Max Diamant stammte aus einer jüdischen Arbeiterfamilie aus Łódź. Er war Journalist, Gewerkschafter und sozialistischer bzw. sozialdemokratischer Parteifunktionär in Deutschland und im Exil in Westeuropa und Mexiko.
Eltern: Michail Diamant (geb. 1888 Turobin Krasnostavski, Kreis Cholmsk, gest. 1937 in Leningrad erschossen) und Anna Diamant, geb. Neumann (geb. 1886, 1942 im GULAG verschollen)
Geschwister: Arnold (geb. 1922 in Zeitz, gest. 1981 in San Francisco USA), ein Bruder als Kind verstorben
Ehefrau: Anni, geb. Nord (geb. 1907 in Ludwigshafen am Rhein, gest. 1984 in Frankfurt am Main)
Kinder: Doris (geb. 1947, verh. Diamant-Siebert)
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Volker Keller und das gesamte Jewish Places Team bedanken sich herzlich bei Frau Doris Diamant-Siebert, Herrn Bruno Siebert und Herrn Mischa Siebert sowie Herrn Jens Aaron Guttstein für konstruktive Gespräche und die Bereitstellung biografischen Materials.
Max Diamant wurde am 5. August 1908 in Łódź in eine ostjüdische Arbeiterfamilie geboren. Damals gehörte die Stadt dem Russischen Kaiserreich an, heute gehört sie zu Polen. Die Eltern hatten die russische Staatsbürgerschaft. Max wuchs viersprachig auf. Seine Eltern, das Industriearbeiter-Ehepaar Michail und Anna Diamant, geb. Neumann, sprachen neben Jiddisch, Russisch und Polnisch vor allem auch Deutsch, da sie aus dem galizischen Teil Polens stammten. Dessen jüdische Bevölkerung orientierte sich sprachlich nach Österreich.
Als Schulkind erledigte Diamant zeitweilig seine Hausaufgaben in einem vom Vater gegründeten jüdischen Arbeiterbildungsverein. Seine politisch aktiven Eltern brachten ihn früh mit der Sozialdemokratischen Partei Polens in Berührung.
Im Ersten Weltkrieg kämpfte Michail Diamant als Soldat für Russland und geriet in deutsche Gefangenschaft in Berlin. Dort schloss er sich 1917 nach seiner Freilassung der USPD an. Sein Eintreten für die russische Revolution brachte ihm bald darauf eine erneute Gefängnisstrafe im von deutschen Truppen besetzten Warschau ein. Die polnische Staatsgründung im November 1918 führte zu seiner Entlassung, doch sorgten polnische Nationalisten 1919 erneut für seine Inhaftierung. Diese dritte Haftzeit dauerte einige Wochen.
Auestraße 7
06712 Zeitz
Deutschland
Um dem Sohn die Wirren im neugegründeten Polen zu ersparen und ihm eine Schulausbildung in deutscher Sprache zu ermöglichen, schickten die Eltern Max Diamant Mitte 1919 zu seinem Onkel Hermann Lenz nach Mannheim. Dort besuchte er die Volksschule in K 5. Zwischenzeitlich wohnte er auch in Ludwigshafen.
Als den Eltern Anfang 1920 ebenfalls die Ausreise aus Polen gelang, zogen sie mit Max bald von Mannheim nach Zeitz in Sachsen-Anhalt, wo der Vater durch seine USPD-Tätigkeit Kontakte hatte. Dort besuchte Max bis 1922 die Volksschule und eine Kommunistische Kindergruppe. Ein zweijähriges Volontariat bei der staatlichen Überlandzentrale Sachsen-Anhalt in Zeitz-Theißen schloss sich an. Währenddessen besuchte Max Diamant auch die gewerbliche Fortbildungsschule der Stadt. Als KPD-Funktionär arbeitete er illegal.
Leninstr. 29
St. Petersburg
Sankt-Peterburg
197136
Russland
Michail Diamant sympathisierte mit der Sowjetunion, dem „proletarischen Musterstaat“. Als ehemaliger russischer Zivilgefangener besaß er ein Rückkehrrecht und so zog die Familie im Herbst 1924 nach Leningrad, dem früheren St. Petersburg (Petrograd). Max Diamant wurde Offiziersschüler der Artillerie-Akademie, brach aber 1926 seine Militärausbildung ab. Zeitweise Mitglied im Komsol, der Jugendorganisation der KPdSU, startete Max erste journalistische Gehversuche bei der deutschsprachigen Jugendzeitschrift „Die Saat“ in Charkow. Doch die parteiinternen „Säuberungen“ der Stalin-Diktatur setzten Max unter Druck. Von der Charkower KPdSU verhört, musste er einen seiner Berichte zurückziehen und Selbstzensur üben. Geschockt von der zunehmend bedrohlichen Überwachung floh der Neunzehnjährige Ende Oktober 1927 illegal mit einem Dampfer aus Leningrad nach Deutschland. Auch sein fünfjähriger Bruder Arnold wurde von der Mutter nach Deutschland geschickt. Die Eltern blieben in der Sowjetunion zurück.
