Einführung und Geschichte:
Das Shanghai der 1930er Jahre wurde weitgehend durch extraterritoriale Rechte der Kolonialmächte Großbritannien, USA und Frankreich regiert. Das chinesische Recht galt nur in chinesischen Stadtteilen Shanghais. Nachdem japanische Truppen im Herbst 1937 die östlichen Teile der Stadt erobert hatten, vermieden es die Kolonialmächte, ihnen Rechte zu gewähren, die den japanischen Status legitimiert hätten. Das trug zu einem rechtlichen Vakuum bei, in dem keine der Mächte die Visa der ankommenden Einwanderer kontrollierte - was Shanghai für mehrere Jahre zum weltweit einzigen großen visafreien Hafen machte.
Diese Nachricht verbreitete sich unter den deutschsprachigen Juden, die verzweifelt auf Visa für die USA, Palästina oder Lateinamerika warteten. Da sie weder mit der Sprache noch mit dem Klima vertraut waren, war Schanghai keine erste Wahl, sondern ein letzter Ausweg, insbesondere nach den Pogromen der "Kristallnacht" im November 1938. Zu der Zeit noch - vor der Vernichtung - war die Priorität des Nazi-Regime die Juden aus Deutschland zu vertreiben, nachdem sie schikaniert, verhaftet und das Familienvermögen beschlagnahmt worden war.
Viele Familien erzählen eine ähnliche Geschichte: Ein Ehemann oder Bruder wurde verhaftet. Dann wurde der Familie gesagt, dass er freigelassen wird, wenn er ein Ticket vorweist, dass die Familie in kürzester Zeit aus Deutschland ausreist. Sie durften nur 10 Reichsmark, einfache Kleidung und Arbeitsgeräte (wie eine Nähmaschine oder ein Musikinstrument) mitnehmen. Die meisten nahmen den Zug nach Genua, um sich dort nach Shanghai einzuschiffen. Eine kleinere Anzahl floh auf der Route über die Transsibirische Eisenbahn.
In Shanghai trafen sie auf zwei früheren Gruppen von Juden: wohlhabenden Kaufmannsfamilien aus Bagdad, die im 19. Jahrhundert mit dem britischen Kolonialreich über Bombay gekommen waren und mit Textilien und Opium handelten - allen voran die Familien Sassoon und Kadoorie. Eine zweite Gruppe orthodoxer russischer Juden war vor früheren Osteuropäischen Pogromen und der Russischen Revolution geflohen. Sie waren oft nach Jahren in Harbin (Mandschurei) vor der japanischen Invasion in Nord-China nach Shanghai weiter geflohen, und hatten Pelz- und Textilhandel in die Stadt gebracht. Die dritte Gruppe der 1930er Jahre, hauptsächlich assimilierte deutsche und österreichische Juden, wuchs innerhalb von zwei Jahren von einigen Hundert auf etwa 20.000 an und belastete den durch Bürgerkrieg und die japanische Invasion bedrängte Stadt.
Neben internationalen (hauptsächlich US-amerikanischen) jüdischen Hilfsgruppen wurden die Baghdadi-Familien zu grosszügigen Spendern, die Wohnheime (deutsch 'Heime' genannt), Suppenküchen oder Geschäftskredite ermöglichten. Die meisten lebten in Hongkou (früher Hongkew), einem verarmten und dicht besiedelten Viertel, das 1943 Teil des "Ghettos" werden sollte.
Mit dem Kriegseintritt der USA im Dezember 1941 wurde die schwierige Situation unhaltbar, da die US-Hilfe für Essenrationen gekürzt wurde. Im Februar 1943 ordnete die japanische Regierung an, dass alle "staatenlosen Flüchtlinge" nach Hongkou in ein ghetto-ähnliches Gebiet umziehen sollten. Dabei handelte es sich nicht um ein europäisch-jüdisches Ghetto, sondern die Flüchtlinge aus besseren Vierteln mussten zurück in das bereits überfüllte Hongkew ziehen und einige konnten eine neue Existenz in 'Little-Vienna' aufbauen. Die chinesischen Einwohner zeigten viel Toleranz gegenüber diesen neuen Nachbarn.
