Beruf
Rabbiner
Geburtsdatum
13. März 1913
Geburtsort
Mainz
Gender
Mann
Stationen
Titel
Leben in zwei Kulturen
Untertitel
Kindheit und Jugend
Adresse

Hindenburgstraße
55118 Mainz
Deutschland

Geo Position
50.008043, 8.260184
Stationsbeschreibung

Leo Trepp wird am 13. März 1913 als erster Sohn (Bruder Gustav 1917) des Kaufmanns Maier Trepp (1873–1941) und seiner Frau Selma Zipora (1879-1942) in Mainz geboren. Sein Vater entstammt einer alteingesessenen Familie in Fulda, seine Vorfahren dienten den dort ansässigen Fürstäbten seit dem 15. Jahrhundert als Hofärzte. Die Familie gehört der neo-orthodoxen Gemeinschaft an, deren Synagoge am Flachsmarkt liegt. Die Eltern legen mit ihrem Vorbild die Grundlagen für Trepps offenes Denken. Sie führen ein strikt religiöses und politisch liberales Leben. Oper, Theater und die schönen Künste gehören genauso selbstverständlich dazu wie die regelmäßigen Gottesdienstbesuche. Sie leben, was Samson Raphael Hirsch, der Begründer der Neo-Orthodoxie ‚Tora im Derech Eretz’ nannte – Tora und enge weltliche Verbundenheit. Die Juden sollen sich der Umweltkultur und Politik laut Hirsch als bewusste und religiöse Juden widmen. Sie sollen gute Juden und gute Deutsche sein. Immer wieder allerdings müssen Juden die Erfahrung machen, dass ihr Land ihre Liebe zurückweist. So enttäuscht es Maier Trepp schon in jungen Jahren, dass das Militär seinen Patriotismus nicht anerkennt und ihm die verdiente Offiziersehre verweigert. Als Leo Trepp sechs wird, beginnt sein Vater, mit ihm Tora und Talmud zu lernen und ihn mit in die Oper und Symphonie zu nehmen. Die langen Schultage, das tägliche Torastudium und den strikten Tagesablauf meistert der Junge spielend.

Titel
Ferien im klimperkleinen Dorf
Untertitel
Jüdisches Landleben
Adresse

Kaulhügel
97488 Oberlauringen
Deutschland

Geo Position
50.216435, 10.379202
Stationsbeschreibung

Leo Trepps Mutter stammt aus dem unterfränkischen Dorf Oberlauringen. Jedes Jahr verbringt die Familie dort ihre Sommerferien. Spätestens seit dem fünfzehnten Jahrhundert hatte es in Deutschland Juden gegeben, die sich in kleineren Orten und in Dörfern niederließen. Meist waren sie aus Städten vertrieben worden, und einige kehrten dorthin zurück, wenn die Landesherren den Bann wieder aufhoben. Besonders im Rheinland und in Franken aber entwickelten sich über die Jahrhunderte aus versprengten kleineren Gruppen stabile Gemeinden, mit sämtlichen Einrichtungen, die ein frommes Leben erforderte. Die meisten Juden in dem Dorf arbeiten als Viehhändler oder betreiben kleine Läden, in denen, wie beim koscheren Schlachter oder Bäcker, das ganze Dorf einkauft. Andere halten ein paar eigene Kühe und Gänse. Leo Trepp genießt das Dorfleben, die Nähe zu Tieren, die es in der Stadt nicht gibt, die Beeren und Pflaumen, die er sich nach dem Pflücken gleich in den Mund stecken kann. Später wird er von der derben Frömmigkeit der Landjuden erzählen, die weniger auf religiöser Bildung als auf Volkstum beruhte. So muss Maier Trepp einspringen, wenn der Lehrer, der als Vorbeter fungiert, in die Ferien fahren will. Sonst gibt es keinen, der die Tora lesen kann. Bald hilft auch Leo Trepp aus und sammelt in Oberlauringen seine ersten Erfahrungen als Prediger.

