Samson Raphael Hirsch, geboren 1808 in Hamburg, studierte in Mannheim und Bonn, bevor er 1830 das Landesrabbinat in Oldenburg übernahm. Sein Hauptaugenmerk als Rabbiner lag darauf, die Bildung jüdischer Bürger*innen zu verbessern, indem er Lehrer*innen begutachtete, selbst vorschlug und jüdische Schulen gründete. In Oldenburg lernte er auch seine Frau Johanna Jüdel kennen. In den folgenden Jahren hatte er noch Rabbinate in Emden und Nikolsburg inne und galt in späteren Jahren als Hauptverfechter der neo-orthodoxen Bewegung des Judentums, bevor er in Frankfurt am Main im Jahre 1888 verstarb.

Beruf
Rabbiner
Geburtsdatum
20. Juni 1808
Geburtsort
Hamburg
Gender
Mann
Literatur
Klugmann, Eliyahu Meir, Rabbi Samson Raphael Hirsch. Architect of Torah Judaism for the Modern World, Brooklyn/New York 1996.
Stadt Oldenburg (Hg.), Die Geschichte der Oldenburger Juden und ihre Vernichtung, Oldenburg 1988.
Arbeitskreis „Juden in Emden“ e. V. (Hrsg.), Die Synagoge zu Emden, Emden 1994, S. 49.
http://www.hagalil.com/judentum/samson-hirsch/hirsch.html (letzter Zugriff am 25.02.2019)
https://www.ostfriesischelandschaft.de/fileadmin/user_upload/BIBLIOTHEK/BLO/Hirsch.pdf (letzter Zugriff am 25.02.2019)
http://www.judengasse.de/dhtml/P134.html (letzter Zugriff am 25.02.2019)
https://haolam.de/Juedisches-Leben/artikel_15834.html (letzter Zugriff am 25.02.2019)
https://www.deutsche-biographie.de/pnd118774522.html (letzter Zugriff am 25.02.2019)
Sonstiger Name
Ben Usiel (Pseudonym als Verfasser der Neunzehn Briefe)
Stationen
Titel
Kindheit in Hamburg
Adresse

Neanderstraße 20
20459 Hamburg
Deutschland

Geo Position
53.5509837, 9.9775309
Stationsbeschreibung

Samson Raphael Hirsch wurde im Jahr 1808 am 20. Juni in Hamburg geboren. Seine Eltern waren Raphael Mendel Hirsch und Gela Hirsch. Die Familie Hirsch und Frankfurter lebte schon seit acht Generationen in Hamburg. Am 31. Dezember 1888 starb Hirsch in Frankfurt am Main.
Hirsch wurde jüdisch und mit einer guten allgemeinen Bildung erzogen. Sein Vater Raphael Mendel Hirsch gehörte zum Hamburger Kaufmannsstand und betrieb später ein eigenes Lotteriegeschäft.
Der Großvater von Samson Hirsch, Mendel Frankfurter, gründete die jüdische Religionsschule Talmud Torah in Hamburg. Ebenfalls war er ein ehrenamtlicher Hilfsrabbiner in der Gemeinde Altona. Sowohl sein Onkel Moses als auch sein Großonkel Löb Frankfurter waren keine unbekannten Männer: Moses war ein Dichter und hebräischer Schriftsteller, Löb Frankfurter war ebenfalls Schriftsteller von mehreren Werken, unter anderem verfasste er einen Torah-Kommentar mit dem Titel "Harechasim le-Bik´ah". Zum Beten ist Hirsch oft in die Alte Synagoge an der ehemaligen Elbstraße, der heutigen Neanderstraße, gegangen.

Samson Raphael Hirsch selbst hatte zu Beginn kaum eine andere Wahl als eine kaufmännische Ausbildung zu beginnen, denn für Jüdinnen*Juden standen in dieser Zeit nicht viele Berufszweige offen. Jedoch wurde er kein Kaufmann, denn sowohl durch seinen Lehrer als auch durch seine biblische und talmudische Ausbildung durch seinen Vater und Großvater, entschied er sich dazu, die Laufbahn eines Rabbiners anzustreben. Trotz dessen, dass seine Eltern sich für ihn wünschten, in die Fußstapfen seines Vaters zu treten, ging Hirsch dennoch 1823 aus Hamburg fort, um zu studieren.

