In Diez ist jüdisches Leben seit dem 13. Jahrhundert nachgewiesen. Seit dieser Zeit gestalteten jüdische Bürger*innen das soziale, kulturelle und wirtschaftliche Miteinander als Teil der Stadtbevölkerung unauffällig mit. Trotzdem wurden sie als Minderheit immer wieder unterdrückt und verfolgt. Erst ab dem 18. Jahrhundert wird jüdisches Leben in Diez greifbarer. Der Diezer Fürstenhof etwa beschäftigte einen jüdischen Hofbeamten. Mit der voranschreitenden Gleichberechtigung der jüdischen Bürger*innen in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts entstanden in Diez repräsentative Gebäude als Zeichen steigenden jüdischen Bürgerbewusstseins. Die Jüdische Gemeinde Diez erbaute eine neue Synagoge. Aus Spendengeldern wurde ein Kinderheim errichtet. Im Nationalsozialismus wurde der Antisemitismus auch in Diez immer brutaler. Das lebendige Zusammenleben zwischen jüdischer und nicht jüdischer Bevölkerung wurde auf entwürdigende Weise vernichtet. Bis heute hat sich keine neue jüdische Gemeinde in Diez bilden können.

Adresse

Schlossberg
65582 Diez
Deutschland

Dauer
45.00
Literatur
Morlang, Adolf / Hartmann, Klaus-Peter : Boykottiert – Emigriert – Deportiert – Liquidiert (Quellen zur Geschichte der Juden im Raum Diez während des Nationalsozialismus) Diez 1999
Stein, Heinz: Die Geschichte der Juden in unserer nassauischen Heimat, Diez 1965
Länge
3.00
Stationen
Adresse

Schlossberg
65582 Diez
Deutschland

Geo Position
50.372662153352, 8.0079839641388
Titel
Deutsch-Israelitisches Kinderheim
Literatur
Morlang, Adolf / Hartmann, Klaus-Peter : Boykottiert – Emigriert – Deportiert – Liquidiert (Quellen zur Geschichte der Juden im Raum Diez während des Nationalsozialismus) Diez 1999
Stein, Heinz: Die Geschichte der Juden in unserer nassauischen Heimat, Diez 1965
Stationsbeschreibung

Das Deutsch – Israelitische Kinderheim wurde 1893 errichtet und beherbergte ungefähr 40 Plätze für Jungen bis zum 14. Lebensjahr aus bedürftigen jüdischen Familien. Die Kinder gingen in Diezer Schulen, im Haus selbst wurde Religionsunterricht erteilt. An diesem nahmen auch externe jüdische Kinder aus Diez teil. Die Erziehung durch die jüdischen Hauslehrer war streng und konservativ. Am 20. August 1935 wurde es von den Nationalsozialisten zwangsgeräumt, die Bewohner*innen mussten fliehen. Im Rückblick berichtet ein Überlebender aus Israel: „Einer schrie: ‚Wer muss raus aus Diez?‘ und die Menge schrie ,Die Juden‘ “. Das Kinderheim wurde 1971 zugunsten  eines Erweiterungsbaus des Krankenhauses abgerissen. Anlässlich des 85. Jahrestages dieser Zwangsräumung am 20. August 2020 wurde von Gunther Demnig vor Ort eine Stolperschwelle mit folgender Inschrift verlegt:

 

"SCHLOSSBERG 23 - HIER STAND AB 1893 DAS 

DEUTSCH - ISRAELITISCHE KINDERHEIM DIEZ

AM 20. AUGUST 1935 ZWANGSGERÄUMT WÄHREND EINER ANTISEMITISCHEN AUSSCHREITUNG

MEHR ALS 40 KINDER UND JUGENDLICHE SOWIE IHRE LEHRER MIT IHREN FAMILIEN WURDEN

ENTWÜRDIGT - DISKRIMINIERT - VERFOLGT - DEPORTIERT

VIELE VON IHNEN SPÄTER ERMORDET"

 

 

Adresse

Altstadtstraße 36
65582 Diez
Deutschland

Geo Position
50.3718003, 8.0078833
Medien
Titel
Kantorenhaus
Literatur
Morlang, Adolf / Hartmann, Klaus-Peter : Boykottiert – Emigriert – Deportiert – Liquidiert (Quellen zur Geschichte der Juden im Raum Diez während des Nationalsozialismus) Diez 1999
Stein, Heinz: Die Geschichte der Juden in unserer nassauischen Heimat, Diez 1965
Stationsbeschreibung

Das Kantorenhaus beherbergte im 18. Jahrhundert gleichzeitig das Wohnhaus für den Rabbiner, die Synagoge und den engen Unterrichtsraum („alte Juddeschul“). Hier wurde ausschließlich religiöse Bildung vermittelt. Die Tora wurde im hebräischen Original gelesen, deshalb wurde hier auch Hebräisch gelernt. Für Knaben im Alter von 5 – 12 Jahren bestand Schulpflicht. In einem Anbau wurde zu dieser Zeit auch eine kleine Synagoge eingerichtet. Durch Umbauarbeiten sind hier alle Spuren verschwunden.

