Die Messe- und Universitätsstadt Leipzig, etwa 35 Kilometer südöstlich von Halle/Saale im Zentrum der Leipziger Tieflandsbucht gelegen, ist heute mit ihren 580.000 Einwohner*innen die größte Stadt im Freistaat Sachsen. 1015 erstmals als „urbs Libzi“ („Stadt der Linden“) erwähnt, erhielt Leipzig 1165 vom Markgrafen von Meißen das Stadt- und Marktrecht. Dank seiner günstigen Lage, an der Kreuzung der mittelalterlichen Fernstraßen Via Regia und Via Imperii, stieg der Handelsplatz ab 1190 zum europäischen Messestandort auf. Dabei war vor allem der Rauchwaren- und Pelzhandel rund um den Leipziger Brühl von Bedeutung. So lässt sich um 1248 auch die Ansiedlung der ersten jüdischen Familien nachweisen, zunächst außerhalb der Stadtmauern. Nach den Vertreibungen Ende des 15. Jahrhunderts durften sich nur noch „Meßjuden“, vorrangig aus Osteuropa, in der Stadt aufhalten. Eine eigene „Israelitische Religionsgemeinde zu Leipzig“ konnte sich erst 1847 konstituieren. Sie wuchs rasch an und erreichte um 1925 mit gut 13.000 Mitgliedern ihren Höchststand – bis zu ihrem Ende unter nationalsozialistischer Herrschaft. Vergeblich versuchte die kleine Nachkriegsgemeinde an die große Fülle an jüdischem Leben in der Stadt anzuknüpfen. Seit 1991 scheint nun den aus der ehemaligen Sowjetunion zugezogenen Familien mit gut 1.300 Mitgliedern ein Neuanfang zu gelingen.

Adresse

Goethestraße 1-2
04109 Leipzig
Deutschland

Dauer
120.00
Literatur
Bertram, Ellen, Menschen ohne Grabstein. Gedenkbuch für die Leipziger jüdischen Opfer der nationalsozialistischen Verfolgung, Leipzig 2011.
Deutsch-Russisches-Zentrum e.V (Hg.), Das jüdische Leipzig. Ein kleiner Stadtführer, Leipzig (o.J.).
https://web.archive.org/web/20131010135951/http://www.juden-in-sachsen.de/files/stadtfuehrer.pdf (Letzter Zugriff: 21.03.2019)
Diamant, Adolf, Chronik der Juden in Leipzig, Chemnitz/Leipzig 1993.
Ephraim-Carlebach-Stiftung, Judaica Lipsiensia. Zur Geschichte der Juden in Leipzig, Leipzig 1994.
Eschwege, Helmut, Geschichte der Juden im territorium der ehemaligen DDR, Band II, Dresden 1991, S. 74ff.
Held, Steffen, Zwischen Tradition und Vermächtnis. Die Israelitische Religionsgemeinde zu Leipzig nach 1945, Hamburg 1995.
Held, Steffen; Richarz, Monika, Leipzig, in: Dan Diner (Hg.), Enzyklopädie jüdischer Geschichte und Kultur, Band III, Stuttgart/Weimar 2012, S. 491-496.
Höppner, Sloveig, , Juden in Leipzig – Ein Stadtporträt, in: Micha Brumlik; Rachel Heuberger; Cilly Kugelmann (Hg.), Reisen durch das jüdische Deutschland, Köln 2006, S. 201-214.
Kreutner, Simson Jakob, Mein Leipzig. Gedenken an die Juden meiner Stadt, Leipzig 1992.
Wolff, Kathrin, Zeugnisse jüdischer Kultur, Berlin 1992, S. 234-248.
Länge
4.00
Stationen
Adresse

Goethestraße 1-2 / Ecke Grimmaische Straße
04109 Leipzig
Deutschland

Geo Position
51.339651, 12.37989
Titel
Krochhochhaus und Königsbau
Literatur
Lange, Bernd-Lutz; Lorz, Andrea, Jüdische Spuren in Leipzig, Leipzig 2016, S. 70-71 und 88-89.
Lorz, Andrea, Suchet der Stadt Bestes. Lebensbilder jüdischer Unternehmer aus Leipzig, Leipzig 1996.
Spithaler, Hans-Otto; Weber, Rolf H.; Zimmermann, Monika, Kroch – der Name bleibt. Das Schicksal eines jüdischen Familienunternehmens in Leipzig, Halle/Saale 2018.
Stationsbeschreibung

„Suchet der Stadt Bestes…“ (Jeremia 29:7)

Am Leipziger Augustusplatz wird das kollektive Trauma von Verlust und Wiederaneignung der Geschichte besonders deutlich. Auch einzelne jüdische Orte gehören dazu.

Der Augustusplatz, ab 1785 vor dem Grimmaischen Thor angelegt, spiegelt bis heute die Höhen und Tiefen der Leipziger Stadtgeschichte. Bis zum verheerenden Luftangriff vom 4. Dezember 1943 galt er als einer der schönsten Plätze Deutschlands, ab 1945 folgte die städtebauliche Umgestaltung zum Karl-Marx-Platz. Das Trauma der Zerstörung wird vor allem an der Universitätskirche St. Pauli deutlich. 1968 gesprengt, stand sie für die Tradition Leipzigs als Universitätsstadt (seit 1409) und Stätte der Reformation (seit 1519/39). Diese Lücke versucht nun das neue Paulinum(2007-17) zu schließen. Daneben ragt das sanierte City-Hochhaus (1968-72) empor, ein aufgeschlagenes Buch, das an Leipzig als Zentrum des Buchdrucks und Buchhandels erinnern soll. Das Neue Opernhaus (1954-60) und das Neue Gewandhaus (1977-81) verbinden sich schließlich mit Leipzigs bürgerlicher Kultur- und Musiktradition – wie auch mit der Friedlichen Revolution von 1989. Mittendrin, doch kaum als solche wahrgenommen, finden sich einzelne jüdische Orte: Das Krochhochhaus (1927/28), einst Sitz des Bankhauses von Hans Kroch (1887-1970), gilt als erstes Leipziger Hochhaus aus Stahlbeton. Der Bauherr starb in Jerusalem, seine Frau Ella wurde 1942 in Bernburg ermordet. Der Königsbau, links daneben, wurde 1911 für das Konfektionshaus Bamberger & Hertz errichtet. Im Novemberpogrom 1938 ging es in Flammen auf. Nur einer der fünf Gebrüder Bamberger überlebte. Seit 2003 erinnert eine Gedenktafel an die Familie.

