Die Universitäts- und „Ottostadt“ Magdeburg – nach Kaiser Otto I. (912-73) und Otto von Guericke (1602-86) benannt – zählt heute mit gut 242.000 Einwohner*innen zu den drei Oberzentren in Sachsen-Anhalt und ist seit 1990 auch Landeshauptstadt. Im Jahr 805 erstmals urkundlich erwähnt, wurde der Handelsplatz an der Elbe 968 durch Otto I. zum Erzbistum erhoben. Von hier ging die Kolonisation der slawischen Gebiete Richtung Osten aus. Durch die Verbreitung des Magdeburger Stadtrechts erlangte die Messe- und Hansestadt dabei enorme Bedeutung. Eine erste Ansiedlung jüdischer Handelsfamilien lässt sich bereits für 965 nachweisen. Sie standen unter dem Schutz des Erzbischofs und lebten südlich der Stadt in einem eigenen „Judendorf“ – bis zur letzten Vertreibung 1493. Erst zwei Jahrhunderte später, nach den Zerstörungen des Dreißigjährigen Krieges, wurde 1705 wieder ein Schutzjude zugelassen. Nach 1807 wuchs die jüdische Gemeinde zu einem Zentrum der Reformbewegung in Preußen an und erreichte 1925 mit 2.361 Mitgliedern ihren Höchststand. Nach 1933 erstarb das einst blühende jüdische Leben, mit dem 16. Januar 1945 versank die ganze Stadt in Trümmern. Die Narben sind geblieben. Immerhin: Beide Magdeburger Gemeinden zählen heute zusammen wieder gut 800 Mitglieder, ein Synagogenneubau ist geplant.

Adresse

Gröperstraße 1a
39106 Magdeburg
Deutschland

Dauer
120.00
Literatur
Moritz Spanier, Geschichte der Juden in Magdeburg, Magdeburg 1923. – Erst nach 1990 wurde eine regionalgeschichtliche Bestandsaufnahme vorgenommen, u. a. von Helmut Eschwege, Geschichte der Juden im Territorium der ehemaligen DDR, Band I, Dresden 1991, S. 319-333
Zeugnisse jüdischer Kultur, Projektleitung: Kathrin Wolff, Berlin 1992, S. 197-201
Geschichte jüdischer Gemeinden in Sachsen-Anhalt. Versuch einer Erinnerung, hrsg. Landesverband Jüdischer Gemeinden Sachsen-Anhalt, Wernigerode 1997, S. 179-200 und 295-296/299
Cornelia Seibert: Magdeburg, in: Wegweiser durch das jüdische Sachsen-Anhalt, hrsg. Jutta Dick / Marina Sassenberg, Potsdam 1998, S. 124-141
Ausstellungsband der Magdeburger Museen: Jüdisches Kult- und Kulturgut. Spuren zur Geschichte der Juden in Magdeburg, hrsg. Karlheinz Kärgling, Magdeburg 1992
Ausstellungsband der Magdeburger Museen: Magdeburg 1200. Mittelalterliche Metropole, Preußische Festung, Landeshauptstadt. Die Geschichte der Stadt von 805 bis 2005, hrsg. Matthias Puhle, Magdeburg 2005
Ausstellungsband der Magdeburger Museen: Unerwünscht. Verfolgt. Ermordet. Ausgrenzung und Terror während der nationalsozialistischen Diktatur in Magdeburg 1933 – 1945, hrsg. Matthias Puhle, Magdeburg 2008
Ausstellungsband der Magdeburger Museen: „Magdeburg lebt!“ Kriegsende und Neubeginn 1945-1949, hrsg. Matthias Puhle, Magdeburg 2011
Länge
9.50
Stationen
Adresse

Gröperstraße 1a
39106 Magdeburg
Deutschland

Geo Position
52.148111111111, 11.641916666667
Titel
Synagogen-Gemeinde zu Magdeburg und Gemeindehaus mit Betsaal
Literatur
Zur Wiederbegründung der jüdischen Gemeinde nach 1945 vgl. Elias Steger: Die jüdische Bevölkerung Magdeburgs 1945-1949, in: „Magdeburg lebt!“ Kriegsende und Neubeginn 1945-1949, hrsg. Matthias Puhle, Magdeburg 2011, S. 223-236.
Stationsbeschreibung

„Erbaut anno dom[ini] 1900“
Seit 1968 ist die Synagogen-Gemeinde zu Magdeburg K.d.ö.R. in der Gröperstraße 1a zu Hause. Vor 1990 hätte sie sich fast aufgelöst – heute hat sie knapp 500 Mitglieder.

