Ernst Löwenstein war ein Rechtsanwalt, der am Oldenburger Landgericht sowie am Oberlandesgericht tätig war. Er heiratete Else de Boer, die evangelisch war, und bekam mit ihr  zwei Kinder. Mit ihren Kindern Hermann Löwenstein und Anneliese Löwenstein wanderte die Familie 1951 in die USA aus.

Beruf
Rechtsanwalt, Notar
Geburtsdatum
07. April 1881
Geburtsort
Jever
Gender
Mann
Literatur
Brückner, Ulf, Ernst Löwenstein, in: Rechtsanwaltskammer Oldenburg (Hrsg.), Anwalt ohne Recht, Schicksale jüdischer Rechtsanwälte im Bezirk des heutigen Oberlandesgerichts Oldenburg, Oldenburg 2007, S. 83-90.
Mack, Thorsten, Der Oldenburger Rechtsanwalt Ernst Löwenstein (1881-1974). Ein jüdisches Schicksal, in: Oldenburger Jahrbuch 95 (1995), S. 149-165.
Brückner, Ulf, Erich Schiff und Ernst Löwenstein – zum Schicksal jüdischer Rechtsanwälte in Oldenburg im Dritten Reich, Vortrag im Landgericht Oldenburg am 7. Juni 2001, hrsg. vom Niedersächsischen Justizministerium, Hannover 2002, S. 3.
Meyer, Enno, Die im Jahre 1933 in der Stadt Oldenburg i. O. ansässigen jüdischen Familien. Herkunft, berufliche Gliederung, späteres Schicksal, in: Oldenburger Jahrbuch 70 (1971), S. 63.
Paulsen, Jörg, Erinnerungsbuch. Ein Verzeichnis der von der nationalsozialistischen Judenverfolgung betroffenen Einwohner der Stadt Oldenburg 1933-1945, Bremen 2001, S. 114.
https://de.wikipedia.org/wiki/Ernst_L%C3%B6wenstein_(Jurist) (letzter Zugriff am 30.12.2018)
Stationen
Titel
Kindheit und beruflicher Werdegang
Adresse

Terrasse 3
26441 Jever
Deutschland

Geo Position
53.571092, 7.905043
Stationsbeschreibung

Am 07. April 1881 wurde Ernst Löwenstein als Sohn des jüdischen Ehepaares Hermann Hirsch Löwenstein und Meta Löwenstein, geb. Moses, in Jever geboren. Zwischen 1891 und 1900 besuchte er das Mariengymnasium in Jever, welches er mit dem Abitur abschloss. Im Anschluss begann er sein Jurastudium in Berlin, wechselte allerdings bereits nach einem Jahr zur Universität in München. Nach einem Semester in München ging Ernst Löwenstein nach Leipzig, wo er sein Studium im März 1903 erfolgreich abschloss und sich zu seiner ersten juristischen Staatsprüfung meldete, die er im Juli 1903 ebenfalls erfolgreich bestand.

Ab dem 01. Oktober 1903 leistete Löwenstein seinen juristischen Vorbereitungsdienst bei Behörden in Jever und Oldenburg sowie bei Oldenburger Rechtsanwält*innen ab. Durch seine Einberufung zum Militärdienst in Halberstadt wurde diese Tätigkeit 1904 und 1905 unterbrochen. Nach seinem im November 1908 mit „ausreichend“ bestandenen Examen erhielt er seine Zulassung als Rechtsanwalt.

1920 heiratete Ernst Löwenstein die evangelische Else de Boer (geb. am 15. August 1896), welche mit der Heirat zum Judentum übertrat. Aus ihrer Ehe gehen die zwei Kinder Hermann Löwenstein (geb. am 13. März 1921) und Anneliese Löwenstein (geb. am 20. Oktober 1922), heute Lebowitz, hervor.

Titel
Landgericht Oldenburg
Adresse

Elisabethstr. 7
26135 Oldenburg
Deutschland

Geo Position
53.135123, 8.21461
Stationsbeschreibung

Bevor Ernst Löwenstein seine berufliche Station als Rechtsanwalt beim Landgericht Oldenburg im November 1909 begann, arbeitete er als Rechtsanwalt im März 1909 beim Amtsgericht Rüstringen in Bant sowie von April bis September im Jahr 1909 beim Amtsgericht Butjadingen in Ellwürden. Bis zum Ersten Weltkrieg blieb Löwenstein beim Landgericht Oldenburg und nahm dort auch nach seiner Rückkehr aus dem Krieg sein Amt wieder auf.

