Beruf
Rabbiner, Religionswissenschaftler
Geburtsdatum
23.05.1873
Geburtsort
Lissa, Provinz Posen
Gender
Mann
Literatur
Jüdisches Museum Berlin, 2001/30, Schenkung von Jan J. Rathenau
Jüdisches Museum Berlin, AUT 91/2, Schenkung von Hanna Hochmann.
Jüdisches Museum Berlin, FOT 88/500, Ankauf aus Mitteln der Stiftung Deutsche Klassenlotterie Berlin.
Stationen
Titel
Hineingeboren in eine lange Tradition
Adresse

Chrobrego 34
64-100 Leszno
Polen

Geo Position
51.842472, 16.576926
Stationsbeschreibung

Leo Baeck wird am 23. Mai 1873 als sechstes von insgesamt elf Kindern geboren. Seine Eltern sind Eva Baeck, geborene Placzek, und Samuel Baeck. Sein Vater ist der Rabbiner von Lissa (heute Leszno), seine Mutter kommt ebenfalls aus einer Rabbinerfamilie. Leo Baecks Geburtsort Lissa war eine reiche mittelgroße Stadt in der preußischen Provinz Posen. Der Reichtum gründet vor allem auf der Tuchmacherzunft und auf dem begehrten Standort als Handelsplatz. Außerdem ist dort die größte jüdische Gemeinde Posens ansässig.

Der Nachname Baeck weist auf eine lange Tradition hin: Er hat nichts mit dem Beruf des Bäckers zu tun, sondern steht für das hebräische „Ben kadosch", was übersetzt „Sohn des Märtyrers" bedeutet. Ein Vorfahre im Mittelalter hatte sich durch rituellen Freitod der Zwangstaufe entzogen. Den Familien des Vaters und der Mutter von Leo Baeck entstammen insgesamt sechs jüdische Geistliche. Der noch junge Leo wird diese Tradition fortsetzen.  

Samuel Baeck führt seinen Sohn Leo sehr früh an das Studium der Tora und des Talmuds heran, da der Junge eine große Sprachbegabung zeigt. Sein Vater unterrichtet ihn in Hebräisch, sobald er sprechen kann.  

Titel
Rabbinerseminar in Breslau
Adresse

Pawła Włodkowica 14
50-072 Wrocław
Polen

Adressbeschreibung
Wallstraße 14, Breslau 1, aktuelle Adresse recherchiert über https://www.wroclaw.pl/de/auf-der-spuren-der-juden-von-wroclaw-karte-fotos
Geo Position
51.108699, 17.023153
Stationsbeschreibung

Bereits vor dem Abitur ist Leo Baeck klar, dass er Rabbiner werden will. Die Hochschulreife erwirbt er am Johann-Amos-Comenius-Gymnasium in seinem Geburtsort Lissa. An dieser Schule hat sich sein Vater, der Rabbiner von Lissa, dafür eingesetzt, dass auch der jüdische Religionsunterricht in den Lehrplan aufgenommen wird. Die Lehrbücher dafür musste er selbst schreiben. 

Leo Baeck geht nach Breslau, wo es seit 1854 das Jüdisch-Theologische Seminar gibt, gegründet von dem Rabbiner Abraham Geiger. Es gilt als eine der wichtigsten jüdischen Bildungseinrichtungen in Europa. Dort studiert er in der Rabbinerabteilung, deren Ausbildungskanon sieben Jahre umfasst. Parallel studiert Leo Baeck an der Universität Breslau Philosophie. 

1894 wechselt er an die Liberale Hochschule für die Wissenschaft des Judentums in Berlin und studiert auch dort parallel Philosophie, Geschichte und Religionsphilosophie. Leo Baeck promoviert 1895 bei Wilhelm Dilthey in Philosophie. Das Thema seiner Doktorarbeit beschäftigt sich mit dem jüdischen Philosophen Baruch de Spinoza, der Titel lautet: „Spinozas erste Einwirkungen auf Deutschland". 

1895 nimmt Leo Baeck seine erste Rabbinerstelle im oberschlesischen Oppeln an.
 

