Familie de Beer (Adolf & Mathilde mit Hilda, Erich, Charlotte, Ilse) war in Oldenburg sehr gut vernetzt. So betrieben sie seit 1905 eine Dampfwäscherei und Adolf de Beer gründete den jüdischen Turnverein "Schild". Adolf, Charlotte, Mathilde und Hilda pflegten zusätzlich Mitgliedschaften in verschiedenen Vereinen, die sie mit der Gesellschaft weiterhin verflochten. Ilse wurde 1944 im Konzentrationslager Ravensbrück ermordet.

 

Literatur
Janssen, Marianne/Schienerl, Jutta, Jüdisches Leben in Oldenburg. Die Familie Adolf de Beer, in: dies. (Hgg.), Jüdischer Alltag in Groningen - de Folkingestraat, Oldenburg 1999, S. 37-48.
Peiffer, Lorenz/Wahlig, Henry, Juden im Sport während des Nationalsozialismus. Ein historisches Handbuch für Niedersachsen und Bremen, Göttingen 2012, S. 275-285.
http://www.alemannia-judaica.de/oldenburg_synagoge.htm (letzter Zugriff am 22.02.19)
http://www.erinnerungsbuch-oldenburg.de/jeo.php?AID=71 (letzter Zugriff am 22.02.19)
https://www.lb-oldenburg.de/pdf_oldenburger_jahrbuch/70_1971.pdf (letzter Zugriff am 22.02.19)
https://pogrome1938-niedersachsen.de/oldenburg/ (letzter Zugriff am 22.02.19)
https://www.qumran.org/js/shul-body.html.de (letzter Zugriff am 22.02.19)
Stationen
Titel
Die frühen Jahre
Von
1877
Bis
1905
Adresse

unbekannt
19322 Wittenberge
Deutschland

Adressbeschreibung
Ehemaliger Standort der Dampfwäscherei Reingold.
Geo Position
53.000403, 11.750197
Stationsbeschreibung

Am 29. April 1877 wurde der spätere Kaufmann Adolf de Beer in Emden geboren. Er heiratete Mathilde Scheunenpflug, welche am 14. März 1876 in Salzwedel geboren wurde und im Laufe ihres Lebens zum Judentum übertrat. Mathilde und Adolf de Beer bekamen vier Kinder. Die Erstgeborene war Hilda (28. Juli 1901 in Wittenberge), danach folgten Erich (19. Juli 1903 in Oldenburg), Charlotte (01. September 1906 in Oldenburg) und Ilse (22. Juli 1908 in Oldenburg). Zusammen gründeten die Eheleute 1905 die Dampfwäscherei Reingold im Hochheiderweg 3 in Oldenburg.

Titel
Das Leben im Hochheiderweg 3
Adresse

Hochheiderweg 3
26123 Oldenburg
Deutschland

Geo Position
53.157519, 8.222343
Stationsbeschreibung

Die gesamte Familie de Beer hatte Teil am gesellschaftlichen Leben und fühlte sich in Oldenburg sehr wohl. Trotz der Tatsache, dass die Kinder der de Beers nicht am Religionsunterricht teilnahmen, waren auch sie integriert und genossen eine unbeschwerte Kindheit mit vielen Freund*innen. Auch in der Nachbarschaft hatten die Kinder Freundschaften geknüpft, vor allem mit der Familie Albers, deren Garten an das Grundstück der de Beers grenzte. In Vereinen und Gemeinschaften hatten die de Beers einen festen Platz. So war Vater Adolf de Beer bereits seit 1906 im Osternburger Turnverein. Im Jahre 1933 wurden die Bestimmungen über die Mitgliedschaft im Osternburger Turnverein eingeschränkt, sodass alle jüdischen Mitglieder ausgeschlossen wurden. Daraufhin gründete Adolf de Beer mit Angehörigen der Familie den jüdischen Turnverein „Schild“, deren Vorsitzender er war. Außerdem war er Mitglied des Rassegeflügelzuchtvereins und des Roten Kreuzes, von dem auch die Sanitätskolonne ihren Platz auf seinem Grundstück hatte. Charlotte war als Vorturnerin und in einer Tanzgruppe aktiv, während Mutter Mathilde und Tochter Hilda im „Plattdeutschen Ohmsteder Verein“ die Soldaten im Lazarett in der Zeit des Ersten Weltkrieges unterhielten.

Titel
Flucht und Ausreise von Hilda und Erich de Beer
Von
1935
Bis
1937
Adresse

unbekannt
Jerusalem
Israel

Geo Position
31.768745, 35.212527
Stationsbeschreibung

In Folge der verschärften politischen Situation verließ Tochter Hilda im Jahr 1935 Deutschland und zog nach Jerusalem, ein Jahr später folgte Hildas Tochter Hedwig im Alter von zwölf Jahren. Hilda starb 1940 an einer Infektionskrankheit. Hedwig arbeitete in einem Jerusalemer Säuglingsheim und baute sich später mit ihrem Mann einen landwirtschaftlichen Betrieb auf. Im Laufe der Zeit bekam sie vier Kinder, wodurch Mathilde und Adolf de Beer Urgroßeltern wurden.

