Heilbad Heiligenstadt ist ein eine kleine Stadt im Obereichsfeld, im nördlichen Thüringen gelegen. Die Kreisstadt befindet sich im Dreiländereck von Hessen, Niedersachsen und Thüringen und zeichnet sich vor allen durch ihre ländliche Lage aus. Erstmals, seit dem Mittelalter, war mit der Erteilung eines Schutzbriefes für Heiligenstadt und dem Zuzug des Levi Joseph Meyer (ab 1808 Levi Meyer Loewenthal) wieder eine jüdische Familie in der Stadt beheimatet. Mit dem Kauf des Dölleschen Hauses in der Stubenstraße, dessen Umbau und der anschließenden Einweihung zur Synagoge im September 1873 wurde auch nach außen hin ein sichtbares Zeichen jüdischen Lebens gesetzt. Dieses Leben intensivierte sich vor allem auf dem Gebiet der Wirtschafts- und Gewerbetätigkeiten. Der Zuwachs der jüdischen Bevölkerung und die wirtschaftliche Lage des 19. Jahrhunderts ließen die Stadt wirtschaftlich florieren, sodass zahlreiche Juden*Jüdinnen ihre Kaufmannsläden in der Innenstadt eröffnen konnten und ihre Produktionen an Waren zunahmen. Zu diesen Wirtschaftsfamilien gehörte die Familie Cahn, die Familie Oppenheimer/Hildesheimer und die Familie Loewenthal.
Jede der einzelnen Stationen lässt sich gut durch die Innenstadt erreichen. Dies verweist auch auf die Bedeutung der Wilhelmstraße und der sich anschließenden Straßen als wirtschaftliches Zentrum.
Lindenallee 14
37308 Heilbad Heiligenstadt
Deutschland
Lindenallee 14
37308 Heilbad Heiligenstadt
Deutschland
In der heutigen Lindenallee 14 befand sich ab November 1934 der zweite Sitz der Zigarrenfabrik Cahn & Co. Nachdem zu Beginn des Jahres 1932 der ursprüngliche Sitz der Zigarrenfabrik in der Ibergstraße 6 (heute Ibergstraße 8) in einem verheerenden Feuer abbrannte, verlegte der Eigentümer des Betriebs, Adolph Cahn, die Fabrik in die Lindenallee 14. Das neue Gebäude gehörte später der Familie Schmitz. Da das Haus in der Ibergstraße auch als Wohnsitz der Familie galt, ist zu vermuten, dass auch der neue Fabriksitz als Wohnhaus der Familie diente.
Wilhelmstraße 4
37308 Heilbad Heiligenstadt
Deutschland
Das Konfektionshaus M.G. Oppenheimer wurde 1849 von Moses Gabriel Oppenheimer in der Wilhelmstraße 4 gegründet. Neben der Bezeichnung Konfektionshaus M.G. Oppenheimer wurde auch der Name Manufaktur- und Modewarengeschäft Oppenheimer geführt. Nachdem Moses Gabriel Oppenheimer mit 77 Jahren am 21. Januar 1895 an Altersschwäche starb, übernahm sein Sohn Max Oppenheimer das Geschäft. Dieser führte das Geschäft bis zu seinem Tod am 13. November 2934. Danach übernahm sein Schwiegersohn Erwin Hildesheimer, der Mann seiner Tochter Vera Hildesheimer (geb. Oppenheimer), das Geschäft. Aus dem beigefügten Werbematerial und den Lehrlingsanzeigen geht hervor, dass der Handel mit Herren und Knabenoberbekleidung stark florierte. Bis wann das Geschäft existierte lässt sich ungefähr aus den Aufzeichnungen des Einwohnerregisters erschließen. Im Jahre 1934 wird Erwin Hildesheimer noch als Steuerzahler gelistet und 1938 auch noch als Kaufmann. Da er im November 1938 in Folge der Novemberpogrome nach Brüssel fliehen musste, kann davon ausgegangen werden, dass das Geschäft der Oppenheimers durch die die Unterdrückung und Repressalien der Nationalsozialisten schließen musste.