Titel
Feldrabbiner im Ersten Weltkrieg
Adresse

Cietokšņa iela 38
Daugavpils, LV-5401
Lettland

Adressbeschreibung
Die Adresse ist die Synagoge in Daugavpils, recherchiert über google-maps.
Geo Position
55.870387, 26.520931
Stationsbeschreibung

Im Ersten Weltkrieg war Leo Baeck Feldgeistlicher für jüdische Soldaten. Neben Gottesdiensten war seine Aufgabe, seelischen Beistand zu leisten und Kontakt zur Heimat zu halten – vor allem dann, wenn es den Soldaten nicht möglich war. Oft waren es traurige Gründe, weswegen Leo Baeck an Ehefrauen und Mütter schreiben musste. Jedoch konnte er im folgenden Fall an Margarete Gerson, die Ehefrau von Jakob Gerson, Erfreuliches berichten:

„Sehr geehrte Frau! / Im Gottesdienst in R. war ich mit ihrem werten Gatten zusammen. Zu meiner Freude kann ich Ihnen / von seinem Ergehen Gutes berichten. / Möge Gott ihn / fernerhin behüten! / Mit herzlichen Grüßen / Dr. Baeck / Rabbiner" 

Die Feldpostkarte schickte Leo Baeck aus Dünaburg in Lettland. Der Ort heißt heute Daugavpils. Jakob Gerson kehrte aus dem Ersten Weltkrieg zurück und starb am 10. Juni 1950 im Alter von 71 Jahren; Seine Frau Margarete starb am 10. November 1952 im Alter von 70 Jahren.

Titel
Ein Sammlerstück mit Geschichte
Adresse

Fromet-und-Moses-Mendelssohn-Platz 1
10969 Berlin
Deutschland

Adressbeschreibung
Bibiothek des Jüdischen Museums Berlin
Geo Position
52.502835, 13.393824
Stationsbeschreibung

Leo Baeck war nicht nur Rabbiner, sondern auch als Wissenschaftler enorm fleißig. Bereits während seines ersten Rabbinats in Oppeln, das er ab 1895 innehatte, schrieb er an seinem Hauptwerk „Das Wesen des Judentums", das 1905 erschien und das bekannteste Buch Baecks ist. 

Eine weitere umfangreiche wissenschaftliche Arbeit ist „Aus drei Jahrtausenden. Das Evangelium als Urkunde der jüdischen Glaubensgeschichte". Hierbei handelt es sich um eine Aufsatzsammlung zur Geschichte des jüdischen Glaubens. Baeck stellte sie in den 1930er Jahren zusammen und wollte das Buch im Berliner Schocken-Verlag herausbringen – mit der Zustimmung der Geheimen Staatspolizei (Gestapo). 

Direkt nachdem das Buch erschienen war, zog die Gestapo ihre Zustimmung zurück, und fast die gesamte erste Auflage musste eingestampft werden. Nur wenige Exemplare der Erstausgabe sind erhalten geblieben. Eine zweite Auflage erschien erst 1959. Ein seltenes Exemplar der ersten Auflage befindet sich im Jüdischen Museum Berlin; Es ist ein Geschenk von Wolfgang Hamburger. Hamburger studierte ab 1939 in Berlin an der Liberalen Hochschule für die Wissenschaft des Judentums und wurde Rabbiner. Leo Baeck war einer seiner wichtigsten Lehrer.

JMB: Ein seltenes Sammlerstück aus unserer Bibliothek: Leo Baecks Aufsatzsammlung

Titel
Leo Baeck - eine Stimme mit Gewicht
Adresse

Joachimsthaler Straße 13
10719 Berlin
Deutschland

Adressbeschreibung
Sitz der Jewish Agency Berlin
Geo Position
52.502337, 13.331163
Stationsbeschreibung

Ab 1912 war Leo Baeck Gemeinderabbiner in Berlin. Nachdem er als Feldrabbiner aus dem Ersten Weltkrieg zurückgekehrt war, machte er sich schnell in verschiedenen jüdischen Gremien und Organisationen einen Namen. Man schätzte sein Urteil, seine Besonnenheit und sein Verhandlungsgeschick. 