Sein Antrag im April 1919 auf eine Parallelzulassung am Oberlandesgericht in Oldenburg wurde abgelehnt. Ebenfalls abgelehnt wurde sein Antrag auf Übernahme in den Staatsdienst im September 1920 aufgrund seiner „nicht hervorragenden juristischen Begabung“ (Mack 1995, S. 151).

Nach der Einführung des Notariats für den Freistaat Oldenburg bekam Löwenstein seine Zulassung als Notar im Dezember 1921. Mit den erneuten Anträgen für eine Zulassung für das Oberlandesgericht war der vom 15. Februar 1928 gestellte Antrag erfolgreich, so dass Ernst Löwenstein eine Doppelzulassung am Landgericht sowie Oberlandesgericht Oldenburg besaß. Nach dem Zweiten Weltkrieg beantragte Löwenstein seine Wiederzulassung als Rechtsanwalt und wurde am 21. Januar 1946 erneut als Rechtsanwalt und Notar vereidigt. Löwenstein erhielt als einziger Oldenburger Rechtsanwalt die Doppelzulassung beim Landgericht und Oberlandesgericht aufgrund seiner erlittenen Verfolgung während der NS-Zeit.

Titel
Parallelzulassung am Oberlandesgericht Oldenburg
Adresse

Richard-Wagner-Platz 1
26135 Oldenburg
Deutschland

Geo Position
53.133983, 8.214671
Stationsbeschreibung

Im Mai 1933 wurde Löwenstein zusammen mit anderen jüdischen Anwält*innen vom Oldenburgischen Justizministerium überprüft, ob er nach dem neuen Reichsgesetz über die Zulassung zur Rechtsanwaltschaft vom 07. April 1933 seinen Beruf weiterhin ausüben dürfe. Löwenstein wurde durch seine Zulassung vor dem Ersten Weltkrieg und seine Kriegsteilnahme vor einem frühen Berufsverbot geschützt. Seine Kriegsteilnahme bewahrte ihn wenige Monate später im September 1933 erneut vor einem Berufsverbot im Zusammenhang mit dem „Gesetz zur Wiederherstellung des Berufsbeamtentums“.

Jedoch nahm Löwensteins Tätigkeit als Rechtsanwalt in den kommenden Jahren stetig ab, so dass er letztendlich ab etwa 1937 kein Einkommen mehr aus dieser Tätigkeit erzielen konnte. In der Hoffnung, dass er vor weiteren Repressalien verschont bliebe, unterschrieb Ernst Löwenstein am 13. Juni 1934 den Eid auf Adolf Hitler. Seinen Irrtum erkannte er etwa ein Jahr später, als ihm seine notarielle Zulassung entzogen wurde. Er erhielt kurze Zeit später seinen Entlassungsbescheid für sein Notariatsamt. Als Rechtsanwalt blieb Löwenstein weiter tätig.

Nach Erlass der „Nürnberger Gesetze“ im September 1935 kam es in Oldenburg zu zwei Prozessen gegen Jüdinnen*Juden da diese gegen das Verbot des „außerehelichen Verkehrs zwischen Juden und Staatsangehörigen deutschen oder artverwandten Blutes“ verstoßen hätten. Löwenstein war in beiden Prozessen der Verteidiger.

Den ersten Prozess um Bruno Wallheimer  konnte Löwenstein aufgrund einer positiven Aussprache für den Angeklagten durch den Landesrabbiner Leo Trepp gewinnen, so dass Wallheimer freigesprochen wurde. Den zweiten Prozess verlor er hingegen. Einen Monat später endete Löwensteins berufliche Laufbahn, als ihm am 20. Oktober 1938 die Zulassung als Rechtsanwalt entzogen wurde. Einen Tag früher stellte Löwenstein jedoch bereits einen Antrag auf Zulassung als jüdischer Konsulent in Bremen, wo er als Auswanderungsagent des „Bremer Komitees für hilfsbedürftige jüdische Auswanderer“ die Betroffenen bei der Auswanderung unterstützen sollte. Im Zuge der Novemberpogrome wurden Ernst Löwenstein und sein Sohn Hermann in Bremen inhaftiert, obwohl die Familie Löwenstein angeblich aufgrund von Ernst Löwensteins Tätigkeit als Auswandererberater von den Verhaftungen ausgenommen sein sollte. Nach dieser ‚versehentlichen‘ Verhaftung wurden die beiden am 10. November 1938 in das Konzentrationslager Sachsenhausen deportiert. Nach 14 Tagen Haft wurden sie jedoch wieder entlassen, was vermutlich durch eine Zusage Löwensteins auf eine baldige Emigration ermöglicht wurde.