Wer in Magdeburg heute nach jüdischem Leben in der Stadt sucht, wird – abgesehen von den historischen Spuren – nur in den Außenbezirken fündig werden. Es mag Zufall sein, dass die Nachkriegsgemeinde, die stets so sehr von Ab- und Zuwanderung geprägt war, ausgerechnet neben dem Neustädter Bahnhof, in der Gröperstraße 1a, ein neues Zuhause fand. Auf dem Weg zum Hauptbahnhof lohnt ein Abstecher zu dem markanten Gebäude, das von außen noch immer wie ein Provisorium wirkt. Bereits 1945 waren erste Gottesdienste organisiert worden, eine Gemeinde konstituierte sich am 8. Oktober 1947, damals mit 83 Mitgliedern. Vorsitzender war Horst Karliner (er floh 1953 in den Westen). Mit der Sudenburger Villa Wolf (Klausener Straße 11-13) konnte 1950 endlich ein festes Domizil erworben werden – bis zum Zwangsverkauf 1965. Wieder war die Synagogen-Gemeinde zu Magdeburg heimatlos, bis sie 1968 in die Gröperstraße zog. Fast hätte sie sich aufgelöst, 1980 zählte sie nur noch 20 Mitglieder. Dann begann 1990 die Zuwanderung aus der ehemaligen Sowjetunion, religiöse Differenzen führten jedoch 2005 zur Abspaltung der liberalen Jüdischen Gemeinde zu Magdeburg (Markgrafenstraße 3). Ab 2021 wird die Neue Synagoge in der Julius-Bremer-Straße 3 hoffentlich für beide Gemeinden Platz bieten – dann mitten in der Stadt.

Adresse

Brandenburger Straße 2 
39104 Magdeburg
Deutschland

Geo Position
52.132, 11.629972222222
Titel
Wohnhaus Brandenburger Straße
Literatur
Zur Einrichtung der Magdeburger „Judenhäuser“ vgl. u. a. Johannes Fromm: „Juden sind hier unerwünscht!“ Die wirtschaftliche und gesellschaftliche Verdrängung der Magdeburger Juden während der Zeit des Nationalsozialismus, in: Unerwünscht. Verfolgt. Ermordet. Ausgrenzung und Terror während der nationalsozialistischen Diktatur in Magdeburg 1933 – 1945, Magdeburg 2008, S. 181-200 (195-197).

Stationsbeschreibung

„Die erste Sterne-Pension der Landeshauptstadt“
In der Brandenburger Straße 2, unweit des Hauptbahnhofes, befand sich ab 1939 eines von neun Magdeburger „Judenhäusern“. Heute gehen in der Pension Alte Wache Tourist*innen ein und aus…

Noch heute beeindruckt das Empfangsgebäude des Hauptbahnhofs, das 1870/73 an der Westfront der einstigen Festung Magdeburg entstand. Bereits 1838/39 hatte die Eisenbahn in der alten Handelsstadt an der Elbe Einzug gehalten. Fast könnte man meinen, auch die Entwicklung der jüdischen Gemeinde sei fest mit dem neuen Verkehrs- und Transportmittel verbunden gewesen: So wie die Zahl der Gemeindemitglieder erst ab 1840 merklich anwuchs, wurde ihr Schicksal – ein Jahrhundert später – durch die letzte Deportation nach Theresienstadt am 10./11. Januar 1944 besiegelt. Wenige hundert Meter vom Hauptbahnhof entfernt, direkt neben dem traditionsreichen Hotel Grüner Baum, findet sich das Gründerzeithaus Brandenburger Straße 2: Einst in jüdischem Besitz, wurde der hintere Teil Anfang 1939 zu einem der ersten „Judenhäuser“ umgewandelt. Durch das Gesetz über Mietverhältnisse mit Juden vom 30. April 1939 ihrer eigenen Wohnung beraubt, mussten hier vor allem ältere Magdeburger*innen auf engstem Raum zusammenleben. Nicht nur die sanitären Verhältnisse waren katastrophal. Aus den Deportationslisten der Jahre 1942-44 lassen sich insgesamt 6 bzw. 9 Magdeburger „Judenhäuser“ lokalisieren – für viele die letzte Station auf dem Weg in den sicheren Tod. Eine Gedenktafel fehlt bis heute.