Fast alle Flüchtlinge verließen Shanghai zwischen dem Ende des Zweiten Weltkriegs und Maos Sieg 1949. Seit etwa 20 Jahren interessierte sich China zunehmend für seine Rolle in der Rettung von Juden, die vor den Nazis geflohen waren. Einige alte Gebäude wurden anders als geplant nicht abgerissen, eine ehemalige Synagoge wurde in ein Museum umgewandelt. Mehrere zweisprachige Tafeln informieren den Besucher über wichtige Orte aus diesem Jahrzehnt. Viele sind ein Teil dieser interaktiven Stadtwanderung.
Auf diesem Spaziergang können Sie die Straßen von Hongkou entdecken - online oder persönlich. Als kurze Version können Sie nur die Hongkou-Stationen in der Nähe des Shanghai Jewish Refugee Museum besuchen. Das Museum würde je nach Interesse die Hälfte oder mehr der angegebenen Zeit in Anspruch nehmen.
Anmerkung zu Strassennamen: Alle Adressen sind mit ihrem aktuellen chinesischen Namen aufgeführt. Frühere anglisierte Namen folgen in Klammern.
Zhongshan Rd (E-1)
Waitan
Shanghai
Huangpu, 200002
China
Google eBook:
https://play.google.com/store/books/details?id=F1jnBQAAQBAJ&rdid=book-F1jnBQAAQBAJ&rdot=1&source=gbs_vpt_read&pcampaignid=books_booksearch_viewport
https://www.avotaynu.com/books/ChineseExile.htm
Ca. 820 pp, Bockel Verlag 2021
Exhibition Catalogue, Jewish Museum Vienna, 2021
Zhongshan Rd (E-1)
Waitan
Shanghai
Huangpu, 200002
China
Nach dem Anlegeplatz am glamourösen 'Bund' ging es weiter in ein heruntergekommenes Viertel.
Die Ozeandampfer legten im glamourösen Stadtzentrum an. Das Sassoon Peace (Cathay) Hotel erinnerte an Wolkenkratzern in New York. Von hier aus fuhren die Flüchtlinge auf Lastwagen nach Osten über die Gartenbrücke zu den Massenunterkünften in Hongkou (Hongkew). (Es lohnt sich, einen Abstecher zum Embankment-Gebäude zu machen, das 1931 von Sassoon erbaut wurde. Victor Sassoon stiftete das Erdgeschoss als Flüchtlingsheim und dessen Verwaltung, bis andere Gebäude hergerichtet werden konnten. In einem Eintrag aus dem 'Emigranten Adressbuch' finden wir Hilfsdienste unter der Embankment Adresse. - siehe nächster Stop.)
400 Beisuzhou Rd, Luxun Park
Hongkou
Shanghai
Shang Hai Shi, 200080
China
Gebäudekomplex 1932 von Sassoon entlang des Flussufers gebaut.
Biegen Sie bei der Ausfahrt von der Waibaidu-Gartenbrücke links ab, um zum Embankment-Gebäude zu gelangen. Die Firma Sassoon eröffnete 1932 Shanghais größtes und modernstes Wohngebäude. Victor Sassoon stellte das Erdgeschoss als Flüchtlingsheime und dessen Verwaltung zur Verfügung, bis andere Gebäude bereitgestellt werden konnten. In einem Eintrag aus dem 'Emigranten Adressbuch' finden wir Hilfsdienste unter der Embankment Adresse.
62 Changyang Road
Hongkou
Shanghai
Shang Hai Shi, 200086
China
Hongkou (ehemals Hongkew) ist ein Viertel östlich vom Suzhou Creek. Die genannte Adresse ist die des Shanghai Jewish Refugee Museums als Mittelpunkt dieser Tour. Dieser Eintrag beginnt mit Hintergrund Information.
Hongkou (Hongkew) war während des Chinesisch-Japanischen Krieges von 1937 in weiten Teilen zerstört. Die Sassoon und andere Firmen besaßen einige der beschädigten Immobilien und boten Flüchtlingen mit Geschäftsideen günstige Kredite an. Andere bekamen Hilfe von Familienangehörigen aus dem Ausland. In einem bemerkenswerten Aufschwung entstanden so viele Geschäfte mit deutschen Namen, dass die Gegend in Hongkou "Klein-Berlin" oder "Klein-Wien" genannt wurde. Sogar auf alten Archivkarten von Hongkou sind einige europäische Namen verzeichnet, wie z. B. "Café Delikat" oder eine Arztpraxis. Wie in der Einleitung erwähnt, haben sich die meisten Straßennamen geändert - aber die Nummern wurden beibehalten, so dass wir alte und neue Karten und alte Fotos mit neuen Adressen zuordnen können.
