Gustav Strupp (1851-1918) stammte aus einer wohlhabenden jüdischen Familie in Dreißigacker. Er übernahm 1873 nach dem Tode seines Vaters das Bankhaus, welches die Familie neben dem Getreidehandel zu Wohlstand gebracht hatte. Er beteiligte sich mit seinem Bankhaus an der Umwandlung zahlreicher Firmen, darunter vieler Porzellanfirmen, in Aktiengesellschaften. Als Mitglied der Aufsichtsräte dieser Aktiengesellschaften wurde er zum vorherrschenden Mann der thüringischen Porzellanindustrie; allein die Porzellanfabrik Kahla AG beschäftigte 1914 über 3.500 Arbeiter*innen. Die größeren Firmen der zum Strupp-Konzern gehörenden Porzellanfabriken stellten bereits vor dem 1. Weltkrieg elektrotechnische Artikel her; der Konzern umfasste auch Textil- und Fahrzeugunternehmen.

1905 gründete Strupp, zu dieser Zeit der vermögendste Bewohner des Herzogtums Sachsen-Meiningen und Finanzberater von Herzog Georg II., unter Beteiligung seines eigenen Bankhaus B.M. Strupp sowie weiterer Banken die Aktiengesellschaft Bank für Thüringen, welche er bis zu seinem Tode als Aufsichtsratvorsitzender führte.

1897 wurde er in den Meininger Gemeinderat gewählt, und von 1903 bis 1918 saß er als Vertreter der Freisinnigen Volkspartei im Sachsen-Meiningischen Landtag und präsidierte dort den Finanzausschuss. Zusammen mit seiner Frau Fanny Bloch, die er 1879 geheiratet hatte, begründete Gustav Strupp mehrere Stiftungen für das Herzogtum Sachsen-Meiningen. Er starb 1918 in Meiningen, wo er auch beigesetzt wurde.

Beruf
Bankier und Politiker
Geburtsdatum
9. Juli 1851
Geburtsort
Dreißigacker bei Meiningen
Gender
Mann
Literatur
Erck, Alfred und Juliane Rauprich, Dr. Gustav Strupp. Eine biographische Skizze. In: Archiv und Regionalgeschichte: 75 Jahre Thüringisches Staatsarchiv Meiningen, Hildburghausen 1998, S. 343-364.
Erck, Alfred: Gustav Strupp als Bankier und Industrieller (1. Teil), in: Jahrbuch des Hennebergisch-Fränkischen Geschichtsvereins 24(2009), S. 163-180.
Erck, Alfred: Gustav Strupp als Bankier und Industrieller (2. Teil). Das deutschlandweite Engagement der Strupps (1890 - 1905), in: Jahrbuch des Hennebergisch-Fränkischen Geschichtsvereins 25(2010), S. 155-180.
Erck, Alfred: Gustav Strupp als Bankier und Industrieller (3.1. Teil). Zwischen Unternehmertum und Wirtschaftspolitik (1905 - 1914), in: Jahrbuch des Hennebergisch-Fränkischen Geschichtsvereins 26(2011), S. 249-283.
Hess, Ulrich, Geschichte Thüringens 1866 bis 1914, Weimar 1991.
Kahl, Monika, Denkmale jüdischer Kultur in Thüringen, Bad Homburg 1997.
Küstner, Eike, Jüdische Kultur in Thüringen. Eine Spurensuche, Erfurt 2012.
Schwierz, Israel, Zeugnisse jüdischer Vergangenheit in Thüringen. Eine Dokumentation, Erfurt 2007.
Stationen
Titel
Gustav Strupp und die jüdische Gemeinde
Adresse

Synagogenweg
98617 Meiningen
Deutschland

Adressbeschreibung
östlich der Brücke
Geo Position
50.565651, 10.413171
Stationsbeschreibung

Erste Zeugnisse jüdischen Lebens in Meinungen stammen aus dem Jahre 1242. Nach dem Pestpogrom 1349 lebten erst im 15. Jahrhundert wieder Jüdinnen*Juden in der Stadt. 1566 wurden alle jüdischen Bewohner*innen aus der Stadt ausgewiesen. Seit Mitte des 17. Jahrhunderts entstanden in den nahen Dörfern Dreißigacker und Walldorf jüdische Gemeinden. Als 1856 die jüdischen Bewohner*innen des Herzogtum Sachsen-Meiningens die bürgerliche Gleichberechtigung erhielten, zogen viele Jüdinnen*Juden aus Dreißigacker in die Haupt- und Residenzstadt Meiningen, auch die Eltern von Gustav Strupp.