Sohn Erich flüchtete 1937 heimlich aus Deutschland und ließ sich in Palästina nieder. Im Laufe des Zweiten Weltkrieges geriet er als englischer Soldat in Gefangenschaft, konnte aber nach dem Krieg nach Palästina zurückkehren, wo er später mit seiner Frau Chana einen landwirtschaftlichen Betrieb aufbaute. Dieser befand sich in direkter Nähe zu Hildas Tochter Hedwig.

Titel
Flucht und Ausreise von Charlotte de Beer
Untertitel
später Charlotte Seligman
Von
1938
Adresse

unbekannt
12400 - Montevideo, Montevideo
Uruguay

Geo Position
-34.817083, -56.217979
Stationsbeschreibung

Charlotte ging 1936 nach Hamburg, um dort in einem Haushalt zu arbeiten. Später kehrte sie zur Zwangsauflösung des Schuhgeschäftes ihres Verlobten Herbert Seligman zurück nach Oldenburg. Herbert und Charlotte heirateten am 29. Juni 1938 in der Peterstraße und waren damit das letzte Paar, das in der Synagoge getraut wurde. Am 11. November 1938 wurde Herbert von der SA verhaftet und nach Sachsenhausen deportiert. Er kam am 31. Dezember 1938 wieder frei. Auf dem Weg nach Paraguay erfuhren sie, dass Paraguay keine jüdischen Flüchtlinge mehr aufnahm. Glücklicherweise wurden sie von Uruguay aufgenommen. Auf der Schiffsreise dorthin vergaß Charlotte ihr Schreibetui im Aufenthaltsraum. Der Steward brachte es ihr später wieder in die Kabine zurück. Dort stellte Charlotte zu ihrer Überraschung fest, dass die Besatzung Geld zusammengelegt hatte, um den Seligmans bei ihrem Start in das neue Leben zu helfen. Dort lebten sie bis zu Herberts Tod am 29. Juni 1950 in Montevideo. Im Jahr 1951 kehrte Charlotte nach Oldenburg zurück, um ihre Eltern zu pflegen. Charlotte verstarb am 02. Juli 2000.

Titel
Das Schicksal von Ilse de Beer
Untertitel
später Ilse Hirsch
Adresse

Str. der Nationen
16798 Ravensbrück
Deutschland

Adressbeschreibung
Gedenkstätte Ravensbrück
Geo Position
53.190708, 13.161223
Stationsbeschreibung

Ilse, die jüngste Tochter von Adolf und Mathilde de Beer, zog in den nächsten Jahren mehrmals um und heiratete Hermann Hirsch. Ilse Hirsch wurde am 19. April 1943 in Berlin verhaftet und in das Konzentrationslager Auschwitz und anschließend im selben Jahr in das Konzentrationslager Ravensbrück deportiert, wo sie am 20. Juli 1944 starb. Ihr Mann Hermann wurde in Auschwitz ermordet.

Titel
Das Leben von Adolf de Beer bis zum Kriegsende
Von
1938
Bis
1945
Adresse

unbekannt
21109 Hamburg
Deutschland

Geo Position
53.513061, 10.012583
Stationsbeschreibung

Im Jahr 1938 wurde Adolf de Beer Vorsitzender der Jüdischen Kultusvereinigung – Synagogengemeinde Oldenburg, da jüdische Gemeinden keine Körperschaften des öffentlichen Rechts mehr sein durften. Er wurde ebenfalls, wie Herbert, am 11. November 1938 von der SA verhaftet und in das Konzentrationslager Sachsenhausen deportiert. Im Januar 1939 wurde er entlassen, musste aber in Hamburg bis zum Kriegsende Zwangsarbeit leisten.

Titel
Adolf de Beers Wirken nach dem Krieg
Von
1945
Bis
1957
Adresse

Leop-Trepp Straße
26121 Oldenburg
Deutschland

Geo Position
53.143408, 8.206908
Stationsbeschreibung

Nach der Heimkehr aus Hamburg engagierte sich Adolf de Beer wieder gesellschaftlich. So gründete er 1945 mit anderen Männern die „Jüdische Gemeinde für Stadt und Land Oldenburg“, später „Jüdische Kultusvereinigung Oldenburg e.V.“. Hier suchte er nach ehemaligen Mitgliedern und setzte sich aufopfernd für die Gemeinde ein. Nicht nur in der Gemeinde engagierte er sich wieder, vielmehr war er in den 1950er Jahren auch Gruppenführer der DRK-Sanitätsbereitschaft Oldenburg. Am 06. September 1955 starb Adolf de Beer in Oldenburg und zwei Jahre später starb auch seine Frau am 11. Oktober 1957 in Hannover.

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Autor
Anna-Sarah Kaiser, Benedikt Patzer