Wer konnte, siedelte in die bessere britischen oder französischen 'Konzession' um. Das fand nach einigen Jahren ein abruptes Ende für die meisten (es gab Ausnahmen) im Februar 1943. Die Japaner hatten dem deutschen Druck nachgegeben und eine "Proklamation" herausgegeben, wonach alle "jüngsten staatenlosen Flüchtlinge" (ein Euphemismus für europäische Juden) innerhalb von drei Monaten zurück in eine "ausgewiesene Zone" in Hongkou umsiedeln mussten, die nur mit einem Passierschein für Arbeit oder Schule verlassen werden durfte. Einige Geschäfte konnten nicht wieder eröffnet werden, andere verloren ihre Arbeit. Viele begannen, Haushaltsgegenstände zu verkaufen, die sie entbehren konnten. Familien drängten sich - zusammen mit vielen Chinesen - in ein Zimmer pro Familie. Einige einfache Cafés oder Dachrestaurants boten Zuflucht von der Hitze.
62 Changyang Road
Hongkou
Shanghai
Shang Hai Shi, 200086
China
Das Shanghai Jewish Refugee Museum ist der Mittelpunkt der Stadtwanderung in Hongkew. Nehmen Sie sich viel Zeit für die große Sammlung von Erinnerungsstücken und persönlichen Geschichten. Für eine kürzere Wanderung beginnen Sie hier.
Das Jüdische Flüchtlingsmuseum - die ehemalige Ohel-Moshe-Synagoge - wurde 1907 für orthodoxe Juden gegründet und zog 1927 an die heutige Adresse in der Changyang Lu (Ward Road) 62. Dort wurden bis 1949 Gottesdienste abgehalten. Im Jahr 2007 begannen die Renovierungsarbeiten für ein Museum, das im folgenden Jahr eröffnet wurde. Bei einer zweiten Renovierung im Jahr 2019 wurden viele historische Details hinzugefügt.
Nach dem Fall der Berliner Mauer begann die "Shanghailänderin" Sonja Mühlberger (geb. 1939 in Shanghai) eine jahrzehntelange Arbeit, um alle bekannten Flüchtlingsnamen zu sammeln, zusammenzustellen und zu digitalisieren. Das Ergebnis ihrer Arbeit ist eine CD-ROM aus dem Jahr 2005, eine suchbare Datenbank auf der Website des Museums und eine 2014 in Bronze gegossene "Wall of Names" im Innenhof des Museums. Besucher suchen und finden hier Namen von Verwandten oder Freunden. Für ihre Arbeit wurde Frau Mühlberger 2019 mit dem Bundesverdienstkreuz ausgezeichnet. Neben der Bronzewand steht eine Skulptur von Dr. Ho Feng Shan, Generalkonsul in Wien, der Tausende von Transit- und Ausreisevisa für österreichische Juden ausstellte. Er wurde von Yad Vachem (Israel) mit dem Ehrentitel "Gerechter unter den Völkern" ausgezeichnet.
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59 Zhoushan Road
(formerly known as Ward Road)
Hong Kou Qu
Shanghai
Shang Hai Shi, 200086
China
Zhoushan Road is eine der wenigen Straßen mit intakten alten chinesischen Häusern und Hinterhöfen, 'Lanes' genannt.
Michael Blumenthal lebte mit seinen Eltern in diesem Haus. Er flüchtete als Teenager aus Berlin hierher. Er und sein Klassenkamerad Horst Eisfelder - Sohn der Besitzer des Café Louis um die Ecke - wurde ein lebenslanger Freund. Das erfolgreiche Café musste nach der "Proklamation" in die 24 Changyang Rd (Ward Rd) umziehen. Heute befindet sich dort die U-Bahn-Haltestelle Tilanqiao. Die Eisfelders zogen nach Australien, aber die Familie Blumenthal emigrierte in die USA. Michael Blumenthal wurde Finanzminister unter Präsident Carter und später Gründungsdirektor des Jüdischen Museums Berlin. (Siehe auch mehrere Einträge zu seiner Familie in Jewish Places). . . Hören Sie die beiden Freunde bei der Veranstaltung "Exil in Shanghai" im Jüdischen Museum Berlin 2006 in dem Link unten.