Der Vater Gustavs, Meyer Strupp, erwarb ein Haus an der Bernhardstraße 4, das ein ehemaliger Minister erbaut hatte. 1861 zog die Familie nach Meiningen. Zu diesem Zeitpunkt war Gustav Strupp, geboren am 9. Juli 1951 als ältester Sohn von Meyer Strupp und Philippine Franck, zehn Jahre alt. Zwei Brüder und zwei Schwestern kamen nach ihm zur Welt. Die Kinder wuchsen im repräsentativen Haus an der Prachtstraße der Residenzstadt auf.

1866 gründeten die rund 28 zugezogenen jüdischen Familien die Israelitische Kultusgemeinde Meiningen. Vorsitzender wurde Hofbankier Meyer Strupp. 1871 umfasste die Gemeinde 316 Mitglieder, 1925 etwa 500. Die jüdische Bevölkerung betrug somit rund 5% (Gesamtbevölkerung 17.000) – ein vergleichsweise hoher Prozentsatz. Jüdische Gewerbetreibende, Ärzte, Rechtsanwälte und Schauspieler bereicherten das wirtschaftliche und kulturelle Leben der Stadt sehr. Die zwischen 1881-1883 erbaute Synagoge an der Werra stand in gleicher und kurzer Entfernung zu einer katholischen und einer evangelischen Kirche. An der Einweihung 1883 nahmen der Meininger Herzog Georg II. mit seiner Frau Helene sowie zahlreiche Vertreter aus Regierung, Wirtschaft und Kultur teil. Von 1884 bis zu seinem Tode am 4. Dezember 1918 war Gustav Strupp Vorsitzender der jüdischen Kultusgemeinde. Er übte das Amt in enger Zusammenarbeit mit dem Rabbiner in Meiningen aus; auch die jeweiligen Landesrabbiner suchten seinen Rat. Er begrenzte allerdings seinen Einsatz für die jüdische Gemeinde auf seinen Heimatort und war nicht bereit, einflussreiche Ehrenämter in weiteren jüdischen Vereinigungen zu übernehmen. Gemeinsam mit seinen Brüdern und seiner Frau errichtete er mehrere Stiftungen und Fonds. Die Spenden kamen Armen und Bedürftigen zugute – keine Rolle spielte dabei jeweils, welcher Konfession die Empfänger*innen angehörten. Allein die Bedürftigkeit zählte.

1936 hielt die jüdische Kultusgemeinde ihren letzten Gottesdienst ab; am Abend des 9. November 1938 zerstörten SA- und SS-Einheiten die Einrichtung. 1939 wurde das Gebäude komplett abgetragen. Seit 1988 steht eine Gedenkstätte an der Stelle; am 9. November findet jährlich eine Gedenkveranstaltung statt.

Titel
Ausbildung und Heirat von Gustav Strupp
Adresse

Klostergasse 1
98617 Meiningen
Deutschland

Geo Position
50.570093, 10.415278
Stationsbeschreibung

Gustav Strupp trat 1861, im Alter von zehn Jahren, ins Gymnasium Bernhardinum ein. Das 1510 gegründete Gymnasium (heute befindet sich darin die Volkshochschule; die ab 1945 als Henfling-Gymnasium bezeichnete Schule zog 1997 an die Moritz-Seebeck-Allee 1 um) zählt zu den ältesten noch existierenden höheren Schulen Thüringens. Zahlreiche jüdische Jungen besuchten ab 1856 das humanistische Gymnasium, an dem Latein und Griechisch zum Fächerkanon zählten; die Mädchen besuchten private höhere Töchterschulen.

