Herbert Zernik war ein Berliner Unterhaltungskünstler, der gezwungen war, Deutschland zu verlassen, nachdem die Nazis ihn verhaftet und im Konzentrationslager Buchenwald interniert hatten. Seine einzige Möglichkeit zur Flucht war Shanghai, damals ein visafreier Hafen, wo er bald nach seiner Ankunft wieder als Entertainer erfolgreich war. Nach einigen Nachkriegsjahren in den USA kehrten er und seine Frau nach Berlin zurück.
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Hohenstaufenstraße 25
10779 Berlin
Deutschland
Bereits 1917 arbeitete der jugendliche Herbert Zernik als Assistent von Regisseur Richard Oswald. Er arbeitete weiter als Klavierbegleiter in Theatern und Kabaretts, heiratete aber ließ sich bald scheiden. Nach 1933, mit Hitler an der Macht, wurde seine Arbeit immer schwieriger. Als "Vierteljude" wurde er auch aus der "Reichs-Musikkammer", der Pflichtgewerkschaft von der Beschäftigung, ausgeschlossen. 1938 wurde Herbert Zernik im Rahmen der NS-Strategie zur Vertreibung der Juden aus Deutschland verhaftet. Nur bei Nachweis einer bevorstehenden Auswanderung wurde er freigelassen. Visa-Wartelisten waren keine Option mehr, und seine Familie musste in aller Eile Hab und Gut verkaufen, um ein Ticket für den einzigen visa-freien Hafen von Shanghai kaufen zu können. Dort kam er im April 1939 auf dem japanischen Dampfer "Hakusan Maru" an.
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Kungping Road 540
Hong Kou Qu
Shanghai
Shang Hai Shi, 200000
China
Herbert Zernik begann gleich nach seiner Ankunft als Barpianist und erhielt bald eine feste Anstellung als künstlerischer Leiter des 'Fourth Marine Club'. Über sein reges Engagement berichten Anzeigen im "Shanghai Jewish Chronicle", der Jüdisch-Deutschen Tageszeitung (herausgegeben von Ossi Lewin) - und Rezensionen des Kunstkritikers Erwin Felber. Er trat regelmäßig mit seinem Berliner Freund Siegfried Sonnenschein, der Sängerin Raja Zomina und der Schauspielerin Lilly Flohr auf. Er wirkte auch in Theaterstücken, Musicals und Operetten mit, wie z.B. als "Mackie Messer" in der "Dreigroschenoper" von Brecht/Weill. Wie viele Flüchtlinge versuchte er, in der französischen oder britischen "Konzession" zu arbeiten und zu leben - und Hongkew zu verlassen, ein dicht besiedeltes Armenviertel, in dem zunächst alle Flüchtlinge untergebracht wurden.
Doch 1943 zwang die japanische "Proklamation" alle so genannten "staatenlosen Flüchtlinge nach 1937" (ein Euphemismus für deutschsprachige jüdische Flüchtlinge), zurück nach Hongkew zu ziehen und meist in den Lokalen von "Little-Berlin" oder "Little-Vienna" wie dem Restaurant "Zum Weißen Rössl" oder "Roy's Roof Garden" aufzutreten. Der Krieg mit den USA hatte die Mittel für Suppenküche und andere Dienste gekürzt, so dass das Publikum kaum Geld für Cafés und Musik hatte. Als sich die finanzielle Lage weiter verschlechterte, trat Zernik zunehmend für jüdische Wohltätigkeitsorganisationen auf und verdiente kaum noch Geld.
1945 heiratete Herbert Zernik Edith, eine Kollegin und gebürtige Hamburgerin. Nach dem Ende des Krieges wurden alle Beschränkungen aufgehoben und die Unterhaltungsbranche erlebte einen Aufschwung. Er arbeitete weiter mit seinen deutschen Kollegen Siegfried Sonnenschein und Harry Friedländer zusammen. Seine Regiearbeit und seine Rolle in der 1946 im 'Eastern Theatre' aufgeführten Operette "Sag', bist Du mir gut?" - die im Ost-Theater aufgeführt wurde, war sehr erfolgreich. Im März 1948 folgte er seinem Freund Sonnenschein nach San Francisco.
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Ludwigkirchplatz 8
10719 Berlin
Deutschland
In den USA lebten Herbert Zernik und seine Frau für ihre verschiedene Engagements in einer Reihe von Städten. In Chicago arbeitete er zwei Jahre lang bei einem deutschen Radiosender, und 1953 erhielten sie die amerikanische Staatsbürgerschaft. Im Jahr 1958 zogen sie nach Berlin. Zernik arbeitete wieder im Radio, am Theater und als Komiker. Eine berühmte Anekdote war seine Werberolle im Wahlkampf von Willy Brandt. Auch als Schauspieler trat er auf - und wurde 1964 als "Lurcio" in dem Film "Der Weiberheld" besetzt. Herbert Zernik starb im Alter von 69 Jahren am 15. Oktober 1972 an einem Herzinfarkt. Seine Frau Edith starb 1984.
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