54-11 Zhoushan Rd
(formerly known as Chusan Road)
Hong Kou Qu
Shanghai
Shang Hai Shi, 200086
China
Einige gusseiserne Schriftzüge Symbole sind an Türen der 54 Zhoushan Rd.
Halten Sie Ausschau nach einem gusseisernen Schriftzug 'Chusan Liegh' in lateinischen Buchstaben über dem Eingangstor und einem Judenstern in einem Türfenster in der Lane Nr. 3.
23 Zhoushan Road
Hongkou
Shanghai
Shang Hai Shi, 200086
China
Ladenschilder von Café Delikat und Zahnarzt Warschauer.
In einem Haus am Ende des Blocks praktizierte der Zahnarzt Erwin Warschauer über dem "Café Delikat", das von seiner Frau Eva Warschauer geführt wurde. Es ist ein exzellentes Beispiel dafür, wie wir mit Hilfe von Karten, Fotos und Namen die menschlichen Schicksale dahinter verbinden können. Erwin, Eva und ihr 3-jähriger Sohn Ralph sind in der Datenbank von Sonja Mühlberger verzeichnet, und das Café ist in der chinesischen Archivkarte genannt. Der Abgleich der alten Archivkarte mit Google Maps - und die Suche nach alten Fotos mit passenden Straßennummern - war ein kreatives Puzzle.
57 Huoshan Rd
Hong Kou Qu
Shanghai
Shang Hai Shi, 200086
China
The still existing Art Deco building on 57 Huoshan Rd. near the corner of Zhoushan Road used to house a theater and a Roof Garden.
Um die Ecke der Zhoushan Rd. in der 57 Huoshan Road steht ein großes Art-déco-Gebäude, das 1930 von Brandt & Rogers entworfen wurde. Es steht noch, ist aber derzeit geschlossen. Das "Broadway Theater" genannte Gebäude an der (damaligen) Wayside Road diente verschiedenen Zwecken, von Musik- oder Theateraufführungen über Filmvorführungen bis hin zu Sabbatgottesdiensten für verschiedene Gemeinden. Im Obergeschoss hatte die Familie Wendriner "Roy's Roof Garden" (unter einem anderen Besitzer auch "Mascot Café") eröffnet, das im Sommer eine Brise bot.
118 Huoshan Rd
Hongkou District
Shanghai
Shanghai, 200086
China
Small park at the bottom of Zhoushan Road with commemorative plaque.
Am Ende der Zhoushan Road befindet sich ein kleiner Park mit einer Tafel und einem steinernen Denkmal, das in chinesischer, englischer und hebräischer Sprache an die jüdische Flüchtlingsgeschichte erinnert.
119-121 Huoshan Road
Hong Kou Qu
Shanghai
Hong Kou Qu, 200086
China
This set of old houses included the offices of the JDC.
Diagonal gegenüber dem Park befindet sich eine Reihe von Häusern, zu denen auch das ehemalige JDC-Büro gehört. Die in den USA ansässige Organisation organisierte Unterstützung und Hilfe. Laura Margolies war ihre herausragende Organisatorin zwischen 1941 und 1946. Ihre Arbeit wurde durch den Kriegseintritt der USA sehr erschwert. Nicht nur, dass Margolies auf japanisch besetztem Gebiet zur "feindlichen Ausländerin" wurde - auch das japanisch besetzte China war für die USA feindliches Gebiet - und so wurden die Gelder für jüdische Flüchtlinge gestoppt. Nur mit Hartnäckigkeit und Diplomatie konnten Laura Margolies und ihre Kollegen die reduzierten Suppenküchen und die Hilfe für etwa 10.000 mittellose Flüchtlinge am Leben erhalten.
138-4 Changyang Road
Hong Kou Qu
Shang Hai Shi
Shang Hai Shi, 200086
China
Dies war das erste von 5 ‘Heimen’ (Wohnheim) für die ankommenden Flüchtlinge. Das Tor führt zu einem Innenhof, der heute noch besichtigt werden kann.