Titel
Studium in Mannheim und Bonn
Adresse

Regina-Pacis-Weg 3
53113 Bonn
Deutschland

Geo Position
50.7267715, 7.0865227
Stationsbeschreibung

Nach der Talmudlehre bei seinem Vater und seinem Großvater ging Hirsch zunächst nach Mannheim, um bei Chacham Bernays und beim späteren Oberrabbiner Jakob Ettlinger seine Talmudstudien zu vertiefen.
Von hier aus verschlug es Hirsch 1829 nach Bonn, um an der Universität Klassische Sprachen, Geschichte und Philosophie zu studieren. In Bonn verweilte er bis 1830, als er das Angebot bekam, Landesrabbiner in Oldenburg zu werden.
Während seines Studiums in Bonn freundete sich Hirsch mit Abraham Geiger an, welcher später die Reformbewegung verfechten sollte. Sie gründeten eine jüdische Studentenverbindung, in der sie den Studierenden die Homiletik näherbrachten. Der eigentliche Zweck bestand aber in der Annäherung an die jüdischen Werte.
Hirschs und Geigers Freundschaft verlief sich nach dem Studium, als Hirsch seine Neunzehn Briefe über Judenthum (1836) unter dem Pseudonym Ben Usiel veröffentlichte, die Geiger scharf kritisierte. Dennoch respektierte er Hirsch weiterhin als Theologen.
Obwohl viele Hirsch als „Dr. Hirsch“ ansprachen, hat er nie einen Doktortitel verliehen bekommen, da er vor Beginn seiner Promotion bereits das Angebot von Nathan Marcus Adler bekam, das Landesrabbinat in Oldenburg zu übernehmen und sich auf seine Leidenschaft, den Menschen zu helfen, fokussieren wollte.

Titel
Rabbinat in Oldenburg
Adresse

Mühlenstraße 5
26122 Oldenburg
Deutschland

Geo Position
53.1395427, 8.2142388
Stationsbeschreibung

Nach seinem Studium in Bonn und Mannheim ging Hirsch 1830 nach Oldenburg, um die jüngst freigewordene Stelle des Landesrabbiners zu übernehmen, für die er direkt von seinem Vorgänger Nathan Marcus Adler empfohlen wurde. In Oldenburg lernte er seine baldige Frau Johanna Jüdel kennen, mit der er elf Kinder bekam und die er oft als wichtige Stütze im Alltag und geliebte Ehegattin beschreiben sollte.
Während seiner Zeit in Oldenburg lebte Hirsch in der Synagoge in der Mühlenstraße 5, die Nathan Marcus Adler 1829 gründete. Diese war zunächst nur ein von Adler angemietetes Haus, welches aber 1833 von der Jüdischen Gemeinde aufgekauft wurde.
Hirsch setzte sich selbst das Ziel, die Bildung der jüdischen Bevölkerung von Oldenburg drastisch zu verbessern, indem er Lehrer*innen prüfte und unzulängliche Lehrkräfte entlassen ließ. Leider verwehrte ihm Oldenburg die finanzielle Unterstützung, die er hierfür benötigte, da sein Einkommen durch die geringe „Judensteuer“ geregelt wurde, die ihm oft auch zu spät ausgezahlt wurde. Auf die Bitte einer Gehaltserhöhung erhielt er sogar die Antwort, dass Oldenburg die Stelle des Landesrabbiners als unnötig empfinde und er sie auch verlassen könne.
Aus diesem Grund konnte er in Oldenburg nicht sehr viel arbeiten und verbrachte die meiste Zeit mit seinen Studien. In Oldenburg verfasste er auch seine wohl wichtigsten Werke, die Neunzehn Briefe über Judenthum, welche 1836 erstmals erschienen und Horeb, Versuche über Jisroels Pflichten in der Zerstreuung, welches 1837 erschien, umfangreiche Werke über die Dogmatik und Ethik des Judentums.
Diese Werke erlangten schnell Berühmtheit in den jüdischen Gemeinden Deutschlands, woraufhin Heinrich Graetz, später berühmter jüdischer Historiker, 1837 sogar nach Oldenburg zog und vier Jahre bei Hirsch lebte, bevor dieser nach Emden zog, um dort das Landesrabbinat zu übernehmen.