Titel
„Warum Trennung, nur weil man nicht zusammen beten will?“
Untertitel
Beginn des Studiums und Zweifel an jeder Form von Rigorosität
Adressbeschreibung
Universität Frankfurt

Höhere Akademie (Talmudhochschule) Frankfurt
Stationsbeschreibung

Bald aber macht ihm der immer häufiger zutage tretende Antisemitismus Schwierigkeiten. In seiner Klasse am Gymnasium fühlt er sich oft als Außenseiter. Als er mit siebzehn Jahren sein Abitur abschließt, nimmt er selbst schon nicht mehr an der Abitursfeier 1930 teil. Anschließend schreibt er sich an der Universität in Frankfurt für Französisch und Philosophie ein und beginnt daneben an der Höheren Jüdischen Akademie zu studieren. So nannten orthodoxe Juden die Talmudhochschule, die der Schwiegersohn von Samson Raphael Hirsch, Salomon Breuer, gegründet hatte. Wie sein Schwiegervater war Salomon Breuer der Überzeugung, dass sich die neo-orthodoxen Juden von allen Institutionen in der Gemeinde trennen mussten. Denn weil sie sich selbst als toratreu, also gesetzestreu, ansehen, die liberalen Juden aber nicht, konnten sie aus ihrer Sicht keine gemeinsamen Einrichtungen besuchen. Diese sogenannte Austrittsorthodoxie setzte sich zwar in Frankfurt, sonst aber an nur wenigen Orten in Deutschland durch. Prägend für das deutsche jüdische Gemeindeleben sollte das Modell der Einheitsgemeinde werden, das Leo Trepp aus seiner Kindheit kennt und zeitlebens unterstützen wird. In Mainz bilden die Beter der neo-orthodoxen Synagoge gemeinsam mit den Mitgliedern der liberalen Synagoge am Hindenburgplatz (die eine Orgel hat) eine Einheitsgemeinde und teilen sich den Friedhof und andere Einrichtungen. Breuer selbst war Rabbiner der Israelitischen Religionsgemeinschaft, der Frankfurter Austrittsgemeinde. 1907 zog seine Gemeinde in die Synagoge an der Friedberger Anlage, die mit 2000 Sitzen die größte Synagoge in der Stadt war, und in der Leo Trepp während seiner Studienzeit bis 1935 in seinen Ferien predigt.

Titel
„Ich habe wie verrückt gearbeitet“ (Teil 1)
Untertitel
Studium und Promotion
Adresse

Sanderring 2
97070 Würzburg
Deutschland

Geo Position
49.7881847, 9.9330713
Stationsbeschreibung

1932 wechselt Trepp an die Friedrich-Wilhelms-Universität Berlin und besucht in Philosophie Vorlesungen und Seminare unter anderem bei Nicolai Hartmann, der als bedeutender Vertreter des kritischen Realismus gilt, und in Romanik bei Eduard Wechssler. Doch der Schein eines offenen akademischen Klimas täuscht. Bald müssen die ersten jüdischen Professoren die Universität verlassen. Auch Trepp spürt den aggressiven Antisemitismus und versucht, möglichst nicht aufzufallen. Im Sommer 1934 trifft es ihn dennoch. Ohne Angabe von Gründen wirft ihn ein Bediensteter aus dem Lesesaal der Hochschule. Mittlerweile hält Gustav Trepp den Judenhass am Mainzer Schlossgymnasium nicht mehr aus. Der Vater schickt ihn deshalb an das Jüdische Lehrerseminar in Würzburg und bittet Leo, seinem Bruder zu helfen, sich in das laufende Semester einzufinden. Daraufhin beschließt Trepp, in Würzburg an der Julius-Maximilians-Universität zu promovieren. Sein Doktorvater wird Adalbert Hämel, ein Mitglied der SA, der Trepp verspricht, ihm mit aller Kraft zu helfen, und der ihn wirklich sicher durch die Promotion geleitet. Nach dem Krieg wird er wegen seiner vermeintlichen Nähe zu den Nationalsozialisten entlassen, daraufhin setzen sich ehemalige jüdische Studenten für ihn ein. Hämel wird rehabilitiert und 1952 zum Rektor der Universität Erlangen ernannt. Leo Trepp bleibt mit ihm, wie auch mit seinem Zweitprüfer, dem Psychologen und Verhaltensforscher Karl Marbe, der ein strikter Regimegegner war, bis zu beider Tod freundschaftlich verbunden.

