Die vierköpfige Familie Eisfelder und andere Verwandte waren sich sehr bald der Gefahren bewusst, die der Rassismus der Nazis für jüdische Menschen mit sich bringen würde. Nach mehreren Versuchen, ein Visum zu erhalten, gehörten sie zu den ersten Flüchtlingen in Shanghai. Ein US-amerikanischer Verwandter half ihnen bei der Gründung des Café Louis, das bald für seine deutschen und Wiener Backwaren bekannt war und in dem die ganze Familie und einige Chinesen beschäftigt waren. Sie meisterten die nächste große Hürde, einen erzwungenen Umzug in ein Armutsviertel. Horst, noch ein Jugendlicher, knüpfte lebenslange Freundschaften, die über Zeit und Ozeane hinweg Bestand hatten.
Station 1 - Berlin:
Horst (geb. 14. November 1925) war der zweite Sohn von Louis (geb. 12. Mai 1893) und Hedwig Eisfelder (geb. 8. April 1893). Erwin wurde am 18. April 1923 geboren. Die Familie lebte bis zu ihrer Flucht in Berlin. Gleich nach der Machtübernahme Hitlers versuchten die Eisfelder-Eltern zu emigrieren, bekamen aber mehrere Jahre lang keine Visa. Im Oktober 1938 reiste Horst schließlich mit seinen Eltern und seinem älteren Bruder Erwin sowie einem Cousin, einem Onkel und einer Tante von Berlin nach Triest, um nach Shanghai zu segeln, dem einzigen großen offenen Hafen weltweit, für den es damals keine Visumspflicht gab.
Jüdische Flüchtlinge durften nur das Nötigste oder Handwerkszeug plus 10 Mark pro Person mitnehmen.
https://www.avotaynu.com/books/ChineseExile.htm
https://doi.org/10.1080/03087298.1999.10443344
25 Changyang lu
(formerly known as Ward Road)
Hong Kou Qu
Shanghai
Shang Hai Shi, 200086
China
Die einzige Möglichkeit, ein neues Unternehmen zu gründen, war ein Kredit von jüdischen Geschäftsleuten und Philanthropen aus Shanghai - oder von im Ausland lebenden Familien. Die sehr erfolgreichen britisch-jüdischen Händler Sassoon und Kadoorie stellten beträchtliche Mittel und Wohnungen zur Verfügung, um die internationalen jüdischen Hilfsorganisationen bei der Unterbringung der ankommenden Flüchtlinge in Wohnheimen, Suppenküchen, Schulen und mehr zu unterstützen.
Bereits nach drei Monaten eröffneten die Eisfelders mit Unterstützung ihrer amerikanischen Familie das Café Louis in der French Concession. Es war bald für seine feinen europäischen Kuchen bekannt. Horst besuchte die englische jüdische Schule. Die Freundschaft mit seinem Klassenkameraden Michael Blumenthal sollte ein Leben lang halten.
Im Jahr 1943 zwang die japanische "Proklamation" alle "staatenlosen Flüchtlinge nach 1937" (ein Euphemismus für jüdische Flüchtlinge), Café und Wohnräume nach Hongkew zu verlegen, einem Viertel, das im jüngsten chinesisch-japanischen Krieg halb zerstört worden war - und von ihren Mitflüchtlingen teilweise zu einem "Klein-Berlin" oder "Klein-Wien" umgebaut wurde. Das Café wurde hauptsächlich von den Eltern, Bruder Erwin und anderen Familienmitgliedern betrieben.
Horst liebte die Fotografie und begann 1944 eine Lehre. Er dokumentierte das Leben in Shanghai mit seiner Kamera, ein Augenzeugenbericht, der in mehreren Museen und Archiven zu finden ist - und die Grundlage für viele Gespräche in seinem späteren Leben bildet.
Melbourne
Melbourne Victoria 3000
Australien
Nächste Station: Peace of Mind in Melbourne, 1947 - 2023
Nach dem Krieg suchte die Familie eine Möglichkeit auszuwandern und zog 1947 nach Australien. Horst sollte sein ganzes Leben in Melbourne verbringen. Er heiratete Greta, ebenfalls ein Berliner Flüchtling. Sie hatten zwei Söhne, Rodney & Kevin, und 4 Enkelkinder.
Horst Eisfelder war sehr aktiv, um die Geschichte der jüdischen Flüchtlinge in Shanghai lebendig zu halten, hielt viele Vorträge und veröffentlichte ein Memoir: Die Links im obigen Kapitel führen zu Interviews und Vorträgen - wie dem der SHOAH Foundation 1996 und dem des Jüdischen Museums Berlin mit Michael Blumenthal, dem emeritierten Gründungsdirektor und ehemaligen Finanzminister unter Präsident Carter im Jahr 2006.
Die Dauerausstellung "Wir waren Nachbarn" in Berlin Schöneberg erinnert an seine Geschichte und die anderer deutscher Juden, die in diesem Viertel lebten. Mein Dank gilt der Kuratorin Frau Dr. Ladwig-Winters und Helmut Jerabek für die freundliche Genehmigung zur Verwendung der Kindheitsfotos und biographischen Informationen der Familie Eisfelder.
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