 

Titel
Rabbinat in Emden
Adresse

Bollwerkstraße 26-46
26725 Emden
Deutschland

Geo Position
53.3687738, 7.2107226
Stationsbeschreibung

1840 bekam Hirsch dann ein Angebot für die Stelle des Landesrabbinats in Emden, die er 1841 annahm, da ihm in Emden mehr finanzielle Mittel zur Verfügung gestellt wurden, weshalb er seine Ziele schneller verwirklichen konnte.
Während er in Oldenburg eher ein Arbeitsdefizit hatte, passierte in Emden das exakte Gegenteil. Nachdem die Gemeinde sich mit Hirsch als Rabbiner angefreundet hatte, kam ein Großteil der jüdischen und sogar ein Teil der christlichen Gemeinde regelmäßig zu ihm, um Hirsch um Rat zu bitten. Dieses Vertrauen zu gewinnen, dauerte jedoch ein wenig, da Hirsch von vielen der älteren Bürger*innen für zu jung gehalten wurde. Des Weiteren hielt Hirsch viele seiner Predigten auf Deutsch, da viele der Jüdinnen*Juden der Gemeinde nicht mehr fließend Hebräisch sprachen, was wiederum auch bei den weniger modernen Mitgliedern der Gemeinde ein Grund zur Skepsis war.
Hirsch richtete in Emden zudem ein fast kostenloses Kreditdarlehen für jüdische Bürger*innen ein, das pro verliehene Taler nur einen Groschen wöchentlich als Rückzahlung vorsah. Aufgrund von Hirschs Beliebtheit gibt es keinen dokumentierten Fall von Zahlungsrückstand.
Während seiner gesamten Zeit in Emden setzte sich Hirsch für die Emanzipation der Jüdinnen*Juden in Emden und dem gesamten deutschen Gebiet ein. Im Jahr 1843 gründete Hirsch in Emden eine Jüdische Jungenschule sowie Mädchenschule, um sein Ziel der fortgeschrittenen Bildung weiter voranzutreiben. Es ist allerdings nicht bekannt, ob Hirsch wirklich selbst die Mädchenschule gegründet hat oder ob seine Frau die Gründung in Gang gesetzt hat.
Hirschs große Beliebtheit und Autorität zeigte sich auch in der Menge der Rabbinatsangebote, die er erhielt, nicht nur aus Deutschland, sondern z. B. auch aus England, die er aber, bis auf Nikolsburg (Tschechien) im Jahr 1847, alle ablehnte.

