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Die Frühe Neuzeit (ca. 16.–18. Jahrhundert) war für Jüdinnen*Juden eine Epoche, die von einschneidenden gesellschaftspolitischen Entwicklungen bestimmt war.

Nach den Vertreibungen im Mittelalter siedelten sich Jüdinnen*Juden im 16. Jahrhundert wieder im Alten Reich an. Schutzbriefe, die ihnen von den herrschenden Kaisern, Königen und Fürsten ausgestellt wurden, regelten ihr Aufenthaltsrecht. Bis heute dienen diese Briefe als Zeugnisse für den schwierigen rechtlichen Status der Jüdinnen*Juden in den etwa 300 deutschen Territorien.

Aufgrund der Vertreibungen entstanden zunehmend Landjudenschaften, jüdische Selbstverwaltungsorganisationen. Gemeinden gründeten sich und organisierten sich, auch was die finanzielle Verteilung von Schutzgeldzahlungen betraf.
Nur wenige Jüdinnen*Juden erhielten das Aufenthaltsrecht in Städten. Dieses war meist auf wenige Jahre sowie auf einzelnen Familien beschränkt, und in der Regel an eine Bezahlung oder eine Bürgschaft geknüpft.
Viele der bedeutenden Handelsstädte gewährten Jüdinnen*Juden kein Wohnrecht, weshalb sich jüdische Händler und Handwerker um diese Städte herum ansiedelten. Dadurch entstanden größere Land- und Kleinstadtgemeinden.

Gegen Ende des 16. Jahrhunderts begannen einige Stadtgemeinden wieder zu wachsen, wie zum Beispiel die Gemeinde in Frankfurt am Main. Außerdem kamen neue Gemeinden hinzu, wie zum Beispiel im Raum Hamburg und Altona: Während der Frühen Neuzeit wurden hier gleich mehrere sephardische und aschkenasische Gemeinden mit Synagogen und Friedhöfen gegründet. Beispielhaft steht hierfür der jüdische Friedhof Wandsbek.

Zudem prägte die Erfindung des Buchdrucks von Johannes Gutenberg die Epoche der Frühen Neuzeit und veränderte auch die jüdische Welt. Die leichtere Verfügbarkeit von religiösen Texten sowie religiöser Gebrauchsliteratur erschloss neue Leser*innenkreise: So richteten sich jiddisch-sprachige Bücher nun auch gezielt an Frauen.
Chaim Schachor war einer der ersten Juden, der in Deutschland hebräische Bücher druckte.

Im Laufe des 17. Jahrhunderts erlangten einige wenige, erfolgreiche Kaufleute das städtische Wohnrecht, indem sie sich in den Dienst von Herrscherhäusern stellten. Als sogenannte Hoffaktoren finanzierten sie Kriege und die Luxusbedürfnisse ihrer Herren. Ihren Einfluss nutzten Hofjuden, zu denen auch Frauen zählten, zum Schutz und zur Unterstützung der jüdischen Gemeinden.
Ein berühmtes Beispiel ist die Tochter des Hoffaktors in Hohenzollern-Hechingen: Ihr Name war Karoline, hebräisch „Chaile“, Kaulla.

Im 18. Jahrhundert stellte sich zunehmend die Frage, welche Rolle jüdische Intellektuelle im kulturellen und geisteswissenschaftlichen Bereich einnehmen könnten. Auch wenn es für die meisten Jüdinnen*Juden weiterhin undenkbar gewesen war, Ruhm und Anerkennung als große Philosoph*innen oder erfolgreiche Schriftsteller*innen zu erlangen, hatte die Zeit der Aufklärung einen wichtigen Effekt: Zum ersten Mal in der Geschichte ging es in der Diskussion um Gleichstellung nicht mehr nur ausschließlich um die wirtschaftliche Teilhabe von Jüdinnen*Juden, sondern auch um die kulturelle.

Bild
Vordere Ebene: Portät von Madame Kaulla, 1805, Landesmuseum Württemberg, Stuttgart, P. Frankenstein, H. Zwietasch, Foto: Landesmuseum Württemberg, CC BY-SA 4.0; Mittlere Ebene: Frankfurt am Main, etwa 1617/18, Wikimedia Commons, Matthäus Merian, Gemeinfrei; Hintere Ebene: Buchseite, Bayerische Staatsbibliothek München, 2 A.hebr. 241, fol. 255v, urn:nbn:de:bvb:12-bsb00012962-5
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Neuzeit
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Die frühe Neuzeit (ca. 16.–18. Jahrhundert) war für Jüdinnen*Juden eine Epoche, die von einschneidenden gesellschaftspolitischen Entwicklungen bestimmt war.

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