Adresse

Kleine Münzstraße 1
39104 Magdeburg
Deutschland

Geo Position
52.13175, 11.634805555556
Titel
Betstube Kleine Münzstraße
Stationsbeschreibung

„Die auf der Liste aufgeführten Juden sind am 11. Juli 1942 nach dem Osten abgeschoben.“ (Auskunft der GeStaPo Magdeburg an einen Zwangsversteigerer, 25.07.1942)
In der Kleinen Münzstraße 5 befand sich einst die erste Betstube der neuzeitlichen jüdischen Gemeinde. Geblieben sind drei Stolpersteine für Familie Wiesner zwei Häuser nebenan.

Entlang der Ernst-Reuter-Allee gelangt man linker Hand zur Kleinen Münzstraße. Im Mai 1953 war der Grundstein für den neuen Wohnblock gelegt worden, der da an der Nordseite der damaligen Stalinallee auf den Trümmern des alten Magdeburgs entstand. Trotz aller Zerstörung – vor und nach 1945 – lässt sich an den Straßennamen noch heute die Geschichte der Stadt ablesen. So war in der Großen Münzstraße 7/8 von 1683-1767 die staatliche Münze untergebracht. In diese Zeit fiel auch die Wiederzulassung jüdischer Familien: 1705 konnte der „Schutzjude“ Abraham Lieb(er)mann eine erste Handelskonzession erhalten. Eine größere Gemeinde entwickelte sich erst nach 1807. Bis zum Bau der Magdeburger Synagoge (1851) traf sie sich in einer Betstube hier in der Kleinen Münzstraße 5 (später in der Prälatenstraße 27). Die Nummerierung täuscht: Das alte Gebäude stand direkt an der Straßenecke, heute Ernst-Reuter-Allee 16. Eine Spur findet sich in der Bepflasterung: drei Stolpersteine für den Textilkaufmann Abraham Wiesner, seine Frau Frieda und deren zweite Tochter Lea (Lilly). Von 1933-42 wohnten sie in der Kleinen Münzstraße 3 (heute 1). Nur die ältere Tochter Esther (geb. 1923) konnte nach Großbritannien entkommen.

Adresse

An der Alten Synagoge
Julius-Bremer-Straße
39104 Magdeburg
Deutschland

Geo Position
52.133388888889, 11.636305555556
Titel
Alte Synagoge Magdeburg
Literatur
Zur 1851 in Magdeburg eingeweihten Synagoge vgl. Ludwig Philippson: Korrespondenz. Magdeburg, 15. September 1851. Einweihung der neuerbauten Synagoge, in: Allgemeine Zeitung des Judenthums XV / Nr. 40 (29.9.1851), S. 474-479 [online verfügbar unter http://sammlungen.ub.uni-frankfurt.de/cm/periodical/pageview/3242133]
Holger Brülls: Synagogen und Friedhofsbauten in Sachsen-Anhalt. Erhaltene und verschwundene Denkmale – ein Überblick, in: Wegweiser durch das jüdische Sachsen-Anhalt, hrsg. Jutta Dick / Marina Sassenberg, Potsdam 1998, S. 334-357
Holger Brülls: Synagogen in Sachsen-Anhalt, Berlin 1998, S. 186-197 (Der Magdeburger Synagogenwettbewerb. Zum neuromanischen Synagogenbau der Wilhelminischen Zeit)
Stationsbeschreibung

„min-Géw jegarschú – Aus der menschlichen Gesellschaft wurden sie gejagt“ (Hiob 30:5)
Am heutigen Platz An der Alten Synagoge erinnert seit dem 9. November 1988 ein Mahnmal an die Zerstörung des Magdeburger Gotteshauses – und an die Grundlagen menschlichen Miteinanders.