Titel
Großrabbinat in Nikolsburg
Adresse

Husova 1523/13
69201 Mikulov (Nikolsburg)
Tschechien

Geo Position
48.8050264, 16.6285365
Stationsbeschreibung

In Emden bekam Hirsch dann schließlich 1847 das Angebot, das Landesrabbinat in Nikolsburg, dem heutigen Mikulov in Tschechien, zu übernehmen. Dieses nahm Hirsch an, woraufhin er am 09. Juni 1847 mit seiner Familie nach Nikolsburg zog. Da er mittlerweile innerhalb der jüdischen Gemeinschaft sehr respektiert war, begrüßte ihn jede Gemeinde auf seinem Weg nach Nikolsburg enthusiastisch, und in Nikolsburg hießen ihn, trotz eines Konfliktes zwischen den Orthodoxen und den Reformern, sämtliche Jüdinnen*Juden der Stadt herzlich willkommen.
Ähnlich wie in Emden waren aber zunächst vor allem die älteren Mitglieder der Gemeinde skeptisch gegenüber Hirsch, wobei die Gründe die gleichen wie in Emden waren und, genau wie in Emden, fingen auch die Skeptiker*innen in Nikolsburg nach etwas Zeit an, Rabbi Hirsch zu mögen.
Dennoch existierten, angeblich, Spannungen zwischen Hirsch und den anderen Rabbinern von Mähren. Nikolsburg war zur Zeit Hirschs das jüdische Zentrum von Mähren. Fast jeder Landesrabbiner von Nikolsburg war auch gleichzeitig Oberlandesrabbiner beziehungsweise Großrabbiner von Mähren, wodurch Hirsch mit seinem Amtsantritt in Nikolsburg auch direkt große Verfügungsgewalten über das jüdische Leben im restlichen Mähren anvertraut wurden.
Trotz etwaiger Spannungen versuchte Hirsch aber weiterhin, auch als Streitschlichter zwischen allen Strömungen des Judentums zu agieren und weiterhin auch zwischen nichtjüdischen Bewohner*innen von Nikolsburg, da er auch bei diesen hoch angesehen war. Er versuchte auch hier, die jüdische Bildung und das jüdische Leben allgemein zu verbessern. Im April 1851 bat dann ein alter Studienfreund Hirsch, nach Frankfurt am Main zu kommen, um die dortige Jüdische Gemeinde wiederaufzubauen, da Frankfurt, einst eine der ersten deutschen Städte mit jüdischen Bewohner*innen, nur noch knapp 100 Jüdinnen*Juden beherbergte. Hirsch sagte zu und verließ im Mai 1850 eine der größten jüdischen Gemeinden Europas, um in Frankfurt am Main zu vermitteln.

Titel
Schuleröffnung und Lebensende in Frankfurt am Main
Adresse

Bernhard-Grzimek-Allee 6
60316 Frankfurt am Main
Deutschland

Geo Position
50.1144891, 8.6994346
Stationsbeschreibung

Ab dem Jahr 1851 bis zu seinem Todestag lebte Samson Raphael Hirsch in Frankfurt am Main. Hier trat er der durch seine Führung neugegründeten und abgespaltenen Israelitischen Religionsgemeinde als Rabbiner bei, welche zu Beginn nicht sonderlich groß war. Es war eine „Austrittsgemeinde“ mit welcher er das, was die gesetzestreuen Jüdinnen*Juden Benötigten schuf. Hiermit grenzte er sich ab von der „Einheitsgemeinde“. Innerhalb seiner Zeit in der Gemeinde vergrößerte sie sich bis auf 500 Familien.
1853 gründete Samson Raphael Hirsch eine Jüdische Realschule der Israelitischen Reformgesellschaft; diese wurde später nach ihm benannt. Diese Schule leitete er mehr als zwanzig Jahre als Direktor. Im Weiteren setzte sich sein gegründetes Schulsystem durch und galt als Prototyp für das, was man „modern-orthodoxe Schule“ nannte, in dem der Fokus darauf lag, zwei Kulturen zu vereinen. Währenddessen gab er auch die Zeitschrift „Jeschurun. Ein Monatsblatt zur Förderung jüdischen Geistes und jüdischen Lebens, in Haus, Gemeinde und Schule“ heraus und übersetzte und erläuterte in dieser Psalmen und auch den Pentateuch.
In den 1880ern Jahren gründete er die erste Organisation zur Unterstützung sowie zur Freien Vereinigung für die Interessen des orthodoxen Judentums. Zudem unterstützte er durch aktive Tätigkeiten unterdrückte russische Jüdinnen*Juden. Diese Organisation nannte sich „Freie Vereinigung für die Interessen des orthodoxen Judentums“ und diente später als Grundlage für die „Agudat Jisra’el“-Bewegung.
Laut Erzählungen seiner Familie infizierte er sich in Emden mit der Krankheit Malaria. Dies war wahrscheinlich auch der Grund, weshalb er in Frankfurt am Main mit 80 Jahren verstarb. Er wurde auf einem jüdischen Friedhof beerdigt, welcher heute in der Rat-Beil-Straße liegt.

Sterbedatum
31. Dezember 1888
Sterbeort
Frankfurt am Main

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Autor
Gerrit Koppe und Laura Brunckhorst