Titel
„Ich habe wie verrückt gearbeitet“ (Teil 2)
Untertitel
Studium und Rabbinerausbildung
Adresse

Tucholskystraße 40
10117 Berlin
Deutschland

Adressbeschreibung
früher: Artilleriestraße
Geo Position
52.5269127, 13.3913792
Stationsbeschreibung

Seit 1932 setzt Trepp seine religiösen Studien an dem neo-orthodoxen Rabbinerseminar in Berlin fort, das Rabbiner Esriel Hildesheimer 1873 gegründet hat. Das Doppelstudium an der Universität und am Seminar beansprucht ihn. Oft arbeitet er durch. Und manchmal diskutiert er bis tief in die Nacht mit Kommilitonen. Sie sprechen über die politischen Verhältnisse in Deutschland und über den Zionismus, den als religiöse Juden viele von ihnen ablehnen. Trepp aber wird durch diese Gespräche, durch Literatur und unter dem Einfluss seines Lehrers, Rabbiner Alexander Altmann, überzeugter Zionist. Gleichzeitig festigt sich seine Ansicht, dass orthodoxe und liberale Juden, wenn sich auch ihre Ansichten stark unterscheiden, dennoch eine Gemeinschaft unter Gott bilden, in der sie füreinander einstehen müssen. Das Seminar ist ihm darin Vorbild. Einige seiner Lehrer sind eng befreundet mit Dozenten der liberalen Hochschule der Wissenschaft des Judentums. Einmal in der Woche feiern Professoren und Studenten beider Einrichtungen einen Gottesdienst zusammen. Und auch in der Einheitsgemeinde spiegelt sich die Haltung einer offenen Orthodoxie. Den Plan für Gottesdienste, für die auch die Studenten eingeteilt werden, entwickelt die Berliner Gemeindeleitung für die Orthodoxen wie für die Liberalen. Leo Trepp predigt häufig in den Synagogen in der Rykestraße und im Grunewald, vor allem aber in der Münchener und Passauer Straße. Noch bevor er die Ausbildung abschließt, bietet man ihm an, die beiden Synagogen gemeinsam mit Alexander Altmann zu betreuen und gleichzeitig am Seminar zu lehren.

Titel
Aufbauen im Untergang
Untertitel
Rabbiner unter den Nationalsozialisten
Adresse

Peterstraße 6
26121 Oldenburg
Deutschland

Geo Position
53.1419561, 8.2058618
Stationsbeschreibung

Trepp aber nimmt zum ersten August 1936 die Stelle des Landesrabbiners in Oldenburg an. Die 15 Gemeinden in dem Land, das als erstes im Deutschen Reich eine nationalsozialistische Regierung gewählt hat, haben kaum noch Geld und können sich nur mit Hilfe des Jüdischen Landesverbandes, der wiederum der Reichsvertretung der Juden angeschlossen ist, über Wasser halten. Neben seinen normalen rabbinischen Pflichten muss Trepp mit Hilfe einer Sozialarbeiterin des Landesverbandes vor allem praktische Aufgaben erfüllen: Gemeindemitglieder wollen auswandern und suchen Rat und finanzielle Unterstützung, andere haben ihre Geschäfte verloren und hungern. Und immer wieder brauchen ihn Juden, die der Rassenschande angeklagt werden, darunter Juden, die seit Jahren mit Nichtjuden in einer Partnerschaft leben. Am meisten aber leiden die Kinder, die nicht verstehen, warum ihre nichtjüdischen Freunde sie ausgrenzen. Trepp will sie aus ihrer Isolation herausholen und richtet mit Hilfe der Reichsvertretung eine jüdische Schule ein. Zu seiner großen Überraschung unterstützt ihn auch ein Beamter der Landesregierung nach allen Kräften. Die Schüler lernen nicht nur Mathematik und Deutsch, sondern, um sie auf die Emigration vorzubereiten, ebenfalls Englisch und Hebräisch, sowie die Geschichte von Eretz Israel, wie die Juden das von den Briten besetzte Palästina nennen. Auch unter den erwachsenen Gemeindemitgliedern versucht der Rabbiner, die jüdische Identität durch Bildung zu stärken. Die Juden sollen dem Regime, das bald beschließen wird, sie zu töten, mit Selbstbewusstsein und Stolz entgegentreten können.

