In Sondershausen lebten seit dem ausgehenden 13. Jahrhundert Juden. Dies belegt die 1999 bei archäologischen Arbeiten im Innenstadtbereich entdeckte Mikwe, ein jüdisches Bad zur rituellen Reinigung. 1349 fielen die jüdischen Einwohner dem Pestpogrom zum Opfer. Nur vereinzelt sind Juden in der Stadt in den folgenden Jahrhunderten nachzuweisen.

Ab 1695 erhielten Juden den Status von Schutzbürgern und ein Hofjude (jüdischer Hoffaktor) unterstützte den Grafen von Schwarzburg-Sondershausen bei der Beschaffung von Geldmitteln und Luxusgütern. Als 1697 die Dynastie der Schwarzburger, die seit 1356 in der Stadt herrschten, in den Reichsfürstenstand erhoben wurde, entwickelte sich die Stadt zu einer barocken Residenz mit hohem Kulturanspruch. Es bildete sich eine jüdische Gemeinde mit Betsaal und Schulmeister; auch ein jüdischer Begräbnisplatz wurde angelegt. 1826 wurde eine Synagoge erbaut. Von 1827-1840 bestand eine eigene jüdische Volksschule. 1835 lebten über 40 jüdische Familien in Sondershausen. Bis 1849 erlangten die Sonderhäuser Juden uneingeschränkte Bürgerrechte.

Gegen Ende des 19. Jahrhunderts sank die Zahl der Gemeindemitglieder durch Wegzug und Auswanderung. Mit der Machtübernahme der Nationalsozialisten 1933 begann die systematische Ausgrenzung und Entrechtung der Sonderhäuser Juden, die in der Deportation und Vernichtung derjenigen gipfelten, die eine Auswanderung nicht erwogen oder nicht mehr geschafft hatten. Heute existiert keine jüdische Gemeinde mehr. Die Stadt kümmert sich um die Bewahrung und Erschließung der erhaltenen Zeugnisse jüdischen Lebens.

Adresse

Bebrastraße/Lange Straße
99706 Sondershausen
Deutschland

Dauer
48.00
Literatur
Bloch, Sabine F., Von Kassel über Sondershausen nach Strelitz: Der Lebensweg des Schutzjuden und Hoffaktors Alexander Cantor zwischen 1680 und 1715, in: Festschrift Philipp Heidenheim. Beiträge zum Kolloquium „Jüdisches Leben in Thüringen“ aus Anlass des 200. Geburtstages des Sondershäuser Rabbiners Prof. Philipp Heidenheim (1814-1906), hrsg. vom Schlossmuseum Sondershausen (Sondershäuser Kataloge XII), Sondershausen 2016, S. 12-28.
Beger, Jens, Jüdische Familien in Sondershausen, in: Beiträge zur Geschichte der Juden Schwarzburgs (Juden in Schwarzburg, Bd. 1), hrsg. vom Schlossmuseum Sondershausen (Sondershäuser Kataloge IV), 2006.
Juden in Schwarzburg. Festschrift zu Ehren Prof. Philipp Heidenheims (1814-1906), Rabbiner in Sondershausen, anlässlich seines 100. Todestages, Band 1: Beiträge zur Geschichte der Juden Schwarzburgs (Autorenteam), Bd. 2: Der jüdische Friedhof von Sondershausen (bearbeitet von Nathanja Hüttenmeister), Dresden und Sondershausen 2006.
Kahl, Monika, Denkmale jüdischer Kultur in Thüringen, Bad Homburg 1997.
Küstner, Eike, Jüdische Kultur in Thüringen. Eine Spurensuche, Erfurt 2012.
Schwierz, Israel, Zeugnisse jüdischer Vergangenheit in Thüringen, Erfurt 2007.
Länge
3.70
Stationen
Adresse

Bebrastraße/Lange Straße
99706 Sondershausen
Deutschland

Geo Position
51.370189, 10.870358
Titel
Die Mikwe – ein jüdisches Ritualbad aus dem 13. Jahrhundert
Stationsbeschreibung

Während einer archäologischen Grabung wurden 1998/99 am westlichen Rand des Altstadtkerns die Reste einer mittelalterlichen Mikwe gefunden. Diese Tauchbecken dienen im Judentum der rituellen Reinigung von Männern und besonders von Frauen und werden nach einer Krankheit, einer Geburt oder der Menstruation benutzt.

