Beruf
Neurologe, Arzt, Politiker
Geburtsdatum
28.10.1839
Geburtsort
Boleslawiec
Gender
Mann
Literatur
Dvorak, Helge, Biographisches Lexikon der Deutschen Burschenschaft, Band I.4. Heidelberg 2000, S.79-80.
Fleckner, Uta, Emanuel Mendel (1839-1907), Leben und Werk eines Psychiaters im Deutschland der Jahrhundertwende, Berlin 1994.
Lebensbeschreibung von Susanne mendel 1907. Gefunden in: Fleckner, Uta, Emanuel Mendel (1839-1907), Leben und Werk eines Psychiaters im Deutschland der Jahrhundertwende, Berlin 1994, S.161-165.
Nachrufe von Kurt Mendel 1907. Gefunden in: Fleckner, Uta, Emanuel Mendel (1839-1907), Leben und Werk eines Psychiaters im Deutschland der Jahrhundertwende, Berlin 1994.
Näcke, Paul, Nekrolog für Prof. Mendel. In: Gross, Hans (Hrsg.), Archiv für Kriminal-Anthropologie und Kriminalistik. Band 28, Leipzig 1907. S.379.
Prospekt der Heilanstalt in Pankow. Gefunden in: Fleckner, Uta, Emanuel Mendel (1839-1907), Leben und Werk eines Psychiaters im Deutschland der Jahrhundertwende, Berlin 1994.
Scholinus, Georg, Emanuel Mendel (1839-1907), in: T. Kirchhoff (Hrsg.): Deutsche Irrenärzte. Einzelbilder ihres Lebens und Wirkens. Band 2. Berlin 1924. S.161-165.
Stürzbecher, Manfred, Mendel, Emanuel, in: Neue Deutsche Biographie. Band 17. Berlin 1994. S.39f.
Stationen
Titel
„Ein fleissiger, strebsamer Knabe"
Untertitel
Kindheit und Jugend
Adresse

unbekannt
59-700 Boleslawiec
Polen

Geo Position
51.261636, 15.56795
Stationsbeschreibung

Emanuel Mendel wurde am 28.10.1839 als erster Sohn von sieben Kindern des jüdischen Kaufmanns Wolf Mendel und seiner Frau Rosalia Guhrauer in Bunzlau, dem heutigen Boleslawiec, in Niederschlesien geboren. Schon mit 12 Jahren besuchte Mendel aufgrund seiner hervorragenden schulischen Leistungen das Gymnasium in Liegnitz. Kurt Mendel schrieb später über seinen Vater: „schon als kleiner Junge war er als fleissiger, strebsamer Knabe der Stolz seiner Lehrer in der Schule seiner Geburtsstadt Bunzlau." Nach seinem Abitur mit 16 Jahren studierte Mendel Medizin in Breslau, Berlin und Wien. Schon damals konnte Emanuel Mendel durch Studienreisen nach Wien, England, Frankreich und Italien internationale Luft schnuppern. Später wurde er weltweit für seine Arbeit bekannt und hochgeschätzt. So war er Ehrenmitglied in vielen Gesellschaften im Ausland, in Belgien, Italien, sogar in Tokio und am russischen Zarenhof. Noch während des Studiums wurde Mendel Mitglied der 1807 gegründeten „Alten Breslauer Burschenschaft der Raczeks", woraus lebenslange Freundschaften erwuchsen. Aus seiner Studienzeit, so seine spätere Ehefrau Susanne Mendel, erzählte Emanuel Mendel oft kleine Anekdoten „in seiner kindlichen sonnigen Weise, wenn von seiner Jugend die Rede war." Weil seine geliebte Mutter verstarb als Mendel erst 13 Jahre alt war, wurde er überwiegend von seiner Großmutter mütterlicherseits aufgezogen. Sein Vater heiratete noch zweimal.

Titel
„Ein Arzt mit Engagement weit über die Grenzen der Medizin hinaus"
Untertitel
Der Arzt Emanuel Mendel
Adresse

