesetzt – auf Anregung Mendelssohns. In seiner Heimat blieb es zunächst bei der Tradition: 1785 erhielt die Gemeinde die fürstliche Erlaubnis, neben dem Rabbinerhaus eine eigene Talmud-Tora-Schule einzurichten. Die rein religiöse Ausrichtung überzeugte nicht auf Dauer: 1799 fand sich ein Verein „junger jüdischer Menschenfreunde“ zusammen, der nun auch in Dessau – nach Berliner Vorbild – eine „Freischule“ eröffnete. Die Leitung übernahm der umtriebige David Fraenkel (1779-1865), ein Großneffe des alten Dessauer Rabbiners, der 1806 zudem die erste jüdische „Töchterschule“ und die Sulamith (1806-48), die erste jüdische Zeitschrift in deutscher Sprache und Schrift, begründete. Ab 1815 flossen endlich auch herzogliche Zuschüsse, und so ließ Fraenkel seine Musterschule in „Herzogliche Franzschule“ umbenennen. Von 1849-69 wurde sie als erste staatliche Handelsschule Deutschlands weitergeführt. Geblieben sind ein paar historische Ansichten des Gebäudes in der Leipziger Straße 9. Der alte Standort liegt irgendwo unter dem „Dessau Center“ an der Rennstraße begraben…

Adresse

Franzstraße 117
Ecke Kantorstraße
06842 Dessau-Roßlau
Deutschland

Eckdaten
Geo Position
51.828722222222, 12.242555555556
Titel
Geburtshaus Kurt Weill
Literatur
Zur Biographie Weills vgl. u. a. Andreas Altenhof: Kurt Weill, ein musikalischer Weltbürger aus Dessau, in: Wegweiser durch das jüdische Sachsen-Anhalt, Potsdam 1998, S. 300-309
Stationsbeschreibung

„Aufstieg und Fall der Stadt Mahagonny“ (Oper von Kurt Weill und Bertolt Brecht, Leipzig 1930)
Kurt Weills Geburtshaus an der Leipziger Straße, 1945 stark beschädigt, musste 1967 einem Neubau weichen. Seine zweite Dessauer Kinderstube in der heutigen Franzstraße 117 blieb hingegen unversehrt.

Der ehemaligen „Franzschule“ gegenüber, in der Leipziger Straße 59, stand das Geburtshaus des Komponisten Kurt Weill (1900-50). Er wird heute – nach Mendelssohn – als der zweite große „Sohn“ Dessaus verehrt, sein Erbe schien in der Stadt bis 1990 jedoch beinahe vergessen. Seit 1993 richtet nun die „Kurt-Weill-Gesellschaft“ das alljährliche „Kurt-Weill-Fest“ aus, im „Kurt-Weill-Zentrum“ (Meisterhaus Feininger) ist unter anderem ein Musikermuseum zu finden, auf dem Lidiceplatz wurde ein „Kurt-Weill-Denkmal“ (1995-97) aufgestellt, und auch am Rabbinerhaus prangt eine eigene Tafel. Dennoch: Noch heute ist Weills Geburtsort – eine Freifläche östlich der Kantorstraße, etwa auf Höhe der Rennstraße – nur schwer zu lokalisieren, zu sehr haben sich Straßenführung und Bebauung seit jener Bombennacht des 7. März 1945 verändert. Auch Dessau erlebte seinen „Aufstieg und Fall“. 1898 waren Weills Eltern in die Stadt gekommen, bis 1919 wirkte der Vater Albert hier als Kantor der jüdischen Gemeinde. Am 2. März 1900 kam Kurt als drittes Kind zur Welt, ein viertes folgte, und so zog die Familie schon 1902 in die nahe gelegene Franzstraße 45 (heute 117) um. Eine Gedenktafel erinnert an den damals Zweijährigen. Schon 1903 folgte der Umzug in die Muldstraße 20, 1907 schließlich ins neue Gemeindehaus an der Steinstraße. 1918 ging Kurt zum Musikstudium nach Berlin…

Adresse

Am Leipziger Tor
Franzstraße 162
06842 Dessau-Roßlau
Deutschland

Eckdaten

Geo Position
51.824666666667, 12.242
Titel
Stolpersteine Heinen und Jacoby am Alten Leipziger Tor
Stationsbeschreibung

„Denke, ich sei im Krieg gefallen und sag es auch zu Hänschen. Später kannst Du ihm die Wahrheit sagen.“ (Abschiedsbrief von Hans Heinen an seine Frau, September 1939)
Das „Leipziger Torhaus“ in der Franzstraße markierte einst Dessaus Stadtgrenze. Gleich daneben, vor Haus 162, erinnern heute zwei „Stolpersteine“ an den kommunistischen Widerstand gegen die NS-Herrschaft.