Das schlichte rechteckige Grundwasserbecken mit Treppenzugang war ursprünglich ca. 1,6 m tief und wurde unter einem barocken Brunnenschacht entdeckt und freigelegt. Begleitfunde erlauben, den Bau des Beckens in das ausgehende 13. Jahrhundert zu datieren. Es wurde somit noch vor der Stadtgründung und der Errichtung des ältesten Stadtmauerrings um 1300 angelegt. Zerstörungsspuren legen seine Aufgabe um die Mitte des 14. Jahrhunderts nahe, vermutlich im Zusammenhang mit den auch in Sondershausen wütenden Pestpogromen von 1349. Die Pogrome breiteten sich von Südfrankreich, teilweise noch vor dem Auftreten der Pest, aus. Juden wurden ermordet und verfolgt mit der Beschuldigung, die Brunnen vergiftet und die Pest hervorgerufen zu haben.

Das Ritualbad an der Bebrastraße gehört zum Typ der Kellermikwen, die als schlichte Badebecken innerhalb von Gebäuden angelegt wurden. An der westlichen Seite des (nicht mehr bestehenden Überbaus) verlief die Stadtmauer. Nach 1349 scheint die Mikwe in Vergessenheit geraten zu sein. Das Becken wird bis heute durch Grundwasser gespeist und wurde vermutlich im Laufe des 17. Jahrhunderts mit einem Brunnen überbaut. Die jüdische Gemeinde, die sich zu Ende des 17. Jahrhunderts in der Residenzstadt neu etablierte, kannte diese Mikwe vermutlich nicht. Sie benutzte laut schriftlichen Quellen eine gegenwärtig nicht lokalisierbare Mikwe in einem anderen Privathaus. Für das 19. Jahrhundert ist ein jüdisches Badehaus im östlichen Altstadtgebiet belegt. Die Sondershäuser Mikwe zählt neben der 2007 nahe der Krämerbrücke in Erfurt aufgefundenen Mikwe zu den ältesten erhaltenen jüdischen Ritualbädern Mitteldeutschlands. Sie wurde mit einem Teil des angrenzenden Stadtmauerfundaments in situ erhalten und in den Neubau des Einkaufszentrums „Galerie am Schlossberg“ integriert. Die Ausstellung erhielt 2002 den Denkmalspreis des Landes Thüringen.

Adresse

Bebrastraße 6
99706 Sondershausen
Deutschland

Geo Position
51.369476, 10.86955
Titel
Synagoge
Stationsbeschreibung

Die jüdische Gemeinde hielt seit der Aufnahme von Schutzjuden 1695 in Sondershausen ihre Gottesdienste in privaten Häusern ab. Zumeist stellte der amtierende Hofjude oder Hoffaktor des Fürsten sein Haus dafür sowie für den Unterricht der Kinder zur Verfügung. Während des 18. Jahrhunderts schwankte die Anzahl der Gemeindemitglieder zwischen drei und dreizehn Familien. Die Juden mussten immer noch Schutzgelder bezahlen und unterstanden einer Sondergesetzgebung. Erst durch das Verfassungswerk 1849 erhielten die Juden des Landes die Bürgerrechte.

Nach 1800 wuchs die Zahl der Gemeindemitglieder und damit nahm auch der Bedarf nach einer separaten Räumlichkeit für den Gottesdienst zu. 1825/26 errichtete die Gemeinde, die mittlerweile aus 26 Familien bestand, an der Bebrastraße 6 eine Synagoge. Sie stand auf dem Grundstück hinter dem gemeindeeigenen Schulhaus und war über das Vorderhaus und den angrenzenden Hof zugänglich. Der verputzte Fachwerkbau umfasste eine schlichte Halle mit Empore und wurde nach einjähriger Bauzeit am 1. September 1826 eingeweiht.