Breite Straße 18/18a
13187 Berlin
Deutschland

Geo Position
52.570147, 13.404907
Stationsbeschreibung

1860 über „De operationibus ad sanandam epilepsiam adhibitis" promoviert, folgte für Emanuel Mendel ein Jahr später die Approbation als Arzt. Noch als Stabsarzt in seiner Militärdienstzeit tätig, leitete er eine Landarztpraxis in Pankow. Acht Jahre später eröffnete Mendel eine private Nervenheilanstalt in der Pankower Breiten Straße 18/18a. Mendel dozierte ab 1873 in Berlin, nachdem er sich im selben Jahr habilitiert hatte. Auch an der Friedrich-Wilhelms-Universität in Berlin, seit 1949 Humboldt-Universität, war Mendel ab 1884 als Professor tätig und wurde zu einem in internationalen Fachkreisen hochangesehenen Psychiater.  Seine Vorlesungen waren prallgefüllt, weil er stets die wissenschaftliche Theorie mit ärztlicher Praxis zu verbinden wusste. Er setzte in der Forschung bis heute wirksame Weichen: So engagierte er sich gegen die Trennung von Psychiatrie und Neurologie. Gleichzeitig war ihm die Einbeziehung von naturwissenschaftlichen Ansätzen und Methoden wichtig. Mendel führte seine Überlegungen als Gründungsmitglied und Leiter des „Neurologischen Zentralblatts" (1882-1907) vor einem breiteren wissenschaftlichen Publikum aus und veröffentlichte hierzu Schriften. Dazu zählen „Die progressive Paralyse der Irren" (1880), „Die Manie" (1881) sowie der „Leitfaden der Psychatrie", welcher 1902 sogar ins Englische übersetzt wurde.  Als praktizierender Arzt war er warmherzig und hatte immer ein offenes Ohr für seine Patient*innen, zu denen er „zumeist zu Pferde von Dorf zu Dorf" ritt, so Sohn Kurt Mendel.

Titel
„Das Mendel´sche Haus war sprichwörtlich als ein glückliches und harmonisches bekannt."
Untertitel
Familien- und Privatleben bei den Mendels
Adresse

Breite Straße 44
13187 Berlin
Deutschland

Geo Position
52.571272, 13.412282
Stationsbeschreibung

„Ich ein 14jähriges unreifes Schulmädel, er für seine 24 Jahre ein ernster, reifer Mann." - 1863 lernte Emanuel Mendel seine spätere Ehefrau Susanne Lindon in Berlin kennen. Im Juli 1870, Susanne Lindon war 17 Jahre alt, gestand Emanuel Mendel „an einem schönen Sommerabend auf einem gemeinsamen Spaziergang im Schlossgarten seine Liebe". Nach der Heirat 1871 ließ Mendel sich mit ihr in der Breiten Straße 44 in Pankow nieder. Das Anwesen der Mendels war von Gästen häufig gut besucht. Emanuel Mendel hatte durch seine vielen Betätigungsfelder zahlreiche Bekannte und einige enge Freundschaften, die er bis zum Tod pflegte. Seine Frau nahm Anteil an Mendels beruflichem Werdegang. Sie begleitete ihn häufig auf Geschäftsreisen, aber auch privat reiste das Ehepaar viel, als erstes 1871 anlässlich ihrer Hochzeitsreise nach Wien. In Pankow wurden auch Mendels Kinder geboren. Fritz Mendel (geboren 1872), Kurt Mendel (1874-1946) und seine Zwillingsschwester, die mit nur fünf Monaten verstarb, Trude Mendel (geboren 1875) und 1883 Lotte Mendel. Die Kinder der Mendels verlebten „Eine glückliche frohe Jugend", wobei sie „auf den Teichen, dem Tennisplatz usw. fleissig Sport trieben". Die Söhne traten in seine beruflichen Fußstapfen und wurden in der Welt der Medizin bekannte Persönlichkeiten. Sie liebten ihren Vater sehr. Sein Sohn Kurt Mendel schrieb in seinem Nachruf: „Am Vormittag des 23. Juni, habe ich, der ich mich mit Stolz sein Sohn, Schüler und Mitarbeiter nennen durfte, ihm die Augen für immer geschlossen, von ihm auf ewig Abschied genommen".

Titel
Der Politiker Emanuel Mendel
Adresse

Mendelstraße
13187 Berlin
Deutschland

Adressbeschreibung
1893 wurde zu Ehren von Emanuel Mendel eine Straße in Berlin Pankow, nicht weit von dem von ihm errichteten Wasserwerk, nach ihm in „Mendelstraße" benannt. 1938 wurde sie in „Elmstraße" umbenannt, bis sie 1947 wieder ihren Namen erhielt.
Geo Position
52.57582, 13.418437
Stationsbeschreibung

Emanuel Mendel mischte auch in der Politik mit. Seine Frau Susanne Mendel schrieb in einer Gedenkschrift über ihn: „Oft hat er betont […] wie er es sich zur grössten Ehre anrechnete, das Vertrauen seiner Wähler zu geniessen." So war er Kreistagsabgeordneter für Niederbarnim und von 1877-1881 Abgeordneter des Reichstags für Potsdam-Niederbarnim. Er engagierte sich politisch für die Deutsche Fortschrittspartei. Hier konnte er sein berufliches und politisches Interesse verbinden. Ihm ist vor allem die Fassung bezüglich der Zurechnungsfähigkeit von Personen (bezogen auf die Entmündigung von „Geisteskranken") im BGB zuzuschreiben. Immer waren es politisch die Gesundheitsfragen, die ihn beschäftigen. Sein liberaler Geist spiegelte sich auch in der Gründung der „Mendel-Stiftung" im Pankower Krankenhaus wider. Der Schutz von Kindern vor Kinderarbeit, aber auch der von Arbeitslosen, die durch ihre Krankheiten eingeschränkt sind, waren ihm ein großes Anliegen. Dennoch war die Ehe und auch das Berufsleben Mendels stets auch von der damaligen politischen Situation und von einigen Kriegseinsätzen Mendels geprägt, denn er war, so Susanne Mendel, „im Kriege ganz Soldat und hätte ihn nicht am 30. Oktober bei Le Bourget eine Verwundung genötigt, heimzukehren, so wäre er nicht eine Stunde vor Friedensschluss mir wieder gegeben worden". Aus vielen Briefen an seine Frau Susanne Lindon während seiner Militärzeit geht auch hervor, dass er ein deutscher Patriot war und in Deutschland sein Vaterland ansah. Eine Tatsache die in Vorhersehung auf die Schreckenszeiten der Nationalsozialismus im nächsten Jahrhundert für Menschen jüdischer Herkunft besonders bitter erscheint.