Von den 391 Jungen, die 1874 Gymnasium und Realschule in Meiningen besuchten, waren 51 Kinder jüdischen Glaubens. Jüdische Schüler machten somit 13% aller Schüler aus; der Anteil der Jüdinnen*Juden an der Bevölkerung betrug dagegen nur rund 5%. Dies ist ein deutliches Zeichen für die große Bedeutung von höherer Bildung in der jüdischen Kultur sowie auch für die Bedeutung von Bildung im Zusammenhang mit sozialem Aufstieg.

Gustav Strupp, so berichteten Mitschüler, war eine Persönlichkeit, die nicht durch schulische Glanzleistungen, sondern durch ihr Auftreten Eindruck zu machen wussten. 1869 verließ er die Schule nach der Sekunda. Er absolvierte den Einjährig-Freiwilligen Militärdienst und meldete sich bei Ausbruch des Deutsch-Französischen Krieges 1970 freiwillig, wurde aber nicht eingezogen. 1872/73 arbeite er in Berlin beim Bankier Rudolf Molenaar und genoss diese Zeit sehr. Seine weitere Ausbildung als Bankier erhielt er im elterlichen Unternehmen.

Als sein Vater 1873 starb, übernahm formell dessen Bruder Anselm die Leitung des Familiengeschäftes zusammen mit der Mutter Gustavs. Nach dem Tode Anselms 1877 wurde dessen Witwe Thekla Mitinhaberin. Gustav war aber an den Geschäften stets beteiligt. Die Prokura für die Bank erhielt er von seinem Vater kurz vor dessen Tod. In einem Rückblick betonte er, im Prinzip habe er nach dem Tode des Vaters das Unternehmen geleitet. Zu diesem Zeitpunkt war er 23 Jahre alt. 1879 oder 1890 heiratete Gustav Fanny Bloch (1861-1931), die aus einer Frankfurter Bankiersfamilie stammte. Die Liebesheirat wirkte sich auch sehr günstig auf die Geschäftsbeziehungen aus, da die Strupp‘sche Bank das Filialnetz der Bloch’schen Bank mitbenutzen konnte.

Titel
Wurzeln von Gustav Strupps Unternehmen
Adresse

Bernhardstraße 3
98617 Meiningen
Deutschland

Geo Position
50.572401, 10.41591
Stationsbeschreibung

Seit frühestens 1711 ist im benachbarten Dorf Dreißigacker eine Firma Strupp belegt, die unter anderem im Getreidehandel tätig war. Während der napoleonischen Kriege handelte der Großvater von Gustav, Bernard Meyer Strupp, sehr erfolgreich mit Getreide und profitierte dabei von den Handelsbeziehungen zu seinen nach St. Petersburg ausgewanderten Brüdern. Zusätzlich begann er, seinen Handel mit Baumwoll-, Leinen- und Seidenstoffen intensiv mit Zeitungsannoncen zu bewerben. In Dreißigacker erwarb er ein zweistöckiges Haus mit Garten und stieg zum Doyen der dortigen Juden auf.

Hatten im 18. Jahrhundert andere jüdische Familien aus Dreißigacker (wie die Rombergs und Kaysers) die Rolle der Hofbankiers des Herzogs übernommen, so sind nun für die Strupps ab 1825 Kreditgeschäfte mit dem herzoglichen Haus belegbar. Im Bankwesen war die Familie neben dem allgemeinen Handelsgeschäft seit 1742 tätig. 1833 nahm das Bankhaus B. M. Strupp seinen Sitz im neu erbauten jüdischen Kaufhaus in der Bernhardstraße 3 ein.

Landesregierung und Stadtverwaltung von Meiningen hatten sich für ein Kaufhaus in der Stadt ausgesprochen, um den jüdischen Handel von Tür zu Tür zu unterbinden. Das 1833 eröffnete Gebäude wurde zum Großteil von jüdischen Gemeindemitgliedern aus Dreißigacker finanziert. Ihr Warenangebot offerierten die Ladenbetreiber, darunter auch Strupp, in Zeitungsannoncen und stießen dabei auf guten Zuspruch der Käufer*innen, aber auch wachsenden Widerstand der christlichen Konkurrenten.