Titel
Amsterdam
Adresse

unbekannt
1011 AH Amsterdam
Niederlande

Geo Position
52.367193, 4.8904
Stationsbeschreibung

Am 06. Januar 1939 wanderte Ernst Löwenstein nach Heemstede in die Niederlande aus, da seine Zulassung als Rechtsanwalt beim Oberlandesgericht in Oldenburg im November des Vorjahres gelöscht worden war. Er war zu dieser Zeit aufgrund der Ereignisse beruflich, gesundheitlich und finanziell ruiniert.

Kurz nach seinem Aufenthalt in Heemstede ging Löwenstein nach Amsterdam und war dort als Auswandererhelfer für den dortigen Judenrat tätig. Allerdings wurde die deutsche Besatzung aufmerksam auf ihn, und er wurde vom 17. Oktober bis zum 21. November 1940 erneut festgenommen.Anschließend wurde er von einer Angestellten der Stadt Amsterdam für tot erklärt, obwohl er sich in Wahrheit bei einem jüdisch-evangelischen Ehepaar verstecken konnte.

Von 1942 bis Mitte 1944 war Löwenstein bei einer jüdischen Hilfsorganisation angestellt und überstand auf diese Weise die Kriegszeit, abgesehen von seinen starken gesundheitlichen Schäden, einigermaßen unbeschadet im Untergrund. Die Familie Löwenstein lebte während der gesamten Kriegszeit getrennt. Ehefrau Else zog von Bremen nach Peine (Niedersachsen), ihre Tochter Anneliese nach Leipzig und anschließend ebenfalls nach Peine, während Sohn Hermann die Kriegszeit in Belgien und später auch in Frankreich verbrachte. Nach Kriegsende kehrte dieser zu seiner Mutter und Schwester nach Peine zurück, wo auch Ernst Löwenstein im Oktober 1945 eintraf.

Seine verzögerte Rückkehr nach Deutschland hing damit zusammen, dass die Grenzen der Niederlande nach Kriegsende geschlossen wurden, so dass die Flucht von Nationalsozialist*innen verhindert wurde. Aufgrund dessen musste Löwenstein auf einem britischen Lastwagen nach Deutschland geschmuggelt werden, bevor er zu seiner Familie zurückkehren konnte. Mitte November 1945 kehrte die wiedervereinigte Familie Löwenstein nach Oldenburg zurück. ErnstLöwenstein stellte am 22. November 1945, wenige Tage nach der Ankunft, einen Antrag auf Wiederzulassung als Rechtsanwalt und Notar sowie auf Entnazifizierung. Beide Anträge wurden sofort angenommen, und am 21. Januar 1946 wurde Ernst Löwenstein erneut als Rechtsanwalt und Notar vereidigt.

Titel
Tätigkeit als Abgeordneter am Oldenburger Landtag
Adresse

Tappenbeckstraße 1
26122 Oldenburg
Deutschland

Geo Position
53.139049, 8.202104
Stationsbeschreibung

Ernst Löwenstein war insgesamt sehr politisch interessiert und engagiert, jedoch nahm er zunächst bis zu seiner Tätigkeit als Abgeordneter im Oldenburger Landtag nicht aktiv am politischen Geschehen teil. Auch die Möglichkeit für eine liberale Partei zu kandidieren, lehnte Löwenstein ab, obwohl er für seine liberalen Ansichten sowohl in religiösen Belangen als auch in der Politik bekannt war. Dies änderte sich, als Löwenstein bei der ersten Zusammenkunft des Oldenburger Landtags am 30. Januar 1946 zu den anwesenden Abgeordnet*innen zählte. Aus mehreren Quellen geht hervor, dass er dort besonders für die Rechte der Jüdinnen*Juden und anderen verfolgten Gruppen einstand und deren Ansichten insgesamt vertrat. Auffällig ist jedoch die Tatsache, dass Löwenstein an keiner der Debatten, welche im Landtag stattfanden, teilnahm und sich insgesamt in seinem Amt als Abgeordneter eher zurückzog, indem er auch während keiner der fünf Sitzungen als Redner auftrat. In der zweiten Sitzung des Landtags am 10. April 1946 wurde Löwenstein zum Mitglied des Verwaltungsausschusses der FDP gewählt, woraufhin er dieses Amt auch annahm.

