Hermann Friedmann (1870-1940) entstammte einer Fleischereifamilie aus dem Harz und zog nach abgeschlossener Ausbildung nach Jena, wo er 1892 sein eigenes Fleischereigeschäft mit angeschlossener Fell- und Darmhandlung eröffnete, welches er ab 1915 gemeinsam mit seinem Sohn Arthur (1894-1978) führte. Das Geschäft lief sowohl im In- als auch im Ausland gut und erlaubte der Familie den Aufstieg in die wohlhabende Mittelschicht und eine große Villa in Jena West. Sein Vermögen nutzte Hermann Friedmann, um sich sozial und religiös zu engagieren. So waren er und seine Finanzierung ein entscheidender Faktor für die Gründung und Neugründung der jüdischen Gemeinde Jenas 1896 und 1919. Die Villa und das Familiengeschäft Friedmann entwickelten sich zu den wohl wichtigsten Ausgangspunkten der jüdischen Gemeinde in Jena während der Weimarer Republik und dem NS-Regime. Sein Sohn Arthur, ein Veteran aus dem 1. Weltkrieg, wurde zum Landesverbandsführer des lokalen Reichsbunds jüdischer Frontsoldaten, dessen Sportabteilung „Schild“ er für die Jenaer Gemeinde 1935 ins Leben rief.
Scheidlerstraße 3
07743 Jena
Deutschland
Ab 1892 leitete Hermann zusammen mit seiner Frau Clara ein Fleischwarengeschäft mit angeschlossener Darm- und Fellhandlung in Jena. 3 Jahre später wurde Sohn Arthur geboren, welcher ab 1915 die Firma mit führte. Das Geschäft befand sich in der Grietgasse, doch wurden später auch Filialen in der Löbderstraße und in Naumburg eröffnet. Der Betrieb lief gut und konnte durch „eine Mischung aus Geschäftstüchtigkeit, Fleiß und dem Ausnutzen von Spielräumen …“ bald internationale Beziehungen nachweisen. Den mit dem Aufstieg in den wohlhabenden Mittelstand verbundenen geschäftlichen Erfolg nutzte Hermann Friedmann, um sich sowohl in sozialen, als auch religiösen Belangen zu engagieren. Bei der Gründung der jüdischen Gemeinde Jenas, der „Israelitischen Religionsgemeinschaft“, war er 1896 einer der 11 Gründer und Sprecher der Gemeinde gewesen und auch als die Gemeinde nach dem ersten Weltkrieg neu gegründet wurde, nahm Hermann die Stellung des Leiters und später auch des Vorbeters ein. Im 1. Weltkrieg hatten sowohl Hartmann, als auch Arthur gedient. Arthur wurde als ehemaliger Artillerieoffizier und Frontsoldat noch mit dem eisernen Kreuz ausgezeichnet, doch begegneten auch ihm als Kriegsveteran zunehmend Ausgrenzungen aufgrund seines jüdischen Glaubens. Die Gründung der Jenaer Ortsgruppe des Reichsbunds jüdischer Frontsoldaten 1919 durch Arthur Friedmann kann daher durchaus als Reaktion auf den stärker auftretenden Antisemitismus betrachtet werden. Dennoch lief der Familienbetrieb innerhalb der Weimarer Republik weiterhin gut und die Friedmanns erwarben zwischen 1928 und 1931 eine größere Villa in der Scheidlerstraße 3 in Jena West, wo fortan regelmäßig die Gottesdienste der Gemeinde stattfanden.
Liebenstraße 1
36456 Barchfeld (an der Werra)
Deutschland
Hermann Friedmann wurde am 19.03.1870 bei Meiningen als Sohn des Viehhändlers Abraham Friedmann geboren. Der Familientradition folgend, begann er in Barchfeld an der Werra eine Ausbildung im Fleischereihandwerk (Markiert ist hier nur das Zentrum von Barchfeld an der Werra, der genaue Ort der Ausbildung ist nicht bekannt). Auf der sich anschließenden Wanderung durchquerte er unter anderem Bremen, Dortmund und Frankfurt am Main, bevor er sich 1892 selbstständig machte. Zu diesem Zeitpunkt war er bereits mit seiner Frau Clara verheiratet.
Grietgasse 25/26
07743 Jena
Deutschland
Mit der Machtübernahme der Nationalsozialisten 1933 begann die systematische Ausgrenzung von Juden*Jüdinnen in allen Bereichen der Gesellschaft. Die Villa und der Betrieb von Hermann Friedmann waren zu diesem Zeitpunkt bereits wichtige soziale Treffpunkte und entwickelten sich unter den Repressalien und Dranglasierungen des NS-Regimes zum wohl wichtigsten Ausgangspunkt jüdischer Selbstbehauptung in Jena. Insbesondere das Sport- und Vereinsleben wurde durch die Ressourcen des Geschäfts aufrechterhalten. Arthur hatte 1935 den Schildverein Jenas als Sportabteilung der ebenfalls von ihm gegründeten lokalen RjF-Gruppe ins Leben gerufen. Aufgrund antisemitischer Verordnungen und Gesetzen ("Nürnberger Rassengesetze") war es der jüdischen Bevölkerung anderweitig nicht länger möglich, Sport auszuüben. Zu Beginn hatte die jüdische Sportgruppe 30 Mitglieder, die Zahl stieg schnell an. Die angebotenen Sportarten waren vielfältig und reichten von Fußball und Handball bis zu Turnen und Leichtathletik. Zentrales Problem der Sportgruppe war vor allem die Bereitstellung der nötigen Sportplätze und Hallen. Dies wurde vor allem durch die antisemitischen Verordnungen und Aktionen von Seiten des nationalsozialistischen Systems, aber auch durch Initiativen aus der Bevölkerung behindert. Hermann Friedmann stellte dem jüdischen Sportverein Materialien und Räume in seinem Geschäft in der Grietgasse, sowie den privaten Tennisplatz zur Verfügung.
Löbderstraße 5
07743 Jena
Deutschland
Im Zuge der Novemberpogrome wurde Hermann Friedmann zusammen mit seinem Sohn Arthur in das Konzentrationslager Buchenwald verschleppt. In der Folgezeit begannen Verhandlungen zur „Arisierung“ des Familienbetriebs Friedmann, welcher schließlich am 05. Dezember 1938 für 35.500 Reichsmark, was nur der Hälfte des geschätzten Wertes entsprach, einschließlich der Filiale in der Löbderstraße 5 an die Familie Hörchner überging. Hermann und Arthur wurden zur Vertragsunterzeichnung frühzeitig entlassen, doch starb Hermann am 15. Februar 1940 an den Langzeitfolgen seiner Haft. Die Villa der Familie wurde in diesen Jahren noch als Sammelunterkunft für die jüdische Bevölkerung Jenas genutzt, 1940 dann aber komplett von der Stadt beschlagnahmt. Nach dem Tod seines Vaters beschloss Arthur Friedmann aus Deutschland zu fliehen. Möglich wurde dies durch das verbliebende Geld, Glück und den Beziehungen der Familie. Das nötige Visa konnte 1941 durch einen Onkel in Denver organisiert werden und so verließ Arthur zusammen mit Frau und Kindern auf einem der letzten Züge Deutschland zunächst in Richtung Barcelona, um von dort aus ein Schiff nach Amerika zu besteigen.
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