Für die wirtschaftlich-industrielle Entwicklung Meiningens spielten die jüdischen Einwohner*innen eine bedeutende Rolle. Noch waren sie aber trotz ihrer gewinnbringenden Tätigkeiten und wachsendem Wohlstand keine vollwertigen Bürger*innen des Herzogtums und durften nicht in der Stadt wohnen. Als der Antrag der Strupps auf die Erteilung des Bürgerrechts im Zuge der 1848er Revolution nach ihrem Scheitern abgelehnt wurde, seien sie, wie der Volksmund berichtet „sechsspännig von Dreißigacker nach Meiningen kutschiert“.

Das klassizistische Gebäude in der Bernhardstraße 3 erlebte später mehrere Erweiterungsbauten, heute sind hier die Kammerspiele des Theaters, eine Galerie und eine Bildungsstätte beheimatet.

Titel
Die Strupp’sche Villa – Wohnhaus und Firmensitz
Adresse

Bernhardstraße 4
98617 Meiningen
Deutschland

Geo Position
50.571792, 10.415355
Stationsbeschreibung

Das palastartige Wohnhaus baute der Architekt Karl Behlert 1909 für Gustav Strupp, der hier bis zu seinem Tode 1918 lebte. Behlert hatte auch das benachbarte Theater entworfen. Der Bau ersetzte das klassizistische Palais von 1823, das Gustavs Vater 1861 erworben hatte. Im Erdgeschoss residierte bis 1905 die Privatbank B.M. Strupp. Als sie 1905 in die Aktiengesellschaft Bank für Thüringen überging, wurden die Geschäftsräume aufgegeben und der Neubau der Villa, der eine halbe Million Mark kostete, in die Wege geleitet.

Seit 1861 liefen an diesem Ort die Fäden der Strupp-Geschäfte zusammen. Unter Gustavs Vater ging die Firma neben dem Handel mit hochwertigen Textilien verstärkt dem Bankgeschäft nach. 1856 wurde Meyer Strupp zum Hofbankier des Herzogs ernannt und ab 1862 war die Firma B. M. Strupp ausschließlich im Bankgeschäft tätig. Seit 1863 eröffnete sie Bankfilialen außerhalb von Meiningen, so u.a. in Gotha und Salzungen. 1862 gehörte die Bank zu den Mitbegründern der Werra-Eisenbahn-Gesellschaft und der Deutschen Hypothekenbank Meiningen. Bereits 1856 hatte sich die Strupp‘sche Bank an der Gründung der Mitteldeutschen Creditbank beteiligt, die schnell zu einer der größten deutschen Privatbanken wurde und später in der Commerzbank aufging.

1880 traten die drei Brüder Strupp, Gustav, Meinhold (1853-1912) und Louis (1854-1914) offiziell als Teilhaber auf. Meinhold leitete das Stammhaus in Meiningen, Louis die Filiale in Gotha und Gustav das operative Geschäft. Er finanzierte Unternehmen und unterstützte sie bei der Umwandlung in Aktiengesellschaften. Das Bankhaus Strupp beteiligte sich an Brauereien und Textilunternehmen, am Eisenbahnbau sowie vor allem in der thüringischen Prozellanindustrie, die Gustav Strupp um 1900 dominierte. Gustav Strupp vertrat die Bank als Vorstandsmitglied oder Vorsitzender des Aufsichtsrats in zahlreichen Aktiengesellschaften. So entstand mit der Zeit der „Strupp-Konzern“ mit bis zu 20.000 Beschäftigten. Gustav Strupp setzte sich auch für die Gründung einer Industrie- und Handelskammer im Kreis Meiningen ein, die er von 1883 bis 1918 präsidierte. Er arbeitete oft von acht Uhr morgens bis in die Nacht und war viel auf Geschäftsreisen in Berlin, Frankfurt, Hamburg und weiteren Städten. Gerne besuchte er auch während dieser Geschäftsreisen das Theater oder Galerien.