Titel
Löwensteins Verbindung zur Jüdischen Gemeinde zu Oldenburg
Adresse

Leo-Trepp-Straße 15-17
26121 Oldenburg
Deutschland

Geo Position
53.143211, 8.206429
Stationsbeschreibung

Ernst Löwenstein setzte sich besonders aktiv für die in seiner Heimat Oldenburg lebenden Jüdinnen*Juden ein. 1936 trat Löwenstein sowohl das Amt als Vorsitzender des Landesausschusses als auch das des Vorsitzenden des Landesgemeinderates an. Besonders Löwensteins Tätigkeit als Rechtsanwalt eröffnete ihm die Möglichkeit auch bei rechtlichen Fragen für die Jüdinnen*Juden in Oldenburg einzustehen. Beide Ämter waren von großer Bedeutung im Hinblick auf die Vertretung aller jüdischen Gemeinden im Oldenburger Land.

Zudem errichtete Löwenstein gemeinsam mit Leo Trepp, welcher zu dieser Zeit das Amt des Oldenburger Landesrabbiners innehatte, die Jüdische Schule in Oldenburg. Neben der Förderung der Schulbildung der Kinder lag Löwenstein ganz besonders die Möglichkeit des Festhaltens an die jüdische Religion und der damit einhergehenden Findung von Trost und Unterstützung am Herzen. Insbesondere die Förderung der Interessen der Mitglieder der Jüdischen Gemeinde zu Oldenburg waren ihm ein zentrales Anliegen. Dies war einer der Gründe dafür, dass Löwenstein im Jahr 1946 zum Ersten Vorsitzenden der Jüdischen Gemeinde zu Oldenburg in der Nachkriegszeit ernannt wurde.

Titel
Auswanderung & Lebensende in den USA
Adresse

Canoga Park
Los Angeles, CA 91309
Vereinigte Staaten

Geo Position
34.208862, -118.605875
Stationsbeschreibung

Die ersten Anzeichen für eine geplante Auswanderung Löwensteins gemeinsam mit dessen Frau Else in die USA war aufgrund eines Briefs an Ries, den Vizepräsidenten des Oberlandesgerichts, im Herbst 1950 erkennbar. In diesem Schreiben wurde Ries darum gebeten, eine ,,Darstellung der Fähigkeiten und des Charakters” (Mack 1995, S. 162) des Ehepaars Löwenstein anzufertigen, um Gründe nennen zu können, welche die geplante Auswanderung unterstützen könnten.

Im April 1951 kündigten Ernst und Else Löwenstein ihre Auswanderung an, woraufhin kurze Zeit später bereits als neue Adresse der Löwensteins Omaha, Nebraska aufzufinden war. Über die konkreten persönlichen Beweggründe Löwensteins, sich für eine Auswanderung in die USA zu entscheiden, lässt sich lediglich spekulieren. Auf der einen Seite bringen ehemalige Kolleg*innen und Zeitzeug*innen Löwensteins Unzufriedenheit im Hinblick auf seine berufliche Position als Motivation für die Auswanderung hervor, während Verwandte und Bekannte Löwensteins eher persönliche Gründe als Auslöser für die Auswanderung hervorbringen. Diese könnten unter anderem die Auswanderung von Löwensteins Sohn in die USA sowie die Angst vor einer erneuten Wiederkehr des Antisemitismus sein.

Bis zu seinem 75. Lebensjahr war Löwenstein weiterhin in den USA beruflich tätig. Allerdings konnte er seine Tätigkeit als Rechtsanwalt aufgrund rechtlicher Bedingungen in den USA nicht weiter ausüben. 1954 beendete er daher seine berufliche Laufbahn und zog 11 Jahre später nach Canago Park in Kalifornien, wo er seine letzten Lebensjahre bis zu seinem Tod am 04. Juni 1974 verbrachte.

Sterbedatum
04. Juni 1974
Sterbeort
Canoga Park, Kalifornien/USA

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Autor
Anneli Kurfeld, Gesa Trump