Michail wurde 1925 sowjetischer Staatsbürger und arbeitete als Weber im Werk „Rote Nagler“. Die Familie wohnte in der Leninstr. 29, Apt. 77. Im Jahr 1929 wurde Michail aus der Partei wegen der Unterstützung der Linken Opposition ausgeschlossen und im November verhaftet. 1930 wurde er von der Troika zu drei Jahren Gefängnis verurteilt. Nach seiner 1931 erfolgten Entlassung arbeitete er als Zugbegleiter und lebte in Leningrad. 1936 wurde er zum zweiten Mal festgenommen. Das Militär-Kollegium des Obersten Gerichts der UdSSR in Leningrad verurteilte ihn zu zehn Jahren Gefängnis. Die Strafe verbüßt er in Solowki. Am 9. Oktober 1937 wurde er zum Tod verurteilt.
Man machte den Eltern die politische Haltung des Sohns und die Kontakte zu ihm zum Vorwurf. Nach dem Sturz Leo Trotzkis galt Max Diamant, der zu diesem Zeitpunkt im weit entfernten Westeuropa lebte, weiterhin als Trotzkist. Der Vater Michail Diamant wurde im November 1937 erschossen. Die Mutter gilt als verschollen, sie lebte noch 1942 in einem Gulag.
Die Aufklärung über das Schicksal seiner Eltern lag Max Diamant am Herzen. Bis zu seinem letzten Atemzug bemühte er sich um Informationen von sowjetischer Seite und wie ein Vermächtnis gab er diesen Auftrag an seine Tochter Doris und ihre Söhne weiter.
Kaiserring 36
68161 Mannheim
Deutschland
Abwechselnd in Mannheim und Ludwigshafen wohnend, knüpfte Max Kontakte zur „Sozialistischen Kulturgemeinschaft“ (SKG), einem Begegnungszirkel Mannheimer Sozialdemokraten. Die SKG befand sich in den Räumen des Psychoanalytiker-Ehepaars Heinrich und Käthe Stern am Kaiserring 36. Die Wohnung war damals Treffpunkt der linksintellektuellen Kulturelite der Region. Vom Wunsch beseelt, der deutschen Arbeiterbewegung dienen zu wollen, trat Max Anfang 1928 in die SPD ein. Im Wahlkampf für die Reichstagswahlen im Mai 1928 arbeitete er für den Parteisekretär der SPD Mannheim Ernst Tesslow. Er wurde Mitarbeiter des Parteiorgans „Mannheimer Volksstimme“ und Vorsitzender der örtlichen Jusos.
Als freier Journalist verdiente er sich seinen Lebensunterhalt, u.a. schrieb er für die Leipziger Volkszeitung. Mit dessen Chefredakteur Reinhold Schönlank unternahm Max eine Reise durch Arbeiterorte des Vogtlandes im Grenzgebiet von Bayern, Sachsen, Thüringen und Böhmen, wo er den ersten Durchbruch der NSDAP erlebte. Bei der Landtagswahl in Sachsen am 22.6.1930 wurde sie nach der SPD zweitstärkste Kraft. In Mannheim zurück, schrieb er von seinen Eindrücken und forderte die Gründung von „Arbeitsgemeinschaften junger Sozialdemokraten“, die im September 1930 erfolgte.
Obwohl ohne Abitur, begann er im Sommersemester 1930 ein Studium an der Handelshochschule Mannheim, wo er die Begabtenprüfung bestand. Auch an der Universität Heidelberg besuchte er Vorlesungen. Dort leitete er die Redaktion der Studentenzeitschrift „Der Sozialistische Student“ und arbeitete u.a. mit Golo Mann zusammen.
In der „Mannheimer Volksstimme“ agitierte er gegen die NS-Bewegung, indem er den Mut aufbrachte, nahezu alle örtlichen NSDAP-Veranstaltungen zu besuchen und zu kommentieren.