Die Villa und ihr Vorgängerbau waren auch ein Ort regen kulturellen Austausches. An einem monatlichen Jour fixe luden die Brüder und ihre Familien zu künstlerisch anspruchsvollen Veranstaltungen ein. Zu den Gästen zählten Schauspieler des nahen Theaters, die Dirigenten und Musiker der Hofkapelle, befreundete Bankiers aus ganz Deutschland sowie die Meininger Staatsminister. Gustav und sein Bruder Meinhold legten Sammlungen bedeutender Gemälde an.

1939 wurden die Erben von Gustav Strupp gezwungen, die Villa zu verkaufen. Während der DDR-Zeit beherbergte sie ein Kreiskulturhaus und eine beliebte Diskothek. 1990 meldete die Erbengemeinschaft Rückführungsansprüche an. Seither stand das Haus leer. 2014 willigten die Erben in eine Umnutzung des Gebäudes als Musikschule ein.

Titel
Gustav Strupps Vermächtnis - Die Bank für Thüringen
Adresse

Leipziger Straße 2
98617 Meiningen
Deutschland

Geo Position
50.574298, 10.41566
Stationsbeschreibung

Gustav und Fanny Strupp hatten keine eigenen Kinder, auch Gustavs unverheirateter Bruder Meinhold nicht. Der einzige Sohn des dritten Bruders Louis verfolgte eine akademische Karriere als Jurist. So banden die Brüder schon früh ihre beiden Schwager sowie die Kinder der Schwestern und deren angeheiratete Partner in ihre Unternehmungen ein.

Die Kinderlosigkeit von Gustav Strupp war ein Grund für die Gründung der Bank für Thüringen. Diese Bank-Neugründung von 1905 bedeutete eine wichtige Zäsur in seinem Leben. Denn die Gebrüder Strupp brachten die eigene Firma B.M. Strupp mit einem Grundkapital von 10 Millionen Mark in die neue Bank ein und wandelten das ganze Gebilde unter Beteiligung zusätzlicher Groß-Banken (u.a. Diskonto-Gesellschaft Berlin, Deutsche Boden-Kredit-Anstalt) in eine Aktiengesellschaft um. Weitere Gründe waren, dass größere Aktiengesellschaften besser als kleine Privatbanken den steigenden Geldbedarf der rasch wachsenden Industrie decken konnten und gleichzeitig auch das persönliche Risiko auf diese Weise minimiert wurde. Zusätzlich kam das fortgeschrittene Alter der Brüder dazu und die vielfältigen politischen Verpflichtungen Gustavs als Stadtverordneter und Landtagsabgeordneter, die viel Zeit und Arbeitskraft verlangten. In persönlichen Gesprächen betonte Gustav Strupp wiederholt, dass ihm dieser Schritt nicht leichtgefallen sei, da das Geschäft 165 Jahre lang in der Familie gewesen war und im Moment der Umwandlung sehr gut lief.

Gustav Strupp übernahm bei der Gründung der Bank für Thüringen den Vorsitz des Aufsichtsrates und behielt so alle Fäden in der Hand. Die Bank befand sich zunächst in einem Vorläuferbau, dem Sitz der Mitteldeutschen Creditbank. Von 1906-1909 errichtete der Architekt Karl Behlert den repräsentativen Neubau in neubarockem Stil. Über den Fenstern des ersten Obergeschosses wurden Wappen einiger Städte angebracht, in denen sich Bankfilialen befanden. Die Bank wurde zum führenden Institut in den thüringischen Herzoig- und Fürstentümern. 1929 ging sie in der Deutschen Bank auf. Von 1946 bis 2001 war in diesem Gebäude das Landgericht Meiningen untergebracht. Heute ist es ein Bürogebäude.