Adresse

Markt 1 / Salzgäßchen
04109 Leipzig
Deutschland

Geo Position
51.340468, 12.375175
Titel
Marktplatz
Literatur
Fellmann, Walter, Der Leipziger Brühl. Geschichte und Geschichten des Rauchwarenhandels, Leipzig 1989.
Lange, Bernd-Lutz; Lorz, Andrea, Jüdische Spuren in Leipzig, Leipzig 2016, S. 7-9 und 86-87.
Mundus, Doris; Dorndeck, Rainer, Pelze aus Leipzig – Pelze vom Brühl, Beucha/Markkleeberg 2015.
Rodekamp, Volker (Hg.), Das Alte Rathaus zu Leipzig/Stadtgeschichtliches Museum Leipzig, Altenburg 2004.
Rodekamp, Volker (Hg.), Spuren jüdischen Lebens in Leipzig. Sammlung, Dokumentation und Projekte im Stadtgeschichtlichen Museum Leipzig, Leipzig 2007.
Stationsbeschreibung

„Mein Leipzig lob' ich mir…“ (Goethe, Faust. Der Tragödie erster Teil, 1808)

Am Alten Rathaus am Leipziger Markt erinnert ein Steinrelief an die Präsenz jüdischer Handelsfamilien seit dem 13. Jahrhundert. Am Brühl begründeten sie das Zentrum der Rauchwaren- und Pelzindustrie.

Über die Grimmaische Straße, vorbei an Auerbachs Keller, gelangt man zu Leipzigs Markt – dem Herz der Stadt. Im Renaissance-Bau des Alten Rathauses (1556/57) ist seit 1909 das Stadtgeschichtliche Museum untergebracht. Bei den Umbauarbeiten 1906-09 wurde in die Arkaden an der Nordseite, zum Salzgäßchen hin, ein Steinrelief eingefügt, das – dem Klischee der Zeit entsprechend – zwei „ostjüdische" Kaufleute zeigt. Tatsächlich war der Aufstieg Leipzigs zur europäischen Messestadt seit Mitte des 13. Jahrhunderts fest mit der Handelstätigkeit jüdischer Familien verbunden. Für 1352/59 lässt sich außerhalb der Stadtmauern, etwa im Bereich der heutigen Hauptfeuerwache (Goerdelerring 7), erstmals eine „Judengasse“ bzw. „Judenburg“ samt Synagoge nachweisen. Zum Ende des 15. Jahrhunderts jedoch dürften alle jüdischen Einwohner*innen aus den sächsischen Territorien ausgewiesen worden sein. Danach war ein Aufenthalt in Leipzig nur noch zu den Messezeiten möglich: Gegen Zahlung hoher Abgaben hatten die „Meßjuden“, zumeist aus Osteuropa, in der alten Judengasse, nach 1700 vorrangig am östlichen Ende des Brühls, ihr Quartier zu beziehen. Mit diversen Geschäftslokalen, Lagerräumen und Betstuben entwickelte sich der „Judenbrühl“ schließlich zum internationalen Zentrum des Rauchwaren- und Pelzhandels. Am Brühl 74 hat sich noch eine Inschrift der „Gebr. Assuschkewitz“ erhalten. Am Brühl 71 (heute 65), im Haus „Zum Blauen Harnisch“, befand sich der Betsaal der Brodyer Kaufleute (ab 1763/64).

Adresse

Gottschedstraße 3 / Ecke Zentralstraße
04109 Leipzig
Deutschland

Geo Position
51.339962, 12.369816
Titel
Große Gemeindesynagoge
Literatur
Ephraim-Carlebach-Stiftung, Judaica Lipsiensia. Zur Geschichte der Juden in Leipzig, Leipzig 1994, S. 270-271.
Eschwege, Helmut, Die Synagoge in der deutschen Geschichte. Eine Dokumentation, Dresden 1980.
Kreutner, Simson Jakob, Mein Leipzig, Leipzig 1992, S. 60-65.
Lange, Bernd-Lutz; Lorz, Andrea, Jüdische Spuren in Leipzig, Leipzig 2016, S. 34-39 und 48-49.
Lange, Bernd-Lutz; Lorz, Andrea, Zeugnisse jüdischer Kultur, Berlin 1992, S. 239-240.
Stadt Leipzig (Hg.), Gedenkstätte am Ort der großen Gemeindesynagoge für die während der Zeit des Nationalsozialismus ausgegrenzten, verfolgten und ermordeten jüdischen Bürgerinnen und Bürger der Stadt Leipzig [Festreden], Leipzig 2002.
Stationsbeschreibung

„Warum die schwarze Antwort des Hasses auf dein Dasein, Israel?“ (Nelly Sachs)