Wie die anderen Partei-Linken stand Diamant der Politik des SPD-Parteivorstands kritisch gegenüber. Im Oktober 1931 gründeten ehemalige SPD-Linke die Sozialistische Arbeiterpartei Deutschlands (SAP), zu der Diamant übertrat. Er gründete mit anderen ehemaligen Mannheimer Jusos wie Gustav Roos und den Brüdern Paul und August Locherer eine Ortsgruppe der SAP. Der etwas später ins Leben gerufene SAP-Bezirk Baden hatte seinen Sitz in Mannheim. Diamant wurde, neben seinem Amt als Vorsitzender der Mannheimer Ortsgruppe, auch Vorsitzender der Bezirksleitung. Seine Wohnung war zugleich Büro für die Ortsgruppe Mannheim wie auch für die Bezirksleitung Baden.
In jenen Jahren lernte Diamant seine spätere Ehefrau kennen. Anni Nord, die 1907 in Ludwigshafen geboren wurde, hatte ebenfalls ostjüdische Wurzeln. Ihre Eltern, aus Dukla in Galizien stammend, bestanden auf eine religiöse Hochzeit. 1930 wurden Anni und Max nach jüdischem Ritus in einem Betstübel im Hinterhof des Hauses Maxstr. 64 in Ludwigshafen getraut. Dort bestand eine „Klaussynagoge“ für galizische Juden, in der Annis Onkel Viktor Händler als Vorbeter wirkte.
Im März 1933 sollte Diamant als politischer Aktivist, als Redakteur der Volksstimme und als Jude in Schutzhaft genommen werden. Mit Hilfe von Freunden gelang ihm die Flucht nach Strasbourg. In einem Audiobeitrag erzählt Max Diamant fünfzig Jahre später, wie er unbemerkt mit dem Schiff über den Rhein nach Frankreich gelangen konnte:
Ich bin dann aus Ludwigshafen, bewaffnet mit einer Zahnbürste und einem Handtuch, in diesen Prachtkahn gestiegen. Den Leuten wurde erzählt, ich habe vor, ein Soldatengrab eines Verwandten im Elsass zu besuchen. Es gab auf diesem Kahn aber einen erfahrenen, zuverlässigen Bekannten eines Freundes von mir, der das vermittelte. Und der wusste Bescheid, dass ich auf keinen Fall auffallen darf und dass ich im Fall einer Schiffsvisite durch die Schutzpolizei in einem sicheren Versteck verschwinden müsste. Das ist zwei Mal passiert und ich habe dann die Eingeweide eines solchen Kahns kennengelernt. Hinter eingerollten Schiffsketten an einer bestimmten Stelle, hinter ihnen verborgen, habe ich zwei Mal diese Schiffsvisiten der Schutzpolizei etwas leicht verschmiert überstanden. (Nachzuhören auf https://we-refugees-archive.org/archive/max-diamant-ueber-seine-flucht/)
Anni folgte ihm kurz danach nach Strasbourg. Max erlernte die französische Sprache mithilfe von Zeitungen und einem Wörterbuch. Auch das Schriftsetzen brachte er sich autodidaktisch bei und arbeitete ab 1934 bei der Pariser Zentrale der Sozialistischen Arbeiterpartei Deutschlands (SAP) in Paris. Anni sicherte den Lebensunterhalt als Putzfrau.
Max´ politischer Ziehvater war der kommunistische Politiker und Gewerkschaftler Jakob Walcher (1887-1970). In seinen Jahren in Paris freundete sich Diamant auch mit Willy Brandt (1913-1992) an, mit dem er den Pariser Volksfrontaufruf unterschrieb, der im Januar 1937 veröffentlicht wurde. Brandts Freundschaft zu Diamant portraitierte dieser wie folgt:
Max Diamant war mir fünf Jahre voraus. Doch er wirkte infolge seiner Erfahrungen und theoretischen Kenntnisse wesentlich älter: ein Mann von untersetzter, breitschultriger Statur und mit dichtem schwarzen Haar. Er war voller Energie und beherrschtem Optimismus. Seine analytischen Neigungen machten es ihm nicht schwer, auch für sehr komplizierte Tatbestände rationale – wenngleich natürlich nicht immer richtige Erklärungen zu finden. Er war in Łódź geboren, und sein Vater hatte dem polnisch-jüdischen `Bund´ angehört – bevor er Kommunist wurde. 1936 wurden die Eltern – was wir nicht wußten – in Leningrad verhaftet. Beide blieben verschollen. (Brandt zitiert nach: Müller 2004)
Mit dem Familienfreund Paul Frölich und seiner Frau Rosi teilten sich die Diamants eine Wohnung in Vanves südwestlich von Paris. Anni kochte für alle so gut, dass später in Mexiko die Gründung eines Restaurants nahelag.