Titel
Kulturförderung und soziales Engagement
Adresse

Englischer Garten
98617 Meiningen
Deutschland

Geo Position
50.572027, 10.418892
Stationsbeschreibung

Gustav Strupp beteiligte sich seit den 1880er Jahren an zahlreichen kulturellen, künstlerischen und sozialen Projekten und gründete, teilweise zusammen mit seiner Frau Fanny, mehrere Stiftungen. Darunter befanden sich u.a. eine Holz- und Kohlestiftung für das ärmere Volk von 1885, die Fanny Strupp Stiftung zugunsten des Georgenkrankenhauses in Meiningen von 1904 und eine Stiftung für Volksbibliotheken 1907. Er steuerte ansehnliche Beiträge zur Anschaffung der Orgel für die 1883 neu errichteten Synagoge bei, förderte das Meininger Musikfestival, unterstützte den Bau des Meininger Hallenbades, des Schützenhauses und des Umbaus des Hotels „Sächsischer Hof“. Er beteiligte sich an vielen Denkmalerrichtungen.

1899 war er Schatzmeister des Denkmalkomitees zur Errichtung des Brahms-Denkmals. Das im selben Jahr errichtete Brahmsdenkmal im Englischen Garten, einem der ältesten innerstädtischen Landschaftsparks in Deutschland, ist das erste Ehrenmal, das dem berühmten Komponisten nach seinem Tode 1897 gewidmet wurde.

Johannes Brahms (1833-1897) weilte oft in Meiningen. Er war mit dem Herzogspaar Georg II. und Helene gut bekannt und mit dem Meininger Hofkapellmeister Hans von Bülow befreundet. Brahms zu Ehren wurde unter tatkräftiger und finanzieller Hilfe von Gustav Strupp 1899 das 2. Meininger Musikfest ausgerichtet. Gustav Strupp förderte nicht nur soziale und kulturelle Einrichtungen sondern unterstützte auch einzelne Personen. Während des Ersten Weltkriegs gingen seine Spenden und Beihilfen, die nicht nur den offiziellen Fonds zuflossen, sondern auch viele Menschen seines Wahlkreises und darüber hinaus erreichten, in die Hunderttausende.

Titel
Stadtverordneter und Landtagsabgeordneter Gustav Strupp
Adresse

Eleonorenstraße 3
98617 Meiningen
Deutschland

Geo Position
50.567979, 10.416435
Stationsbeschreibung

Gustav Strupp war in zahlreichen politischen Kommissionen tätig und pflegte regen und steten Umgang mit den Regierungsvertretern des Herzogtums sowie regionalen Unternehmern und deutschlandweit tätigen Bankiers. So lag es nahe, dass er selbst seit den 1890er Jahren auch politisch tätig wurde. 1897 ließ er sich als Gemeinderat aufstellen, wurde gewählt und übernahm aufgrund seiner fachlichen Kompetenz den Vorsitz der Finanzkommission. Dem Gremium gehörte er mit kurzen Unterbrechungen bis zu seinem Tode an.

1903 beteiligte er sich an den Landtagswahlen in den Sachsen-Meiningischen Landtag und gewann im Wahlkreis Schalkau-Rauenstein erfolgreich eines von 16 Mandaten. Auch hier brachte er seine Expertise und Fähigkeiten erfolgreich ein: Im 1. Weltkrieg avancierte er zum Vizepräsidenten des Landesparlamentes.

Im Landtag musste sich Gustav Strupp stärker politisch festlegen als im Stadtrat, wo der Konsens zum Wohle der Residenzstadt gesucht wurde. Als Bankier vertrat er liberale Positionen. Ab 1909 stand er als letzter Freisinniger im Landtag – auch als Unternehmer – in einem Spannungsverhältnis zur nun größten Fraktion der Sozialdemokraten. Aber auch wenn er neue Streckenführungen der Eisenbahn unter ökonomischen Gesichtspunkten beurteilte und als Politiker vorantrieb, verschloss er sich sozialen Positionen nicht. 1911 unternahm er den Vorstoß einer freiwilligen Fürsten-Besteuerung, der vom Landtag breit unterstützt, vom Herzog aber klar zurückgewiesen wurde. Ein stark ausgeprägtes Sozialempfinden äußerte sich auch in seinem Engagement für ein erneuertes Volksschulgesetz sowie den zahlreichen Stiftungen für die Mitarbeiter*innen der eigenen Firmen, das lokale Krankenhaus oder die Finanzierung des ersten Krankenautomobils für Meinigen 1911.