Der Leipziger „Tempel“, die erste und größte Synagoge der Israelitischen Religionsgemeinde, wurde 1855 an der Gottschedstraße eingeweiht. Seit 2001 markiert dort eine Gedenkstätte die 1938 gerissene Lücke…

Vom Leipziger Markt sind es nur wenige Gehminuten zur Gottschedstraße, einst Standort der Großen Gemeindesynagoge zu Leipzig. Ab 1854 nach Plänen des Semper-Schülers Otto Simonson im maurischen Stil erbaut, wurde der „Neue Israelitische Tempel“ am 10. September 1855 durch den liberalen Rabbiner Dr. Adolf Jellinek eingeweiht. Größe und Ausstattung waren – für Leipziger Verhältnisse – spektakulär: Obwohl die Religionsgemeinde (1847 offiziell begründet) bei Grundsteinlegung nur 81 Mitglieder zählte, war der prächtige Bau mit seinem trapezförmigen Grundriss für 1.600 Personen ausgelegt, die Messegäste wohl gleich eingerechnet. Auch eine Orgel fand hier 1868 Platz. Wenige Jahrzehnte zuvor wäre dies noch undenkbar gewesen: Zum einen war das Ansiedlungsverbot für jüdische Familien erst nach 1800 aufgehoben worden (zwischen 1832 und 1925 wuchs die Zahl der jüdischen Einwohner*innen von 140 auf gut 13.000 an). Zum anderen war die Mehrheit der Leipziger Meßjuden orthodox ausgerichtet und traf sich in eigenen Betstuben. Wie kein anderes Gebäude stand der Tempel daher für eine neue Präsenz jüdischen Lebens in der Stadt. Im Novemberpogrom 1938 wurde er – wie alle Leipziger Synagogen – zur Zielscheibe des Hasses: geschändet, niedergebrannt und in kürzester Zeit abgetragen. Die Lücke blieb, bis heute. Sie markiert seit 1966 ein Gedenkstein, seit Juni 2001 auch eine Gedenkstätte der Stadt Leipzig: 140 leere Stühle über dem alten Grundriss, Sinnbild der Ab- und Anwesenheit, des Sichtbaren wie Unsichtbaren. Es wurde eine Orientierungstafel speziell für Blinde und Sehbehinderte angebracht.

Adresse

Hinrichsenstraße 14
04105 Leipzig
Deutschland

Geo Position
51.345317, 12.362879
Titel
Ariowitsch-Haus
Literatur
Ephraim-Carlebach-Stiftung, Judaica Lipsiensia. Zur Geschichte der Juden in Leipzig, Leipzig 1994, S. 268-270.
Lange, Bernd-Lutz; Lorz, Andrea, Jüdische Spuren in Leipzig, Leipzig 2016, S. 66-69.
Wolff, Kathrin, Zeugnisse jüdischer Kultur, Berlin 1992, S. 245
Stationsbeschreibung

„Berge können sich nicht nähern, aber Menschen können aufeinander zugehen.“ (Jüdisches Sprichwort)

In der ehemaligen Auenstraße 14 wurde 1931 das „Sächsische Israelitische Altersheim zu Leipzig“ eingeweiht. Heute schlägt im „Ariowitsch-Haus“ das neue kulturelle Herz der jüdischen Gemeinde.

Vom Standort des alten Tempels gelangt man in gut 12 Gehminuten, über Thomasius- und Leibnizstraße, zum Ariowitsch-Haus in der Hinrichsenstraße 14. Hier konnte 2009 – nach jahrelangem Rechtsstreit mit Anwohner*innen – das neue Kultur- und Begegnungszentrum der Israelitischen Religionsgemeinde eingeweiht werden. Herzstück ist ein ebenerdig angelegter Neubau, der Vorder- und Hinterhaus verbindet. Getragen von einem eigenen Verein, finden hier regelmäßig Konzerte, Vorträge, Lesungen und Seminare statt. Alle zwei Jahre beteiligt sich die Stadt Leipzig an der jüdischen Kulturwoche „Schalom“. Die Geschichte des Ortes reicht bis in die 1920er Jahre zurück: Nachdem das Altersheim in der Nordstraße zu klein wurde, ermöglichte eine Stiftung von Louise Ariowitsch geb. Hepner (1856-1939), Witwe des Rauchwarenhändlers Julius Ariowitsch, den Bau des neuen Sächsischen Israelitischen Altersheimes. Es sollte vor allem ärmeren Mitgliedern aller acht Religionsgemeinden in Sachsen offenstehen. Ab 1928 nach Plänen von Emil Franz Hänsel erbaut, konnte das Ariowitsch-Heim am 17. Mai 1931 eingeweiht werden. 1937/38 folgte der Ausbau des Hinterhauses, bis 1940 der des Dachgeschosses. Am 19. September 1942 wurden alle 350 Heimbewohner*innen nach Theresienstadt deportiert, ab 1943 richtete die Gestapo hier ein Verhör- und Folterhaus ein. Nach der Befreiung 1945 wurde das Gebäude zunächst von der Verwaltung der amerikanischen, dann der sowjetischen Armee genutzt. Seit 1948 dient es wieder als Altersheim – heute in Form eines Mehrgenerationenhauses. Vom Enkel der Stifterin wurde 1993 eine Gedenktafel enthüllt.