Über die Parkfläche hinter dem Warenhaus Karstadt gelangt man auf kurzem Weg zur Julius-Bremer-Straße, ehemals Große Schulstraße. Eben hier, auf dem nach Norden gelegenen Grundstück 22c, konnte die jüdische Gemeinde am 14. September 1851 ihre eigene Synagoge einweihen – „unter außerordentlicher Theilnahme der städtischen Behörden und Bevölkerung“. Im Nachbarhaus 22b befanden sich Gemeinde- und Schulräume sowie die Wohnungen für Kantor und Küster. Die liberale Gemeinde wuchs, von gut 800 auf über 1.800 Mitglieder (1885), und so wurde der neugotische Bau 1897 im maurischen Stil umgestaltet und erweitert. Im Novemberpogrom 1938 demolierten Sturmabteilung, Schutzstaffel und Hitler Jugend die Synagoge im Innern. Aufgrund der engen Bebauung wurde sie nicht in Brand gesteckt, Anfang 1939 aber gesprengt. Das Gemeindezentrum rechts daneben wurde zum „Judenhaus“ erklärt. Mit dem Umbau der kriegszerstörten Stadt geriet der alte Standort in Vergessenheit – und wurde erst 1988 mit dem Mahnmal „50 Jahre Pogrom“ von Josef Bzdok wieder markiert. Weitere Initiativen folgten: Im Mai 1999 erhielt der Platz den Namen An der Alten Synagoge, 2005 stiftete die Magdeburgische Gesellschaft von 1990 – etwas abseits – ein Bronze-Relief, und vier Stolpersteine erinnern an die Ehepaare Spier und Baer. 

Adresse

Breiter Weg 31
39104 Magdeburg
Deutschland

Geo Position
52.134583333333, 11.638472222222
Titel
Geschäftsstraße Breiter Weg und Wohnhaus Philippson
Literatur
Meyer Kayserling: Ludwig Philippson. Eine Biographie, Leipzig 1898;
Daniel Mourkojannis: Ludwig Philippson: Prediger, Publizist und Politiker. Die Reformarbeit in seiner Magdeburger Gemeinde, in: Wegweiser durch das jüdische Sachsen-Anhalt, hrsg. Jutta Dick / Marina Sassenberg, Potsdam 1998, S. 254-261
Andreas Gotzmann: Die Brillanz des Mittelmaßes. Ludwig Philippsons bürgerliches Judentum, in: Jüdische Bildung und Kultur in Sachsen-Anhalt von der Aufklärung bis zum Nationalsozialismus, hrsg. Giuseppe Veltri / Christian Wiese, Berlin 2009, S. 147-174.
Stationsbeschreibung

„Gedenkt der Vernichtung“ (Bronzemodell der Kirche St. Katharinen, 16.01.2000)
Der Breite Weg war und ist Magdeburgs zentrale Wohn- und Geschäftsstraße, auch für jüdische Familien. Die Narben der Zerstörung – vor und nach 1945 – sind bis heute sichtbar…

Wenige Schritte vom Synagogen-Mahnmal Richtung Osten kreuzt die Julius-Bremer-Straße den Breiten Weg, bis heute die zentrale Wohn- und Geschäftsstraße der Stadt. Hier am Ratswaageplatz, wo sich seit 2002 die Bronzeplastik „Magdeburger Halbkugeln“ findet, markierte einst das Krökentor die nördliche Stadtgrenze. 1236 wurde es auf Höhe des heutigen Universitätsplatzes verschoben und der Nordabschnitt rund um die Pfarrkirche St. Katharinen (1230) bebaut. Es lässt sich nur erahnen, wie der Breite Weg einst ausgesehen haben mag: sei es im Mittelalter, sei es in seiner barocken Gestalt – und wie hier seit dem 19. Jahrhundert auch jüdische Geschäfte das Stadtbild wie selbstverständlich prägten, bis zu ihrer „Arisierung“ Ende 1938. Rechter Hand, im Bereich des Neubaublocks Breiter Weg 27-30, wohnte einst Ludwig Philippson (1811-89), Magdeburgs legendärer Rabbiner, der sich auch als Begründer der Allgemeinen Zeitung des Judenthums (1837-1922) einen Namen machte.
Auf dem Breiten Weg erinnern außerdem fünf Stolpersteine an die Familie Kreisel.