Titel
„Gott war mit uns im Lager“
Untertitel
Das Pogrom des neunten November zerstört die letzte Hoffnung
Adresse

Straße der Nationen 22
16515 Oranienburg
Deutschland

Geo Position
52.767169, 13.262475
Stationsbeschreibung

Im April 1938 heiratet Leo Trepp Miriam de Haas, die Tochter seines jung verstorbenen Amtsvorgängers, Philipp de Haas. Sie drängt ihn bald, nicht nur seinen Gemeindemitgliedern bei der Ausreise zu helfen. Trepp kann sich nicht entscheiden zu emigrieren. Er ist Deutscher. Hier will er Rabbiner sein und beitragen, das Judentum weiterzuentwickeln. In seinem Schreibtisch liegt der unterschriebene Arbeitsvertrag mit der Kölner Synagoge Glockengasse in Köln. Im Sommer 1938 fahren er und Miriam in die Schweiz, um den britischen Oberrabbiner Joseph Hertz, der in St. Moritz Urlaub macht, um Rat zu bitten. Der schickt den jungen Kollegen zurück. „Sie sind der Kapitän des Schiffes. Sie müssen der letzte sein, der es verlässt.“ Ein paar Monate später, nach dem Pogrom am 9. November 1938, wird Leo Trepp zusammen mit anderen Oldenburger Männern in das Konzentrationslager Sachsenhausen verschleppt. Bis auf eine hat der Mob alle Synagogen in seinem Bezirk und auch die Schule niedergebrannt. Im Lager helfen sich die Gemeindemitglieder gegenseitig. Trepp überzeugt die strikt Orthodoxen, die nicht koschere Suppe zu essen, um ihr Leben zu erhalten. Trotz der demütigenden und lebensbedrohenden Behandlung weigert er sich, die Opferrolle anzunehmen. Wenn er schon sterben muss, will er als stolzer und seinen Glauben bekennender Jude in den Tod gehen. Drei Wochen später schickt Oberrabbiner Hertz Visen für ihn und Miriam. Trepp wird unter der Auflage entlassen, Deutschland innerhalb von zwei Wochen zu verlassen. Zurück in Oldenburg organisiert er dort in seinen letzten Tagen die Kindertransporte.

Titel
„Es muss den Menschen doch etwas bedeuten.“
Untertitel
Orientierung im amerikanischen Judentum
Adresse

27 Pierce Street
Greenfield, MA 01301
Vereinigte Staaten

Geo Position
42.5978502, -72.6012581
Stationsbeschreibung

Nach einem Jahr in London wandert Trepp in die Vereinigten Staaten aus. Er übernimmt das Rabbinat in der orthodoxen Synagoge in Greenfield im Bundesstaat Massachusetts. In der Stadt wird verwirklicht, worüber er schon als Student oft nachgedacht hat: vor allem, wenn es darum geht, Armen zu helfen und gegen Ungerechtigkeit einzutreten, arbeiten Christen und Juden zusammen. Er unterstützt den christlich-jüdischen Dialog mit aller Kraft und sorgt dafür, dass der Gottesdienst, den einmal im Jahr alle gemeinsam feiern, zum ersten Mal in der Synagoge stattfindet. Doch in religiöser Hinsicht ist er unzufrieden. Ihm begegnet eine Orthodoxie, die aus seiner Sicht noch aussieht wie vor der Aufklärung. Die Gottesdienste sind unästhetisch und langweilig. Das Judentum der Gemeindemitglieder hat mit ihrem Alltagsleben wenig zu tun. Doch genauso wenig kann er mit den Liberalen anfangen,  die sich zwar sozialer Probleme der Gesellschaft annehmen, sich dabei aber nicht mit dem Judentum im Sinne einer verpflichtenden Religion auseinandersetzen. Trepp sucht nach neuen Wegen und knüpft nicht nur an die Neo-Orthodoxie seiner Heimat an, sondern setzt sich mit einer neuen Bewegung auseinander, dem Rekonstruktionismus. Deren Gründer, Rabbiner Mordecai Kaplan, sieht das Judentum als Zivilisation, deren Kern die Religion ist, die aber auch Elemente wie Land, Sprache, Kunst, Musik einbezieht und die sich ständig weiterentwickelt. Trepp interessiert der Ansatz, auch wenn er viele der Ideen ablehnt. Er freundet sich eng mit Kaplan an. Über Jahrzehnte führen sie einen Briefwechsel, in dem sie religiöse und philosophische Fragen diskutieren.