Adresse

Leibnizstraße 24 / Ecke Hinrichsenstraße 10
04105 Leipzig
Deutschland

Geo Position
51.345706, 12.363807
Titel
Wohn- und Bethaus des chassidischen Rabbiners Israel Friedmann
Literatur
Kreutner, Simson Jakob, Mein Leipzig. Gedenken an die Juden meiner Stadt, Leipzig 1992, S. 71-77.
Lange, Bernd-Lutz; Lorz, Andrea, Jüdische Spuren in Leipzig, Leipzig 2016, S. 50-51 und 106.
Wolff, Kathrin, Zeugnisse jüdischer Kultur, Berlin 1992, S. 246.
Stationsbeschreibung

„Es war ein in jeder Hinsicht prunkvoller Hof.“ (S. J. Kreutner, Mein Leipzig, 1992)

Im Eckhaus Leibnizstraße 24/ Hinrichsenstraße 10 residierte von 1919-34 der chassidische Rabbiner Israel Friedmann von Boyan. Heute findet sich hier der Bürgerverein Waldstraßenviertel.

 

Das Leipziger Waldstraßenviertel, nordwestlich des alten Stadtkerns, gilt europaweit als eines der größten erhaltenen Stadtgebiete aus der Gründerzeit. Fast zeitgleich mit seiner Entstehung konnten sich hier auch vermehrt jüdische Familien ansiedeln, und so brachten ihr relativ hoher Bevölkerungsanteil sowie die Präsenz diverser jüdischer Einrichtungen dem Viertel bald den Spitznamen „Neu-Jerusalem“ ein. Dieses Erbe – auch das jüdische – zu pflegen und aktiv zu bewahren hat sich der Bürgerverein Waldstraßenviertel seit 1991 zur Aufgabe gemacht. Der Vereinssitz findet sich, nur wenige Schritte vom Ariowitsch-Haus entfernt, selbst an historischem Ort: im Eckhaus Leibnizstraße 24/ Hinrichsenstraße 10. Hier, mitten im großbürgerlichen Villenviertel, hielt bis 1934 ein chassidischer Rebbe aus der Bukowina Hof: Israel Friedmann von Boyan (1878-1951), Nachkomme einer weit verzweigten Dynastie, kam 1919 nach Leipzig, wo bereits 30-40 Boyaner Familien ansässig waren. Zusammen mit anderen Chassidim aus Sadagóra und Czortków sorgten sie nun für ihren verehrten Rebben, seine Familie und seine „Hofhaltung“: die Villa mit Wohnungen, Garten, Küche, Speichern und Ställen. Im Erdgeschoss links wurde ein größerer Betsaal eingerichtet, der Rebbe betete stets separat. 1934 wanderte Israel Friedmann nach Palästina aus, wo er 1951 in Tel Aviv starb. Das Haus wurde 1935 zwangsversteigert…

Adresse

Färberstraße 11a
04105 Leipzig
Deutschland

Geo Position
51.344613, 12.365824
Titel
Beth-Jehuda-Synagoge
Literatur
Ephraim-Carlebach-Stiftung, Judaica Lipsiensia. Zur Geschichte der Juden in Leipzig. Leipzig 1994, S. 268-270.
Wolff, Kathrin, Zeugnisse jüdischer Kultur, Berlin 1992, S. 241/243 u. 246
Lange, Bernd-Lutz; Lorz, Andrea, Jüdische Spuren in Leipzig, Leipzig 2016, S. 46-47 u. 85.
Stationsbeschreibung

Von der Synagoge zur Fabrik

Im Haus Färberstraße 11 lebte ab 1915 die Leipziger Pelzhändlerfamilie Ariowitsch. Zum Andenken an den Firmengründer ließ sie 1921 im Hofgebäude die Beth-Jehuda-Synagoge einrichten…

Ein paar Schritte Richtung Osten – unweit des Elstermühlgrabens – zweigt die Färberstraße nach rechts von der Hinrichsenstraße ab. Benannt wurde sie nach den mittelalterlichen Färberfamilien, die hier einst in der Ranstädter Vorstadt nahe des Mühlgrabens lebten. Im heutigen Waldstraßenviertel dominieren die Bürgerhäuser der Gründerzeit: 1915 erwarb hier die schon erwähnte Pelzhändlerfamilie Ariowitsch – nach dem frühen Tod des Firmengründers, Julius Ariowitsch (1855-1908) – das Grundstück Färberstraße 11. Das Vorderhaus diente der Witwe, Louise Ariowitsch, als Wohnsitz und Treffpunkt der weit verzweigten Familie. Im rückwärtigen Gebäude fanden verschiedene religiöse Einrichtungen Platz, unter anderem die Geschäfts- und Unterrichtsräume des Jugendrates oder ein Betsaal des Jüdisch gesetzestreuen Verbandes. Zum Andenken an Julius Ariowitsch wurden die Räumlichkeiten 1921 zur Beth-Jehuda-Synagoge (auch „Ariowitsch-Schul”) ausgebaut. Seit 1930 bestand sogar eine Familienstiftung, gegründet zur Finanzierung des Ariowitsch-Heimes. Im Novemberpogrom 1938 schwer verwüstet, musste die Synagoge im Februar 1939 geschlossen werden. Das Hofgebäude wurde nun als Obdachlosen- und Pflegeheim, das Vorderhaus als Altersheim genutzt bis man beide 1943 zu „Judenhäusern“ bestimmte. Ein letztes Mal noch wurde die Beth-Jehuda-Synagoge am 15. April 1946 zur ersten Leipziger Seder-Feier nach der Schoa genutzt. Danach diente sie als Fabrikgebäude des VEB Bettwaren Leipzig. Noch 1993 wurden Reste der alten Mikwe entdeckt, auch sie verschwanden mit der nachfolgenden Sanierung.