Das Landtagsgebäude wurde 1880/81 in Stil der italienischen Neorenaissance errichtet. 1931 übernahm das Gebäude die Deutsche Reichspost, 1945 die deutsche Post der DDR und 1990 die Deutsche Telekom. Seit 2011 in Privatbesitz, wird es heute nach einer Renovierung als Bürogebäude genutzt.

Titel
Die letzten Jahre von Gustav Strupp
Adresse

Berliner Straße 13
98617 Meiningen
Deutschland

Adressbeschreibung
Direkt nach dem Eingang scharf links abbiegen und geradeaus gehen
Geo Position
50.567612, 10.421652
Stationsbeschreibung

Ab 1906, nach der Gründung der Bank für Thüringen, begann Gustav Strupp zwischen Phasen intensiven Arbeitens mehrfach im Jahr längere Auszeiten zu nehmen. Er litt an Gicht und Blasenerkrankungen. Die Geschäftsreisen nach Berlin, Frankfurt, Dresden, München, die regelmäßigen Inspektionsfahrten zu sämtlichen Porzellanfabriken, die Leitung von zwei oder drei Generalversammlungen von Aktiengesellschaften, die Sitzungen von Landtag und Meininger Gemeindevertretung lösten sich nun ab mit Reisen und Kuren in Bozen, Karlsbad, der Schweiz oder Südfrankreich. Sein Bruder Meinhold hielt in dieser Zeit die Stellung in Meiningen und ging seinerseits auf Reisen, wenn Gustav zurückkehrte.

Als Meinhold 1912 unerwartet starb, stellte sich die Frage nach einer Weiterführung der Geschäfte und damit nach einem Erben in drängender Weise. Die Neffen wurden stärker eingebunden. Als 1913 die gesundheitlichen Probleme Gustavs zunahmen und er sich 1914 einer Gallenoperation unterziehen musste, beschloss der Familienrat, Ludwig Fuld, einen angeheirateter Neffen (Ehemann von Helene Hoffmann, der jüngsten Tochter von Gustavs Schwester Mathilde) mit der Verwaltung der Bank für Thüringen und der gesamten Aktiengeschäfte zu betrauen.

Gustav Strupp erholte sich zwar rasch wieder, der Tod des dritten Bruders Louis 1914 sowie der Tod des von ihm sehr geschätzten Herzogs Georg II. im selben Jahr, führten ihm vor Augen, „dass man selbst jetzt in einem Alter steht, in welchem man nicht mehr auf zu viele Jahre des Wirkens rechnen kann,“ wie er in einem Brief schrieb. Er ging weiter seinen geschäftlichen und politischen Verpflichtungen nach, widmete sich seiner Gemäldesammlung und seinen sozialen Stiftungen. Als treuer deutscher Patriot verfolgte er den Verlauf des ersten Weltkriegs und unterstützte die Organisation einer leistungsfähigen deutschen Kriegswirtschaft. Im November 1918 musste er sich einer erneuten Operation unterziehen. Am 4. Dezember 1918 starb er in Meiningen. Seine zehn Jahre jüngere Frau Fanny Strupp überlebte ihn um 14 Jahren. Sie starb 1931. Beide wurden auf dem jüdischen Friedhof, der sich an der Nordseite des christlichen Friedhofs an der Berliner Straße befindet, beerdigt. 1870 hatte die jüdische Gemeinde Meiningen das Gelände erworben und 1873 den Friedhof angelegt. Heute umfasst er 150, vielfach in Hebräisch beschriftete Grabsteine. Der älteste stammt von 1889, der letzte wurde 1944 errichtet.

Die Grabstätte von Gustav und Fanny Strupp-Bloch, deutlich größer als viele der anderen Grabstelen, hat die Form eines schlichten steinernen Altars. Unterhalb der Oberkante verläuft eine mäandrierende Verzierung. Eingraviert sind nur die Namen und Lebensdaten des Ehepaars.

Sterbedatum
4. Dezember 1918
Sterbeort
Meiningen

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Autor
Alexandra Bloch Pfister