Titel
„Er war ein guter und ganzer Mann"
Untertitel
Persönlichkeit und Ideale
Adresse

Stiftsweg 3
13187 Berlin
Deutschland

Geo Position
52.573491, 13.416325
Stationsbeschreibung

Der Kollege Paul Adolf Näcke hob in seinem Nachruf auf Emanuel Mendel neben seinen beruflichen und politischen Erfolgen, die „sich alle durch große Klarheit, Ruhe, große Erfahrung und Gründlichkeit auszeichneten", vor allem auch seinen Charakter, für den ihn „seine Kranken und Schüler vergötterten" hervor. „Seinen zahlreichen Freunden", so Näcke, „war er ein treuer Berater, stets gütig, hilfbereit und wahr". Sein Privatleben war von seiner Liebe zur Arbeit geprägt. Für Emanuel Mendel bedeutete das keineswegs das Abwenden von Dingen fernab der Arbeit, die das Leben schöner machten. Seine Familie, aber auch seine vielen Reisen machten sein Leben aufregend schön. Das Rauchen und das Glückspiel gönnte er sich als „Seine einzige Liebhaberei" zum Missfallen seiner Ehefrau. Sein Sohn Kurt sprach nach seinem Tod von ihm als „liebenswürdiges, menschenfreundliches Wesen", der „sein heiteres, sonniges Gemüt, seine grosse Bescheidenheit, seine Zuversicht zum Guten in allen schwierigen Lebenslagen, die Sicherheit, Ruhe und das weise Verständnis, das von seiner Person ausstrahlte, sein köstlicher über den Dingen stehender Humor, seine rührende Liebe zu Frau und Kindern" jeden spüren ließ, dem er begegnete. Es deutet nicht viel darauf hin, dass Emanuel Mendel das Judentum seiner Eltern religiös auslebte. Vielmehr verstand er sich höchstwahrscheinlich als Atheist. Dennoch gründete er 1893, als politische Antwort auf den immer stärker werdenden Antisemitismus, den „Central-Verein deutscher Staatsbürger jüdischen Glaubens", dessen Vorstandsmitglied er war und der die staatsbürgerlichen Rechte der Jüdinnen*Juden verteidigen sollte. 

Titel
„Edler, guter Vater, ruhe in Frieden!"
Untertitel
Letzte Jahre und Tod
Adresse

Gerichtstraße 37
13347 Berlin
Deutschland

Geo Position
52.54517, 13.36601
Stationsbeschreibung

Bis zu seinem Tod im Jahre 1907 engagierte sich Emanuel Mendel sowohl beruflich als auch politisch für seine Ideale. Nach seiner letzten Reise mit seiner Ehefrau nach Meran kündigte sich seine Krankheit immer stärker an. Am 23. Juni 1907 verstarb Emanuel Mendel im Alter von 68 Jahren in Berlin-Pankow an einem schweren Herz- und Nierenleiden mit den letzten Worten an seine Kinder „Seid gut zu Eurer Mutter". Beigesetzt wurde er auf dem Urnenfriedhof Gerichtstraße in Berlin. Zu der Totenfeier erschienen zahlreiche Freunde, Familie aber auch berufliche und politische Weggefährten und viele seiner Studenten. Mit vielen Nachrufen und Gedenkreden wurde diesem so vielseitigen Mann ein Gedenken gesetzt. Dass sein Leichnam als der einzige von Pankower Bürgern im großen Saal des Rathauses aufgebahrt wurde und auch, dass sein Grab als „Ehrengrab der Stadt Berlin" ausgewiesen wurde, spricht dafür, dass sein politisches, berufliches und persönliches Ansehen auch weit nach seinem Tod fortbestand. Dies spiegelt sich auch in seiner Grabinschrift wider: „Was vergangen, kehrt nicht wieder, aber ging es leuchtend nieder, Leuchtet´s lange noch zurück!" und so kann man die Worte seiner Ehefrau sehr gut nachvollziehen: „Ein edler Mensch ist mit ihm dahingegangen."

Sterbedatum
23.06.1907
Sterbeort
Berlin-Pankow

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Autor
Ksenia Eroshina