Ibergstraße 8
37308 Heilbad Heiligenstadt
Deutschland
In der heutigen Ibergstraße 8 befand sich die Zigarrenfabrik Cahn & Co., die der Inhaber Adolph Cahn ab 1932 als Fabrikationsstätte anmeldete. Aus den archivalischen Unterlagen geht hervor, dass im Jahre 1924 noch keine Einträge im Gewerberegister über die Zigarrenfabrik zu finden sind. Aufgrund des Mangels an Quellen kann deshalb nur spekuliert werden, ab wann die Zigarrenfabrik existierte, und ob die Zigarrenproduktion nicht noch an einem anderen Ort vorgenommen wurde. Aufgrund eines Eintrags in einem Melderegister von 1928, in welchem Adolph Cahn als Steuerzahler aufgeführt wird, kann davon ausgegangen werden, dass er zu diesem Zeitpunkt bereits in einem Gewerbe, vermutlich der Zigarrenproduktion, tätig war. Das Haus in der Ibergstraße war Eigentum des Zigarrenfabrikanten Benthacke aus Hannover. Am 05. Januar 1932 wurde um 9.15 Uhr bei der örtlichen Polizei ein Dachgeschossbrand in der Ibergstraße 6 gemeldet. In dem Zeitungsartikel wird von einem „Großen Schadenfeuer in einer Heiligenstädter Zigarrenfabrik“ gesprochen. Der nachts ausgebrochene Brand ist vermutlich in Folge eines Kaminbrands entstanden. Der Brand brach im Dachgeschoss aus, das als Verpackungsbereich und Lagerbereich der Fabrik diente. Neben der Fabrik befand sich im ersten Obergeschoss die Wohnung der Familie Cahn, die aufgrund des Dachgeschossbrands unbewohnbar wurde. Am 07. Februar 1933 wechselte das Haus den Besitzer und ging an Franz Thüne. In Folge des Brands wurde die Fabrik im November 1934 in die Lindenallee 14 verlegt. Bereits in diesem Jahr wurde Adolph Cahn, der zeitlebens kinderlos blieb, in den Melderegistern der Stadt als steuerfrei geführt. Schlussfolgernd konnte sich sein Betrieb nicht von der Katastrophe erholen. Aus einer anderen Quelle geht hervor, dass das Unternehmen relativ groß und gewinnbringend gewesen wäre.
Lindenallee 14
37308 Heilbad Heiligenstadt
Deutschland
Die Geschichte der Familie Löwenthal in Heilbad Heiligenstadt birgt eine einzigartige Tradition. Ab 1808 war es durch die Erteilung eines Schutzbriefes über die Stadt wieder möglich, für jüdische Bürger dort eine Heimat zu finden. Mit Levi Meyer Löwenthal beginnt die Ära der Familie in der heutigen Kreisstadt des Eichsfelds. Sein Sohn Alexander Meyer Löwenthal ist der erste Bankier der Familie und seit 1822 als solcher in Heilbad Heiligenstadt tätig. Die Dokumente, die diesem Eintrag beigefügt wurden, bezeugen, dass das Bankhaus der Familie Löwenthal bereits in den 1820er-Jahren gegründet wurde, ein genaues Datum ist jedoch nicht festzustellen. Ab 1867 übernahm der Sohn Alexander Meyer Löwenthals, Louis Levy Löwenthal, die Bankgeschäfte in Heiligenstadt. In der folgenden Generation ist nicht überliefert zu welchem Zeitpunkt Alexander Löwenthal, der Sohn des Levy, die Bankgeschäfte seines Vaters übernahm. In der Einwohnerkartei der Stadt wird Alexander bis 1928 als Bankier geführt, ab 1930 jedoch unter der Prämisse steuerfrei erfasst. Der Sohn des Alexander wird 1929 als Banklehrling, das heißt Bankier in Ausbildung verzeichnet. Es ist nichts darüber bekannt, ob er diese Ausbildung abschließen konnte. Schlussfolgernd lässt sich feststellen, dass das Bankhaus Löwenthal über ein Jahrhundert überdauerte und sich mit den Geldgeschäften der Stadt befasste. Über eine Zahl von Bankiers innerhalb der Familie lässt sich nur mutmaßen, da nicht zu jeder Person im Melderegister ein Gewerbe verzeichnet wurde.
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