Im Spanischen Bürgerkrieg war Max 1936/37 Journalist und Verbindungsmann der SAP und der Partido de Unificación Marxista (POUM) in Barcelona. Unter dem Decknamen Hans Diesel arbeitete er weiterhin eng mit dem späteren Bundeskanzler Willy Brandt zusammen, der nach ihm kurzzeitig seine Aufgaben übernahm. Brandts Parteifreund und langjähriger Fraktionsvorsitzender der SPD im Bundestag Herbert Wehner dagegen stand in den 1930er-Jahren Max Diamant ideologisch ablehnend gegenüber – und umgekehrt. Wehner bezeichnete Diamant als entschiedenen Trotzkisten und Menschewiken. Die Menschewiki (russisch, wörtlich „Minderheitler“) waren eine Fraktion der Sozialdemokratischen Arbeiterpartei Russlands, die im Gegensatz zu den um Lenin gruppierenden Bolschewiki standen. Als Wehner 1937 Diamant öffentlich als Trotzkisten angriff, protestierte die SAP gegen die Namensnennung Diamants, um seine noch in der Sowjetunion lebenden Eltern zu schützen. Die Befürchtung war nur allzu berechtigt. Max‘ Vater Michail Diamant wurde am 2. Oktober 1937 in Leningrad verhaftet und der „NKWD-Sonderberatung“ vorgeführt. Am 19. November erhielt er seine Verurteilung und am 24. November 1937 wurde er in Kemerowo in Sibirien hingerichtet. NKWD war die Bezeichnung für das Volkskommissariat für innere Angelegenheiten, das spätere Innenministerium der UdSSR. Wie sich lange Zeit später herausstellte, hatte Wehner selbst der Geheimpolizei Stalins ausführliche Informationen zu einzelnen KPD-Mitgliedern geliefert, darunter auch zu Max Diamant. Seine Mutter war ab 1942 verschollen.
Die Abschiebung der Juden polnischer Herkunft, die „Polenaktion“ am 28. Oktober 1938 traf in Ludwigshafen mehrere Verwandte von Max, darunter seinen 80-jährigen Großvater Moses Leib Händler, der 1945 für tot erklärt wurde.
Max Diamant wurde 1939 in Frankreich interniert. Als Deutschland mit dem Überfall auf Polen den Zweiten Weltkrieg begann, gehörten auch Geflüchtete wie Max Diamant zu den „feindlichen Ausländern“. Seine Frau Anni, die keine deutsche Staatsangehörigkeit hatte, war nicht betroffen. Dem Sammellager im Pariser Stade des Colombes (heute Stade Olympique Yves-du-Manoir) folgten lange Monate der Internierung in verschiedenen Lagern, bis Max die Flucht in die Bretagne gelang. Er schlug sich darauf nach Süden in die nicht besetzte Zone durch, wo er erneut interniert wurde. In einem Lager im Süden Frankreichs heiratete das bislang nur religiös getraute Paar Anna und Max 1940 nun auch standesamtlich.
Ab März 1941 war Diamant Mitarbeiter im Centre Américain de Secours (CAS) in Marseille. Diese Organisation unterhielt ein Rettungsnetzwerk, das ca. 2000 Menschen die Flucht vor den Nationalsozialisten ermöglichte. Auch in Lissabon arbeitete Max mit dem CAS daran, Menschen aus Europa herauszuholen und Pakete an Bedrängte in Frankreich zu schicken.
Auf Drängen ihrer Freunde Rosi und Paul Frölich, die bereits in New York lebten, entschlossen sich Max und Anni, Europa zu verlassen. Aus Lissabon kommend, trafen sie und Max´ Bruder Arnold mit dem Passagierschiff Nyassa im März 1942 im Hafen von Veracruz ein. Vollkommen mittellos, bauten sie sich in Mexiko-Stadt eine neue Existenz auf. Als Schriftsetzer konnte Max nicht arbeiten, weil er dazu die mexikanische Staatsangehörigkeit gebraucht hätte. Ende 1942 wurden Anni und Max Restaurantbesitzer. Neben einem Ledergeschäft mit dem Namen La Palestina eröffnete das Ehepaar das Restaurant „Gourmet“. Es befand sich an der Prachtstraße Paseo de la Reforma, die von der Kathedrale zum Schloss Capultepec führt.