Adresse

Julius-Bremer-Straße 3
39104 Magdeburg
Deutschland

Geo Position
52.133138888889, 11.63975
Titel
Standort Neue Synagoge Magdeburg
Literatur
Eine neue Synagoge für Magdeburg. Eine Initiative des Fördervereins „Neue Synagoge Magdeburg“ e.V. gemeinsam mit der Synagogengemeinde zu Magdeburg [Flyer, überarbeitete Auflage], Magdeburg 12/2017.
Stationsbeschreibung

„Otto braucht eine Synagoge“ (Banner des Fördervereins „Neue Synagoge Magdeburg“ e.V., 2018)
Auf dem Grundstück Julius-Bremer-Straße 3 sollen ab 2021 beide jüdischen Gemeinden Magdeburgs ein neues Zuhause finden – im Herzen der Stadt. 

Über die Passage beim Katharinenportal und die Parkfläche dahinter, rund um die Margarethenstraße, gelangt man zu einer baumbestandenen Freifläche an der Julius-Bremer-Straße 3. Einst verlief hier die Apfelstraße, und auf dem Grundstück zwischen dem heutigen Hotel Ratswaage und dem Neubaublock an der Weitlingstraße stand das Walhalla-Theater. Noch ist nicht viel zu sehen: „Otto braucht eine Synagoge“, fordert ein buntes Banner, das hier erstmals Ende 2015 vom Förderverein „Neue Synagoge Magdeburg“ e.V. (gegr. 1998) aufgestellt worden ist. Seitdem wurde es – vor den Augen der Stadtverwaltung gegenüber – mehrfach beschädigt und das Wort „Synagoge“ herausgeschnitten. Ein erster Entwurf der HS-Architekten Hamburg liegt seit 2014 vor. Förderverein, Stadt und Kirchen unterstützen das Projekt. Bis 2021 soll die neue Synagoge Realität werden. Tatsächlich suchen sowohl die Synagogen-Gemeinde, als auch die liberale Jüdische Gemeinde seit Jahren nach einer neuen Bleibe, doch die unterschiedlichen religiösen Ausrichtungen werden bleiben. Also zwei Gemeinden unter einem Dach? Die Planungen laufen.

Adresse

Arthur-Ruppin-Straße
Breiter Weg 8-10
39104 Magdeburg
Deutschland

Geo Position
52.126722222222, 11.633611111111
Titel
Hundertwasser-Haus Grüne Zitadelle und Arthur-Ruppin-Straße
Literatur
Arthur Ruppin: Die Juden der Gegenwart. Eine sozialwissenschaftliche Studie, Berlin 1904
Arthur Ruppin: Erinnerungen, Band I: Jugend- und Studentenzeit. 1876-1907, Tel-Aviv 1945
Stationsbeschreibung

„Wir sechs jüdischen Referendare … hatten jeden Sonnabend Abend unsere Zusammenkunft im Café Dom.“ (aus den Erinnerungen von Arthur Ruppin, Tel Aviv 1945)
Zwischen Breitem Weg und Domplatz lebte und arbeitete einst Arthur Ruppin, einer der Gründer Tel Avivs. Ein Jahrhundert später setzte hier Hundertwasser neue städtebauliche Akzente.