Adresse

Altstadtstraße 8
65582 Diez
Deutschland

Geo Position
50.372176657186, 8.0088864461892
Titel
Haus der Familie Heymann
Literatur
Morlang, Adolf / Hartmann, Klaus-Peter : Boykottiert – Emigriert – Deportiert – Liquidiert (Quellen zur Geschichte der Juden im Raum Diez während des Nationalsozialismus) Diez 1999
Stein, Heinz: Die Geschichte der Juden in unserer nassauischen Heimat, Diez 1965
Stationsbeschreibung

Der wohlhabende jüdische Hoffaktor Löb Heymann errichtete zu Beginn des 18. Jahrhunderts ein prächtiges Bürgerhaus im Barockstil in der Diezer Altstadt. Es ist heute ein normales Wohnhaus. Als Hoffaktor war er für die Kredite und die Finanzierung des Diezer Fürstenhofes zuständig. Er lieferte Luxuswaren in das Schloss und versorgte die Armee z.B. mit Uniformen. Ihm stand ein weit verzweigtes Netz von Familien – und Handelsbeziehungen zur Verfügung.

Adresse

Marktplatz Diez
65582 Diez
Deutschland

Geo Position
50.37126, 8.008126
Titel
Marktplatz
Literatur
Morlang, Adolf / Hartmann, Klaus-Peter : Boykottiert – Emigriert – Deportiert – Liquidiert (Quellen zur Geschichte der Juden im Raum Diez während des Nationalsozialismus) Diez 1999
Stein, Heinz: Die Geschichte der Juden in unserer nassauischen Heimat, Diez 1965
Stationsbeschreibung

In einigen der Häuser auf dem Marktplatz verkauften jüdische Geschäftsleute bis 1938 die unterschiedlichsten Waren.
Zuletzt verkaufte Adolf Meyer Lederwaren und das Kaufhaus Josef Bodenheimer (Ecke Rosenstraße) Textilien. Siegmund Schaumburger (Ecke Werkes) bot Herrenbekleidung an.

Die Familien Meyer und Schaumburger flüchteten nach der Reichspogromnacht im November 1938 ins Ausland. Eine Zeugin berichtet später »dass in dem Hause Schaumburger Einrichtungsgegenstände beschädigt und geplündert worden sind.«

Die Familie Bodenheimer zog bereits 1935 nach Wiesbaden um. Josef und Lina Bodenheimer kamen 1942 im Ghetto Łódź ums Leben.

Das Gasthaus Bremser (heute Gaststätte Klein-Prag) hatte 1935 einen Kinosaal, in dem nach den pogromartigen Aktionen des 20. August 1935 die aus ihren Häusern vertriebenen jüdischen Familien und die Heimkinder für eine Nacht notdürftig untergebracht wurden.

Die Wirtin hatte sich für diese eingesetzt und Verpflegung zur Verfügung gestellt. Im Rückblick berichtet ein Überlebender aus Israel:
»Es wurden Brötchen und Tee verteilt, aber viele versuchten einzuschlafen. Es war schon nach Mitternacht. Weitere Familien kamen an.«

Adresse

Kanalstraße 9
65582 Diez
Deutschland

Geo Position
50.3704927, 8.0088627
Titel
Synagoge
Literatur
Morlang, Adolf / Hartmann, Klaus-Peter : Boykottiert – Emigriert – Deportiert – Liquidiert (Quellen zur Geschichte der Juden im Raum Diez während des Nationalsozialismus) Diez 1999
Stein, Heinz: Die Geschichte der Juden in unserer nassauischen Heimat, Diez 1965
Stationsbeschreibung

Über die Einweihung der Synagoge schrieb die „Allgemeine Zeitung des Judentums“ (Dezember 1863): „Das Gebäude verbindet das Einfache mit dem Soliden und dem Geschmackvollen und ist in allen Teilen vortrefflich ausgeführt." Zur Feier waren neben den drei nassauischen Rabbinern die hiesigen christlichen Geistlichen und viel nassauisches Amtspersonal geladen. Der Architekt war Carl Boos, der u. a. auch die evangelische Marktkirche in Wiesbaden entwarf. Nach der nationalsozialistischen „Machtergreifung“ 1933 und den „Nürnberger Rassegesetzen“ 1935 verließen eine große Zahl jüdischer Bürger*innen Diez, die Synagoge wurde nur noch selten genutzt. Die „Reichspogromnacht“ 1938 lief in Diez in ähnlicher Weise ab, wie dies auch aus anderen Städten überliefert ist. Ein organisierter SA-Trupp versuchte das Gebäude zunächst durch Brandstiftung, später durch eine Sprengung zu zerstören. Die Feuerwehr durfte nicht löschen, sondern stand nur bereit, um ein Übergreifen des Feuers auf „arische“ Nachbarhäuser zu verhindern. Aufgrund der massiven Bauweise richteten die Aktionen allerdings nur recht geringen Schaden an, was die Nationalsozialisten insofern nutzten, als dass sie das Gebäude später als Lagerhalle und Werkstatt für das Nationalsozialistische Fliegerkorps verwendeten. Nach 1945 wurde das Gebäude an einen privaten Unternehmer (Firma Ohl Straßenbau) zum Abbruch veräußert, der schließlich 1951 stattfand. 2003 – 52 Jahre später - erlitt die Firma dann das gleiche Schicksal und wurde ebenfalls abgerissen. Die Brache wurde dann mehrere Jahre als Parkplatz genutzt und war Gegenstand vieler Diskussionen über das richtige Gedenken an die geflüchteten und ermordeten Diezer Jüdinnen*Juden. 2018 konnten die Fundamente ausgegraben und untersucht werden. Es wurde sogar festgestellt. dass die Synagoge eine Mikwe hatte. Heute ist hier die Einfahrt zum neuen Diezer Tunnel. 

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Autor
Jens Reutzel

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