In Mexiko kam 1947 die Tochter Doris zur Welt. Sie besuchte einen jüdischen Kindergarten, dann eine jüdische, französische und mexikanische Schule. Eine deutsche Schule lehnten ihre Eltern aus Sorge um nazistische Einflüsse auf ihr Kind ab. Ihre Erinnerung an das Restaurant beschrieb Doris 2012: Im „Gourmet“ gab es allerhand häuslich produzierte Köstlichkeiten: jüdische, russische, österreichische, deutsch Fisch-, Fleisch- und Käsezubereitungen, Salate, Teigwaren und Kuchen. Später kamen Importe von Dosen und Käse, etwa aus Frankreich, hinzu. Meine Mutter ging in dieser Arbeit für Restaurant und Delikatessenladen auf… Sie lernte ganz praktisch, auf Spanisch zu radebrechen. Sie war dort nicht einsam…
Das Restaurant und der Lebensmittelladen mussten nicht nur die Familie ernähren, sondern auch der Unterstützung von Angehörigen in Europa dienen. Eine direkte Fluchthilfe nach Mexiko war nicht möglich. So konzentrierten sich Max und Anni auf humanitäre Hilfe wie auf das Verschicken von Paketen, auch nach dem Ende des Krieges. Diamants politische Arbeit zielte darauf ab, den Einfluss der Nationalsozialisten auf die mexikanische Öffentlichkeit zu bekämpfen, aber auch den Druck der kommunistischen Kader auf die Exilierten zu mindern.
Ab 1947 korrespondierte Diamant zunehmend mit Freunden in Deutschland, darunter Willy Brandt. Darin begründete er auch, warum er entgegen früheren Plänen nicht nur „zur Kriegsdauer“ in Mexiko geblieben war. Die mexikanische Staatsbürgerschaft, die das Ehepaar in jenem Jahr annehmen durfte, behielt es lebenslang.
In der 1949 gegründeten Gruppe der deutschsprachigen Sozialisten in Mexiko spielte Diamant eine wichtige Rolle. Sie nannte sich auch „Auslandsgruppe der S.P.D. und war vom SPD-Bundesvorstand anerkannt. Diamants Aufgaben bestanden in der Veröffentlichung von deutschsprachigen Broschüren und im Halten von Kontakten mit mexikanischen, spanischen und exilierten Sozialisten. Ab 1953 war er journalistischer Mitarbeiter von Periodika in Mexiko und Europa, u.a. des Sozialdemokratischen Pressedienstes für Lateinamerika. Er abonnierte Schriften in Deutsch, Russisch, Jiddisch, Französisch und Spanisch.
1958 und 1961 reiste Max Diamant nach Deutschland. Seine Aktivitäten und Kontakte der vergangenen Jahre erleichterten ihm die Rückkehr. Das in Deutschland angebotene „Wiedergutmachungs“-Geld war für Max nur schwer akzeptabel. Schließlich überzeugte ihn das Argument, dass, wenn er es ausschlüge, es vielleicht seinen politischen Gegnern oder Alt-Nazis in die Hände fiele.
So beschloss die Familie die Rückkehr nach Deutschland. 1962 fand er eine Anstellung in der Vorstandsverwaltung der IG Metall in Frankfurt. Anni Diamant fiel ein Einleben in Deutschland wesentlich schwerer. Sie zog sich ins Privatleben zurück, hatte wenig Kontakte und mit zahlreichen Krankheiten zu kämpfen. In den letzten Jahren wurde sie von Max gepflegt. Sie starb 1984, acht Jahre vor ihrem Mann.
Die Tochter Doris erinnert sich 2012: Leider sprach meine Mutter kaum über die herben familiären Verluste, die sie erlitten hatte. Das Wissen darum habe ich mir lange nach ihrem Tod erarbeitet… Meinen Vater habe ich als beredt und kämpferisch erlebt. Von Leid über familiären Verlust hörte ich ihn nie sprechen… Mein Vater war 53 Jahre alt, als er 1962 zur Vorstandsverwaltung der IG Metall kam. Seine Aufgabe war, ausländische Arbeitnehmer, die in der Metallindustrie beschäftigt waren, gewerkschaftlich zu organisieren. Eine Herausforderung, in die er all seine Fähigkeiten, seine Kenntnisse und Kontakte einbringen konnte. Die Breitenwirkungen seiner Lösungsansätze vernachlässigte er nie: Demokratie sollte überall entstehen. Seine Biografie hatte ihn für diese Aufgabe prädestiniert.
Willy Brandt besuchte Diamant noch in den 1980er Jahren in Frankfurter Altersheim.
Das Ehepaar wurde auf dem Hauptfriedhof in Frankfurt begraben. Die Anbringung der Inschriftenplatte vom inzwischen aufgelösten Grab ist auf dem jüdischen Friedhof Mannheim vorgesehen.
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