Von 1845 bis zu seinem Tode 1906 predigte und lehrte hier der Rabbiner Philipp Heidenheim. Er predigte auf Deutsch und der Gottesdienst wurde durch Instrumentalmusik begleitet. Um die Mitte des 19. Jahrhunderts gehörten ca. 40 Familien der jüdischen Gemeinde von Sondershausen an, danach sank die Zahl der Gemeindemitglieder durch Todesfälle und Wegzug, so dass nach dem Tode Philipp Heidenheims im Jahre 1906 die Rabbinerstelle nicht mehr besetzt wurde.

Bis zu ihrer Schändung am 9. November 1938 blieb die Synagoge das geistige und religiöse Zentrum der Gemeinde. Während des Bombenangriffs auf Sondershausen am 8. April 1945 wurde sie schwer beschädigt und beim Abriss der Häuser Bebrastraße 6 bis 8 um 1960 ebenfalls abgerissen. Bis zum Bau des über dem einstigen Altstadtareal errichteten Einkaufszentrums „Galerie am Schlossberg“ 2001/2002 lag die Fläche brach. Heute erinnert eine Gedenktafel an der Westfassade des Neubaus an den einstigen Standort der Synagoge und ihr Schicksal.

Adresse

Bebrastrasse 6
99706 Sondershausen
Deutschland

Geo Position
51.369476, 10.86945
Titel
Jüdische Schule und Wohnhaus des Rabbiners Philipp Heidenheim
Stationsbeschreibung

Philipp Heidenheim wurde am 14. Juni 1814 als Sohn eines Hausierers in Bleicherode geboren. Er zeichnete sich früh durch Lerneifer und Begabung aus und erhielt im Haus einer wohlhabenden Bleicheröder Bankiersfamilie Unterricht durch einen Privatlehrer. Danach absolvierte er das Erfurter Lehrerseminar und kam 1834 als Hilfslehrer an die jüdische Schule in Sondershausen. Bereits 1837 übernahm er mit 23 Jahren die Schulleitung und das Predigeramt.

1839 heiratete er Lina, die Tochter des Hofagenten und früheren Gemeindevorstehers David Leser. Mit ihr hatte er sechs Kinder. Als 1840 die jüdische Schule den städtischen Schulanstalten angegliedert und auf den Religionsunterricht reduziert wurde, erhielt Heidenheim 1841 eine Anstellung als Lehrer an der fürstlichen Realschule.

Privat unterhielt Heidenheim seit 1842 mit Unterstützung seiner Familie ein jüdisches Knabenpensionat, das sich an der Bebrastraße 6 befand. Dort wurde auch der israelitische Religionsunterricht für die jüdischen Kinder aus Sondershausen erteilt. Das Institut zog durch seinen guten Ruf auch zahlreiche Schüler aus dem Ausland an. Nach mehrjährigem Selbststudium legte Heidenheim 1845 das Rabbinerexamen ab und wurde zum Rabbiner der jüdischen Gemeinde von Sondershausen ernannt. Ab 1847 fand der israelitische Religionsunterricht in den städtischen Schulgebäuden in der Pfarrstraße statt, ab 1903 im Schulgebäude in der Güntherstraße.

Die Realschule, an der Heidenheim unterrichtete, war 1852 die meistbesuchte Schule der Stadt (256 Schüler). 1881 zog sie mit dem Gymnasium in das neuerbaute Schulgebäude in der Güntherstraße 58 (heutiges Geschwister-Scholl-Gymnasium) ein. Im selben Jahr wurde Philipp Heidenheim nach vierzigjähriger Dienstzeit zum Professor ernannt. Fünf Jahre später trat er 1886 in den Ruhestand. Er galt als ausgezeichneter Pädagoge. Als Rabbiner setzte er sich für zeitgemäße Reformen ein und förderte den jüdischen Emanzipationsprozess im Fürstentum Schwarzburg-Sondershausen entscheidend. Er starb an seinem 92. Geburtstag und wurde auf dem jüdischen Friedhof der Stadt beigesetzt.

