Während Juden*Jüdinnen in der nahe gelegenen Bischofsstadt Münster erst in napoleonischer Zeit dauerhaft wohnen durften, lässt sich für Telgte seit 1539 weitgehend lückenlos eine jüdische Bevölkerung nachweisen. Die Zahl der ansässigen jüdischen Familien hatte sich Anfang des 18. Jahrhunderts auf acht Familien erhöht, 1812 waren es zwölf Familien mit insgesamt 61 Personen. Im Jahr 1847 wurde die Synagogengemeinde Telgte zur Hauptgemeinde des Synagogenbezirks Münster. Spuren dieses 400 Jahre lang bestehenden jüdischen Lebens finden sich bis heute im Telgter Stadtbild.

Adresse

Am Markt 1
48291 Telgte
Deutschland

Dauer
30.00
Länge
1.50
Stationen
Adresse

Am Markt 1
48291 Telgte
Deutschland

Geo Position
51.984466, 7.785741
Titel
Marktplatz
Stationsbeschreibung

In Telgte lässt sich seit der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts eine jüdische Bevölkerung nachweisen. Im Lauf der Zeit wuchs die kleine jüdische Gemeinde auf ein paar Dutzend Mitglieder an. Einige der sich in Telgte angesiedelten jüdischen Familien lebten vom Geldverleih und vom Handel. Der Zutritt zu den christlich geprägten Zünfte war ihnen verwehrt. Der Marktplatz war der Ort, an dem sie ihrer Arbeit nachgehen konnten.

Das Denkmal auf dem Platz erinnert an den Stadtboten und Ausrufer Heinrich Sauerland. 1892 erhielt er vom Telgter Amtmann Franz Schirmer einen Auftrag: Er sollte von Haus zu Haus gehen und die Telgter Bürger*innen bitten, mit ihrer Unterschrift gegen die Gründung eines Antisemitenvereins zu protestieren. Diese erste dokumentierte Bürgerbefragung wurde von 173 Familien, gut einem Drittel der Bürger*innen, unterschrieben. Der Antisemitenverein wurde trotz dieser Aktion von einigen Telgtern gegründet, jedoch ohne eine längere oder erfolgreiche Tätigkeit zu entfalten.

Adresse

Emsstraße 4
48291 Telgte
Deutschland

Geo Position
51.984006, 7.786324
Titel
Alte Synagoge
Stationsbeschreibung

Dieses kleine, unscheinbare Fachwerkgebäude, das bis ca. 1970 sein altes Spitzdach hatte, ist mit Recht vor Jahren unter Denkmalschutz gestellt worden, weil es zu den ältesten Gebäuden in Telgte gehört (erbaut um 1500). Seine Geschichte spiegelt 500 Jahre Telgter Stadtentwicklung. Gut 200 Jahre als Speicher genutzt, wurde das Gebäude um 1740 von seinen jüdischen Besitzer*innen um ein Gefach erweitert und diente als Synagoge und Schule für die auf acht Familien angewachsene Gemeinde. Mitte des 19. Jahrhunderts zählte die Gemeinde ca. 80 Mitglieder, und nach langen Planungen und Problemen der Finanzierung wurde 1875 an der Königstraße eine neue Synagoge gebaut. Die Familie von Jakob Auerbach kaufte die alte Synagoge und richtete dort ihre Schlachterei ein, die sie bis 1938 betrieb. Der Verein Erinnerung und Mahnung würde dieses geschichtsträchtige Haus gern zu einem Museum für die Geschichte der Juden*Jüdinnen in Telgte ausbauen.

Adresse

Steinstraße 4
48291 Telgte
Deutschland

Geo Position
51.983879, 7.785975
Titel
Familie Jakob Auerbach
Stationsbeschreibung

Durch den Pumpenpatt gelangt man zum Haus Steinstraße 4, in dem über 200 Jahre die Familie des Jakob Auerbach gewohnt hat. Fünf Stolpersteine, die dort im Jahr 2004 in Anwesenheit von Überlebenden der Familie vom Verein "Spuren finden" verlegt wurden, legen Zeugnis ab vom Schicksal dieser alteingesessenen Telgter Familie: Jakob, seine Schwester Fanny und der Sohn Kurt wurden in Lodz ermordet, der Sohn Erich starb nach dem Todesmarsch von Auschwitz, und seine Tante Klara kam in Izbica um. Nur der Sohn Alfred, geboren 1923, konnte als Sechzehnjähriger 1939 nach Palästina auswandern. Im Jahr 1988, zur 750-Jahr-Feier der Stadt und zum 50-jährigen Gedenken an die Pogromnacht, war er Ehrengast der Stadt Telgte. Im Gespräch mit Schüler*innen berichtete er damals von seinen Erlebnissen. Eine Tonbandaufnahme macht das in ergreifender Weise deutlich.