Vom Ratswaageplatz aus gelangt man in gut zehn Gehminuten zu Magdeburgs Grüner Zitadelle. Schon von weitem ist das eigenwillige Gebäude am Breiten Weg 8-10 auszumachen. Es ist das letzte Bauprojekt des Wiener Weltkünstlers Friedensreich Hundertwasser (eigentl. Friedrich Stowasser, 1928-2000). 1995 begonnen, konnte es erst 2003-05 vollendet werden. Hundertwasser – Sohn einer jüdischen Mutter – entkam vor 1945 nur knapp der Deportation.
Die Querstraße an der Südseite wurde 2002 nach kontroverser Diskussion im Stadtrat nach dem Rechtsreferendar und späteren Soziologen Arthur Ruppin (1876-1943) benannt. In Magdeburg verbrachte Ruppin seine Schulzeit, hier vollendete er 1904 sein Buch Die Juden der Gegenwart und war zuletzt am Landgericht (Domplatz 6) tätig. Im Café Dom traf sich sein Stammtisch. Von Berlin emigrierte Ruppin 1908 nach Palästina, wo er zu den führenden Persönlichkeiten der Zionistischen Weltorganisation gehörte. Zu seinem literarischen Erbe zählen auch diverse umstrittene Äußerungen zu „Rasse“ und „Eugenik“.

Adresse

Breiter Weg
Danzstraße
39104 Magdeburg
Deutschland

Geo Position
52.12525, 11.631638888889
Titel
Ehemaliges "Judendorf"
Literatur
Moritz Güdemann, Zur Geschichte der Juden in Magdeburg. Grösstentheils nach Urkunden des Magdeburger Königl. Provinzial-Archivs bearbeitet. Nebst Noten und handschriftlichen Beilagen, in: Monatsschrift für Geschichte und Wissenschaft des Judenthums XIV / Heft 7 (Juli 1865), S. 241-256 [online verfügbar unter http://sammlungen.ub.uni-frankfurt.de/cm/periodical/titleinfo/2861397]
Hans-Joachim Krenzke: Magdeburger Friedhöfe und Begräbnisstätten, hrsg. Landeshauptstadt Magdeburg, Magdeburg 1998 (= Stadtplanungsamt Magdeburg, Heft 60), S. 146-148 [online verfügbar unter https://www.magdeburg.de/media/custom/698_4872_1.PDF und https://www.magdeburg.de/media/custom/698_4873_1.PDF]
Stationsbeschreibung

„…wegen ungebührlichen Handelns wider die heilige Kirche und erzbischöfliche Gebote und Ordnungen mannigfach…“ (Ausweisung durch Erzbischof Ernst von Sachsen, Frühjahr 1493)
Unter dem Schutz des Erzbischofs lebte die mittelalterliche jüdische Gemeinde in einem eigenen „Judendorf“ südlich des Alten Sudenburger Tors – bis zur letzten Vertreibung 1493.

Nur wenige Schritte vom Magdeburger Dom entfernt, am Breiten Weg / Höhe Danzstraße, stand einst das Alte Sudenburger Tor. Im Mittelalter markierte es die südliche Stadtgrenze. Eine erste Doppeltoranlage aus Stein datiert vermutlich auf die Zeit nach dem Stadtbrand von 1207. Die Fundamente wurden 2008/10 freigelegt. Das Gebiet südlich der Stadt, rund um die alte Sudenburg, unterstand der Gerichtsbarkeit des Erzbischofs. Unter seinem Schutz konnten sich hier ab 965 die ersten jüdischen Familien in einem eigenen „Judendorf“, etwa im Bereich des heutigen Hasselbachplatzes, ansiedeln. Ein Friedhof, der Judenkever Buckau, befand sich weiter südlich am Westufer der Sülze, nahe der alten Mündung in die Elbe. Der älteste bekannte Grabstein stammt von 1269. Mehrfach wurde das „Judendorf“ zerstört, seine Bewohner*innen getötet oder vertrieben – doch mit neuen Schutzbriefen wieder zugelassen. Bis zum Jahr 1493: Wegen der angeblichen Beleidigung zweier Mönche verfügte Erzbischof Ernst von Sachsen die Ausweisung der ganzen Gemeinde. Am Sonntag Jubilate, kurz nach Ostern, begann der Exodus von gut 1.400 Menschen. Keiner kehrte zurück. Der Ort wurde in Mariendorf umbenannt, die alte Synagoge zur Marienkapelle umgewidmet und der Friedhof aufgelöst. Noch nach 1945 fand man einzelne Grabsteine in den Trümmern der Stadt. Wer übrigens noch tiefer in Magdeburgs (jüdischer) Geschichte forschen möchte, dem sei ein Besuch im nahen Kulturhistorischen Museum an der Otto-von-Guericke-Straße 68-73 empfohlen.