Adresse

Gustav-Adolf-Straße 7
04105 Leipzig
Deutschland

Geo Position
51.344875, 12.366495
Titel
Ephraim-Carlebach-Haus
Literatur
Ephraim-Carlebach-Stiftung (Hg.), Die Carlebachs. Eine Rabbinerfamilie aus Deutschland, Hamburg 1995.
Helbig, Marco, Ephraim Carlebach – Rabbiner und Schulleiter zwischen Orthodoxie, Liberalismus und Patriotismus, Leipzig 2016.
Kowalzik, Barbara, Das jüdische Schulwerk in Leipzig 1912 – 1933, Köln/Weimar/Wien 2002
Kreutner, Simson Jakob, Mein Leipzig. Gedenken an die Juden meiner Stadt, Leipzig 1992, S. 43-52.
Lange, Bernd-Lutz; Lorz, Andrea, Jüdische Spuren in Leipzig, Leipzig 2016, S. 56-59 u. 85.
Wolff, Kathrin, Zeugnisse jüdischer Kultur, Berlin 1992, S. 243-244 u. 246.
Stationsbeschreibung

„Eine jüdische Schule, in welcher Kinder an Sabbat- und Festtagen frei vom Unterricht sein würden, …“ (S. J. Kreutner, Mein Leipzig, 1992)

Im Ephraim-Carlebach-Haus in der Gustav-Adolf-Straße 7 ist seit 1954 die Deutsche Zentralbücherei für Blinde zu Hause. Draußen erinnert eine Gedenktafel an die Geschichte des einstigen Schulgebäudes.

Mit ihrer Gründung (1847) bemühte sich die Israelitische Religionsgemeinde zu Leipzig auch um eine eigene Religionsschule. Bereits 1848 öffnete sie unter dem liberalen Prediger Adolf Jellinek ihre Pforten. Eine Alternative bot sich für die orthodoxen Gemeindemitglieder erst im Jahr 1900, als Dr. Ephraim Carlebach (1879-1936) zum Leiter der neuen Religionsschule des Talmud-Thora-Vereins berufen wurde. Auf seine Initiative ging 1912 die Gründung der allgemeinbildenden Volks- und Höheren Israelitischen Schule zu Leipzig zurück, der überhaupt ersten jüdischen Schule in Sachsen (seit 1935 Ephraim-Carlebach-Schule). Ab 1913 war sie im Neubau an der Gustav-Adolf-Straße 7 zu Hause. 1914 übernahm der Israelitische Schulverein die Trägerschaft. Dem Kollegium gehörten jüdische wie nichtjüdische Lehrer*innen an. Carlebach, der ab 1917 auch das orthodoxe Leipziger Rabbinat versah, gab 1935 schwer erkrankt alle Ämter auf. 1936 wanderte er nach Palästina aus, wo er verstarb. Sein Nachfolger, Siegfried Weikersheimer, konnte die Schule im November 1938 zwar vor der Zerstörung retten, musste jedoch emigrieren. Nach der Wiedereröffnung 1939 unter Daniel Katzmann wurde der Unterricht 1942 nun endgültig eingestellt. Von 1941-43 diente die Schule als „Judenhaus“, zuletzt für 206 Menschen. An ihre Deportation erinnert seit 1988 eine Gedenktafel links vom Eingang. Das kriegszerstörte Gebäude wurde 1953 rekonstruiert und beherbergt seitdem die Deutsche Zentralbücherei für Blinde. Den Namen Carlebachs trägt das Haus wieder seit 2008.

Adresse

Jacobstraße 7
04105 Leipzig
Deutschland

Geo Position
51.344871, 12.368367
Titel
Kinderheim Jacobstraße 7
Literatur
Lange, Bernd-Lutz; Lorz, Andrea, Jüdische Spuren in Leipzig, Leipzig 2016, S. 82-85 u. 90-93.
Wolff, Kathrin, Zeugnisse jüdischer Kultur, Berlin 1992, S. 245-246.
Stationsbeschreibung
Meine Pflegetochter Rosel ist sehr gewachsen...“(Brief Irma Rosenhein an ihre Tochter Berta in England, 26. September 1941)

Im Haus Jacobstraße 7 richtete die Israelitische Religionsgemeinde 1934 ein Kinderheim ein. Das Haus nahm seine Aufgabe bis zur Deportation der letzten zwanzig Kinder im Juli 1942 wahr. Unter ihnen war auch die 12-jährige Rosa Rubinstein.

Rosel war ein lebhaftes Kind. Am 17. November 1929 geboren, wuchs Rosa Lea Rubinstein als Halbwaise im nationalsozialistischen Leipzig auf. Ihre Mutter war schon 1932 gestorben, ihr Vater wurde vermutlich im Rahmen der „Polen-Aktion“ Ende Oktober 1938 , zusammen mit etwa 5.000 polnischen Staatsbürger*innen bzw. Staatenlosen, ins polnische Grenzgebiet abgeschoben. Im August 1940 fand Rosel bei ihrer Pflegemutter Irma Rosenhein (1895-1943) am Nordplatz 7 ein neues Zuhause, in einem der 47 Leipziger „Judenhäuser“, wie sie ab 1939 eingerichtet wurden: Durch das „Gesetz über Mietverhältnisse mit Juden“ ihrer eigenen Wohnung beraubt, mussten jüdische Familien dort nun auf engstem Raum zusammenleben. Als 1940 Irmas Mann starb, nahm sie Rosel zu sich. Ihre leibliche Tochter Berta konnte bereits Ende November 1938 mit dem ersten Kindertransport nach England fliehen. Als schließlich am 21. Januar 1942 die systematischen Deportationen begannen, gehörte Irma zu den ersten 700 Opfern. Rosel wurde noch am selben Tag ins „Judenhaus“ Jacobstraße 7 gebracht: Hier hatte die Gemeinde 1934 ein Kinderheim unter Leitung der Leipziger Lehrerin Gertrud Herrmann (1896-1942?) eingerichtet. Das Haus nahm seine Tätigkeit bis zur Deportation der letzten zwanzig Kinder am 13. Juli 1942 wahr. Unter ihnen befand sich auch die 12-jährige Rosel. An sie erinnert seit 2006 ein Stolperstein in der Toreinfahrt. Ein Hinweis am Haus selbst fehlt.

