Familie Goldschmidt, bestehend aus dem Ehepaar Alex (geb. 1879) und Toni sowie ihren Kindern Bertha (geb. 1909), Günther (geb. 1913), Eva (geb. 1920) und Helmut (geb. 1921), lebte von circa 1906 bis 1936 in Oldenburg. Bis auf Toni und Eva wanderten die einzelnen Familienmitglieder nach und nach aufgrund der Ereignisse in Deutschland aus. Ihr Damenbekleidungsgeschäft "Haus der Mode" konnten sie in Oldenburg bis 1934 betreiben. Vier der Familienmitglieder wurden in Konzentrationslagern ermodert.
Achternstraße 48
26122 Oldenburg
Deutschland
Alex Goldschmidt (geb. 01. Januar 1879, Sachsenhagen) und Toni Goldschmidt (geb. Behrens, Bremen) eröffneten 1911 gemeinsam ein Bekleidungsgeschäft namens "Haus der Mode" im Stadtzentrum Oldenburgs. Alex Goldschmidt war mit 27 Jahren nach Oldenburg gezogen, wo er später Toni Behrens heiratete. 1909 kam ihre erste Tocher Bertha zur Welt. Über dem "Haus der Mode" befand sich die Wohnung der Familie Goldschmidt, in der zwei Jahre nach Eröffnung des Geschäfts der erste Sohn Günther geboren wurde. Aufgrund des Ausbruchs des ersten Weltkrieges, und der damit einhergehenden Einberufung Alex Goldschmidts, musste Toni auf die beiden Kinder und das Geschäft alleine aufpassen. Toni leitete das Geschäft so erfolgreich, dass die Familie sich kurz nach der Heimkehr von Alex ein Haus in der Gartenstraße kaufen konnte. Als sie in der Gartenstraße lebten bekamen sie zwei weitere Kinder, Eva (geb. 1920) und Helmut (geb. 1921). Eva besuchte später die Cäcilienschule und Helmut das heutige Alte Gymnasium in Oldenburg.
Gartenstraße 34
26122 Oldenburg
Deutschland
1934 mussten die Goldschmidts ihr Haus in der Gartenstraße an den damaligen NS-Minister Heinz Spangemacher zwangsverkaufen. Im Anschluss wohnten sie übergangsweise in der Würzburger Straße 35, bis sie von 1935 bis 1938 in der Ofener Straße 53 wohnten. Während der Novemberprogrome wurden Alex und sein Sohn Helmut Goldschmidt vom 09. bis 11. November 1938 im Oldenburger Gerichtsgefängnis inhaftiert. Danach wurden sie deportiert und befanden sich vom 11. November bis zum 06. Dezember 1938 im Konzentrationslager Sachsenhausen. Sie wurden unter der Prämisse, dass sie sofort aus Deutschland ausreisen von dort entlassen. Kurz vor ihrer Freilassung, am 21. November 1938, musste die Familie Goldschmidt ihren Laden im Stadtzentrum aufgrund des "Arisierungsprozesses" aufgeben. In ihren letzten Jahren in Oldenburg wohnten die Goldschmidts für eine kurze Zeit in der Nordstraße 2 und zuletzt an der Staulinie 17. Geplant war es, dass Alex und sein jüngster Sohn Helmut zuerst zuerst nach Kuba flüchten und die Frauen dann nachkommen, denn der älteste Sohn Günther wanderte bereits 1936 nach Schweden aus. Jedoch emigierte Bertha 1939 nach England, während Toni und Eva Goldschmidt in Deutschland blieben.
Alex und Helmut Goldschmidt wollten auf dem Passagierschiff St. Louis am 13. Mai 1939 von Hamburg nach Kuba emigrieren. Jedoch durften die sich an Bord befindenden Jüdinnen*Juden weder Kuba noch die USA und Kanada betreten. Aus diesem Grund kehrten die Flüchtlinge, inklusive Alex und Helmut, am 17. Juni 1939 nach Europa zurück. Da eine Rückkehr nach Deutschland nicht möglich war, erklärten sich Frankreich, Niederlande und Großbritannien bereit, die Flüchtlinge aufzunehmen. Alex und Helmut Goldschmidt blieben in Frankreich. Nach der deutschen Besetzung Frankreichs im Juni 1940 wurden Alex und Helmut in mehreren Zwischenlagern interniert, bis sie am 16. August 1942 ins Konzentrationslager Auschwitz deportiert und dort ermordet wurden. Das genaue Todesdatum von Alex Goldschmidt ist nicht bekannt. Helmut Goldschmidt wurde am 09. Oktober 1942 ermordet.
4413 Muncaster Mill Road
Rockville, MD 20853
Vereinigte Staaten
Günther Goldschmidt wurde schon früh von seiner musikbegeisterten Mutter Toni in Konzerte im Staatstheater und im Oldenburger Schloss mitgenommen. Er hat bereits 1933 Oldenburg für sein Musikstudium in Sondershausen (Thüringen) verlassen. Später, von 1934 bis 1941, spielte er im Orchester des Jüdischen Kulturbundes in Berlin. Dort lernte er seine spätere Frau Rosemarie Gumpert kennen. Seine Orchestertätigkeit setzte zunächst am 28. März 1936 aus, da er nach Stockholm emigrierte. Günther kehrte jedoch im selben Jahr zurück nach Deutschland, um mit seiner Lebensgefährtin Rosemarie Gumpert zusammen leben zu können. Durch den Jüdischen Kulturbund gelang es den beiden 1941 gemeinsam in die USA zu fliehen. Günther und Rosemarie sind am 01. Juni 1941 mit der Eisenbahn von Berlin nach Lissabon gefahren, um dann mit dem Schiff nach New York überzusetzen. In Amerika änderte Günther seinen Namen in George Gunther Goldsmith. Er spielte in verschiedenen Orchestern und arbeitete in der Textilbranche. Einer der beiden gemeinsamen Söhne, Martin Goldschmidt, wurde 1952 in St. Louis im US-Bundesstaat Missouri geboren. Er hat sich mit der Geschichte seiner Familie beschäftigt und publizierte zwei Werke darüber. Günther alias George wurde 95 Jahre alt und starb am 30. April 2009 in einem betreuten Wohnheim namens Arbor Place in Maryland, USA.
Manfred-von-Richthofen Straße 160
12101 Berlin
Deutschland
Toni und Eva Goldschmidt blieben zunächst in Oldenburg, bis sie 1940 nach Berlin zogen, um in der Nähe des dort lebenden Günther Goldschmidt sein zu können. Dieser ist jedoch nach einem Jahr mit seiner Ehefrau Rosemarie in die USA emigriert. Toni und Eva Goldschmidt wurden am 19. Oktober 1942 von Berlin nach Riga (Lettland) deportiert. Sie kamen am 22. Oktober 1942 im Konzentrationslager Riga-Kaiserwald an und wurden am selben Tag ermordet.
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