Adresse

Fermersleber Weg 46-48
(Nordseite, zw. Hecklinger Straße / Innsbrucker Straße) 
39112 Magdeburg
Deutschland

Geo Position
52.107138888889, 11.612555555556
Titel
Israelitischer Friedhof Magdeburg
Literatur
Michael Brocke / Eckehart Ruthenberg / Kai Uwe Schulenburg: Stein und Name. Die jüdischen Friedhöfe in Ostdeutschland (Neue Bundesländer / DDR und Berlin), Berlin 1994, S. 487-495
Holger Brülls: Synagogen in Sachsen-Anhalt, Berlin 1998, S. 136-141 (Die Trauerhalle auf dem jüdischen Friedhof in Magdeburg)
Michael Brocke / Christiane E. Müller, Haus des Lebens. Jüdische Friedhöfe in Deutschland, Leipzig 2001, S. 209-210.
Hans-Joachim Krenzke: Magdeburger Friedhöfe und Begräbnisstätten, hrsg. Landeshauptstadt Magdeburg, Magdeburg 1998 (= Stadtplanungsamt Magdeburg, Heft 60), S. 148-150 [online verfügbar unter https://www.magdeburg.de/media/custom/698_4872_1.PDF und https://www.magdeburg.de/media/custom/698_4873_1.PDF]
Stationsbeschreibung

„Betreten des Friedhofes für männliche Personen nur mit Kopfbedeckung“ (Hinweisschild am Eingang)
Der Israelitische Friedhof Magdeburg wurde 1816 in der Sudenburger Feldmark angelegt. Krieg und Zerstörung überstand er fast unbeschadet – und zeugt bis heute von einem reichen jüdischen Leben.

Wer Lust und Zeit hat, dem sei ein Abstecher zum Israelitischen Friedhof am Fermersleber Weg 46-48 empfohlen. Außer an Schabbat und anderen jüdischen Feiertagen ist er frei zugänglich. Mit gut 2.300 Grabstätten zeugt der Friedhof – wie kein anderer Ort in Magdeburg – von der reichen, inzwischen über 200-jährigen Geschichte der neuzeitlichen jüdischen Gemeinde. Diese wuchs erst ab der Napoleonischen Zeit (nach 1807) entscheidend an, ein Begräbnisplatz fehlte. Ein erster Antrag wurde 1815 vom Magistrat abgelehnt. Doch schon 1816 konnte die Gemeinde in der Sudenburger Feldmark ein zwei Morgen (ca. 5.000 m²) großes Grundstück erwerben, das 1863 und 1912 auf insgesamt zwei Hektar erweitert wurde. Eine Beerdigungsgesellschaft (Chewra Kadischa) fand sich 1838 zusammen, 1864 wurde eine repräsentative Trauerhalle samt Personalwohnung errichtet. Sie wird bis heute genutzt. Wie durch ein Wunder entgingen Gräber und Gebäude nach 1933 einer Schändung durch die Nationalsozialisten. Ab 1940 richteten die alliierten Luftangriffe einzelne Schäden an. Es dauerte lange bis diese nach 1945 wieder beseitigt werden konnten. Neben dem Ehrengrab für die Gefallenen des Ersten Weltkrieges erinnern zwei Gedenksteine an die Opfer der Schoa, insbesondere an die ermordeten Kinder. Von der mittelalterlichen Gemeinde zeugen einzelne Steine des alten „Judenkever Buckau“ (vor 1350). Sie gehören zu den ältesten in Europa.

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Autor
Johannes Schwarz

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