Adresse

Löhrstraße 10
04105 Leipzig
Deutschland

Geo Position
51.345455, 12.373646
Titel
Haus der Israelitischen Religionsgemeinde zu Leipzig
Literatur
Lange, Bernd-Lutz; Lorz, Andrea, Jüdische Spuren in Leipzig, Leipzig 2016, S. 52-55 u. 85
Wolff, Kathrin, Zeugnisse jüdischer Kultur, Berlin 1992, S. 246
Stationsbeschreibung

„BITTE TÜRE SCHLIESSEN“

Schon seit über einem Jahrhundert ist die Verwaltung der Israelitischen Religionsgemeinde zu Leipzig in der Löhrstraße 10 zu Hause. Von der Bedeutung des Ortes ist von außen wenig zu erahnen.

Über die Humboldtstraße bzw. den Löhrsteg erreicht man den südlich der Parthe gelegenen Abschnitt der Löhrstraße. 1770/71 hatte hier, im Leipziger Norden, der Bankier und Ratsherr Eberhard Heinrich Löhr (1725-98) einen englischen Landschaftspark, Löhrs Garten, anlegen lassen. Ab 1870 wurde dieser schrittweise parzelliert und bebaut. Zu den repräsentativen Stadthäusern, die nun entlang der neuen Löhrstraße entstanden, gehört auch die Nummer 10. 1897 errichtet, dient das Haus bis heute als Verwaltungssitz der Israelitischen Religionsgemeinde. Bereits ab 1900 war hier das Gemeindeamt als Mieter im ersten Stock verzeichnet, 1920 kaufte die Religionsgemeinde dann das gesamte Gebäude. Ab 1933 wurde es für die gut 11.500 Mitglieder zur ersten Anlaufstelle. (Die alte Gemeindekartei blieb hier wie durch ein Wunder erhalten)Umso mehr schmerzte da 1934 die Umbenennung der Löhrstraße in Walter-Blümel-Straße, nach einem der „sieben Leipziger Blutzeugen“ der NS-Bewegung, und 1939 die Umwandlung des Gebäudes in eines der Leipziger „Judenhäuser“. Eben hier konstituierte sich bereits am 15. Mai 1945, noch unter amerikanischem Schutz, der neue Gemeindevorstand. Doch schon ab 1949 sank die Zahl der Mitglieder, von über 350 auf 35 im Jahr 1988. Erst mit der Zuwanderung aus der ehemaligen Sowjetunion zog in der Löhrstraße 10 wieder neues Leben ein. Neben dem Landesrabbinat ist hier auch die Ephraim-Carlebach-Stiftung zu Hause.

Adresse

Keilstraße 4
04105 Leipzig
Deutschland

Geo Position
51.345833, 12.373919
Titel
Brodyer Synagoge
Literatur
Hocquél, Wolfgang, Leipzig: Baumeister und Bauten. Von der Romanik bis zur Gegenwart, Leipzig/Berlin 1990, S. 149.
Hocquél, Wolfgang, Die Bau- und Kunstdenkmäler von Sachsen. Stadt Leipzig. Die Sakralbauten, Band 1, München/Berlin 1995, S. 801-803.
Lange, Bernd-Lutz; Lorz, Andrea, Jüdische Spuren in Leipzig, Leipzig 2016, S. 40-45.
Wolff, Kathrin, Zeugnisse jüdischer Kultur, Berlin 1992, S. 240-241.
Stationsbeschreibung

„Denn von Zion wird Weisung ausgehen und des HERRN Wort von Jerusalem.“ (Jesaja 2:3)

1903/04 wurde das Doppelwohnhaus Keilstraße 4-6 zur Brodyer Synagoge umgebaut. Sie überdauerte die Zeit des Nationalsozialismus als einziges jüdisches Gotteshaus in Leipzig, und blieb dies bis heute.

Unter den Leipziger Meßjuden spielten die Kaufleute aus dem galizischen Brody eine besondere Rolle: Sie waren die ersten, die sich in der Stadt dauerhaft niederlassen und 1814 einen Friedhof anlegen durften. Ab 1763/64 unterhielten sie am Brühl 71 (heute 65) einen Betsaal, ab 1818 mieteten sie einen Raum im Kleinen Kolleg am Eselsplatz (heute Ritterstraße 24) an. Gegen Ende des Jahrhunderts, als die Zahl der orthodoxen Gemeindemitglieder zunahm, wurde der Ruf nach einer eigenen Synagoge lauter. In Trägerschaft des Talmud-Thora-Vereins konnte 1903/04 das Doppelwohnhaus Keilstraße 4-6 erworben und zur Brodyer Synagoge umgebaut werden. Nach Plänen von Oscar Schade wurden Erdgeschoss und erste Etage (von außen kaum sichtbar)zu einem Saal mit umlaufender Frauenempore zusammengelegt und im neomaurischen Stil ausgestaltet. Im zweiten Stock befand sich eine Bibliothek. Auch Ephraim Carlebach amtierte als Rabbiner, und zuletzt sang hier der Leipziger Oberkantor Samuel Lampel. Bereits im Juni 1937 wurden Grundstück und Gebäude arisiert. Aufgrund der Gefahr für die umliegenden Wohnungen entging die Synagoge (als einzige)im November 1938 den zerstörerischen Brandanschlägen des Pogroms. Die Innenausstattung wurde zerstört, das Gebäude nachfolgend als Seifenfabrik genutzt. Die Wiedereinweihung am 28. Oktober 1945, nun als Synagoge der Israelitischen Religionsgemeinde, markierte zwar einen Neubeginn, jedoch schwanden die Mitglieder. Erst 1991 gab es wieder einen Anstieg der Mitgliederzahlen aufgrund der Einwanderung vieler Juden und Jüdinnen aus der ehemaligen Sowjetunion. Nach umfassender Restaurierung konnte die Brodyer Synagoge am 22. Mai 1993 ein drittes Mal geweiht werden, wie einst nach orthodoxem Ritus. Seit 2010 amtiert hier mit Zsolt Balla (geb. 1979) auch wieder ein orthodoxer Rabbiner.