Von der Franzstraße 177 führt der Weg ein Stück nach Süden, über die Gliwicer Straße hinweg. Auf der linken Seite, vor Haus 149, findet sich ein Durchgang zum letzten erhaltenen Stück der Leipziger Straße. Hier, am südlichen Ende der „Sandvorstadt“, stand einst das Alte Leipziger Tor. Gleich davor, Richtung Südosten, konnte die jüdische Gemeinde 1687 ihren ersten Begräbnisplatz anlegen. Davon zeugen noch ein paar Reste der alten Stadtmauer. Stadt und Friedhof wuchsen, und so wurde das Leipziger Tor weiter nach Süden an die Franzstraße verlegt. Das westliche der beiden Torhäuser von C. I. Pozzi (1826/27) hat sich erhalten, das östliche wurde bereits 1890/91 zugunsten einer Nagelfabrik abgerissen. Noch heute markiert die Straße „Am Leipziger Tor“ die alte Stadtgrenze und führt weiter zum Eingang des Israelitischen Friedhofs. Davor lohnt ein kurzer Moment des Gedenkens vor dem Haus Franzstraße 162 (ehemals 27), wo 2009 zwei „Stolpersteine“ für Hans Heinen (1909-39) und Hugo Jacoby (1875-1935) verlegt wurden. Beide waren Mitglieder der KPD und 1933/34 im berüchtigten KZ Roßlau inhaftiert. Hans wurde 1939 in Sachsenhausen hingerichtet, Hugo starb 1935 in Dessau an den Haftfolgen. Sein Grabstein auf dem jüdischen Friedhof fehlt…

Adresse

Am Leipziger Tor 4
06842 Dessau-Roßlau
Deutschland

Eckdaten

Geo Position
51.824472222222, 12.2445
Titel
Israelitischer Friedhof
Literatur
M. Brocke / E. Ruthenberg / K. U. Schulenburg: Stein und Name. Die jüdischen Friedhöfe in Ostdeutschland (Neue Bundesländer/DDR und Berlin), Berlin 1994, S. 296-300
Werner Grossert, Der Israelitische Friedhof Dessau, Dessau 1994
M. Brocke / Ch. E. Müller, Haus des Lebens. Jüdische Friedhöfe in Deutschland, Leipzig 2001, S. 206-207
Bernd G. Ulbrich, Rundgang über den Israelitischen Friedhof in Dessau-Roßlau, Dessau-Roßlau 2009
Stationsbeschreibung

„Da der ursprüngliche Standort vieler Grabsteine nicht mehr zu ermitteln war, …“ (Hinweistafel am Eingang zum Israelitischen Friedhof Dessau, nach 1945)
Der jüdische Friedhof „Am Leipziger Tor“ wurde 1687 angelegt, mehrfach erweitert – und im Novemberpogrom 1938 fast vollständig zerstört. Seit 1995 finden hier wieder Beisetzungen statt.

Letzte Station dieses Spaziergangs soll der „Israelitische Friedhof“ sein. An keinem anderen Ort lassen sich die Höhen und Tiefen der fast 350jährigen jüdischen Geschichte in Dessau so deutlich nachvollziehen wie hier. Erst 1687 (nach älteren Angaben 1674) konnte die jüdische Gemeinde mit fürstlicher Genehmigung einen Begräbnisplatz vor dem (alten) Leipziger Tor anlegen. Zwischen 1695 und 1902 wurde das Areal mehrfach Richtung Südosten, zur Steneschen Straße hin, erweitert. Am südlichen Eingang sind noch das Gärtnerhaus und die Wagenremise (heute Trauerhalle) von 1902 erhalten. Bis 1941 wurden in Dessau insgesamt über 2.000 Personen bestattet, vor 1814 auch Besucher*innen der Leipziger Messe. Zeitgleich mit der Neuen Synagoge ließen Cremer Wolffenstein hier 1906 eine imposante Trauerhalle errichten. Im Novemberpogrom 1938 wurde sie vollständig zerstört – zusammen mit dem 1933 davor aufgestellten Mendelssohn-Denkmal und weiten Teilen des Friedhofsgeländes. Die Grabsteine wurden aufgestapelt und als Baumaterial verwendet. Gleich 1945 begann die Rekonstruktion, jedoch noch immer werden bei der Erschließung neuer Areale alter Schutt und Müll zu Tage gefördert. Seit 1995 bestattet auch die Jüdische Gemeinde Dessau ihre Toten wieder hier, eine eigene Fläche für nichtjüdische Partner*innen ist geplant…

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Autor
Johannes Schwarz

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