Adresse

Bebrastraße 31
99706 Sondershausen
Deutschland

Geo Position
51.37011, 10.869178
Titel
Standort der ehemaligen Wohnhäuser der Hofjuden Alexander Cantor und Abraham Wallich
Stationsbeschreibung

Nach seiner Erhebung in den Reichsfürstenstand 1697 betrieb Graf Christian Wilhelm von Schwarzburg-Sondershausen mit großem Aufwand eine fürstenwürdige Hofhaltung in seiner Residenzstadt Sonderhausen. In diesem Zusammenhang beschäftigte er auch einen Hofjuden oder Hoffaktor, der sich um die Beschaffung von Geld und Luxuswaren kümmerte. Viele Juden verfügten über weit gestreute familiäre und geschäftliche Beziehungen, da sie sich oft nur zeitlich beschränkt an einem Ort aufhalten durften. In Sondershausen erhielten einige jüdische Familien 1695 den Status als Schutzjuden. Das damit verbundene, jährlich zu erneuernde Aufenthaltsrecht bezahlten sie mit Schutzgeldern.

Alexander Cantor war der erste Hofjude in Sondershausen und Teil einer jüdischen Gemeinschaft. 1698 wurden eine Betstube sowie eine Schule urkundlich bezeugt und 1699 der Kauf eines Areals für eine jüdische Begräbnisstätte südlich der Stadt am Spatenberg. Cantor lebte in einem Haus an der westlichen Bebrastraße und stellte sein Haus für die Gottesdienste und die Schule der jüdischen Gemeinde zur Verfügung. Gleiches tat sein Nachfolger, Philipp Abraham Wallich, der in einem Haus am nordwestlichen Ende der Bebrastraße lebte.

Als Kreditgeber und Kaufmann in fürstlichem Dienst kam Wallich zu einem beachtlichen Vermögen. Damit wurde er zur Zielscheibe des Räuberhauptmanns Loth und seiner Bande, die vom nahegelegenen Kyffhäusergebirge aus operierten. In einer Novembernacht 1720 drang die Bande in Wallichs Haus ein, überwältigte die Bewohner und raubte Münzen im Wert von 26.000 Talern sowie Juwelen, Perlen und Gegenständen aus Gold und Silber. Der Landesherr und Fürst von Schwarzburg-Sondershausen reagierte auf diesen dreisten Überfall mit dem Einsatz von Militär; durch das Aussetzen eines Kopfgeldes konnte Loth in eine Falle gelockt und gefangen werden. Nach dem Tode Wallichs nahmen die Kaufleute Hirsch Moyses und Abraham Levi dessen Position als jüdische Hoffaktoren des Fürsten ein. Die jüdischen Hoffaktoren leisteten eine bedeutende finanzielle Unterstützung beim Aufbau des Wirtschafts- und Geisteslebens der Residenzstadt.

Adresse

Lohstraße 26/27
99706 Sondershausen
Deutschland

Geo Position
51.370575, 10.868784
Titel
Die Kaufhäuser Samuel, Siegfried und Arthur Simon
Stationsbeschreibung

1903 eröffneten Samuel und Sara Simon ein Kaufhaus für Manufakturwaren und Herren- und Knabenkonfektion an der Lohstraße 26/27. Sie waren kurz zuvor mit ihren vier Kindern Max, Siegfried, Margarete und Arthur von Nordhausen nach Sondershausen gezogen. Nach dem frühen Tod ihres Ehemannes 1907 führte Sara Simon das Geschäft eigenständig weiter und zog die Kinder groß. 1920 siedelte sie zu ihrem im 1. Weltkrieg verletzten Sohn Max nach Blankenhain (Weimar) über, der dort eine Konfektionshandlung führte.

In Sondershausen übernahmen die jüngeren Söhne das elterliche Geschäft. Siegfried führte das Stammhaus an der Lohstraße 26/27 und Arthur gründete 1925 in der Lohstraße 12 ein eigenes Geschäft. 1923 heiratete die Schwester Margarete nach Köln und Arthur die aus dem polnischen Przemyśl stammende Kontoristin Zlata Laub. Siegfried verheiratete sich 1930 mit Rosa Edelmuth. Er engagierte sich als Vorstandsmitglied der israelitischen Gemeinde.