Adresse

Stephanstraße (gegenüber Einmündung Seeburgstraße)
04103 Leipzig
Deutschland

Geo Position
51.333149, 12.387786
Titel
Optional: Ehemaliger Israelitischer Friedhof
Literatur
Benndorf, Paul, Der Alte israelitische Friedhof in Leipzig, in: Leipziger Kalender. Illustriertes Jahrbuch und Chronik VII (1925), S. 150-158.
Brocke, Michael; Müller, Christiane E., Haus des Lebens. Jüdische Friedhöfe in Deutschland, Leipzig 2001, S. 217-218.
Brocke, Michael; Ruthenberg, Eckehart; Schulenburg, Kai Uwe, Stein und Name. Die jüdischen Friedhöfe in Ostdeutschland (Neue Bundesländer/DDR und Berlin), Berlin 1994, S. 449-459.
Grubel, Fred, Der Judenfriedhof im Johannistal, in: Bulletin des Leo Baeck Instituts V (1962), Nr. 18, S. 132-138.
Lange, Bernd-Lutz; Lorz, Andrea, Jüdische Spuren in Leipzig, Leipzig 2016, S. 12-15.
Wolff, Kathrin, Zeugnisse jüdischer Kultur, Berlin 1992, S. 235.
Stationsbeschreibung

„Dem Blicke völlig entrückt, von nur wenigen gekannt, …“ (Paul Benndorf, in: Leipziger Kalender, 1925)

An der Stephanstraße, links neben der alten Sternwarte, fand sich seit 1814 der älteste jüdische Friedhof Leipzigs bis 1937. Heute ist dort der Kleingärtnerverein Johannistal 1832 e. V. zu Hause.

 

Wer Zeit und Lust hat, dem sei noch der Besuch eines der drei jüdischen Friedhöfe empfohlen. Ihr ältester lag im Johannistal, einer Geländesenke Richtung Südosten, vor dem alten Sandtor (heute Kreuzung Seeburg-/Talstraße), wo sich auch die „Ratssandgruben" und „Pulverhäuser" befanden. Seit 1798 hatte sich der Vorstand der Brodyer Kaufleute um ein eigenes Begräbnisareal bemüht, da die in Leipzig verstorbenen Meßjuden nur in Dessau bzw. Naumburg beigesetzt werden durften. Erst Ende Oktober 1814 erteilte die Stadt die Konzession: 200 Taler samt jährlicher Pachtgebühr für ein schmales Grundstück, direkt nördlich der Pulverhäuser. Zwischen November 1814 und Februar 1864 wurden insgesamt 334 Personen beigesetzt, u.a. der chassidische Rebbe Schalom Joseph Friedmann (1813-52) aus Sadagóra, ein Vorfahre des Israel Friedmann von Boyan. Nach der Schließung verwilderte das Areal im Johannistal, umgeben von einer ab 1832 parzellierten Kleingartenanlage, der überhaupt ältesten in Sachsen. Konnte die Umwandlung in einen Volkspark 1927 noch verhindert werden, so diente genau dies der Stadt Leipzig 1936/37 als Vorwand zur Kündigung des Erbpachtvertrages: Das Grundstück musste beräumt, die Toten in ein Gemeinschaftsgrab auf dem Neuen Israelitischen Friedhof umgebettet werden. Nur 17 Grabsteine sind erhalten geblieben. Statt des Volksparks wurden nach 1945 weitere Privatgärten angelegt. Bis heute lassen sich dort noch Relikte des alten Friedhofs finden: Grabsteinfragmente, ein kleines Gebäude, Mauerreste, ein Tor. Eine Gedenktafel fehlt.

Adresse

Berliner Straße 123
04129 Leipzig
Deutschland

Geo Position
51.359512, 12.396262
Titel
Optional: Alter Israelitischer Friedhof
Literatur
Brocke, Michael; Müller, Christiane E., Haus des Lebens. Jüdische Friedhöfe in Deutschland, Leipzig 2001, S. 217-218.
Brocke, Michael; Ruthenberg, Eckehart; Schulenburg, Kai Uwe, Stein und Name. Die jüdischen Friedhöfe in Ostdeutschland (Neue Bundesländer/DDR und Berlin), Berlin 1994, S. 459-468.
Lange, Bernd-Lutz; Lorz, Andrea, Jüdische Spuren in Leipzig, Leipzig 2016, S. 16-23.
Wolff, Kathrin, Zeugnisse jüdischer Kultur, Berlin 1992, S. 235-237.
Stationsbeschreibung

„1914-1918 | Ihren für das Vaterland dahingegangenen Söhnen | Die dankbare Israelitische Religionsgemeinde“ (Ehrenmal von Wilhelm Haller, 1926)

Der Alte Israelitische Friedhof an der Berliner Straße 123 spiegelt Kultur und Selbstbewusstsein des Leipziger Judentums bis 1928. Die nachfolgenden Brüche und Zerstörungen sind bis heute sichtbar.