'Ward Road' ist das erste - und einzige erhaltene - Wohnheim von insgesamt 5 "Heimen". Von Januar 1939 bis zur Schließung in den späten 1940er Jahren schliefen bis zu 200 Personen pro Zimmer in Etagenbetten in "Männer-" oder "Frauenschlafsälen". In der Suppenküche wurden bis zu 10.000 Personen mit zwei Mahlzeiten pro Tag versorgt (die Rationierung wurde auf eine Mahlzeit pro Tag reduziert, als die Mittel 1943 ausgingen). Das JDC organisierte den Einkauf von Lebensmitteln, das Kochen und Putzen - und natürlich das Sammeln von Spendengeldern.
Das Ward Road Heim wurde später um ein Krankenhaus und eine Entbindungsstation sowie um einen Veranstaltungsraum erweitert.
Das Tor führt zu einem Innenhof, der heute noch besichtigt werden kann. Eine Gedenktafel erinnert an das Heim.
284-85 Kunming Rd
Hong Kou Qu
Shanghai
Shanghai, 200086
China
Das Gebäude existiert nicht mehr. Ich nutze seinen alten Standort, um die soziale Bedeutung mehrerer deutschsprachiger Zeitungen zu hervorzuheben. Sie boten den Flüchtlingen eine deutschsprachige Orientierung in diesem völlig neuen Leben, um sich gegenseitig zu finden und in Anzeigen Dienstleistungen zu suchen oder anzubieten.
Dies ist die ungefähre Adresse des Büros des Shanghai Jewish Chronicle, einer deutschen Tageszeitung, die von Ossi Levin zwischen Mai 1939 und September 1945 herausgegeben wurde. Sie wurde kurzzeitig wegen des Verdachts auf japanische Kollaboration eingestellt, aber zwischen 1946 und 1948 als Shanghai Echo wiedereröffnet. Obwohl er manchmal dafür kritisiert wurde, die japanischen Besatzer aus merkantilen Interessen zu beschwichtigen, war es für Levin vorrangig, der jüdischen Gemeinschaft die Zeitung zu erhalten.
Die weitgehend desinteressierte Haltung der Japaner gegenüber den jüdischen Flüchtlingen (trotz deutschen Drucks) ist ein Thema, das zu umfangreich für diesen Beitrag ist - es ist Gegenstand von Dissertationen und Büchern. Ein Beispiel: 'Kranzler, David. Japanese, Nazis & Jews.' in der obigen Literaturliste.
Die digitalisierten Exemplare der verbliebenen Ausgaben des Shanghai Jewish Chronicle im Leo Baeck Archiv geben hervorragende Einblicke in das kulturelle, politische und persönliche Leben der deutschsprachigen Flüchtlinge. Sie trugen auch dazu bei, eine Gemeinschaft zu verbinden, die kaum in der Lage war, Englisch zu lesen - geschweige denn Chinesisch.
Internationale Nachrichten informierten über den Krieg und die Vorstöße der Alliierten. Lokale Nachrichten konzentrierten sich auf Kultur, Religion und Schulen - die wichtigste unter ihnen wurde die 'Kadoorie Schule'.
(Ein kurzer Exkurs: Während sich Sassoons Philanthropie auf Wohnungen und die Wirtschaft konzentrierte, gründete Kadoorie eine neue jüdische Schule, die Schülern und Erwachsenen Englisch und praktische Fähigkeiten wie Schreibmaschinenschreiben oder Handwerke lehrte. Die ehemalige Kadoorie-Schule liegt außerhalb dieses Rundgangs, ist aber in der 627 East Yuhang Road zu finden.)
Die Seiten mit Kleinanzeigen in der Zeitung geben uns einen Einblick in das gesellschaftliche Leben (Anzeigen für Cafés, Geschäfte, Schulen oder Synagogen) - und in das Wirtschaftsleben (Stellengesuche, An- und Verkauf, Dienstleistungen). Veranstaltungen von Musikaufführungen bis zu Fußballspielen in der Schule wechseln sich ab mit verzweifelten Versuchen den Lebensunterhalt zu verdienen, wie "Ich bügele alte Hüte" oder "Verkaufe Familiensilber". Die Zeitung kündigte auch Post an, die mit dem letzten Schiff geliefert war, oder ankommende Verwandte, die nach ihrer Familie suchten. In der Auswahl von Anzeigen und Artikeln finden Sie auch einige Orte auf diesem Rundgang.