Adresse

Bahnhofstraße 5
48291 Telgte
Deutschland

Geo Position
51.983706, 7.785017
Titel
Familie Hermann Auerbach
Stationsbeschreibung

Vor diesem Haus liegen zwei Stolpersteine für die Eheleute Hermann und Johanna Auerbach, die 1942 ins Warschauer Ghetto deportiert und dort ermordet wurden. Die beiden Nachbarhäuser rechts und links waren das Zuhause der in Telgte hoch angesehenen Familien von Hermann, Max und Moritz Auerbach. Sie betrieben gemeinsam ein Viehhandelsgeschäft mit eigenem Kontor am Essener Großmarkt. Max und Moritz starben 1935 und 1936. Hermann und Johanna Auerbach hatten ihren Töchtern Ilse und Margot 1938 die Auswanderung in die USA ermöglicht, während ihnen selbst später diese Möglichkeit versperrt war. Ihr großer Besitz wurde zwangsverkauft, sie mussten ihr Haus verlassen und fanden 1940 in Hildesheim bei Verwandten eine neue Bleibe. Im März 1942 wurden sie mit ca. 1000 Juden*Jüdinnen aus Niedersachsen ins Warschauer Ghetto deportiert. Ein letztes Lebenszeichen, eine Rote-Kreuz-Karte vom 8. Juni 1942, erreichte ihre Töchter in den USA.

Adresse

Königstraße 43
48291 Telgte
Deutschland

Geo Position
51.982948, 7.785419
Titel
Synagoge und Stolpersteine der Familie Mildenberg
Stationsbeschreibung

An der Ritterstraße Ecke Judengängsken ist ein dreifachen Gedenkort. An dieser Stelle stand die 1875 erbaute Synagoge, deren Eingang etwas versteckt an dieser Gasse lag. Die Bronzetafel von 1981 ist das erste Mahnmal in Telgte, das an die NS-Gräuel erinnert. Der Pogrom in Telgte ereignete sich erst am 10./11. November 1938, weil der Leiter des in Telgte stationierten Arbeitsdienstes, Robert Weber, sich weigerte, auf Befehl der SA die Synagoge "kalt" abzubrechen. Nun musste die SA-Männer die Zerstörung selbst umsetzen.
Die Familie Mildenberg wohnte in der Synagoge und verlor ihr gesamtes Hab und Gut. Die Stolpersteine für Siegfried und Henriette Mildenberg und ihr Pflegekind Karl-Heinz Steinhardt erinnern an ihr Schicksal. Nach einer Zwischenstation in Hannover wurde die Familie am 15. Dezember 1941 mit einem der ersten Deportationszüge nach Riga verschleppt und dort ermordet. Die Gedenkstele wurde 2013, 75 Jahre nach dem Pogrom, vom Verein Erinnerung und Mahnung unter großer Anteilnahme der Telgter enthüllt. Sie erinnert an die Synagoge, und an die Namen und Daten von 13 Opfern des NS-Terrors.

Adresse

Hagen
48291 Telgte
Deutschland

Geo Position
51.982163, 7.789045
Titel
Jüdischer Friedhof am Hagen
Stationsbeschreibung

Die Magistrate der Städte legten in ihren Verordnungen fest, dass die Begräbnisorte der Juden*Jüdinnen stets außerhalb der Stadtmauern zu liegen hatten. Zur linken Hand des Steintores lag seit ca. 1600 der erste jüdische Friedhof außerhalb der Mauern auf dem Wall. Ende des 18. Jahrhunderts schleiften die Telgter*innen ihre Befestigungen, und trotz der Klagen und des heftigen Widerstandes der jüdischen Bevölkerung wurde ihr Friedhof zerstört. Die Gemeinde erhielt um 1820 diese Fläche am Wallock als neue Begräbnisstätte für ihre Toten. 1941 meldete der Bürgermeister Telgte als "judenfrei". Die Stadt kaufte 1942 für 400 Reichsmark den Friedhof und ließ die Grabsteine, Grabeinfassungen und die mannshohe Mauer abräumen, um mit dem Material die Hochwasserschäden am Emswehr auszubessern. Das Gelände wurde als Obstgarten verpachtet.

Die an dem großen Emswehr hinter der Clemenskirche verbauten Grabsteine liegen unter einer dicken Betondecke und können nicht wieder geborgen werden. Seit dem Jahr 2005 erinnert eine Gedenktafel an diese Ereignisse: „In diesem Wehr wurden im Jahr 1942 Grabsteine vom geschändete Jüdischen Friedhof Telgte als Füllmaterial verbaut“.

Nur die Grabsteine der drei zuletzt Beerdigten, Leni Auerbach (1932), Hermann Auerbach (1935) und Moritz Auerbach (1936), wurden nach dem Krieg im Keller des abgebrannten Parteihauses wiedergefunden, und noch im Jahre 1945 auf dem Friedhof neu aufgestellt. Hermann Auerbach wurde später nach Münster umgebettet.

Im Jahr 2005 hat der Verein "Erinnerung und Mahnung" den Friedhof in der jetzigen Form neu gestaltet und der jüdischen Gemeinde Münster übergeben. Auf einer Stele sind die Namen der hier Begrabenen in das Gedächtnis der städtischen Gemeinschaft zurückgeholt worden.

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Autor
Ludwig Rüter

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