In der Weimarer Republik war Leo Baeck einer der bekanntesten Vertreter*innen des liberalen Judentums in Deutschland. 1922 wurde er Vorsitzender des Allgemeinen Rabbinerverbands in Deutschland und ab 1925 war er auch Vorsitzender der Zentralwohlfahrtsstelle der Juden in Deutschland. 

Seine schwerste Aufgabe hatte Leo Baeck ab 1933 inne, als er zum Präsidenten der Reichsvertretung der Deutschen Juden berufen wurde. Unter der nationalsozialistischen Herrschaft war der die Reichsvertretung der Deutschen Juden eine wichtige Selbsthilfeorganisation. Aufgrund der zunehmenden Auswanderungen von Jüdinnen*Juden mussten viele Verwaltungsaufgaben übernommen werden wie beispielsweise die Pflege verwaister Immobilien und die Unterstützung verarmter Mitglieder. Auch die Organisation von Schulunterricht für jüdische Kinder, die vom Unterricht an deutschen Schulen ausgeschlossen wurden, zählte zu den Aufgaben. 

Titel
Vorträge gegen die Hoffnungslosigkeit
Adresse

Principova alej 304
41155 Terezín
Tschechien

Geo Position
50.513757, 14.164609
Stationsbeschreibung

Da Leo Baeck sich als Präsident der Reichsvertretung der Deutschen Juden für das Schicksal unzähliger Jüdinnen*Juden verantwortlich fühlte, nutzte er keine von zahlreichen Möglichkeiten und Angeboten zur Emigration. Am 28. Januar 1943 wurde er aus Berlin nach Theresienstadt deportiert. Dort wurde er als „Prominenter A" eingestuft – was ihm eine etwas bessere Wohnsituation im Ghetto ermöglichte sowie eine etwas größere Lebensmittelration – und vor allem zunächst einen Schutz vor weiteren Transporten nach Auschwitz. 

Wie vor der Deportation war es jetzt wieder Leo Baecks Aufgabe, zu vermitteln, zu organisieren und zu entscheiden. Als Mitglied des Ältestenrats waren seine Qualitäten einmal mehr gefragt. 

Er richtete gemeinsam mit anderen Inhaftierten eine Vortragsreihe ein, die zum Angebot der „Freizeitgestaltung" in Theresienstadt gehörte. Da sehr viele Menschen im Lager aus wissenschaftlichen Berufen kamen, war es nicht schwer, eine Gruppe von ausgezeichneten Referent*innen zusammenzustellen. 

Titel
Zurück zu den Wurzeln
Adresse

62 Hoop Ln
London
NW117NL
Vereinigtes Königreich

Adressbeschreibung
Cemetery Golders Green
Geo Position
51.576267, -0.192023
Stationsbeschreibung

Leo Baeck überlebte das Konzentrationslager Theresienstadt. Als die Rote Armee am 8. Mai 1945 Theresienstadt erreichte, stand Baeck kurz vor seinem 72. Geburtstag. Bereits vier Wochen später wanderte er nach England aus und ließ sich in London nieder. Dort gründete er das nach ihm benannte „Institut zur Erforschung des Judentums in Deutschland seit der Aufklärung". 

Baecks große Vision, dass Jüdinnen*Juden in Deutschland ein Leben in Frieden und im Austausch mit Nichtjüdinnen*Nichtjuden führen könnten, war endgültig zerstört. Leo Baeck formulierte es nach seiner Befreiung wie folgt:

„Unser Glaube war es, dass deutscher und jüdischer Geist auf deutschem Boden sich treffen und durch ihre Vermählung zum Segen werden könnten. Dies war eine Illusion – die Epoche der Juden in Deutschland ist ein für alle Mal vorbei."

Leo Baeck starb am 2. November 1956 in London im Alter von 83 Jahren. Viele Institutionen in Deutschland und im Ausland tragen ihm zu Ehren seinen Namen. Das Jüdische Museum Berlin beherbergt die Dependance des Archivs des Leo Baeck Institute in New York.  

Sterbedatum
02.11.1956
Sterbeort
London

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Autor
Ulrike Brenning