Andere deutsche Publikationen waren kurzlebig und wurden wöchentlich oder monatlich gedruckt. Eine der bedeutendsten unter ihnen war die Gelbe Post, obwohl sie nur kurzlebig war (1939-1940). Die angesehene Literatur- und Kulturzeitschrift wurde von Albert Josef Storfer, einem Wiener Rechtsanwalt aus dem Kreis um Sigmund Freud herausgegeben. Einer seiner regelmäßigen Autoren war der Berliner Willy Tonn, Sinologe, Professor an der Tung-Te-Universität und Leiter der "Asien-Seminare" der Kadoorie-Schule und der Quäker. Seine Artikel brachten der deutschen Leserschaft die chinesische Kultur und Bräuche näher. (Mehr dazu unter dem Leo Baeck-Link unten)
Die digitalisierten Exemplare des Shanghai Jewish Chronicle und der Gelben Post sind im Leo Baeck Institute Archive (LBI), dem Internet Archive und anderen internationalen online Archiven zu finden.
Tangshan Rd, 599-3
Hong Kou Qu
Shanghai
Shang Hai Shi, 200086
China
Ein fotografischer Vergleich vom Tor zu 599 Tangshan Rd. (Tongshan) – damals und heute
ISBN: 3933471192
Die Tangshan (Tongshan) Road war ein weiteres Zentrum mit kleinen Straßenläden und engen Flüchtlingsunterkünften in den Seitengassen. Von der Straße aus sehen Sie die Gedenktafel und biegen dann in die Seitengasse von 599 Tangshan ein. Das Eingangstor von 2019 zeigt noch immer dieselben drei chinesischen Schriftzeichen wie in den 1940er Jahren.
Die Herausgeberin der 'Shanghailander' Datenbank (siehe SH Refugee Museum) Sonja Mühlberger lebte hier als Kind mit Eltern und Bruder. Sie wählte das Foto ihrer alten Adresse als Titelbild für das von ihr mit herausgegebene Buch 'Exil Shanghai 1938-1947. von G. Armbrüster, M. Kohlstruck, S.Mühlberger.'. - siehe auch der Literatur-link unten.
67 Changyang Road
Hongkou
Shanghai
Hong Kou Qu, 200086
China
Die Stadtwanderung endet hier gegenüber vom Shanghai Refugee Museum im ‘White Horse Café’ an der Changyang Road (Ward Road).
Im Jahr 1939 eröffneten die Wiener Gastronomen Rudolf und Rosa Mosberg gemeinsam mit zwei Freunden das Lokal 'Zum Weissen Rößl' (benannt nach der Wiener Operette) gegenüber seinem heutigen Standort. Ausser Wiener Küche boten sie regelmäßig Musik oder Unterhaltung an, eine willkommene Einnahmequelle für die auftretenden Künstler. Nach dem Krieg zogen die Mosbergs nach Australien.
Im Jahr 2009 wurde das Gebäude abgerissen, um die Changyang Road zu verbreitern, aber es wurde an der gegenüberliegenden Ecke wieder aufgebaut, und eröffnete als 'White Horse Inn - Zum Weissen Rößl', oder auf Chinesisch: 'Baima Coffee' am 26. August 2015. Im Café sind mehrere Wände voll mit Fotos der Gäste aus den 1940er Jahren.
Ein kleines Extra, wenn Sie weiter erkunden wollen: Suchen Sie nach dem Tempel in der Kwenming Road 73 (jetzt Xiahaimiao 下海庙) - in der Nähe der Haimen Lu. Dies ist einer der wenigen erhaltenen buddhistischen Tempel. Peter Max (geb. 1937 in Shanghai), später ein etablierter Künstler in den USA, schreibt seiner chinesischen Amah (Kinderfrau) zu, dass sie seine erste Zeichenlehrerin war, als sie ihn zu diesem Tempel in der Nähe seines Hauses in Shanghai mitnahm.
Wenn Sie Interesse an der Literaturliste hier oder an einem zweiten Museumsbesuch haben, finden Sie noch viele Details zur Geschichte der 16-20 tausend geretteten Juden und ihren chinesischen 'Gastgebern' in Shanghai.
Danke für Ihre Zeit, Mechthild Schmidt Feist
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