Titel
„Als Rabbiner nicht abhängig sein.“
Untertitel
Lehre, Bücher und der Aufbau neuer Gemeinden
Adresse

295 Montecito Boulevard
Napa, CA 94559
Vereinigte Staaten

Geo Position
38.3009625, -122.2697919
Stationsbeschreibung

Nachdem er Gemeinden in den Südstaaten, Berkeley und Boston betreut hat, wo er nebenher zwei Jahre an der Harvard Universität studierte, ist Trepp seit 1951 Professor für Geistesgeschichte und Philosophie am Napa College nahe San Francisco. Finanziell unabhängig baut er nun nebenher neue Gemeinden auf. In Napa, im weiter nördlich gelegenen Eureka und in Santa Rosa hilft er Juden, zu lernen und neue Gemeinschaften zu etablieren. Seine Gottesdienste ähneln im Ritus der Neo-Orthodoxie, doch Frauen und Männer sind vollkommen gleichberechtigt. Zudem beginnt er, als jüdischer Seelsorger im größten Veteranenheim des Landes in Yountville bei Napa zu arbeiten, dessen Synagoge seinen Namen tragen wird. In seiner knapp bemessenen freien Zeit schreibt er Essays und Bücher. Gleich das erste Werk für den englischsprachigen Markt, „A History of the Jewish Experience“, das Leo Trepp 1962 – noch unter einem anderen Titel – schreibt, wird ein Erfolg. Weitere Titel folgen, darunter Klassiker wie „Judaism, Development and Life“. Mordecai Kaplan hat ihn schon 1943 als Redaktionsmitglied für das Magazin ‚The Reconstructionist’ verpflichtet, das in diesen Jahren als nationales Magazin für jüdische Intellektuelle und Experten gilt, die zentrale, oft ideologische Fragen des jüdischen Lebens diskutieren wollen. Seit 1956 bringt Trepp alle zwei Jahre eine Gruppe seiner Studierenden nach Europa. Die Amerikaner sollen dessen Kultur kennenlernen. Auch Deutschland steht auf seinem Programm.

Titel
„Die Kinder tragen keine Schuld für die Sünden ihrer Väter.“
Untertitel
Rückkehr nach Deutschland und der Beginn eines lebenslangen Dialogs
Adresse

Mittelweg 177
20148 Hamburg
Deutschland

Geo Position
53.564078, 9.994963
Stationsbeschreibung

1954 kehrt Leo Trepp zum ersten Mal nach Deutschland zurück. Er besucht das Grab seines Vaters, der 1941 an einem Herzleiden gestorben ist. Bis auf seinen Bruder, den er aus dem Land herausholen konnte, und einen Cousin, der in das damalige Palästina floh, sind alle Familienmitglieder ermordet worden. Trepp läuft durch seine Geburtsstadt, in der Vieles noch zerstört ist. Er sinniert über den Neuanfang nach, den es nun geben muss. Deutsche, denkt er, müssen das Judentum besser kennenlernen, um ihren alten Antisemitismus zu überwinden und keinen neuen zu entwickeln. Er will dabei helfen. Hass lässt er nicht in sich aufkommen. „Hass zerstört gänzlich, und Liebe heilt gänzlich“, schreibt er 1973 in einem Essay für das amerikanische Magazin Sh’ma. Er entscheidet sich für die Liebe. Immer wieder kehrt er zurück und trifft auf Politiker und Kirchenvertreter, von denen viele ihn um Rat bitten. Er wird nicht müde zu betonen, dass, wenn es ihnen ernst mit ihrem Wunsch ist, aus der Vergangenheit zu lernen, sie nun aktiv „gegen jede Form von Antisemitismus, Rassismus und Diskriminierung kämpfen müssen“, wie er es formuliert. Wenn es auch kaum noch Juden gibt, ist der Antisemitismus immer noch lebendig. 1969 erscheint Trepps Buch „Die Juden“ in Deutschland. Er wird nun häufig zu Vorträgen eingeladen. 1971 lehrt er in Hamburg, 1979 veranstaltet die Universität auf seine Anregung die erste Konferenz zwischen Juden, Christen und Muslimen. Nur Gespräche zwischen den Konfessionen können aus seiner Sicht zu Verständnis füreinander und zu einem besseren Miteinander führen.