Als die Geschäfte nach der nationalsozialistischen Machtübernahme zunehmend schlechter liefen, vermieteten 1938 Arthur und Zlata Haus und Geschäft und gingen vorübergehend mit ihrer Tochter nach Hamburg. Nach der Pogromnacht 1938 gelang der Familie von Arthur im Februar 1939 die Ausreise nach Shanghai. Siegfried jedoch versuchte vergeblich im Frühjahr 1941 mit seiner Familie das Land zu verlassen.

Mit Ausnahme von Arthur, Zlata und ihrer Tochter Ruth, die in Shanghai überlebten, wurde die gesamte Familie Simon in der Shoa ermordet. Klara und Herta, Frau und Tochter von Max Simon in Blankenhain, der Kriegsteilnehmer und Träger des Eisernen Kreuzes war und bereits 1931 verstorben war, wurden am 10. Mai 1942 über das Auffanglager Weimar nach Bełżyce deportiert. Sie starben im Distrikt Lublin. Mit dem gleichen Transport mussten auch Siegfried, Rosa und Heinz Simon, Sondershausen verlassen und fuhren in den Tod. Die in Köln lebende Schwester Margarete, ihr Mann Isidor und ihre Kinder Irmgard und Kurt, die 1938/39 nach Belgien geflohen waren, wurden mit verschiedenen Transporten am 25. August und am 31. Oktober 1942 vom Sammellager Mechelen nach Auschwitz deportiert. Auch die hoch betagte Mutter der vier Geschwister, Sara Simon, geb. Kirchheimer, die zuletzt in Erfurt lebte, wurde am 19. September 1942 nach Theresienstadt gebracht, wo sie einen Monat später starb.

Das Deutsche Reich beschlagnahmte im Mai 1942 das Wohn- und Geschäftshaus in der Lohstraße 26/27 „kraft Vermögensverfall infolge Ausbürgerung“ (11. Verordnung zum Reichsbürgergesetz vom Nov. 1941) und verkaufte es im September desselben Jahres. Es wurde beim Bombenangriff auf Sondershausen am 8. April 1945 zerstört, ebenso wie das Haus Lohstraße 12. Ruth Simon lebt heute mit ihrer Familie in Israel. Dem Andenken der Familie Simon widmete die Stadt Sondershausen die ersten sechs im Stadtgebiet im Jahre 2012 verlegten Stolpersteine.

Adresse

Hauptstraße 36
99706 Sondershausen
Deutschland

Geo Position
51.371113, 10.873362
Titel
Das Handelshaus Gebrüder Redelmeier
Stationsbeschreibung

Die 1820 gegründete Firma „Gebr. Redelmeier“ gehörte zu den traditionsreichsten Handelsgeschäften der Stadt Sondershausen. David Moses Redelmeier lebte bereits Ende des 18. Jahrhunderts als Kaufmann, Kantor und Lehrer in der Stadt. Das Haus in der Hauptstraße 36 (früher 55) war seit spätestens Mitte des 19. Jahrhunderts im Besitz der Familie. Hier betrieb die Familie über Generationen erfolgreich eine Schnitt- und Modewarenhandlung.

Der 1884 als drittes von fünf Kindern geborene Max Redelmeier war der letzte Firmeninhaber. Er heiratete 1922 Henny Schönland, eine Tochter des Kaufmanns Salomo Schönland aus Frankenhausen. Nach der Geburt der Töchter Ilse und Ruth trat er um 1924 die Nachfolge seines Vaters Hermann an, der mit seiner Ehefrau Rosalie und der Tochter Meta Redelmeier ein Haus in der Marienstraße 75 bezog. Hermann war lange Zeit Vorsteher der jüdischen Gemeinde. Der Zusammenhalt in der Familie blieb eng. Die Mädchen hielten sich häufig bei den Großeltern und der Tante auf, wo sie Freunde empfingen und an den wöchentlichen Hausmusikstunden teilnahmen.

Nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten und dem „Judenboykott“ vom 1. April 1933 wurde es für Max Redelmeier schwierig, den Familienbetrieb aufrechtzuerhalten. In der Schule bekamen die beiden Mädchen das antisemitisch geprägte politische Klima zu spüren. Nach dem Tod seiner Mutter im März 1938 begann Max Redelmeier, die Emigration der Familie vorzubereiten. Es gelang ihm aber nicht, sein Grundstück zum Verkehrswert zu verkaufen. Nach der Pogromnacht vom 9. November 1938 wurde Max Redelmeier mit elf anderen jüdischen Bürgern der Stadt verhaftet und für zwei Wochen im Konzentrationslager Buchenwald interniert. Zurückgekehrt, veräußerte er am 5. Dezember 1938 sein Haus weit unter Wert und verließ Sondershausen mit Frau und Kindern sowie seiner Schwester Meta Redelmeier am 29. Dezember 1938 Richtung Palästina. Sie erreichten Haifa am 10. Januar 1939. Zwei Jahre nach seiner Ankunft starb Max Redelmeier in Tel Aviv.

Adresse

Possenallee
99706 Sondershausen
Deutschland

Geo Position
51.359916, 10.86992
Titel
Der jüdische Friedhof
Stationsbeschreibung

Der jüdische Friedhof am Spatenberg wurde 1699 angelegt, als Graf Christian Wilhelm von Schwarzburg-Sondershausen jüdische Bürger als Schutzjuden in der Stadt aufnahm. 1699 erwarb Hoffaktor Alexander Cantor am Spatenberg im Süden der Stadt einen Obstgarten für sich und die jüdische Gemeinde als Begräbnisplatz. Sein eigener Grabstein von 1726 ist erhalten und gehört zu den ältesten Stelen des Sondershäuser Friedhofs. 1885 wurde das vollständig belegte Gräberfeld nach Osten hin erweitert. Es liegt rechts des (heutigen) Eingangs. Ganz im Osten wurde ein kleines Gebäude errichtet, vermutlich eine Tahara-Halle zur Waschung der Verstorbenen. Heute sind etwa rund 180 Grabsteine sowie einige Fragmente erhalten. 52 Stelen sind anonymisiert, da ihre Inschriften nicht mehr lesbar sind. Im älteren, westlichen Teil stehen die Grabstelen locker über das Gelände verteilt. Sie sind in Kalk- oder Sandstein ausgeführt und schlicht gehalten, die Inschriften sind meist zweisprachig (Deutsch und Hebräisch). Bei den älteren Steinen sind die hebräischen z.T. umfangreich; einige haben auf der Rückseite deutsche Inschriften. Im neueren Teil sind die Grabsteine vielfach aus schwarzem Granit gefertigt, zum Teil schlicht, zum Teil auch aufwendiger gehalten. Größtenteils sind alle Stelen nach Osten ausgerichtet.

Der Friedhof wurde 1938 nicht geschändet, und auch 1943/44 nicht eingeebnet, da sich kein Käufer fand. Seit 1952 ist die Stadt Sondershausen für die Pflege des Friedhofsgrundstücks zuständig. 1988 wurde der Friedhof instandgesetzt und vermutlich auch die stark baufällige Tahara-Halle abgerissen. Auf ihren Fundamenten errichtete die Stadt ein Gedenkstein für die Opfer des Nationalsozialismus. 1998 wurde der Friedhof unter Denkmalschutz gestellt. Wiederholt war die Begräbnisstätte das Ziel von Schändungen, so in den Jahren 1968, 1980, 1990 und 2003.

Neben der 1999 wiederentdeckten Mikwe ist der jüdische Friedhof die einzige erhaltene jüdische Kulteinrichtung in Sondershausen. Eine fachkundige Besichtigung ist in Absprache mit dem Schlossmuseum möglich, welches auch eine ausführliche Dokumentation des Friedhofs analog und digital publizierte.

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Autor
Alexandra Bloch Pfister

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