Nach Gründung der Israelitischen Religionsgemeinde (1847) wuchs die Zahl der Mitglieder rasch an. So war absehbar, dass der alte Begräbnisplatz im Johannistal bald nicht mehr ausreichen würde. 1862 konnte im Vorort Eutritzsch, an der damaligen Mockauer Straße, ein neues Areal vom Gutsbesitzer Hennig erworben werden: ein langes, schmales Grundstück in Süd-Nord-Richtung. Am 2. März 1864 wurde hier als erster Ephraim Friedemann aus dem russischen Titin beigesetzt. Heute finden sich auf dem Alten Israelitischen Friedhof etwa 2.700 Grabstätten in fünf Abteilungen, jeweils rechts und links des Hauptweges, getrennt durch Mauern mit zum Teil beeindruckenden Erbbegräbnissen, darunter zahlreiche bekannte Leipziger Namen wie die Familien Adler, Brasch, Deuel, Fürst, Goldschmidt, Jadassohn, Plaut oder Rapaport. Von der Feierhalle, direkt am Eingang, ist nur noch der Grundriss zu sehen. Sie blieb zwar 1938 verschont, ging aber am 4. Dezember 1943 – wie Teile des Friedhofs auch – im Bombenhagel unter. Auf Initiative des Reichsbundes jüdischer Frontsoldaten wurde 1926 in der 5. Abteilung ein Ehrenmal für die Gefallenen des Ersten Weltkrieges errichtet: insgesamt 121 Namen. Ebenfalls in der 5. Abteilung befinden sich Urnengräber von KZ-Opfern aus Leipzig. Mit Einweihung des Neuen Israelitischen Friedhofs wurde der alte 1928 geschlossen. Einzelne Bestattungen fanden auch danach noch statt (zuletzt 1983). Ein Besuch lohnt und ist täglich, außer am Schabbat, möglich.

Adresse

Delitzscher Straße 224
04129 Leipzig
Deutschland

Geo Position
51.386262, 12.380142
Titel
Optional: Neuer Israelitischer Friedhof
Literatur
Brocke, Michael; Ruthenberg, Eckehart; Schulenburg, Kai Uwe, Stein und Name. Die jüdischen Friedhöfe in Ostdeutschland (Neue Bundesländer/DDR und Berlin), Berlin 1994, S. 468-471.
Brocke, Michael; Müller, Christiane E., Haus des Lebens. Jüdische Friedhöfe in Deutschland, Leipzig 2001, S. 218-219.
Lange, Bernd-Lutz; Lorz, Andrea, Jüdische Spuren in Leipzig, Leipzig 2016, S. 24-33.
Wolff, Kathrin, Zeugnisse jüdischer Kultur, Berlin 1992, S. 237-239.
Stationsbeschreibung

„Stärker [!] als der Tod ist die Liebe“ (Inschrift an der neuen Feierhalle von 1955)

Der Neue Israelitische Friedhof an der Delitzscher Straße 224 wurde 1928 eingeweiht. Bis heute dient er der Religionsgemeinde als letzte Ruhestätte und lässt viele alte Leipziger Geschichten lebendig werden.

Auch der zweite jüdische Friedhof an der Berliner Straße wurde für die wachsende Gemeinde bald zu klein. Bereits 1901 erwarb sie ein großes Grundstück im Norden von Eutritzsch, gegenüber des Krankenhauses St. Georg an der Delitzscher Straße. 1922 entwarf der Gartenarchitekt Otto Moosdorf einen ersten Plan zur Anlage des parkähnlichen Areals in West-Ost-Richtung, 1925 begann die Bepflanzung. Die Gestaltung der Kopfbauten übernahm der Architekt Wilhelm Haller. Besonders seine 1927/28 errichtete Feierhalle mit ihrer 21,5 Meter hohen und 18 Meter weit gespannten Betonkuppel erregte großes Aufsehen: „Stark wie der Tod ist die Liebe“ (Hoheslied 8:6), lautete die ursprüngliche Inschrift. Am 6. Mai 1928 konnte der Neue Israelitische Friedhof eingeweiht werden. Im Novemberpogrom 1938 blieben die meisten Gräber verschont, und auch die Feierhalle hielt den Flammen stand, wurde im Februar 1939 jedoch gesprengt. Am selben Ort errichtete man 1951 ein Mahnmal für die über 14.000 Leipziger Opfer der Schoa. Beim Bau der neuen Feierhalle (1953-55) wurde dieses in den hinteren Teil des Friedhofs verlegt. Die Gräberfelder entlang der Mittelachse wurden bis 1948 wiederhergestellt. Neben den Grabmalen der alten Leipziger Familien, oft im Bauhaus- oder Art-déco-Stil (Richtung Süden), finden sich heute auch bekannte Namen der Nachkriegszeit (Richtung Norden), unter anderem Adlerstein, Eitingon, Goldmann, Gollomb, Licht oder Sander. Auf den Steinen neueren Datums (Richtung Osten) dominieren meist russische Namen. Insgesamt sind etwa 1.500 Grabstellen vorhanden, darunter auch das 1937 angelegte Begräbnisareal mit 17 Grabsteinen aus dem Johannistal sowie ein Feld mit Urnengräbern Leipziger KZ-Opfer. Ein Besuch ist auch hier täglich, außer am Schabbat, möglich.

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Autor
Johannes Valentin Schwarz

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