Titel
„Das Judentum hat den Menschen noch etwas zu sagen.“
Untertitel
Ein Neuanfang
Adresse

Leo-Trepp-Straße 15-17  
26121 Oldenburg
Deutschland

Geo Position
53.143181, 8.206686
Stationsbeschreibung

1992 gründet sich in Oldenburg eine neue jüdische Gemeinde, die Leo Trepp von Anfang an begleitet. Ihm sei es zu verdanken, dass es dort „ein konservativ-liberales Judentum“ gebe, sagt das Gründungsmitglied Michael Daxner. Trepp war in Mainz in einer Gemeinschaft aufgewachsen, in der das Judentum der Maßstab allen Tuns war, und in der das Wertesystem der Religion in jede Facette des privaten und gesellschaftlichen Lebens hineinreichte. Diese Form des Judentums wird er sein Leben lang vertreten. Er hat sich nach der Schoah nie mehr einer Richtung zugehörig gefühlt. Wichtig für ihn sind Gott und die Mitzwot und die ethischen Werte, die sich daraus für das Leben ergeben. In der Tradition der Rabbiner sieht er das Judentum in einer stetigen Weiterentwicklung, die sich auch an der Kultur der Umwelt orientiert. Er plädiert für die völlige Gleichstellung der Frau, auch im Gottesdienst. In Oldenburg wird 1995 die erste Rabbinerin nach der Schoah in ihr Amt eingeführt. Daneben setzt er sich für jüdische Pluralität ein, wie es sie in der Vorkriegszeit in den Einheitsgemeinden in Deutschland gab. Juden sollen unter einem großen Dach in einer Weise beten können, die ihrer individuellen Situation entspricht. Nach Trepps Tod etabliert die Oldenburger Jüdische Gemeinde das Leo Trepp Lehrhaus, das – oft in Kooperation mit anderen akademischen Einrichtungen – Lehr- und Kulturveranstaltungen anbietet. 2013 wird die Straße, an der Synagoge und Gemeindehaus liegen, zur Leo-Trepp-Straße umbenannt. 

Titel
„Haben wir denn nichts erreicht?“
Untertitel
Aufklärung und Bildung gegen den Antisemitismus – immer wieder neu
Adresse

Saarstraße 21
55122 Mainz
Deutschland

Geo Position
49.995912, 8.246406
Stationsbeschreibung

Schon Ende der siebziger Jahre drängt Trepp deutsche Universitäten, jüdische Studien einzuführen. Nicht nur denkt er, dass die Ethik des Judentums den Menschen noch etwas zu sagen hat, sondern er sieht es als die Aufgabe einer jeden Gemeinschaft, sich selbst und ihre Werte immer wieder zu hinterfragen und zu verbessern. Wenn deutsche Kultur über Jahrhunderte auch nicht dazu bereit war, sei nun vielleicht die Zeit gekommen, dass sie von der jüdischen lernen könne, und umgekehrt. 1983 beruft die Universität Mainz Trepp als Gastprofessor und bestellt ihn 1988 zum Honorarprofessor. Er wird Mitglied der Evangelischen Fakultät. Doch es kommen nicht nur Studenten zu seinen Vorlesungen und Seminaren. Trepp ist die Vielfalt seiner Hörerschaft wichtig. Wie mit seinen Büchern geht es ihm nicht nur darum, den Deutschen akademisches Wissen zu vermitteln – er hofft zudem, dass Wissen helfen wird, „das Zerrbild des Juden zu korrigieren“. Doch in seinen letzten Jahren erfährt er, dass Antisemitismus immer neue Wege findet. In privaten Begegnungen lassen ihn Deutsche wissen, dass Schluss sein müsse mit der Erinnerungskultur, für deren Existenz sie die Juden verantwortlich machen. Er erwidert, dass es nicht nur für die Juden, sondern auch für die Deutschen schwerwiegende Folgen haben werde, wenn diese das Bewusstsein der Verantwortung verlören. Ein geschichtsvergessenes Volk sei schwach, sagt er. Zudem kritisieren immer mehr Gesprächspartner nicht nur die Politiker des Staates Israel, sondern stellen die Idee des Zionismus an sich in Frage und damit das Streben nach jüdischer Selbstbestimmung, und sie legen einen Maßstab an, den sie bei anderen Ländern nicht verwenden. „Warum“, fragt Leo Trepp. In seinen letzten zwei Lebensjahren konzentriert er sich darauf, über die Jahrtausende alte Verbindung zwischen dem jüdischen Volk und dem Land Israel zu lehren. Einige Wochen nach seinem letzten Vortrag, und nachdem er das Sommersemester für das folgende Jahr geplant hat, stirbt Leo Trepp am 2. September 2010 in San Francisco.

Sterbedatum
02. September 2010
Sterbeort
San Francisco (Kalifornien/USA)

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Autor
Gunda Trepp