Gertrud Reyersbach wurde am 28. Juli 1907 in Oldenburg geboren und wurde als gutherzige Ärztin bekannt, welche zahlreichen Repressionen durch die Nationalsozialist*innen ausgesetzt war. Trotz der Umstände ging sie dennoch ihren Weg, um ihr Ziel, Ärztin zu werden zu erreichen. Obwohl sie im März 1937 aufgrund wachsender Bedrohung durch die politische Lage nach Boston in die USA emigrierte, war sie stets mit ihrer Heimatstadt Oldenburg verbunden. So kehrte sie beispielsweise für die Gedenkfeier an ihren, durch das NS-Regime ermordeten, Bruder nach Oldenburg zurück. Gertrud Reyersbach war bis zu ihrem 80. Lebensjahr in ihrer eigenen Praxis in Boston bis zuletzt mit vollem Engagement und liebevoller Hingabe als Ärztin tätig. Sie starb schließlich am 02. September 1999 in Boston.
Roggemannstraße 1
26122 Oldenburg
Deutschland
Gertrud Reyersbach wurde am 28. Juli 1907 in Oldenburg geboren. Sie lebte dort mit ihren Eltern und ihrem Bruder Kurt in der Roggemannstraße 1. Das Wohnhaus der Familie Reyersbach ist heute noch erhalten. Sie gehörte zum wohlhabenden Bürgertum und stammte aus einer wirtschaftlich erfolgreichen Familie. Die Fabrik „M.L. Reyersbach A.G.“, welche vor allem mit Maschinen und Haushaltsgeräten handelte und unter anderem Fahrräder und Musikinstrumente verkaufte, befand sich am Damm 4 in Oldenburg und wurde von Gertruds Vater Paul Reyersbach und dessen Bruder Franz Reyersbach zusammen betrieben. Die Fabrik war innerhalb der Stadt allseits bekannt, sodass die Fahrzeuge der Firma in das Stadtbild Oldenburgs gehörten. Heute ist das Firmengebäude nicht mehr erhalten, da es in den 1970er Jahren abgerissen wurde. Gertruds Eltern legten viel Wert darauf, das soziale Engagement in ihrem Umfeld zu fördern und setzten diesbezüglich in ihrer Erziehung grundlegende Werte und Normen in den Fokus. Ein englisches Kindermädchen war ebenfalls an ihrer Erziehung beteiligt. Gertrud besuchte von 1917 bis 1927 die Cäcilienschule, welche sich zunächst am Theaterwall befand und dann im Jahre 1923 durch die wachsende Schüler*innenzahl zum Hafenufer umzog, wo sie sich heute noch befindet. Dort erwarb sie im Februar 1927 ihr Abitur und nahm im selben Jahr aufgrund des 60-jährigen Jubiläums der Schule an dem ersten dazugehörigen Schulfest teil.
Charitéeplatz 1
10117 Berlin
Deutschland
Zunächst studierte Gertrud Philosophie. Nach Beendigung des Studiums nahm sie 1929 das Medizin-Studium in Berlin auf, was zu dieser Zeit eine ungewöhnliche Studienwahl für eine Frau war. Ihre Eltern unterstützten sie in diesem Schritt jedoch bedingungslos und befürworteten ihre Entscheidung. Im Studium entwickelte sie ein besonderes Interesse für Naturwissenschaften. Da auch an der Universität immer größere Sanktionen gegen Jüdinnen*Juden vorgenommen wurden, wechselte sie den Studienort und ging nach Göttingen.
Wilhelmsplatz 1
37073 Göttingen
Deutschland
In Göttingen beendete Gertrud erfolgreich ihr Studium und legte am 29. Mai 1935 ihre Doktorprüfung ab, was sie zur Kinderärztin mit Spezialgebiet der Endokrinologie und rheumatischen Erkrankungen befähigte.
Zur Beendigung ihres Studiums absolvierte sie ihr praktisches Jahr im Pharmakologischen Institut der Universität Göttingen und im Krankenhaus der Israelitischen Gemeinde Frankfurt am Main. Sie durfte jedoch nach Abschluss ihres Studiums aufgrund des Verbotes der Zulassung für Jüdinnen*Juden durch die Nationalsozialist*innen nicht praktizieren. Während ihrer Studienjahre verlor Gertrud zwei Familienmitglieder: Ihr Vater Paul starb 1934 eines natürlichen Todes. 1936 starb ebenfalls ihr Onkel Franz, welcher an den Folgen von Misshandlungen im Konzentrationslager in Sachsenhausen-Oranienburg starb.
unbekannt
New York City, NY 10019
Vereinigte Staaten
Durch die Machtergreifung der Nationalsozialist*innen im Jahre 1933 war Deutschland kein sicherer Ort mehr für die jüdische Familie, was spätestens durch die Ermordung von Gertruds Bruder deutlich geworden war. So emigrierte Gertrudam 06. März 1937 mit ihrer Mutter Olga nach Boston, nachdem sie das Elternhaus verkauft hatte und ihr Bruder Kurt bereits vorher emigriert war. Zur Anerkennung als Ärztin musste sie jedoch für drei weitere Jahre in einem Krankenhaus in New York in den USA arbeiten. Nach ihrer Rückkehr nach Boston arbeitete sie dort ebenfalls in einem Krankenhaus und betrieb dort vornehmlich Forschung. Parallel praktizierte sie in ihrer eigenen Praxis in Boston.Gertrud zeichnete sich durch ihr soziales Engagement und ihr liebevolles Interesse für all ihre Patient*innen und generell für junge Menschen aus. So war Gertrud an der Unterrichtsverpflichtung für Student*innen an der Harvard University Medical School beteiligt. Darüber hinaus zeichnete sich Gertrud durch ihre Weltoffenheit aus, welche sich in der gleichwertigen Behandlung von Menschen aller Religionen und sozialen Schichten widerspiegelte.
Franz-Reyersbach-Straße 22-26
26133 Oldenburg
Deutschland
Gertrud Reyersbach blieb mit ihrer Heimatstadt Oldenburg stets verbunden und besuchte Oldenburg im Jahr 1985 zur Enthüllung des Straßennamens im Gedenken an ihren Onkel Franz.
unbekannt
Boston, MA 02118
Vereinigte Staaten
Gertrud Reyersbach starb am 02.September 1999 in Boston.
Das Erbe an Gertrud Reyersbach verwalten die Mediziner*innen Dr. Ulrike Wendt und Volker Wendt aus Westerstede sowie Prudence L. Steiner. Letzterer ist Gründungsmitglied des Jewish Women’s Archive, er berichtete dort in einem Beitrag über seine Freundschaft zu Gertrud Reyersbach. Außerdem veröffentlichte er Teile ihrer Biografie, um an sie zu erinnern. Darüber hinaus veröffentlichten die beiden Mediziner*innen in ihrer Fachpublikation „Pädiatrie hautnah“ einen Beitrag über Gertrud Reyersbach. Dieselbigen veranlassten in Zusammenarbeit einer Arbeitsgruppe und mit Zustimmung der heutigen Bewohner*innen des Hauses, die Anbringungeine Gedenktafel an Gertrud Reyersbachs Elternhaus in der Roggemannstraße 1, in Oldenburg.
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